Hier der Bericht und das HD- Video zu unserer Azoren- Tour 2018 .
Azoren 2018- Bergwandern auf dem westlichsten Vorposten Europas
Mitte Mai 2018 besuchen wir die Inselgruppe der Azoren. Neben den Kanarischen Inseln, den Kapverdischen Inseln und Madeira im Süden, bilden die Azoren die nördlichste Inselgruppe Makaronesiens. Die Inseln gehören zu Portugal und liegen 1500 Kilometer von Lissabon entfernt, auf einem Viertel der Strecke nach New York. Der Flug von Frankfurt nach Ponta Delgada auf der Insel São Miguel dauert etwa 4 Stunden.
São Miguel gehört mit der kleineren Nachbarinsel Santa Maria zum östlichsten Teil des Archipels, das sich bis zu den westlichsten Inseln Corvo und Flores weit über 500 Kilometer im Nordatlantik ausdehnt. Das dazwischen liegende Mittelarchipel besteht von Nord nach Süd aus den Inseln Graciosa und Terceira, darunter liegt in südöstlicher Ausrichtung die „lange Nadel“ der Insel São Jorge und in einer dritten Reihe die Inseln Faial und Pico. Die Inseln verfügen über eine Landfläche von 2330 Quadratkilometern, was in etwa der Fläche Luxemburgs entspricht. 6 der insgesamt 9 Inseln besuchen wir auf unserer zweiwöchigen Reise.
Die Entdeckung der Azoren geht auf den portugiesischen Seefahrer Diego de Silves zurück, der im Jahr 1427 auf der Insel Santa Maria landete. Es gab jede Menge Bussarde, die von den Seeleuten irrtümlich für Habichte gehalten wurden. „Acores“, das portugiesische Wort für Habicht gab den Inseln ihren Namen. Unter Heinrich dem Seefahrer baute Portugal mit der Entdeckung der unbewohnten Azoren- Inseln seine See- und Handelsmacht aus. Ab 1439 kamen Siedler aus Portugal, später auch Flamen und Bretonen. Die Bedingungen für die Siedler waren ideal, denn es gab Wälder, Ackerbauflächen und ein angenehmes Klima.
Es gab und gibt aber auch vulkanische Aktivität und Erdbeben. Drei tektonische Platten treffen sich hier bei den Azoren. Die westlichsten Inseln Corvo und Flores wandern auf der amerikanischen Platte jährlich 2 Zentimeter nach Westen. Die übrigen Inseln wandern auf der afrikanischen Platte um den gleichen Betrag nach Osten. Alle Inseln haben sich vulkanisch aus Hot- Spots vom Meeresboden erhoben. Bei der ältesten Insel Santa Maria war das bereits vor 8 Millionen Jahren der Fall, die anderen Inseln haben sich von Ost nach West in den letzten 4 Millionen bis 270000 (Pico) Jahren entwickelt.
Seit der Besiedlung der Inseln wurden die Menschen aufgrund der brisanten geologischen Gegebenheiten immer wieder von Naturkatastrophen durch Vulkanausbrüche und Erdbeben heimgesucht. Am 1. Januar 1980 hat ein schweres Erdbeben das Mittelarchipel heimgesucht und die heute UNESCO- geschützte Stadt Angra do Heroismo auf Terceira in Schutt und Asche gelegt. 1998 traf ein solches Erdbeben die Insel Faial. Oft waren solche Ereignisse Auslöser für Auswanderungswellen, vorwiegend in die USA und Kanada.
Unter den Azoren schlafen 26 Vulkane- die letzte größere Eruption gab es 1957 im Westen der Insel Faial an der Ponta dos Capelinhos. Nur Santa Maria gilt als erloschen, auf allen anderen Inseln und auch am Meeresboden besteht Aktivität. Auf São Miguel wird die Energie bereits mit einem geothermischen Kraftwerk genutzt.
Wenn der Wetterbericht bei uns ein Azoren- Hoch verkündet, freuen sich in Nordeuropa alle auf gutes Wetter und viel Sonne. Die Nordatlantische Oszillation zwischen Azoren- Hoch und Island- Tief hat erhebliche Auswirkungen auf unser Klima. Auch der Golfstrom, in dem die Inselgruppe liegt hat dabei einen großen Einfluss. Die Azoren selbst liegen mitten drin in dieser Wetterküche und an einem einzigen Tag wechselt das Wetter häufig mehrfach. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und die wasserbeladenen Luftmassen des Atlantiks regnen ergiebig an den bis 1000 m aufragenden Inselbergen ab. Dabei regnet es auf Flores im Westen mit 1500 Millimeter im Jahr doppelt so viel wie auf Sao Miguel im Osten. Düsseldorf bringt es auf 816 Millimeter Niederschlag pro Jahr.
Am Sonntag Nachmittag werden wir von unserem Tour- Guide Frank am Flughafen erwartet. Frank lebt als Exil- Berliner seit 25 Jahren auf Sao Miguel und kennt sich aus auf den Inseln. Bereits im Flieger haben wir unsere Mitreisenden Claudia und Thomas aus Wien kennengelernt. Thomas E. aus Memmingen gesellt sich noch zu unserer erfreulich kleinen Gruppe. So sind wir mit Frank eine sechs- köpfige Wandergruppe, die in den nächsten 14 Tagen die Region erkunden wird.
Einen Besuch der Hauptstadt Ponta Delgada im Südwesten São Miguels heben wir uns für das Ende unserer Reise auf. Wir fahren entlang der Südküste zur alten Hauptstadt Vila Franca do Campo und beziehen hier für die nächsten 3 Nächte unser Zimmer mit Blick auf den Hafen. Bei einem kurzen Briefing erläutert uns Frank Details und Änderungen zu unserem anstehenden Insel- Hopping- Programm.
Am Montagmorgen fahren wir an die Nordküste São Miguels, wo wir die Teeplantage Chá Gorreana besuchen. Camellia sinensis, die Teepflanze wurde bereits 1878 durch zwei Chinesen auf die Azoren gebracht. Ein ungewöhnliches Bild bietet uns der Teeanbau hier an der Nordküste Sao Miguels. Wir besichtigen die historische Anlage und lernen etwas Neues. Grüner Tee bleibt grün, weil durch heißen Dampf die weitere Oxidation zu schwarzem Tee verhindert wird. Ein Tässchen First Flush steht zur Verkostung bereit.
Eine erste Wanderung unternehmen wir vom Nordufer des Furnas- Sees hinauf zum Pico do Ferro 600m, mit schönem Ausblick auf den Ort Furnas inmitten eines großen Einsturzkraters. Der Weg führt uns durch einen Urwald aus japanischen Sicheltannen, wellblättrigem Klebsamen und Riesenfarnen. Einst dominierten Zedern, Buchenwälder oder Drachenbäume die Flora der Azoren. Auch Lorbeer und Baumheide gehören zu den endemischen Pflanzen. Der Anteil der ursprünglichen Flora beträgt nur noch 5-10 Prozent. Seit der Besiedlung hat der Mensch einiges mitgebracht, so wie die industriell nutzbaren Sicheltannen. Ein sichtbares Problem ist der wilde Ingwer, der sich hochinvasiv im Waldboden verbreitet.
Am Fuße des Pico do Ferro am Seeufer des Furnas- Sees kocht und dampft es an den Fumarolas. In großen Kochtöpfen wird der „Cozido“ 6 Stunden lang bei 80 Grad- C in der Erde gegart. Wir erhalten Gelegenheit diese Spezialität aus verschiedenen Fleischsorten, Chorizo, Blutwurst, Süßkartoffeln, Yams (Wurzelknolle), Kohl und Gemüse im Restaurant „Tony’s“ in Furnas zu probieren.
Furnas hat einige weitere Attraktionen zu bieten. Der „Orangenbaron“ Thomas Hicking hat hier 1780 einen bedeutenden botanischen Garten angelegt. Seine Orangenplantagen wurde Ende des 18. Jahrhunderts durch Schädlingsbefall vernichtet. Sein Park „Terra Nostra“ und ein mit 40 Grad warmem Wasser gespeistes Thermalschwimmbecken wurden erhalten. Wer möchte kann ein Bad in dem braunen, sehr eisenhaltigen Wasser nehmen.
Am Dienstag wartet die höchste Erhebung São Miguels, der Pico da Vara 1105m auf uns. Unser Fahrer Fabio bringt uns über die Nordküste und über eine Schotterstraße auf etwa 700 Höhenmeter an die Nordwest- Flanke des Berges heran. Es ist bedeckt und kühl und immer wieder öffnen sich Blicke auf die Nord- und die Südküste. Ein Gedenkstein erinnert an die Havarie des Air- France Fluges 009 von Paris nach New York am 28. Oktober 1949. Die Lockheed 749A zerschellte hier bei einem geplanten Tankstop auf Santa Maria vermutlich durch einen Navigationsfehler. 48 Menschen fanden den Tod. An Bord befand sich auch der ehemalige Box- Weltmeister im Mittelgewicht Marcel Cerdan. Er war auf dem Weg zu seiner Geliebten Edith Piaf.
Der Gipfel des Pico da Vara hat sich in Wolken gehüllt. Der Abstieg, der sich in Richtung Westen nach Furnas orientiert, führt uns über ein Hochmoor an einem Windpark vorbei, an den Rand der Caldeira von Furnas. Am Miradouro do Salto do Cavalo erwartet uns Fabio mit dem Kleinbus. Noch einmal fahren wir hinunter nach Furnas, um am östlichen Ortsrand die Caldeiras das Furnas zu besuchen. Auch hier kocht an einigen Stellen das Wasser im Boden. Insgesamt entspringen hier 23 warme bis heiße Mineralquellen verschiedenster Zusammensetzung. Gegen so manches Zipperlein soll’s helfen- ach ja- und jünger machen soll’s auch 😉
Am Mittwoch verlassen wir die Insel São Miguel. Am Vormittag bringt uns das Flugzeug in den äußersten Nordwesten des Archipels, nach Corvo. Der Flugverkehr zwischen den Inseln wird mit 2- motorigen Turbopropeller- Maschinen des Typs Bombardier Q 200 /Q400, wahlweise für 37 oder 80 Passagiere betrieben. Mit einem 20- minütigen Zwischenstop auf Faial landen wir nach etwa 2 Stunden auf der Landepiste von Vila do Corvo. Die Insel ist die Kleinste der Azoren und hat was von Lummerland, allerdings mit nur einem Berg, dem erloschenen Vulkan Monte Gordo.
Es regnet und wir suchen die Kantine der Bombeiros (Feuerwehr) auf. Bei Snacks und Bier sitzen wir erstmal trocken. Geplant ist ein Besuch der Caldeira des Vulkans. Wir werden an das Ende einer Stichstraße zum Kraterrand hinaufgefahren. Mit aufgerödeltem Regenzeug machen wir uns an den Abstieg von etwa 300 Höhenmetern zu den Seen am Grund der Caldeira. Es plästert und stürmt, die Azoren sind immer gut für Wetterwechsel. Regenjacken flattern, der Versuch den Regenschirm zu bändigen führt zum Totalschaden desselben.
Der Transfer zur südlich benachbarten Insel Flores wird zum Abschluss des heutigen Tages noch ein ganz besonderer Ritt. Im Hafen von Corvo wartet Carlos mit seinem Zodiac auf uns. Gut 20 Kilometer sind es zu unserem Hotel nach Santa Cruz das Flores. Nachdem das Gepäck verzurrt ist geht die wilde Fahrt Kurs Süd auch schon los. Carlos hat das Boot im Griff und als spezielle Einlage manövriert er uns noch durch die vorgelagerten Felsen der Steilküste zum Bootsanleger der alten Walfabrik von Santa Cruz an der Ostküste.
Die Fabrik wurde als Museum hergerichtet und informiert über die damals für die Azorianer wichtige Erwerbsquelle der Walverarbeitung. Unser Hotel mit Blick auf die Steilküste liegt direkt gegenüber. Die Koffer ziehen wir über die Rampe, über die früher die bis zu 55 Tonnen schweren Pottwale in die Walfabrik gezogen wurden. Für 3 Nächte werden wir nun hier verweilen.
In den nächsten 2 Tagen werden wir die Westküste von Flores erwandern. Am Donnerstag wandern wir von Lajedo an der Südwestküste ca. 10 Kilometer nach Norden über Mosteiro und Fajãzinha nach Fajã Grande. Auf der Rückfahrt halten wir noch am Zuweg zum Lagoa das Patos. Wir laufen die 600m hinauf zu dem Bilderbuch- See, in den sich über grüne Steilwände zahlreiche Wasserfälle stürzen. Ein weiterer Haltepunkt ist noch der Aussichtspunkt an den beiden verschiedenfarbigen Seen Caldeira Funda und Caldeira Comprida oberhalb von Fajã Grande.
Am Freitag besuchen wir an der Ponta do Albernaz im Nordwesten den Leuchtturm. Ein Stück weiter südlich beginnt ein alter Hirtensteig der uns auf Südkurs entlang der Steilküste mit beeindruckenden Tiefblicken zum Rocha do Risco bringt . Hier führt ein steiler Weg hinab durch einen Wald aus bis zu 2000 Jahre alten Wacholderbäumen zum definitiv westlichsten Punkt Europas nach Fajã Grande. Ein zweites Mal haben wir hier Gelegenheit in der Nachmittagssonne das westlichste Bier Europas zu trinken. In Santa Cruz lassen wir den Tag vor dem Abendessen noch in einem der herrlichen Natur- Lavapools ausklingen.
Am Samstag fliegen wir 150 Kilometer nach Osten ins Zentralarchipel auf die Insel Faial und beziehen unser Zimmer in Horta an der Südost- Küste. Eine Wanderung im Westen der Insel von der Ortschaft Capelo aus, bringt uns an den westlichsten Zipfel Faials. Entlang einer Reihe von Vulkankratern wie dem Cabeco Verde und dem Cabeco Grande nähern wir uns der Ponta Capelinhos, wo 1957 der Vulkan Capelinhos aus dem Meer aufgestiegen ist. Der Leuchtturm wurde dabei von gewaltigen Aschemengen verschüttet. Wir lassen es uns nicht nehmen in der sengenden Nachmittagssonne hinauf an den Kraterrand zu laufen- 60 Jahre junges Land. Aus Spalten am Kraterrand entweicht immer noch der heiße Atem des Vulkans. Faial selbst ist vor 800000 Jahren entstanden.
Zur blauen Stunde streifen wir am Abend durch den Hafen von Horta. Absolut surreal wirkt hinter den Masten der zahlreichen Ein- bis Dreimaster die höchste Erhebung der Azoren, der Pico auf der südlich gegenüberliegenden, gleichnamigen Insel. 2351m erhebt sich der Berg in Form einer Pyramide über den Meeresspiegel.
Wir besuchen erst einmal die Spelunke „Peter“, die in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag feiert. Heute touristisch entdeckt, war die Kneipe früher Anlauf- und Kommunikationszentrale für Transatlantikfahrer und Kabel- Arbeiter. Faial entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts als Knotenpunkt der transatlantischen Telekommunikation. 1893 wurde das erste Unterseekabel von Lissabon nach Faial verlegt. Man trinkt Gin- Tonic und das tun wir auch. Entlang des früheren Hafens Porto Pim mit der ausgedienten Walfabrik geht es zurück zum Hotel.
Die Wanderung am Sonntag führt als Umrundung des Hauptkraters über die höchste Erhebung Faials, den Cabeco Gordo auf 1043m. Wir starten am Aussichtspunkt Canto dos Saquinos mit Einblick in diese gigantische Suppenschüssel, deren Talgrund rund 500m unter uns liegt. Welche Kräfte haben vor 500000 Jahren dieses 2 Kilometer breite Loch verursacht ?
Man hat die Qual der Wahl, der Wegweiser zeigt nach rechts und nach links 8 Kilometer an. Wir nehmen die linke Variante und überschreiten erst den Cabeco Gordo mit seinen Sendeanlagen auf dem Gipfelplateau. Zur Mittagszeit sind wir zurück am Hotel und können etwas Zeit am Hotelpool verbringen, bis wir am Nachmittag zum Fährhafen von Horta gebracht werden. Die Überfahrt nach Madalena auf Pico, mit anschließendem Transfer zu unserem nächsten 3- tägigen Basislager an der Südküste von Pico steht an.
Das Hotel, in dem verschlafenen, kleinen Ort Lajes do Pico bietet uns einen sensationellen Blick auf unser morgiges Gipfelziel. Der obere Teil des 2351m hohen Pico verhüllt sich gerne mit Wolken. Da die wettertechnische Chance für den Berg am morgigen Montag besser, als für den ursprünglich geplanten Dienstag steht, hat Frank kurzerhand für uns umdisponiert.
Am Montag geht es früh los- der Berg hängt noch voll in den Wolken. Über die „Autobahn“, eine 9 Kilometer lange gerade Straße entlang der Nordflanke des Pico erreichen wir über einen Abzweig das Casa da Montanha auf 1218m. Hier treffen wir unseren Guide Renato, der uns mit GPS- Trackern ausstattet. Renato muss den Pico lieben, denn wie kann man es sich sonst erklären, das er teilweise mehrfach täglich Bergwanderer die 1100 Höhenmeter zum Gipfel begleitet.
Kurz nach acht befinden wir uns bereits im Aufstieg. Das Wetter spielt mit und wir gewinnen rasch an Höhe. Das Gelände ist nicht ganz ohne, man geht größtenteils auf erstarrter, scharfkantiger Lava. Tief unter uns erkennen wir zahlreiche Krater, als Zeugen von Eruptionen rund um den Hauptkrater. Auf 2250m erreichen wir den Kraterrand und die Caldeira, aus der der Piquinho als Kegel noch einmal 100 Meter höher aufragt.
Auf dem Piquinho stehen wir nach 3 Stunden am höchsten Punkt Portugals auf 2351m Höhe. Auch hier am Gipfel entweicht heißer Dampf aus Felsspalten und erinnert daran, das auch dieser Vulkan keineswegs erloschen ist. Rundherum nur Meer und die benachbarten Inseln unter einer tief liegenden endlosen Wolkendecke machen dieses Gipfelerlebnis einzigartig.
Pico ist mit 300000 Jahren erdgeschichtlich die jüngste Insel der Azoren. Dem Lava- Höhlensystem Grutas das Torres statten wir am Nachmittag einen Besuch ab. Wir tauchen mit Helm und Stirnlampe ein in eine Unterwelt, die vom Vulkan Cabeco Bravo vor 500 bis 1500 Jahren geschaffen, aber erst 1990 erschlossen wurde.
Der Guide Ivo führt uns hochengagiert durch einen Teil der 5,2 Kilometer langen Höhle. Das Entstehungsprinzip von Lavahöhlen resultiert aus der Tatsache, das Lava an der Oberfläche abkühlt, während der flüssige Kern abfließen kann und damit Röhren hinterlässt. Wir erfahren von Ivo alles über Lavaformen, wie die spitze A’a- und die glatte Pahoehoe- Lava. Diese hawaiianischen Bezeichnungen sollen letztlich aus den Lauten abgeleitet sein, die man abgibt, wenn man barfuß über die eine oder andere Lavasorte geht. Die Höhle wurde so belassen wie sie vorgefunden wurde, was die Tour zu einem echten Erlebnis macht.
Der Dienstag entspricht der Wettervorhersage und beginnt regnerisch. Eine Küstenwanderung entlang der Ost- Spitze Picos von der Ortschaft Calhau bis zum Leuchtturm an der Ponta da Ilha steht auf dem Programm. Ein alter Fischerweg führt entlang der Küste über zerklüftete Lava, auf der Trittsicherheit anzuraten ist. Immer wieder gibt es Regenschauer, die dem rauen Charakter der Küste noch einen zusätzlichen Akzent setzen.
Am Nachmittag treffen wir uns im Hafen von Lajes zum Whale- Watching. In der hiesigen Walfabrik wurde 1987 der letzte Wal an Land gezogen und verarbeitet. Damit ging eine lange Tradition auf den Azoren zu Ende. Heute erinnern Museen, wie hier in Lajes an das harte und gefährliche Handwerk des azorianischen Walfangs. Mit Ruderbooten und Handharpunen wurde den Walen nachgesetzt, wenn diese vom Walausguck gesichtet wurden.
Auch wir hoffen in unserem Zodiac vor der Küste auf eine solche Begegnung. Neben dem Pottwal haben sich die Populationen einiger Walarten erholt. Wir werden von unzähligen Cagaras (gelbschnäbligen Sturmtauchern) eskortiert. Dieser Seevogel kommt schwerpunktmäßig auf den Azoren vor und ist mit dem Albatros verwand. Sein abendlicher Balz- Ruf (Aua-Aua-hä) kann nerven und hat ihm den Spitznamen Aua-Aua- Vogel eingebracht. Boots- Guide Sarah macht bei unserem Ausflug 2 Delfingruppen, gemeine Delfine mit spitzem Maul und Rundkopfdelfine ausfindig. Eine Walsichtung gibt es heute leider nicht, sie waren aber sicher da !- tief unter uns- ich hab’s gespürt 🙂
Am Mittwoch unternehmen wir eine Radtour entlang der Nordwest- Küste Picos. Die Fahrräder leihen wir in Madalena am Fährhafen aus. Wir halten an einigen interessanten Orten, wie dem Weinmuseum bei Madalena. Auf dem Gelände kann man unter gigantischen, uralten Drachenbäumen verweilen. Traditionell werden auf Pico die Weinberge und Rebstöcke durch ein Netz aus Lavamauern unterteilt. Diese Art des Weinanbaus unterliegt heute auf Pico dem Schutz der UNESCO. Von der Qualität der Weine Picos haben wir uns natürlich bereits überzeugt.
Bei der Weiterfahrt halten wir immer wieder an, um die gewaltige Brandung des Atlantiks an der schwarzen Steilküste zu erleben. Am Flughafen von Pico vorbei fahren wir zum kleinen Örtchen Lajido, wo wir uns zum Mittag ein paar Snacks schmecken lassen. Umkehrpunkt unserer Radtour ist die Ermida de Sao Mateus, eine pechschwarze Lavakirche an Picos Steilküste.
Vor unserem Fährtansfer zur nächsten, nordöstlich gelegenen Insel São Jorge bleibt am Fährhafen von Madalena noch Zeit für ein Bier in einer chilligen Strand- Bar. Die kurze Hose ist bei der abendlichen Überfahrt nach Velas an der Südwest- Küste São Jorges dann weniger chillig. Unser Standort für die nächsten 2 Nächte ist die Quinta do Canavial oberhalb der Bucht nördlich von Velas. Wir wohnen auf einem historischen Gutshof. Maria kocht hier selbst und serviert uns zum Abendessen geschmortes Rindfleisch mit Süßkartoffeln aus der Casserole- sehr köstlich !
Am Donnerstag drehen wir eine Runde durch das hübsche Örtchen Velas und fahren dann an der Südküste entlang. Einen Zwischenstop machen wir in Urzelina. Der Ort wurde 1808 durch Erdbeben und Vulkanausbruch zerstört, der Kirchturm jedoch ist als Denkmal stehen geblieben. Einen schönen Tiefblick auf Calheta können wir noch vom entsprechenden Miradouro einholen, bevor wir zum Startpunkt unserer heutigen Wanderung zur Serra do Topo gebracht werden.
Wir befinden uns auf 673m im Nebel bei Nieselregen und unser Ziel befindet sich an der Nordküste auf Meereshöhe. Auf sehr rutschigem Untergrund arbeiten wir uns also abwärts durch eine Landschaft aus Baumheide, Wacholder, Strauchheidelbeeren und Farnen. Vor allem die Heidelbeeren stehen in üppiger Blüte. Die sattgrünen Hänge erstrahlen in der durchbrechenden Sonne und fallen nach unten in das Blau des Atlantiks. Dazwischen stehen Kühe, von denen es auf den Azoren übrigens mehr als Einwohner geben soll.
Wir nähern uns der Nordküste und das Auge fällt nach Westen auf die Fajã da Caldeira do Santo Christo. Es gibt hier ein paar hübsche Häuser und die Kirche Santuario do Santo Christo an einer Lagune die zum Baden einlädt. Genauso einladend ist aber auch die kleine Bar „O Borges“ zur Mittagszeit. Weiter an der Küste entlang führt uns Frank an ein Loch unterhalb einer Basalt- Steilwand. Hier geht es ein paar Meter abwärts in die Höhle Furna do Poio zu einem glasklaren See. Die Wanderung endet entlang der Küste an der Fajã dos Cubres. Als Fajã werden Landzungen an der Küste bezeichnet, die sich häufig durch fruchtbaren Boden auszeichnen.
Zu dieser Zeit werden in vielen Orten Heilig- Geist- Feierlichkeiten abgehalten und so wird die Straße dann auch mal für die Blaskapelle gesperrt, auch diese Abwechslung nehmen wir vor dem Abendessen gern noch mit. Auf der Rückfahrt zum Hotel gibt es noch einen schönen Miradouro mit Tiefblick auf Norte Grande. Auf der Quinta hat Maria mit ihrem Fisch- Cozido auch heute wieder eine Rakete gezündet. Die Rufe der „Gelbschnäbler“ geleiten uns in den Schlaf.
Am Freitag laufe ich nach dem Frühstück mit Frank und Thomas E. von der Quinta Richtung Velas bis zu einer alten Kapelle. Hier führt ein Weg hinauf auf die Steilküste zu einem alten Turm, an dem sich einige Eidechsen tummeln. Der Rundblick von hier auf Velas zur einen Seite und auf die Caldeira- förmige Bucht und die Quinta zur anderen Seite ist absolut lohnend. Gegenüber bricht die Spitze des Pico durch die Wolkendecke. Noch vormittags sind wir zurück und bereit für die Abholung zum Flughafen. Geplant ist heute der Rückflug nach São Miguel, der bereits vor 2 Tagen um 2 Stunden verschoben wurde.
Heute lernen wir eine Lektion, die beim Insel- Hopping auf den Azoren unbedingt zu beachten ist. Sei nicht unmittelbar vor Deiner Heimreise von Ponta Delgada auf São Miguel noch irgendwo auf den Inseln unterwegs ! Wir kommen natürlich ins Grübeln als unser Verbindungsflug wegen technischer Probleme einfach mal gecancelled wird. Mit dem nächsten verfügbaren Flug am Abend des Folgetags würden wir alles auf eine Karte setzen, denn unser Flieger nach Frankfurt startet Sonntag in der Früh.
Nach einem kurzen Briefing buchen wir den Flug auf morgen früh um, und zwar von Pico aus nach Ponta Delgada. Obwohl die Fluggesellschaft uns keine freien Hotelbetten auf Pico anbieten kann, handelt Frank für uns noch eine Übernachtung in Lajes do Pico in dem uns bereits bekannten Hotel Belvista aus. Die Fähre nach Pico geht erst abends, so bleibt uns genügend Zeit an und in den Naturschwimmbecken vor Velas. In einem Fischrestaurant am Hafen nehmen wir noch ein Abendessen ein, bevor wir zur blauen Stunde Kurs auf den Hafen von Sao Roque do Pico an der Nordküste Picos nehmen. Es ist spät als wir an der Südküste in Lajes aufs Nachtlager krachen.
Entsprechend kurz ist die Nacht zum Samstag, denn bereits um Neun geht’s mit dröhnenden Turbo- Propellern nach Sao Miguel. Der Pilot umkreist in Gipfelhöhe den Pico- Summit, bevor er auf Südost- Kurs nach Sao Miguel geht. Auch im Landeanflug auf Ponta Delgada bemüht sich der Pilot seinen Fluggästen einige Landschaftshöhepunkte der Insel darzubieten.
Wir haben nun einen ganzen Tag Zeit uns auch im westlichen Teil São Miguels umzuschauen. Wir fahren nach Sete Citades. Nach einigen Miradouros an der Straße laufen wir ein Stück zum Miradouro do Inferno mit einem spektakulären Blick auf die Krater- und Seenregion rund um Sete Citades. Eine Wanderung führt uns vom Königsblick Vista do Rei über den Westrand der großen Caldeira zum Miradouro da Lomba do Vasco.
Wir fahren an die Westküste, und nach einem Picknick an der Nordwest- Küste entlang durch Franks heutige Heimat. Vor Mosteiros befinden sich einige Felsen im Meer, von denen der größte dem Ort seinen Namen gegeben hat. Das „Kloster“ hat Frank mit seinem Kajak nicht nur umrundet, sondern auch durch Felspassagen unterfahren. Geschichten ranken sich um das Kloster, die Nonne und die Mönche…..
Nach einem Kaffee in einer Bar geht die Fahrt noch zum Lagoa do Fogo im zentralen Teil São Miguels. Die ursprünglich zweigeteilte Insel wurde durch die jüngsten Vulkaneruptionen in dieser Region zu einer Insel zusammengefügt. Unzählige Vulkankegel erheben sich im Mittelteil der Insel. Der Lago do Fogo liegt in der 15000 Jahre alten inneren Caldeira des Vulkans Água de Pau, der 1563 zuletzt ausgebrochen ist. Es bietet sich ein traumhafter Blick vom Miradouro do Barrosa auf den tiefblauen See. Eine Wanderung müssen wir auf ein nächstes Mal verschieben, denn zwei eindrucksvolle Wochen neigen sich dem Ende.
Die letzte Nacht verbringen wir in Ponta Delgada und machen zumindest noch einen Rundgang am Hafen entlang zum Stadttor Portas da Cidade und zur Kirche Matriz de São Sebastião aus dem 16. Jahrhundert. Am Forte de São Brás vorbei gehen wir noch zum schmucken Platz Campo São Francisco. Auf dem Platz steht ein uralter, gigantischer Eisenholzbaum.
Hier befindet sich das Frauenkloster Convento da Esperanca, das in seiner Klosterkirche das größte Heiligtum der Azoren beherbergt. Es ist eine hölzerne Christusfigur, die den Klostergründerinnen 1541 vom Papst geschenkt wurde. Alljährlich findet hier eine der größten Prozessionen, die Festa do Senhor Santo Cristo statt. Da alle Sehenswürdigkeiten bereits geschlossen sind bleibt uns auf dem Rückweg zum Hotel nur noch etwas von der abendlichen Stimmung in den Gassen Ponta Delgadas einzufangen, bevor wir uns morgen auf die Heimreise begeben.
Es war eine erlebnisreiche Zeit auf dem Vorposten Europas mit vielen netten Begegnungen und angenehmen Mitreisenden bzw. Wandergefährten. Mit Frank haben wir einen Insider an unserer Seite gehabt, der uns durch die wunderschönen Landschaften der Azoren geführt hat, stets bemüht unsere Sinne für Natur und Geschichte des Archipels zu schärfen. Ja Frank- ich weiß auch noch den Namen des harzreichen Blitzableiter- Baums der Azorianer- es ist die Araukarie! Auch eine Kamelie werde ich nicht mehr mit einem Kau- Bonbon verwechseln, denn sie ist ein Teestrauchgewächs.
Auf den Azoren will noch einiges entdeckt werden – wir kommen wieder !
A. Korbmacher
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