Mitte Mai machen wir uns mit dem Auto auf den Weg Richtung Süden, getreu der Devise „Der Weg ist das Ziel“. Die geplante Nepal- Trekking- Tour haben wir nach Dorothees Skiunfall storniert und uns so mit diesem Reiseziel für einen kleineren ökologischen Fußabdruck entschieden. Wir wollen uns mit der Anfahrt Zeit lassen und fahren am Freitag zu meiner Cousine Birgit und ihrem Mann Walter nach Otterstadt bei Mannheim. Wir verbringen mit den Beiden einen chilligen Abend beim ortsansässigen Italiener in der Abendsonne. Hier esse ich die Pizza „Otterstadt“, denn die gibt es nirgends sonst 🙂
Samstagmorgen machen wir uns zeitig auf den Weg über Basel Richtung Gotthard- Straßentunnel. Der 16,9 Kilometer lange Tunnel bringt uns unter den noch winterlichen Gipfeln der Zentralschweiz hindurch ins Tessin. Bergamo liegt am Rande der Bergamasker Alpen in der Lombardei. Wir haben hier 2 Übernachtungen eingeplant. Hinter der venezianischen Stadtmauer liegt auf einer Anhöhe die Oberstadt mit dem historischen Stadtzentrum. Eine Standseilbahn verbindet die Unterstadt mit der Oberstadt. Spannend ist bereits die Anfahrt zu unserem Hotel über die engen kopfsteingepflasterten Straßen.
Das Hotel liegt am Rande der Città Alta am Fuße der zweiten Standseilbahn Bergamos, der Funiciulare S.Vigilio, die westlich zum Castello di San Vigilio hinauf führt. Am Nachmittag laufen wir rauf zur Bergstation und erhalten von hier einen ersten Überblick über die Altstadt. Durch eines der massiven Stadttore mit dem Symbol des venezianischen Löwen drehen wir auch noch eine kurze Runde durch die Altstadt über die zentrale Piazza Vecchio.
Mit der Wahl unseres online gebuchten Hotels sind wir sehr zufrieden, denn von hier können wir morgen die Altstadt intensiv in Augenschein nehmen. Beim Einchecken haben wir bereits einen Tisch im Restaurant des Hotels reserviert. Pünktlich finden wir uns am Abend im Restaurant „Casual“ ein, völlig davon überrascht uns in einem Restaurant des Sternekochs Enrico Bartolini wiederzufinden. Das Menü mit interessanten kulinarischen Erfahrungen nebst Weinbegleitung macht einfach nur Spaß, der nur bei der Rechnung ein kleines Decrescendo erfährt.
Mit einer abendlichen Bergfahrt hinauf nach San Vigilio kommen wir noch in den Genuss Bergamos Altstadt vor dem Lichtermeer der Poebene nach Süden zu betrachten. Hinter dem Hotel rumpelt die Funiculare noch ein paar mal durch, bis mir das Einschlafen gelingt.
Nach dem Frühstück am Sonntag stellen wir fest, dass wir uns wettertechnisch nicht den besten Tag ausgesucht zu haben um Bergamo zu erkunden. Auch an diesem Wochenende fällt noch Schnee in den Bergen und am Südrand der Alpen plästert es sich ein. Mit dem Regenschirm bewaffnet wenden wir uns der Altstadt zu. In den Arcaden der Piazza Citadella ist Flohmarkt und auf dem Weg zur Piazza Vecchio führt ein Hauseingang in einen interessanten Gang.
Es ist der Eingang in das Karmeliterkloster San Agata aus dem 14.-15. Jahrhundert. Das Konvent mit seinem Kreuzgang beherbergt heute ein Theater. Der zweistöckige Kreuzgang hat mit seiner Patina den besonderen Charme eines verlassenen Ortes.
Wir wenden uns den historischen Gebäuden an der Piazza Vecchia zu und beginnen mit einem Besuch im stadtgeschichtlichen Museum, das im Palazzo Podestà untergebracht ist. Vom 12.-15. Jahrhundert war die Podestà (Gouverneur oder Magistrat) hier untergebracht. Im 52 m hohen Torre Civica schlägt eine Glocke jeden Abend um 22 Uhr mehr als 100 mal. Damit wurde früher das Schließen der Stadttore angezeigt. In den Fundamenten des Gebäudes befinden sich Ausgrabungen aus der römischen Epoche.
Wir wollen uns noch ein weiteres Kloster, das Convento San Francesco anschauen. Dabei kommen wir an einem alten öffentlichen Waschplatz vorbei. Im ehemaligen Franziskanerkonvent aus dem 13.Jh. befinden sich Fresken aus dem 14.-17.Jahrhundert und das Sestini- Fotografie- Museum. Die Ausstellung der großformatigen Fotos des 1931 geborenen Fotografen Pepi Merisio kommen hier wunderbar zur Geltung und sind selbst ein geschichtlicher Bilderreigen Italiens.
Mit der Funiculare pendeln wir auf einen Espresso hinab zur Bar an der Station in der Unterstadt. Zurück in der Oberstadt wenden wir uns der östlich des Zentrums gelegenen Burg Rocca aus dem 14. Jahrhundert zu. Auch in der Burg befindet sich ein stadtgeschichtliches Museum der Stadt Bergamo, mit dem Schwerpunkt militärischer Auseinandersetzungen. Vom Bergfried hat man ebenfalls einen schönen Blick auf die Stadt- der 360 Grad Rundblick ersäuft allerdings bei der derzeitigen Wetterlage in den Nebelwolken. Bei gutem Wetter kann man nach Süden bis Mailand und nach Norden auf die Gipfel der Alpi- Orobie blicken.
Am Nachmittag steht dann noch das an der Piazza Vecchio befindliche Kirchen- Konvolut auf dem Programm. Dicht gedrängt neben der Kathedrale di Sant’Alessandro befindet sich die Kirche Santa Maria Maggiore, deren Portal fast eine bauliche Einheit mit der Cappella Colleoni zu bilden scheint.
Nach dem Abriss der Vorgänger- Kathedrale (Sankt Vinzenz) aus dem 5. Jahrhundert begann im Jahr 1459 der Neubau der heutigen Kathedrale S.Alessandro mit abschließender barocker Ausgestaltung im 18.Jahrhundert. Als Bischofssitz gibt es eine Bischofs- Krypta, die Vinzenzkapelle ist Papst Johannes dem XXIII. geweiht.
Interessanter wird es unter der Kathedrale- Im Jahr 2012 endeten die langjährigen archäologischen Ausgrabungen, die neben prähistorischen bis römischen Funden auch die Fundamente der alten Kirche zu Tage brachten. Eine mit Fresken bemalte Chorschranke vom Beginn des 12. Jahrhunderts hat die Zeit ebenfalls überdauert.
Der Baubeginn der benachbarten romanischen Basilika Santa Maria Maggiore geht auf das Jahr 1137 zurück. Die sehenswerten Portale aus der Mitte des 14. Jahrhunderts sind am Nordportal mit roten und am Südportal mit weißen Marmor- Löwen besetzt. Neben dem barockisierten Innenraum der Kirche findet man allerdings auch Fresken aus dem 14. Jahrhundert, ein Abendmahl an der Nordwand und der > Baum des Lebens< (1347) von einem unbekannten Künstler geschaffen. Aus dem 14. Jahrhundert stammt auch das Holzkreuz über dem Altar.
Kostbare Intarsienarbeiten aus dem 17.Jh. und ein aufwändig geschnitzter Beichtstuhl aus dem 18.Jh. fallen ins Auge. Eine freistehende Figurengruppe aus Marmor (14.Jh.) befindet sich im hinteren Teil der Kirche, wo sich auch das Grabmal des in Bergamo geborenen Komponisten Gaetano Donizetti (1763-1845) befindet.
Auch hier wird es beim Besuch der Schatzkammer interessant. Ein vollständig mit Fresken bemaltes Treppenhaus führt in einen Raum mit Exponaten aus dem 14.Jahrhundert.
In die dritte Kirche schauen wir nur rein. Es ist ein egozentrisches Projekt aus dem 15.Jahrhundert, in dem der in Bergamo geborene General Bartolomeo Colleoni sich und seiner Familie ein Denkmal und Mausoleum geschaffen hat. Die Kapelle mit ihrer schmuckvollen Marmorfassade scheint die romanische Basilika förmlich verdrängen zu wollen. Passenderweise hatte ein Feuer die Sakristei von S.M. Maggiore zerstört, so das das Bauwerk in der heutigen Form gegen den damaligen Willen der Mönche errichtet werden konnte- ein Schelm, wer böses dabei denkt. Auf dem Marmorsarkophag des Feldherren und Söldners steht sein vergoldetes hölzernes Reiterstandbild. Seine Tochter Medea musste Colleoni 5 Jahre vor seinem eigenen Ableben mit 75 Jahren hier beisetzen- die Tochter wurde nur 12 Jahre alt.
Mit einem Blick vom Stadtturm auf das umliegende Ensemble aus Palazzi und Kirchen und einem anschließenden Besuch des Palazzo delle Ragone beschließen wir unsere Erkundung der Stadt. Mit dem Betreten des Palazzo Ragone schlägt uns noch einmal eine große Fülle archäologischer Exponate quer durch Bergamos Stadtgeschichte entgegen.
Hungrig fallen wir im Ristorante „Mimi“ ein. Das rustikale Restaurant gehört zum gediegeneren Restaurant „Da Mimmo“ gegenüber. Wir essen gut und günstig in dem historischen Gewölbe an der Via Bartolomeo Colleoni und nehmen uns noch ein Stück Pizza für die morgige Autofahrt mit.
Am Montag brechen wir nach Marina di Bibbona südlich von Livorno auf, wo wir eine weitere Übernachtung eingeplant haben. Mit Südkurs über Mailand und Parma nehmen wir den Autobahn- Abzweig über den Apennin hinüber nach La Spezia. Auf der kurvigen Autobahn bekommen die Scheibenwischer an der Passhöhe noch einmal was zu tun, bevor wir dann die Ligurische Küste erreichen.
Mit Meerblick essen wir unsere mitgebrachte Pizza in der Sonne und genießen den Blick auf einen Teil des toskanischen Archipels. Am Horizont liegt als kleinste und nördlichste Insel Gorgona, im Süden vor der Küste die Hauptinsel Elba und dazwischen die Insel Capraia. Hinter Livorno fahren wir nur noch Landstraße durch die herrliche toskanische Landschaft mit ihren Land- und Weingütern.
In Marina di Bibbona kommen wir am Nachmittag an und beziehen hier für die letzte Übernachtung auf dem toskanischen Festland unser Zimmer in einem einfachen, vorgebuchten Hotel. Wir nutzen den Nachmittag zunächst für eine Strandwanderung. In Reih und Glied aufgestellte Liegestühle und Sonnenschirme warten noch ungenutzt auf den Ansturm von Badegästen.
Gezogen von bunten Lenkdrachen gleiten Kite- Surfer gekonnt über das glitzernde Wasser. Das empfohlene Restaurant hat leider Ruhetag, so kehren wir zurück zu unserem Hotel und suchen die Strandbar Jolly Beach auf. Der gereichte Fischteller in Kombination mit einem gut gekühlten Vermentino toppt unsere kulinarischen Erwartungen an eine Strandbar. Die am Horizont versinkende Sonne macht die Stimmung perfekt.
Nach dem Frühstück am Dienstag sitzen wir noch eine Weile im Liegestuhl auf der Dachterrasse in der Sonne. Das kleine palzzoähnliche Forte (Ende des 18 Jh.) gegenüber dient heute als Wohnhaus und war Teil einer Reihe von Festungen entlang der Küste zum Schutz vor Piraten. Für die Anfahrt zum Fährhafen in Piombino lassen wir uns Zeit und fahren die Via Aurelia parallel zur Etruskischen Küste durch das Anbaugebiet des Vermentino, des tollen Weißweins aus der Toskana vom Vorabend.
Trotzdem erreichen wir den Hafen von Piombino so zeitig, das wir auf eine früher ablegende Fähre nach Portoferraio auf Elba geleitet werden. Das Hafengebiet selbst grenzt an ein Industriegebiet, in dem Schwerindustrie nebst Hochöfen und Kokerei nicht unbedingt ein einladendes Bild abgeben. Die Altstadt Piombinos soll laut Reiseführer allerdings auch sehenswert sein.
Die Überfahrt mit der relativ kleinen Fähre nach Portoferraio auf Elba dauert keine Stunde. Mit Blick auf die kleine Leuchtturminsel Palmaiola erreichen wir schon bald die elbanische Küste, die im Nordosten nur etwa 10 Kilometer vor dem Festland liegt. Von Möwen begleitet fährt die Fähre entlang der Nordostküste bei herrlichem Wetter in die Bucht von Portoferraio ein. Hinter den Befestigungsanlagen rund um die Inselhauptstadt ragt das gut 1000 Meter hohe Gebirge im Westen der Insel auf.
Unser Feriendomizil, das wir bereits am frühen Nachmittag erreichen, liegt im Nordwesten der Insel in Sant’Andrea. Aus dem Fenster unseres Zimmers blicken wir auf einen liebevoll angelegten botanischen Garten. Mittendrin der Pool, an dem wir an diesem Nachmittag erst einmal versacken. Nach dem ersten Abendessen im Hotel fühlen wir uns hier einfach nur bestens aufgehoben.
Nach Dorothees überstandener Knieverletzung wollen wir auch auf Elba einige Wanderungen unternehmen und wählen daher am Mittwoch erst einmal eine kleinere Eingeh- Tour aus dem Rother- Führer aus. Vom benachbarten Bergdorf Marciana Alta führt von etwa 360 Höhenmeter ein Kreuzweg zur Wallfahrtskirche Madonna del Monte auf 630 Meter hinauf. Es ist eher kühl und nebelig an der Nordseite des Gebirgsmassivs des Monte Capanne, als wir am Santuario Madonna del Monte ankommen.
Die Kirche aus dem 16.Jh. steht auf historischem Boden, in dem Zeugnisse einer Besiedlung aus vorchristlicher Zeit gefunden wurden. Uralte Kastanien säumen das Areal der Einsiedelei. Wesentlich älter und in das heutige Kirchengebäude integriert ist das Fresko der Madonna Assunta auf einem Granitblock aus dem 14. Jh. Diesen kühlen und diskreten Ort wählte Napoleon 1814 aus, um hier seine polnische Geliebte Maria Walewska zu treffen. Während seines 10 monatigen Exils auf Elba soll er angeblich auch das Quellwasser des Monte Capanne geschätzt haben.
Der Weg führt uns noch ein Stück weiter zu einer besonders markanten Felsformation dem „Aquila“ (Adler). Neben anderen markanten Felsen steht er von weither sichtbar in der Landschaft und erinnert an einen gelandeten Adler, der seine Schwingen anlegt. Auf dem begehbaren Felsen wurden zu napoleonischer Zeit Nachrichten über einen Signalmast weitergeleitet. Wir können von hier einen großen Teil der Nordküste und tief unter uns die Bucht von Sant’Andrea überblicken. In Marciana trinken wir einen Espresso in der Osteria „Del Noce“ und machen einen Tisch für den nächsten Abend fest.
Am Nachmittag erkunden wir mit dem Auto den Westen der Insel. Von Marciana über Poggio fahren wir die wirklich schmale Passtrasse am Monte Perone vorbei hinüber zur Südküste. Ein herrliches Panorama zur Südwestküste hat man vom Torre San Giovanni auf etwa 300 Höhenmeter. Im 12.-13. Jh. war Elba Teil der Republik Pisa. Überfälle von Sarazenen und Angriffe der verfeindeten Republik Genua von See aus konnten von diesem Punkt frühzeitig erkannt werden. Nur wenig oberhalb befindet sich die Ruine der romanischen Kirche San Giovanni aus dem 13.Jh.
Über Marina di Campo gelangen wir an die Südküste und fahren die Küstenstraße nach Westen bis Seccheto. Hier kaufen wir in einem Laden für landestypische Produkte ein und kommen mit dem 83 jährigen Herrn an der Kasse ins Gespräch. Quer durch die Tagespolitik erfahren wir einiges über sein Leben auf Elba und die hier nicht immer fassbaren Vorteile einer europäischen Gemeinschaft. Am Ende dürfen wir uns noch 2 Monster- Pampelmusen aus dem üppigen Citrus-Hain pflücken.
Bei der Fahrt rund um die Westküste liegen südlich die Inseln Montecristo und die Gefängnisinsel Pianosa, nach Westen der nördliche Teil Korsikas und nordwestlich die Insel Capraia.
Der Donnerstag beginnt recht sonnig und nach dem Frühstück durchstreifen wir zunächst den botanischen Garten unseres Hotels. Danach laufen wir hinunter zum Strand in der Bucht von Sant’Andrea, deren westlicher Teil das Capo Sant’Andrea bildet. Ein Felsenweg führt zum Kap, von dem sich der Blick sowohl nach Westen, als auch entlang der Küste nach Osten öffnet. Wolken hängen noch an den Gebirgsflanken.
Am Nachmittag fahren wir wieder nach Marciana Alta, wo wir leider sowohl die Burg, als auch das archäologische Museum verschlossen vorfinden. Aus einer Höhe von etwa 300 Meter blicken wir über die Dächer des pittoresken Dorfes auf Marciana Marina an der Küste. Ansonsten tun wir es den Katzen gleich, die die Nachmittagssonne wonnig genießen.
An einem kleinen Platz mit einem Soldaten- Denkmal liegt die Osteria „Del Noce“, in der wir mit einer großartigen Küche verwöhnt werden. Traditionell und raffiniert zubereitete Speisen erfreuen unsere Gaumen. Im Laternenschein kehren wir zu unserem Auto und zu unserem Hotel nach Sant’Andrea zurück.
Am Freitag steht die Wettervorhersage auf „Go“ für einen Aufstieg zum Top of Elba, den 1019 Meter hohen Monte Capanne. In morgendlichem Nebel gehen wir von Marciana erneut den Kreuzweg hinauf bis zur 4. Kreuzwegkapelle, um dann unter die Nordabbrüche des Monte Capanne einzuschneiden. Stetig moderat ansteigend trifft der Weg auf den GTE (Grande Transversale Elba). Zunehmend setzt sich die Sonne durch und lässt die Botanik erstrahlen. Nachdem wir die Seilbahn zum Gipfel unterquert haben zweigt bald der Gipfelaufstieg ab. Nun windet sich der Steig deutlich steiler aufwärts und lässt den Schweiß von der Stirn rinnen. Eine Herde Mufflons flüchtet unterhalb über die Felsen.
Die kleine Bar an der Bergstation der Seilbahn ist rappelvoll, der fantastische Ausblick von hier wird von schwadronierenden Gruppen untermalt. Wir ersteigen die letzten Meter zum Gipfel und stehen an einem ruhigeren Punkt an dem wir die Ausmaße Elbas mit ihren Nachbarinseln komplett überblicken können. Im Nordosten das toskanische Festland, im Südwesten Korsika. Rundherum die Inselwelt des toskanischen Archipels. Auch die Hauptstadt Portoferraio liegt tief unter uns an der Küste.
Mit der betagten Funiva gleiten wir in Stehkörben hinab nach Marciana. Auf der Promenade vor dem Stadttor trinken wir vor der Rückfahrt noch einen Espresso.
Am Samstag wenden wir uns der Ostküste Elbas zu und besuchen den Küstenort Rio Marina. Der historische Bergwerksort befindet sich in der Region Elbas, in dem bereits die Etrusker seit dem 8. Jh. v. Chr. Eisen abgebaut haben. Die Minen sind heute nicht mehr in Betrieb, allerdings informiert das Bergbaumuseum im Ort über den Eisen- und Mineralabbau auf Elba. Die Bedeutung des Eisenabbaus auf Elba verbirgt sich auch im Namen der Hauptstadt Portoferraio, dem Eisenhafen von dem das Eisenerz ans Festland gebracht wurde.
Wir drehen eine Runde am Hafen von Rio Marina und halten dann noch an der Ruine der historischen Mine, die erst in den 80 er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgegeben wurde. Ich werde fündig an der Küste unterhalb der Mine wo funkelnde Mineralien und Gesteine in allen möglichen Farben einfach rumliegen.
Wir fahren noch ein Stück nach Norden Richtung Caco und biegen in eine Schotterstraße ein, die uns zum Laghetto Rosso delle Conche führt. Nach etwa 15 Minuten Fußweg erreichen wir den dunkelroten See, dessen eisenhaltiges Wasser ebenfalls ein Relikt des Eisenabbaus ist. Über Rio nell’Elba fahren wir über die Via de Volterraio hinauf auf eine Passhöhe, von der man einen eine tolle Aussicht auf die Bucht von Portoferraio hat. Imposant und kühn auf steilen Felsen liegt das Castello del Volterraio, für das wir bereits eine separate Wanderung avisiert haben.
Mit einem romantischen Sunset- Picknick beschließen wir den Tag an den Felsen am Capo Sant’Andrea. Brot, Käse, Salami und etwas Wein vor der Kulisse der glutrot ins Meer versinkenden Sonne- ein Moment der nachklingt.
Die Hauptstadt haben wir uns am Sonntag vorgenommen. Bei Regenwetter stellen wir unser Auto am Hafen ab und wenden uns zunächst der Villa Mulini zu. Napoleon I. Bonaparte wählte diese Villa nach seiner Abdankung als französischer Kaiser für sein Exil vom 4.Mai 1814 bis zum 26.Februar 1815 aus. Nach seinem gescheiterten Russlandfeldzug und dem Zusammenbruch des napoleonischen Europas kam das Aus für den großen Feldherrn.
Während seiner Regierungszeit erfuhr Elba allerdings einen Aufschwung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Das Museum in der Villa Mulini informiert über diese Zeit, in der Elba im Glanz Napoleons stand. In den Räumen befinden sich zahlreiche Exponate und Möbelstücke.
Trotz Abdankung behielt Napoleon aber seinen Kaisertitel und startete nach seinem fast 10 monatigen Exil auf Elba noch einmal ein 100- tägiges Comeback als französischer Kaiser. Die endgültige Verbannung nach St.Helena folgte nach seiner finalen Niederlage bei Waterloo. Mit 3,7 Millionen getöteten Soldaten und Zivilisten auf beiden Seiten endete die Karriere Napoleons damit endgültig, nicht aber das Gemetzel in Europa.
Im Garten der Villa, die in die Festungsmauern des Forte Stella integriert ist hat man einen schönen Blick auf die Bucht von Portoferraio. Eigentlich ein schöner Ruhesitz für den machtbesessenen Feldherrn, der Europa soviel Not und Elend beschert hat, denke ich mir. Despoten brauchen aber keine Ruhe und wittern ihre Chance immer dann wenn das Hurra- Geschrei der Flachdenker ausreichend laut wird. Napoleons Karriere war nur eine der vielen Führer- Karrieren, deren Leichenberge das Hurra- Geschrei am Ende verstummen ließen.
Die Besiedlungsgeschichte der Bucht von Portoferraio ist Jahrtausende alt. Schon die Etrusker kannten die reichen Eisenvorkommen der Insel. Ligurer, Griechen und Römer besetzten Elba. Die Burgen Stella und das höher gelegene Fortezze Medicee (Falcone) wurden im 16. Jahrhundert erbaut. Der toskanische Großherzog Cosimo de‘ Medici benannte die Stadt in dieser Zeit zu Cosmopli um. Bei einem Besuch des Fortezze Medicee erfahren wir einiges über den toskanischen Großherzog, der hier auf Elba eine der am Besten befestigten Städte des Mittelmeerraums in Auftrag gab.
Am Hafen befindet sich der Wachturm Torre del Martello, der als Teil der Befestigungsanlage Cosmopolis auf der Linguella an der Hafeneinfahrt steht. Unter unmenschlichen Bedingungen wurde hier 1887 der Anarchist und Königs- Attentäter Giovanni Passannante eingekerkert. Sein Martyrium fristete er in Ketten gelegt in einem dunklen, 2 Quadratmeter großen und 1,5m hohen Raum unter der Wasserlinie. Nach unvorstellbaren achteinhalb Jahren in diesem Loch starb er 1910, dem Wahnsinn verfallen in einer Irrenanstalt in Montelupo.
Direkt nebenan befinden sich die Fundamente der ehemaligen römischen Villa von Linguella aus der Zeit des 1. Jh. vor bis zum 1. Jh. nach Chr. Einige Exponate gibt es im archäologischen Museum auf der Landzunge zu sehen.
Das Wetter nervt etwas, trotzdem steigen wir über die steilen Gassen noch einmal hinauf in die Stadt und besuchen das Teatro dei Vigilanti. Napoleon baute das Theater für seine Schwester aus der 1616 geweihten und bereits Anfang des 19. Jahrhundert säkularisierten Karmeliterkirche.
Am Montag fahren wir wieder in den östlichen Teil der Insel nach Rio nell’Elba, dem ältesten Ort der Insel. Neben dem insgesamt sehr sehenswerten Ort gibt es ein altes traditionelles Waschhaus, in dem die Frauen die oft sehr schmutzige Kleidung ihrer im Bergbau tätigen Männer gewaschen haben.
Westlich von Rio nell’Elba fahren wir wieder die Passtrasse hinauf zum Castello del Volterraio. Wie ein Vogelnest liegt die Burg 339m hoch auf einem steilen Felsen. Eine kurze Wanderung führt über einen Felsenweg hinauf zu der trutzigen Festung. Die Fluchtburg wurde von den Pisanern im 13. Jahrhundert auf einer älteren Anlage aus dem 11. Jahrhundert errichtet. Sie bot den Einwohnern Schutz vor Piratenüberfällen und hielt allen Belagerungsversuchen stand. Der Ausblick nach Westen über die Bucht von Portoferraio hinweg lädt zum Verweilen ein.
Auf dem Rückweg besuchen wir in der Ortschaft Magazzini am östlichen Rand der Bucht von Portoferraio die romanische Kirche Santo Stefano alle Trane. Das schlichte Kirchenschiff mit runder Apsis und Ornamenten aus dem 12. Jahrhundert hat die Zeit und die Piratenüberfälle als einzige romanische Kirche auf Elba überstanden. Leider finden wir die Kirche verschlossen vor.
Zurück in Marciana suchen wir das Weingut Zega auf, um etwas elbanischen Wein für zu Hause einzukaufen. Wir treffen die über 80 Jahre alte Großmutter der Winzerfamilie an, die uns während eines netten Gesprächs unsere Flaschen in Kartons verpackt.
Im oberen Teil Marcianas statten wir der heute geöffneten Burgruine aus dem 12. Jh. und dem benachbarten archäologischen Museum einen Besuch ab. Auch die Burg von Marciana bot den Bewohnern Schutz in unruhigen Zeiten an der höchsten Stelle des Ortes auf 415m.
Im archäologischen Museum erhalten wir eine ambitionierte Führung durch den Museumswärter, der keinesfalls Geschichte studiert hat und sich auf Nachfrage als Philosoph zu erkennen gibt. Fundstücke aus der Zeit der Etrusker gehen weit in das Jahrtausend vor Chr. zurück.
Am Dienstag wollen wir an der Südküste das Capo della Stella bei Capoliveri erwandern. Über die bewaldete Halbinsel führt ein schöner Rundweg mit einem Abstecher zu einer schönen Felsenbucht.
Am Nachmittag fahren wir noch einmal über Rio nell’Elba in den Nordosten der Insel, um bei einer zweiten Wanderung den Torre del Giove zu besuchen. In einer guten halben Stunde steigen wir von der Straße (SP33) aus hinauf auf die ehemalige Festung aus dem Jahr 1459. Der 352m hohe Hügel bietet einen idealen Standpunkt für die Beobachtung des Schiffsverkehrs zwischen der Meerenge zwischen Elba und Piombino auf dem Festland.
Die Burg war umkämpft- in den Jahren 1534 und 1553 kam es zu Piratenüberfällen aus dem osmanischen Reich. Bei Überfällen der Piraten Barbarossa und Dragut kam es bereits zu Zerstörungen der Anlage. Im 17. Jahrhundert leisteten österreichische und französische Truppen dann diesbezüglich ganze Arbeit.
Einen tollen Ort mit weiten Ausblicken bietet der Torre, von dem wir Richtung Südwesten auch die Felsenburg Volterraio sehen können. Die hoch aufragenden Mauerreste der Anlage sehen teilweise alles andere als stabil aus, weswegen wir respektvoll Abstand halten. Noch einmal genießen wir am Abend die herrliche Küche der Osteria in Marciana Alta.
Unseren letzten Tag auf Elba widmen wir noch einmal der Bucht von St. Andrea. Das Bad im Meer können wir von unserer To-Do- Liste streichen, obwohl die Wassertemperatur bei leider bewölktem Himmel etwas Überwindung kostet. Auch in östlicher Richtung führt ein interessanter Felsenweg bis an das andere Ende der Bucht, mit dessen Erkundung wir uns dann auch bereits von der wunderschönen Insel Elba verabschieden.
Am Donnerstag verlassen wir bei Sonnenschein die Hafeneinfahrt von Portoferraio mit Kurs auf Piombino. Immer entlang der etruskischen Küste fahren wir über Livorno, an Pisa vorbei Richtung Carrara. In Carrara machen wir einen kurzen Abstecher an die gewaltigen Marmorbrüche in den Bergflanken des Apennin. In großen Blöcken wird hier der begehrte weiße Marmor aus dem Berg geschnitten.
Auch für die weitere Heimreise haben wir uns vorgenommen Autobahnen zunächst zu meiden und uns über die Hügel der Emilia- Romagna zu einer kleinen Ortschaft etwa 20 Kilometer westlich von Parma vorzuarbeiten. In der Nachmittagssonne taucht dann auch auf einem der Hügel unser Tagesziel, die Burg Tobiano Castello auf – Mal wieder haben wir mit diesem letzten Quartier in Italien auf der Heimreise voll ins Schwarze getroffen.
Leider ist unser Aufenthalt in dem Hotel Antico Borgo di Tobiano Castello nur kurz, das sowohl Zimmer in der Burg als auch in den historischen Häusern rundherum vermietet. Ein herrlicher Ort am östlichen Rand des Apennin auf einer Höhe von 300 Metern gelegen, den wir am Nachmittag noch in Augenschein nehmen. Wir umrunden die Burg aus dem 11. Jh. auf einem kurzen Fußweg und blicken diesmal von Südosten hinunter auf die Poebene bei Parma. Hinter der Burg finden wir eine verschlossene romanische Kirche, die Chiesa S.S. Gervasio e Protasio aus dem 16. Jh.
Das Restaurant Il Caseificio ist, wie der Name schon preisgibt in einer ehemaligen Parma- Käserei untergebracht. Die Hotel- Managerin verrät uns, das die Burg über lange Zeit als Käselager gedient hat, was man ihrer Meinung nach heute noch riecht. Wir genießen ein delikates regionales Menü mit Geschmäckern aus der Emilia Romana und einen kräftigen Gutturnio Riserva.
Nach einem herrlichen Frühstück auf der Terrasse vor der Käserei fahren wir über die grünen Hügel der Emilia Romagna, über Castell’Arguato hinab in die Poebene. Vor Mailand nehmen wir dann doch die Autobahn über Lugano und Bellinzona und lassen uns dann wieder viel Zeit für die Überquerung der Alpen. Wir wählen bei annähernd wolkenlosem Himmel den Weg über den Lukmanier Pass ins schweizerische Disentis und anschließend über den Oberalppass nach Andermatt.
Auf den Passhöhen liegt noch reichlich Schnee, in den Tälern zieht nun langsam der Sommer ein. Grüngelbe Löwenzahnwiesen liegen den noch weißen Bergen zu Füßen. Am Oberalppass schickt ein Alphorn- Bläser eine Intonation in die Bergwelt.
In dem hübschen Ort Kenzingen im Kaiserstuhl verbringen wir noch den letzten Abend vor der Heimfahrt. Durch Kenzingen fließt die Elz die auf 1155m am Rohrhardsberg im Schwarzwald entspringt. Bei einem Bürgerfest ist am Samstagabend der ganze Ort in Partylaune. Die badische Fastnacht hat hier große Tradition. Wir drehen noch eine Runde durch die schönen Gassen.
Eine unserer Touren endet, mit vielen schönen Entdeckungen auf unserem Weg nach, auf und von Elba.
A.Korbmacher
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