Nepal 2023
Kultur- und Wanderreise im Kathmandu-Tal zwischen Pokhara und Kathmandu
Mitte März fiebern wir unserer ersten Asienreise entgegen. Das Reiseland ist Nepal, dessen Bergwelt mich bereits seit Beginn meiner bescheidenen Bergsteiger-Karriere fasziniert. 1980 war das Jahr in dem ich meinen ersten Kontakt zum Klettern und Bergsteigen hatte, es war die Zeit, in der das Höhenbergsteigen durch den Verzicht auf künstlichen Sauerstoff revolutioniert wurde. Reinhold Messner hat am 8. Mai 1978 zusammen mit Peter Habeler in diesem Stil den höchsten Punkt unseres Planeten am Gipfel des Mount Everest auf 8848m erreicht und die ungeklärte Frage ob dabei ein Verzicht auf Flaschensauerstoff überhaupt ohne Folgeschäden möglich ist geklärt. Bis 1986 gelang Messner als erstem Bergsteiger die Besteigung aller 14 Achttausender „by fair means“.
Ich habe die Bilder damals verschlungen und zumindest in Gedanken Ambitionen gehabt, den damaligen Pionieren nachzueifern. Es blieb aber bei alpinen Touren, wenngleich mein Wunsch die höchsten Gipfel dieser Erde im Himalaya aus der Nähe zu sehen nie verklungen ist. In diesem Jahr werde ich sechzig Jahre alt und werde mir mit diesem 10- tägigen Trip endlich diesen Wunsch erfüllen, mich in dem Land umzusehen, dass Anteil an acht Achttausendern hat, wobei Dhaulagiri 8167m, Annapurna 8091m und der Manaslu 8163m vollständig in Nepal liegen.
Wir haben alles erledigt, unsere Visa für die Einreise nach Nepal beantragt und die Gepäcklogistik soweit vorbereitet. Der Flug geht erst am Montagabend um 18:10 von Düsseldorf nach Istanbul, wo wir mit einem Zwischenstopp von 2 Stunden in den Flieger nach Kathmandu umsteigen. Nach der 3- stündigen Anreise nach Istanbul benötigt der Airbus A330-303 weitere 6,5 Stunden zu unserem Zielort. Das Flugzeug trägt die Aufschrift „300th Aircraft“ und ist somit leicht wiederzuerkennen. Der Flug gegen die Erdrotation und durch die Zeitzonen nach Osten bringt eine kurze Nacht und eine Zeitverschiebung von +4,75 Stunden.
Von Düsseldorf aus verläuft unsere Flugroute über Ungarn und Bulgarien an den Bosporus. Von hier geht es entlang der türkischen Schwarzmeerküste über den Iran, das kaspische Meer, Afghanistan, Pakistan und Indien nach Kathmandu, etwa 7300 Kilometer die uns eingeklemmt in der Economy-Class wie eine Ewigkeit vorkommen. Beim Landeanflug auf die nepalesische Hauptstadt liegt der Himalaya- Hauptkamm mit den ersehnten Gipfeln unter Wolken verborgen. In der Ankunftshalle des Flughafens werden wir am Dienstagmorgen von einer Buddha-Statue und den Worten „Nepal The Birthplace of Lord Buddha“ begrüßt.
Nepal liegt am Südrand des Himalayas zwischen der Volksrepublik China und Indien. Die 30 Millionen Einwohner gehören 100 verschiedenen Volksgruppen an und sind zu 80% Hinduisten. Im Frühjahr 2008 wurde nach Abschaffung der alten traditionellen Monarchie eine konstitutionelle demokratische Bundesrepublik beschlossen. Wir erledigen unsere Formalitäten, holen unser Visum ab und tauschen etwas Geld in nepalesische Rupien. Am Gepäckband treffen wir bereits auf unsere Taschen und begeben uns zum Ausgang.
Vor dem Flughafen steht mit einem Pappschild unseres Reiseveranstalters unsere Abholung bereits bereit. Er ist unser Guide Santosh, der uns die nächsten 10 Tage begleiten wird. Unsere Gruppe ist mit weiteren 11 Teilnehmern bald vollzählig. Da wäre die von München angereiste bayrische Fraktion, bestehend aus Georg, Sabine, Ingrid und Irmgard, Elisabeth und Siegfried. Von Frankfurt aus sind sowohl Eve und Adi, als auch Brigitte und Nic als rheinland-pfälzische Fraktion gestartet. Neben Doro und mir hat die Anreise auch für Robert aus der Eifel in Düsseldorf begonnen.
Bereits vor dem Flughafen ist mir sehr schnell bewusst- das ist eine andere mir noch völlig unbekannte Welt. Mit dem Bus geht es im Linksverkehr zu unserem Hotel, in der Nähe des Touristenviertels Thamel. Das Treiben auf den Straßen ist unglaublich, überladene Lastwagen, unzählige Zweiräder, dazwischen Fußgänger und ehrlich gesagt- keine gute Luft. Schadstoffe entweichen ungefiltert aus den unzähligen Auspuffrohren der 2- und 4- rädrigen Gefährte.
Wir befinden uns in einem der ärmsten Länder Asiens, das sich im Ranking auch weltweit unter den letzten 20 Plätzen wiederfindet. Die Landwirtschaft ist für die meisten Nepales*innen die Haupteinkommensquelle, die aber wegen geringen Landbesitzes und Ertrags oft nicht ausreichend ist. Auch hier werden erste negative Einflüsse der globalen Klimaerwärmung beobachtet, besonders das verzögerte Einsetzen des für die Reisaussaat notwendigen Monsunregens in den letzten Jahren.
Im April 2015 brachte ein verheerendes Erdbeben mit einer Magnitude von 7,8 und mehreren Nachbeben bis Ende Juli massive Zerstörungen über das Land. 600-800 tausend Häuser stürzten ein, 9000 Tote und 22000 Verletzte wurden insgesamt registriert. Auch ein Teil des UNESCO- Weltkulturerbes der 3 Königsstädte wurde beschädigt oder gar zerstört. Mit der Corona- Pandemie kam es zu einem 70%-igen Einbruch der Einnahmen aus dem Tourismus-Sektor, die allerdings vorher nur einen Anteil von 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hatten.
Im Hotel wird allen Gästen zur Begrüßung ein Stoffschal umgehängt. Ein freundliches „Namasté“ mit aneinandergelegten Händen und geneigtem Kopf ist die traditionell hinduistische Begrüßung mit der man gegenseitigen Respekt austauscht. Santosh gibt uns erste Informationen und verteilt die Zimmerschlüssel. Wir beziehen unser Zimmer, gönnen uns eine Dusche und haben nun bis zum gemeinsamen Abendessen ausreichend Zeit uns einzurichten, um dann einen ersten Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen.
Beim Verlassen des Hotels müssen wir beim hier üblichen Linksverkehr gut aufpassen. Es wird gehupt was das Zeug hält und sichere Gehwege sucht man vergebens. Rikschas und Mopeds wuseln sich an den Fußgängern entlang, die sich durch die engen Gassen schieben. Wir wollen zum Durbar-Square, dem zentralen Platz am alten Königspalast mit seinen Tempeln. Vor den Geschäften stehen Obstverkäufer mit Fahrrädern, auf einem Wagen werden Maiskolben gegart. Überall sind kleine oder größere Tempel, an einem Platz gelangen wir an eine buddhistische Stupa.
Jeder scheint dringend irgendwo hin zu müssen, jeder will irgendwas verkaufen, mittendrin Touristen wie wir, die sich nur langsam an dieses funktionierende Chaos gewöhnen. Irgendwann gelangen wir dann an unser Ziel. Wir erwerben eine Eintrittskarte für den historischen Bereich, in dem zahlreiche Tempel und Schreine rund um den Königspalast angesiedelt sind. Wir betreten den besonders schönen Innenhof des Kumari-Ghar. Nach alter Tradition befindet sich hier der Wohnsitz der Kindgöttin Kumari. Von Priestern nach strengen Kriterien als Kleinkind auserwählt ist die Kumari als Inkarnation von Taleju, der hinduistischen Schutzgöttin eine Göttin auf Zeit. Sie verliert ihren göttlichen Status mit der ersten Menstruationsblutung, denn eine Kumari darf nie geblutet haben. Die Kindgöttin selbst sehen wir heute nicht.
Mit den Eindrücken dieses ersten Rundgangs durch die Gassen Kathmandus kehren wir zum Hotel zurück. Genauso chaotisch wie das Treiben auf Kathmandus Straßen erscheinen uns die Elektroinstallationen über unseren Köpfen an den Häusern. Befremdlich erscheinen uns auch die im subtropischen Klima ungekühlten Auslagen beim Metzger. Nichts Besonderes sind Kühe im Straßenbild, sie sind heilig und dürfen sich überall frei bewegen. Beim Abendessen im Hotel lernen wir unsere Mitreisenden dann näher kennen.
Santosh Giri, unser Guide lebt mit seiner Frau und seinem fünfjährigen Sohn in Kathmandu. Er ist der Bruder von Dhaula Giri- teilt er uns schmunzelnd mit. Es dauert einen Moment bis ich den Gag verstanden habe… Neben seiner Tätigkeit als Führer in Nepal arbeitet Santosh im Sommer im Pitztal auf dem Taschachhaus. Er ist uns vom ersten Moment an ein überaus engagierter und freundlicher Begleiter, stets bemüht uns seine Heimat, seine Kultur und Religion näher zu bringen. Santosh kennt auch unsere Kultur und beherrscht unsere Sprache perfekt- es macht uns Spaß ihm zuzuhören und wir freuen uns ihn als Reiseführer zu haben.
Nach dem Frühstück am Mittwoch wartet unser Bus bereits vor der Tür. Es steht heute die Besichtigung zweier bedeutender Sehenswürdigkeiten im nordöstlichen Altstadtbereich Kathmandus an. Zunächst fahren wir zur Tempelanlage von Pashupatinath, einer der bedeutendsten Pilgerstätten des Hinduismus in unmittelbarer Nähe des Flughafens. Vor allem für die Shivaiten ist der hiesige Tempel eine wichtige Verehrungsstätte für Gott Shiva, dessen Inneres ausschließlich von Hindus betreten werden darf. Zusammen mit den alten Königsstädten des Kathmandutals und anderen Sehenswürdigkeiten steht das Heiligtum als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO.
Wir erhalten von Santosh einen Crash-Kurs über die Glaubenswelt des Hinduismus. „Wir haben 3,2 Millionen Götter, aber die braucht ihr nicht alle zu kennen…“- sagt er uns lächelnd. Im Hindu-Glauben ist es die Dreigestalt aus Brahma dem Schöpfer, Vishnu dem Bewahrer und Shiva dem Zerstörer, die die Götterhierarchie anführen. In Nepal dominiert die Verehrung Shivas, der allerdings in unendlich vielen Inkarnationen in Erscheinung treten kann. In Pashupatinath wird Shiva als Pashupati (Gott des Lebens) verehrt. Vor dem eigentlichen Tempelbereich laufen wir entlang zahlreicher Verkaufsstände mit farbenfrohen Ketten, Girlanden und Gegenständen. Es sind keine Souvenirbuden für Touristen, hier können sich Pilger mit rituellen Dingen und Opfergaben eindecken. Mit Glasperlenketten schmücken sich die verheirateten Frauen.
Wir ersteigen zunächst die Treppen zum höchsten Punkt der Anlage für einen guten Überblick über die Tempeldächer hinunter zum Bagmati-Fluss. Eine heilige Stätte gab es hier wahrscheinlich schon in vorchristlicher Zeit, einen Tempel bereits seit dem 5.Jahrhundert. Überall steigt am Bagmati-Fluss Rauch auf, hier finden rituelle Leichenverbrennungen statt. Der Fluss mündet über den Koshi im weiteren Verlauf in den Ganges. Zahlreiche Rhesusaffen tollen über die Mauern und Wege der Tempelanlage. Für einen besonderen Lebensstil haben sich die Sadhus entschieden, die ebenfalls hier in der Anlage leben. Mit ausgefallenen Bemalungen und Kopfputz haben sie sich einem religiösen, teilweise streng asketischen Leben verschrieben.
Am Eingang des eigentlichen Heiligtums warten die Gläubigen mit ihren Opfergaben in langen Schlangen auf Einlass. Über dem Eingangsportal grüßt Shiva mit seinem obligatorischen Dreizack, darunter seine Kinder Ganesha mit Elefantenkopf und Skanda. Wir können nur einen Blick durch das Portal auf das Hinterteil des überdimensionalen Stiers Nandi, dem Reitstier Shivas erhaschen. In der Cella im Inneren des zweigeschossigen Pagodentempels befindet sich ein 1,80 Meter hoher Shiva-Lingam mit einem Durchmesser von 1,10 Metern, einer alternativen Darstellung Shivas als Phallus. Dieser darf nur von 4 aus Südindien stammenden Priestern (Bhattas) berührt werden.
Wir begeben uns hinunter zum Flussufer, an dem wir die Arya Ghats (Verbrennungsstätte der höheren Kasten) erreichen. Daneben schließen sich die Verbrennungsstätten der niederen Kasten (Surya Ghats) an. Offiziell wurde das Kastenwesen 1963 abgeschafft, gesellschaftlich wird es aber weiter gelebt. Santosh erzählt uns sehr viel über die traditionelle Bestattungszeremonie der Hindus. Die Verbrennung der Verstorbenen unterliegt einem fest vorgegebenen Ritual. Sowohl Hindus, als auch Buddhisten glauben an den ständigen Kreislauf aus Tod, Seelenwanderung und Wiedergeburt. In früheren Zeiten gab es das Ritual des „Sati“, bei dem sich die Witwe zusammen mit dem verstorbenen Ehemann verbrennen ließ- dies ist in Nepal seit 1920 verboten. Die Farbe der Trauer im Hinduismus ist gelb, rot steht für den Ausdruck der Freude.
Rund um die Uhr brennen unter der Tempelanlage von Pashupatinath die Feuer am Bagmati. Auch das was wir hier sehen, riechen und empfinden ist alles andere als vertraut. Am Gegenufer der Arya Ghats steigen wir auf eine Aussichtsgallerie oberhalb des Shivalaya-Komplexes, den 15 Schreinen zu Ehren verstorbener Persönlichkeiten hinauf. Von hier blicken wir noch einmal über den Fluss hinüber auf die Tempelanlage. Entlang weiterer Schreine, Tempel und unter uralten Pappeln verlassen wir den Tempelbezirk am Guhyeshwari Shaktipeeth-Tempel, einem weiteren Hindu-Tempel aus dem 7.Jahrhundert. Eine Brücke führt uns erneut über den Bagmati-Fluss zu unserem wartenden Bus.
Bei einigen Begegnungen haben sich für mich schöne Fotomotive ergeben. Sadhus waren bereit sich mit uns fotografieren zu lassen, wofür ein Obulus als Gegenleistung erwartet wird. Mit der Tika, einem mit dem Daumen aufgetragenen roten Farbtupfer erhalten wir noch einen Segen von den heiligen Männern. Bei meinen Anfragen Leute fotografieren zu dürfen stoße ich auf wenig Ablehnung, im Gegenteil- häufig gesellen sich sogar noch weitere Personen dazu, um mit aufs Bild zu kommen.
Wir fahren nun weiter zu einem buddhistischen Heiligtum, der Stupa von Bodnath. Mit 36 Metern Höhe ist die Stupa ein wichtiges Pilgerziel für die Buddhistische Gemeinde Nepals. Von der Spitze der Stupa entgeht den aufgemalten Augen Buddhas nichts. Dem Buddhismus in Nepal gehören als zweitwichtigste Religion nur 8% der Bevölkerung an, Muslime bilden mit 3% eine Minderheit. Der in Nepal praktizierte Hinduismus enthält allerdings auch Elemente des Buddhismus. Der Bau der Stupa geht auf die Licchavi- Könige des 5.Jahrhunderts zurück. Einmal pro Jahr wird die gesamte Stupa neu weiß eingetüncht. Rundherum sind Gebetsmühlen angebracht, die von den Gläubigen immer im Uhrzeigersinn gedreht werden, die Stupa umläuft man ebenfalls in dieser Richtung.
Santosh führt uns in die Räume des Buddhist Thangka Zentrums, in dem sich eine Thangka- Malschule befindet. Thangkas sind Gemälde, die nach genau definierten ikonografischen Vorschriften angefertigt werden. Die Darstellungen folgen uralten Traditionen und wurden in den ersten Klöstern Tibets bereits im 8.Jahrhundert an Wände und Decken gemalt. Die ältesten buddhistischen Gemälde auf Leinwand gehen auf das 11. Jahrhundert zurück. In der Regel werden die Rollbilder des tantrischen Buddhismus auf Leinwand, seltener auf Seide oder Leder gemalt. Inhalte sind Aspekte der buddhistischen Lehre und typische Motive sind Darstellungen Buddhas und seiner Schutzgottheiten. Mandalas sind dabei Darstellungen in Kreisform mit Ausbuchtungen für die Himmelsrichtungen, die der Erfassung der buddhistischen Lehre dienen. Dabei können sie den Aufbau des gesamten Universums wiedergeben.
Wir erhalten Gelegenheit den Malern und Malerinnen bei ihrer filigranen Arbeit zuzuschauen, die mit ruhiger Hand diese Gemälde produzieren. Meister schmücken sich mit dem Namenszusatz Lama. Santosh kann uns die Inhalte der Bilder wunderbar vermitteln. Wir haben hier Gelegenheit eines der Meisterwerke zu erwerben. Wir entscheiden uns für ein von Lama Bishnu signiertes kleinformatiges Kalachakra Mandala, ein erstes authentisches Souvenir. Wie praktisch, dass es eingerollt in eine kleine Papprolle passt.
Im Bouda Stupa Restaurant ergattern wir einen Tisch auf der oberen Terrasse mit Logenblick auf die weiße Stupa mit den bunten tibetanischen Gebetsfahnen. Reis und Linsen stellen eine Grundlage der nepalesischen Küche dar, für die ausländische Besucher den Begriff „Dal Bhat“ geprägt haben. Etwas mehr hat die nepalesische Küche je nach Geldbeutel aber schon zu bieten. Wir bestellen uns Mo-Mo’s, kleine Teigtaschen wahlweise vegetarisch oder mit Huhn oder Wasserbüffel-Füllung. Das Nepali Thali Set bietet rund um Dal Bhat etwas Gemüse, Pickles und würzige Dips, ebenfalls vegetarisch oder mit Fleisch. Wer zum Essen ein Bier bestellen möchte hat hier die Auswahl zwischen „Everest“, Sherpa“ oder „Yeti“- Bier.
Auf unserem Rundgang um die Stupa gelangen wir an das buddhistische Kloster Jamchen Lhakhang, dem wir einen Besuch abstatten. Vor der bunten Fassade des zweistöckigen Gebäudes hängt eine große Glocke in einem goldenen Bogen. In der unteren Etage rotiert eine große Gebetsmühle, eine Treppe führt hinauf zum eigentlichen Gebetsraum. Vor dem Betreten hinduistischer und buddhistischer Heiligtümer ist das Ausziehen der Schuhe obligat. Im Innenraum ist das fotografieren nicht gestattet. Hier werden wir nun von Santosh durch die buddhistische Mythologie geführt.
Der Buddhismus ist eine der großen Weltreligionen. Sie beruft sich auf die Lehren Siddhartha Gautamas, der zwischen dem 6. und 5.Jahrhundert v.Chr. in Lumbini im nordindischen Fürstentum Kapilavastu, heute ein Teil Nepals geboren wurde. Dabei ist Buddha (Der Erwachte) eben jener Gelehrte, der 6 Jahre lang durch Askese, Studium und Meditation mit dem Erlebnis des Erwachens den Weg der Mitte gefunden hat. Diese Lehren stellen den Mittelpunkt des Buddhismus dar und geben die Grundlinien der Religion wieder, jedoch ohne zentrale Autorität oder Gottheit. Buddha selbst wird von den Gläubigen zwar verehrt aber nicht angebetet. Somit gehört der Buddhismus nicht zu den theistischen Religionen.
Nach der Rückkehr zum Hotel steht uns auch der heutige Nachmittag zur freien Verfügung. Unser gestriges Zeitfenster am Durbar-Platz in Kathmandu war knapp bemessen, deswegen wollen wir uns mit Sabine und Robert noch einmal auf den Weg machen. Wir legen den Weg diesmal aber nicht zu Fuß zurück, sondern chartern 2 Rikschas. 500 Rupien (5,60 €) ist der Fahrpreis für die etwa 2,5 Kilometer pro Rikscha und so geht es diesmal auf dem Dreirad durch die Gassen Kathmandus. Ich stelle mit Doro zusammen sicher auch eine eher hohe Zuladung dar, die ordentlich Pedalarbeit einfordert. Dazu macht unser betagtes Gefährt einen eher maroden Eindruck. Man darf allerdings nicht außer Acht lassen, dass der ächzende Drahtesel die Grundlage des Familieneinkommens unseres Fahrers sichert.
Am Durbar-Square vereinbaren wir bereits unsere Rückfahrt zum Hotel und wenden uns den Tempeln am Königspalast zu. Etwas Sonnenlicht am Nachmittag bringt die Schnitzarbeiten an den historischen Gebäuden heute besser zur Geltung. Im Kumari-Ghar haben sich einige Leute eingefunden, offensichtlich in Erwartung einer Audienz der Kind-Göttin. Wir werden mehrfach streng darauf hingewiesen, dass das Filmen und Fotografieren der Kumari verboten ist. Dann öffnet sich eines der Fenster und mit erhabener Miene blickt die lebende Gottheit etwa 2 Minuten auf uns hinab. Ich sehe in erster Linie ein etwa 8-jähriges Kind, dessen Kindheit den uralten Traditionen nachsteht.
Wir umrunden noch einmal den Königspalast mit Sabine und Robert und kehren zu unseren wartenden Rikschas zurück. Mit Dauerhupe wackelt unser Gefährt zurück zum Hotel. Unser Abendessen haben wir im Restaurant „Nepali Ghar“ fußläufig vom Hotel festgemacht. Ich esse ein äußerst schmackhaftes Hähnchen- Paprika. Meine Antwort auf den vom Kellner angefragten Schärfegrad „ja etwas“ wurde offensichtlich mit „ja bitte super scharf“ verstanden. Ok- ich esse gern scharf aber auch mit Reis gestreckt ist es immer noch „hot-hot-hot“ 🙂
Am Donnerstag verlassen wir die auf über 1400 Meter über Meereshöhe gelegene Hauptstadt Nepals nach Westen. Dabei windet sich die Passstraße steil talwärts, wir befinden uns auf dem Tribhuvan Highway, der 1956 mit indischer Hilfe als erste Fernstraße des Landes entstand und auf etwa 970 Meter Höhe nach Birganj an der Indischen Grenze nach Süden abzweigt. Wir halten uns weiter talwärts auf der nun als Prithvi Highway ausgewiesenen Straße, die auf einer Strecke von 174 Kilometern Pokhara im Westen mit Kathmandu verbindet.
Der Prithvi Highway folgt dem Lauf des Mahesh-Khola über seine Einmündung in den Trisuli-River westwärts. Wenn jetzt von Highway die Rede ist könnte man annehmen wir befahren eine komfortable breite Straße, davon ist diese mit Baustellen und Schlaglöchern übersäte Piste weit entfernt. Unserem Fahrer Bir fordert die Fahrt volle Konzentration ab, denn auf der hochfrequentierten Strecke wird überholt was das Zeug hält. Auf einem Bus lese ich die Aufschrift am Heck „One Mistake-Life Delete“- das ist sicher jedem klar, denn keiner besteht auf seinem Recht und man verhält sich defensiv wenn es eng wird.
Unser Tagesziel liegt etwa auf der Hälfte der Strecke nach Pokhara in Kurintar bei Gorkha. Hier müssen wir den Trisuli River zu Fuß über eine Hängebrücke queren und ein kurzes Stück zur Summit River Lodge aufsteigen, wo wir für 2 Übernachtungen einquartiert werden. Es ist üblich, dass Träger den Gepäcktransport zur Lodge übernehmen. Es ist eine wunderschöne Anlage oberhalb des Trisuli-Flusses. Ganz in der Nähe Richtung Kurintar befindet sich eine große Brauerei, wo die Biermarke Barahsinghe produziert wird. Wir beziehen unsere Zimmer in den Bungalows oberhalb des Pools.
Am Nachmittag steht eine kleine Wanderung durch die oberhalb gelegenen Dörfer an. Hier leben Menschen verschiedener Volksstämme unter sehr einfachen Verhältnissen. Wir kommen an einem Schulgebäude vorbei und kommen mit der Lehrerin ins Gespräch. Bildung ist nicht für alle Kinder selbstverständlich. Wir blicken in fröhliche Kinderaugen- ich frage 2 Mädchen was sie gerne mal machen möchten, wenn sie die Schule absolviert haben- beide antworten mir sofort „Ärztin!“ Das lässt hoffen, denn bei 45% Analphabetenrate unter den Erwachsenen liegt die Einschulungsrate in der Grundschule inzwischen bei über 95% und dafür nehmen die Schüler lange Schulwege in Kauf.
Traditionell sind die Häuser niedrig gebaut, mit engen Eingängen und kaum Fenstern. Santosh erklärt uns, dass man sich so vor Dämonen schützt. Ein älterer Mann, wohl der Volksgruppe der Magar zugehörig führt uns seine Alltagsgegenstände, wie seine handbetriebene Getreidemühle und sein Sichelmesser vor. Er lacht gerne und lässt sich gerne fotografieren. Santosh erläutert uns die eine oder andere Pflanze, wie zum Beispiel eine Mimose, die bei Berührung ihre Blätter zusammenzieht. Diesen Effekt live zu sehen ist tatsächlich verblüffend.
An einer Pflanze erhalten wir Einblick in die schwierige Auswahl eines Ehepartners im Hindu-Universum. Ob eine Ehe halten wird hängt nach Hindu- Glaube davon ab, ob die Horoskope der beiden Partner harmonieren. Prophezeit das Horoskop einem Partner 2 Ehen ist das in jedem Fall ein Hindernis auf dem Weg zu einer glücklichen Eheschließung. Es gibt aber Abhilfe und da kommt jene spezielle Hochzeitspflanze ins Spiel. Man heiratet einfach zunächst die Pflanze und blickt dann einer glücklichen Ehe mit dem auserwählten Partner entgegen. Der Abend klingt nach einem Bad im Pool mit einem gemeinsamen Abendessen aus.
Am Freitag verlassen wir unseren Frühstücks-Logenplatz über dem Trisuli-River zeitig und überqueren den Fluss über die Hängebrücke zum Parkplatz der Lodge. Der Bus bringt uns ein Stück nach Westen zur Talstation der Seilbahn, mit der wir zum Dorf Manakamana auf 1300 Meter hinauffahren. Wir besuchen hier mit dem gleichnamigen Tempel eine weitere wichtige Pilgerstätte der Hindus. Komfortabel schaukeln wir mit der modernen Doppelmayr-Seilbahn hinauf auf den Pilgerberg. Wir landen so direkt im Dorf Manakamana mit seinen Geschäften und Auslagen, die auf den täglichen Pilgertourismus ausgelegt sind. Wir bahnen uns den Weg zum zentralen Platz mit dem Tempel, der bei dem Erdbeben 2015 schweren Schaden erlitten hat und dessen Rekonstruktion bis 2018 andauerte.
Der Manakamana-Tempel ist der Gottheit Bhagwati geweiht, einer Inkarnation von Parvati, der Frau von Shiva. Der Tempelbau geht auf eine Geschichte um die Ehefrau des Gorkha-Königs Ram Shah im 17.Jahrhunderts zurück. Aus der Geschichte geht die Königin als die Hindu-Göttin Manakamana hervor, der hier zur Erfüllung eines Herzenswunsches Opfer gebracht werden. „Mana“ bedeutet Herz und „Kamana“ Wunsch, woraus sich der Name der Göttin ableitet.
Hier stehen die Gläubigen mit ihren Opfergaben an, um ihren Wunsch vorzubringen. Für kleine Wünsche sind es kleinere Opfergaben, für größere Wünsche haben einige Gläubige auch ein Huhn oder eine Ziege mitgebracht. Für die Tötung von Tieren gibt es einen eigenen Bereich, das eigentliche Opfer ist das Blut des Tieres. Das Fleisch wird von den Pilgern zum Verzehr wieder mitgenommen. Auch hier nehmen die Affen das Geschehen eher gelangweilt zur Kenntnis. Bei der derzeitigen Wetterlage verschwinden bereits die umliegenden Bergketten im Dunst und Nebel. Bei gutem Wetter hat man vom Tempel aus einen prachtvollen Blick auf die Schneeberge des Himalaya.
Unsere heutige Wanderung führt uns gut 950 Höhenmeter von Manakamana hinab in westlicher Richtung an den Daraudi-Khola kurz vor seiner Einmündung in den Marsyangdi. Der 8 Kilometer lange Abstieg führt uns über das Dorf Dandagaun auf etwa 850 Metern Höhe. Wir erhalten einige Einblicke in das beschwerliche Leben der Menschen, die hier an den Hängen des Himalayas leben und arbeiten. Wir haben auch ein paar schöne Begegnungen, unter anderem mit einer Gruppe von Frauen, die hier oben an einem Seminar zur Verwaltung der Gehälter ihrer Männer teilnehmen, die diese im Ausland verdienen.
Unser Bus bringt uns zurück an unseren Startpunkt an der Talstation am Trisuli-River. Bevor wir uns zum After-Walk Bier in einer der Locations einfinden gehe ich mit Adi und Robert noch einmal hinunter zum Ufer des Flusses. Das lokale Bier ist die Marke Gorkha, das geschmacklich sehr gut bei uns ankommt. Ein behüteter Soldat ziert das Etikett der Flasche, ein Söldner der nepalesischen Elitesoldaten, deren Geschichte im ehemaligen Königreich Gorkha begann. Seit 1816 rekrutierte die britische Ostindien-Kompanie die als besonders zäh, genügsam und zielstrebig geltenden „Gurkhas“, die in allen britischen Kriegen des 19. Und 20. Jahrhunderts an der Seite des vereinten Königreichs kämpften. Ihre besondere Waffe ist ein schweres, zur Schneide hin gekrümmtes Messer, das Khukuri.
1986 war die Pionierleistung Reinhold Messners abgeschlossen alle vierzehn 8000er ohne Flaschensauerstoff zu besteigen, 16 Jahre hat er dafür benötigt. Santosh berichtet uns über die Pioniertat eines jungen Bergsteigers, der zum Zeitpunkt Messners Erfolgs 3 Jahre alt war. Der 1983 geborene nepalesische Bergsteiger Nirmal Purja machte 2019 Furore, mit einem Besteigungsrekord aller 14 Achttausender in nur 7 Monaten. Purja, der zum nepalesischen Volk der Magar gehört ist hauptberuflich Soldat und war bis 2009 Mitglied der Brigade der Gurkhas. 2012 begann er ohne Vorerfahrung mit dem Höhenbergsteigen. Sein Leitspruch:
„Giving up is not in the blood sir, it’s not in the blood“
Die Sonne steht bereits recht tief, als wir nach Überschreitung der Hängebrücke über einen alternativen Zuweg zu unserer Lodge zurücklaufen. Auf einem Dach liegt Kurkuma ausgebreitet zum Trocknen. Die zu den Ingwergewächsen gehörige Knolle liefert den Hauptbestandteil für Curry. An unserer Lodge bietet der Koch einen Kurs für die Zubereitung der schmackhaften Mo-Mo- Teigtaschen an, die wir dann als Appetizer vor dem Abendessen verspeisen. Beim Abendessen plagt mich dann jedoch etwas, das ich fast verdrängt habe.
2 Wochen vor unserer Abreise hatte ich eine kurze Nierenkolik, die mich dazu bewogen hat das ganze einmal genauer zu beleuchten. Ein sehr kleines Konkrement hat sich auf den Weg durch den Harnleiter Richtung Blase begeben. „ Das kann noch einmal kurz wehtun“- waren die Worte der Urologin. Oh-ja!- das hat es! Nach reichlich trinken in Kombination mit Novalgin und Buscopan waren es ein paar unangenehme Stunden und ein ausgefallenes Abendessen. Offensichtlich haben die 1000-Meter im Abstieg den Stein zum Weiterrollen bewegt. Am Morgen geht es mir beim Frühstück wieder gut und leider heißt es nun Abschied nehmen von unserer schönen Summit- Lodge am Trisuli.
Das nächste Teilstück über den Prithvi Highway nach Westen führt uns am Samstag ins etwa 40 Kilometer entfernte Bandipur. Der Straßenbelag gleicht immer mehr einer Piste, die gesamte Strecke erscheint uns als Baustelle. Santosh klärt uns auf, dass die Straße bis Pokhara tatsächlich sowohl verbreitert, als auch komplett saniert wird. Bis zum Monsun soll dann alles fertig sein- wir drücken die Daumen. Vor einer Baustelle bildet sich ein Stau, bei dem wir uns gerne etwas die Beine vertreten.
2 Musikanten sind sofort zur Stelle und nutzen die Gelegenheit für ein kleines Konzert. Es ist eine hübsche Melodie, die die Beiden auf ihren traditionellen Saiteninstrumenten, den Sarangis fiedeln. „Resham Firiri“, was soviel heißt wie wehende Seide ist ein beliebtes Volkslied bei den Einheimischen. Nach kurzem Applaus und ein paar Rupien setzen wir unsere Fahrt über die staubtrockene Piste entlang des Marsyangdi-Rivers fort. Bei Dumre zweigen wir vom Prithvi Highway ab und fahren eine kurvenreiche Straße hinauf zum exponierten gelegenen Ort Bandipur auf 970 Metern Höhe.
Bis 1998 führte von Dumre nur eine unbefestigte Straße hier hinauf, die zur Monsunzeit kaum befahrbar war. Das ursprüngliche Magar-Dorf wurde im 19.Jahrhundert von Newari aus Bhaktapur zur Blüte gebracht. Dazu trug auch die Lage am Kreuzungspunkt der alten Handelswege von Indien nach Tibet und von Kathmandu nach Jumla bei. Wir drehen eine Runde durch den Ort und unternehmen eine kurze Wanderung zu einem westlich vorgelagerten View-Point, gut 150 Meter über dem Ort. Leider bleiben uns auch heute jegliche Fernblicke verwehrt. Die Aussicht von der Terrasse des Restaurant „Gaun Ghar“ auf Dhaulagiri, Annapurna, Manaslu, Ganesh und Langtang Himal ersäuft leider bereits hinter dem Dorf im Dunst.
Wir setzen unsere Fahrt nach Westen fort und finden uns wieder auf dem Prithvi Highway. Gut 70 Kilometer geht es weiter auf der Baustellenpiste, auf der die Reifen selten Kontakt zu so etwas wie einem Fahrbahnbelag haben. Am späten Nachmittag erreichen wir die zweitgrößte Stadt Nepals Pokhara, wo wir östlich des Phewa-Sees in unserem Hotel einchecken. Auch hier werden wir sehr freundlich in traditioneller Weise begrüßt, bevor wir unsere Zimmer beziehen. Im Hotel nehmen wir alle zusammen unser Abendessen ein. Pokhara liegt auf etwa 900 Höhenmeter. Am Abend gibt es etwas Regen, was Santosh als gutes Zeichen wertet für eine etwas bessere Sicht auf die Berge am morgigen Tag- ich bin gespannt.
Nach dem Wecker am Sonntag besuchen wir noch vor dem Frühstück die Dachterrasse des Hotels, wo wir nicht allein sind. Erstmals tauchen die hohen Zinnen der Annapurna- Kette hinter dem 1525 Meter hohen Aussichtsberg Sarangkot vor uns auf. Sehr gut zu sehen ist der Gipfelaufbau der Annapurna Süd 7219m, des Machapuchare 6993m und der Annapurna III 7555m. Am heutigen Tag haben sich Eve, Adi, Brigitte und Nic einen Hubschrauberflug ins Annapurna- Basislager auf über 4000 Metern gebucht. Aus Gewichtsgründen können nur 3 Personen fliegen, Eve bleibt freiwillig am Boden. Der kurze Aufenthalt im Angesicht der hohen Eiswände des Annapurna- Massivs war für die Besucher des Basislagers sicher ein besonderes Erlebnis. Ich erfahre von Brigitte, dass sie infolge des plötzlichen Höhenaufstiegs wohl Kreislaufsymptome bemerkt hat, was ohne Höhenadaptation auch durchaus nachvollziehbar ist.
Der Rest der Gruppe hat sich mit Santosh am Ufer des Phewa-Sees eingefunden, von wo wir gut 700 Meter über den östlichen See- Ausläufer mit kleinen Holz-Booten übergesetzt werden. Hier beginnt nun der Aufstieg von etwa 200 Höhenmetern zur Peace-Pagoda auf etwa 1113 Metern. Während des Aufstiegs öffnet sich der Blick auf die Bergkulisse nach Norden etwas mehr, so dass auch die Annapurna I mit 8091m als echter 8000er sichtbar wird, bevor sich langsam erste Wolken davorschieben. Dorothee tut sich sehr schwer mit dem Aufstieg und Santosh nimmt ihr den Rucksack ab. Die Ursache ihres, zu diesem Zeitpunkt noch unklaren Leistungsknicks wird wenig später zu Hause erkannt und vor allem behoben. Dorothees blasses Hautkolorit hätte uns vielleicht schon hier einen Hinweis auf eine Störung in ihrem blutbildenden System geben können.
Die schneeweiße World Peace Pagoda oberhalb des Phewa-Tals ist eine von über 80 Friedens-Pagoden weltweit. Der japanische Mönch Nichidatsu Fujii (1885-1985) begann nach dem 2. Weltkrieg damit Weltfrieden-Pagoden zu bauen, wie auch die Stupa hier in Pokhara. Nach einer Begegnung mit Mahatma Ghandi im Jahr 1931 entschloss er sich, sein Leben für eine gewaltfreie Zukunft unter den Menschen und den Glaubensrichtungen einzusetzen. Leider setzen einige Staatsführer aber eher auf Konfrontation und Kriegsrhetorik um die eigenen wirtschaftlichen und imperialistischen Interessen durchzusetzen. Den Feldherren dieser Welt würde ein wenig buddhistische Meditation vielleicht etwas Weisheit und Erleuchtung bringen und der Welt vielleicht weniger Schlachtfelder.
Die Bauarbeiten an der buddhistischen Friedensstupa mit einer Höhe von 35 Metern und einem Durchmesser von 105 Metern wurden erst 1999 abgeschlossen. Sie zeigt vier verschiedene Stufen in Buddhas Leben. Ein herrlicher Ort, an dem mir Gedanken über den Weltfrieden durch den Kopf gehen. Gerade hat die Welt erfahren, dass Russland Atomwaffen in Belarus stationiert- ein Ende des Konflikts auf dem Gebiet der Ukraine ist nicht in Sicht.
Dorothee verweilt an der Stupa und wird bald auf die Gletscher-Flieger treffen, die zurückgekehrt von ihrer Exkursion per Bus hier hinauf gebracht werden. Zu acht folgen wir Santosh nun weiter zum höher gelegenen Berg Pumdikot, wo wir auf etwa 1330m die überlebensgroße etwa 17 Meter hohe Statue von Shiva mit seinem Dreizack ausmachen können. Die Statue ist die größte Darstellung Shivas in Nepal und hat mit Sockel eine Gesamthöhe von 30 Metern. Auf dem Weg dorthin kreisen einige Adler über uns. Besonders beeindruckend ist der Blick hinunter auf den See und über die Peace Pagoda hinunter auf Pokhara. Die hohen Gipfel nach Norden haben sich längst unter Wolkenbergen versteckt.
Mit gut 600 Höhenmetern Aufstieg und einer Gehstrecke von etwa 9,4 Kilometern findet sich die gesamte Mannschaft unterhalb der Friedenspagode in einem Lokal ein, wo sich alle viel zu erzählen haben. Ein großartiger Tag war es heute sicher für alle und vor der Heimfahrt gönnen wir uns noch einen Snack und natürlich ein Gorkha für die Gurkhas- Prost! 😉
Nach dem Duschen im Hotel bleibt noch etwas Zeit für einen kurzen Bummel durch ein paar Läden. Am Abend gewittert es und es regnet ergiebig. Santosh hat für uns einen Tisch im Restaurant „Boomerang“ reserviert, in dem eine nepalesische Folk- Musikgruppe zum Essen aufspielt und tanzt. Es sind klassische nepalesische Tänze, bei denen das schöne Volkslied „Resham Firiri“ nicht fehlen darf. Am Ende des Abends laden die Tänzer die Gäste noch zum gemeinsamen Tanz ein. Auf der gut gefüllten Tanzfläche wird zu den Rhythmen und Melodien noch eine ganze Weile ausgelassen weitergetanzt.
Am Montag geht um 04:30h der Wecker und wir treffen uns sehr früh ohne Frühstück vor dem Hotel. 05:00h ist Abfahrt mit dem Bus, der Plan ist es dem Sonnenaufgang am Aussichtsberg Sarangkot auf 1590m beizuwohnen. Der Bus entlässt uns etwa 150 Höhenmeter unterhalb des höchsten Punktes, an dem wir nicht die einzigen Besucher an diesem Morgen sind. Santosh sucht für uns einen guten Platz, abseits des Rummels am eigentlichen Sarangkot- Aussichtsturm. Die Sonne ist da aber bereits schon längst aufgegangen. Wir haben aber einen guten Blick auf das Annapurna- Massiv, obwohl auch am frühen Morgen bereits Dunst und Schleierwolken über dem Szenario liegen.
Santosh organisiert uns eine Lokalität, in der wir zu unseren mitgebrachten Frühstückspaketen einen Kaffee erhalten. Wir haben nun die Wahl, mit dem Bus zurück zum Hotel zu fahren, oder die fast 800 Höhenmeter hinunter nach Pokhara zu Fuß zu bewältigen. Eve, Siggi, Brigitte und Doro machen von dem Angebot Gebrauch. Elisabeth ist am Morgen im Hotel geblieben, da sich bei ihr ein Magen-Darm- Problem eingestellt hat. Der Rest der Gruppe macht sich an den Abstieg nach Pokhara. Wir werden belohnt mit tollen Tiefblicken auf den See und ein paar netten Begegnungen mit der Landbevölkerung. Im Wald sichten wir noch einmal ein paar Exemplare der hier lebenden Primaten. Am See gönnen wir uns vor der Rückkehr zum Hotel noch ein Getränk in einer der chilligen Bars, in denen auch Anhänger der Hippie-Kultur anzutreffen sind.
Unser zweiter Shopping- Ausflug führt uns noch einmal auf die Lakeside-Road, wo wir eine Tuchmanufaktur besuchen, in der Dorothee handgewebte Tücher als Mitbringsel erwirbt. Das Abendessen nehmen wir im Restaurant Byanjan ein. Wir gehen zeitig schlafen, nachdem wir unser Gepäck für die Rückreise nach Kathmandu am nächsten Tag geschnürt haben. Beim Frühstück lassen wir uns noch einmal vom Frühstücks-Koch ein nepalesisches Omelette Masala zubereiten. Beim Abschied werden wir vom Hotel einzeln mit einem Halstuch und einem freundlichen „Namasté“ verabschiedet.
Chauffeur Bir und sein Beifahrer bringen uns am Dienstag zum supermodernen, Anfang des Jahres eröffneten Terminal des Tribhuvan International Airport von Pokhara. Wir haben für die Beiden etwas zusammengelegt und verabschieden uns von ihnen mit der üblichen Geste und einem Lob bezüglich der sicheren Fahrt über die eher speziellen Pisten des Landes. Ein Mitreisender zieht allerdings die Rückfahrt nach Kathmandu mit einem Taxi vor. Alle Anderen werden nun für den kurzen Rückflug nach Kathmandu bei der Yeti-Airlines einchecken.
Vor unserer Reise hat uns eine Meldung am 15. Januar dieses Jahres erschüttert. Ein Flugzeug des Typs ATR 72-500 stürzte aus noch ungeklärter Ursache beim Landeanflug auf Pokhara ab. Alle 72 Insassen kamen dabei ums Leben. Auch aus diesem Grund lässt sich Robert mit dem PKW nach Kathmandu fahren, denn Flugunfälle in Nepal waren in der Vergangenheit keine Seltenheit. Wir steigen in die Turboprop gleichen Typs ein und verdrängen unsere Bedenken. Ich habe einen Fensterplatz auf der linken Seite und hätte einen perfekten Blick auf die Gipfelkette des Himalaya- „hätte-hätte- Fahrradkette“….- dichte Wolken verhindern dies und nur die höchsten Gipfel durchstechen das Wolkenlabyrinth.
Wir landen bereits nach 25 Minuten in Kathmandu und werden von einer neuen Bus-Crew abgeholt. Auf dem Rollfeld begegnen wir der 300. Maschine der Turkish Airlines, mit der wir vor einer Woche angekommen sind. Bevor wir unser nächstes Quartier in einem Hotel in Bhaktapur aufsuchen fahren wir nach Lalitpur. Lalitpur bildet heute mit Kathmandu eine Zwillingsstadt und war als Patan die älteste der 3 Königsstädte im Kathmandutal. Bereits im 3.Jahrhundert von der Kirat-Dynastie gegründet, war Patan Hauptstadt eines eigenen Königreiches bis zur Eingliederung in das Königreich Nepal im Jahr 1768 unter König Prithvi Narayan Shah. Wir betreten die Stadt von Nordwesten durch eines der Stadttore.
Wir laufen durch einen sehr gepflegten Stadtteil, in dem viele Einwohner dem Volksstamm der Newari zugehören. Die Volksgruppe der Newari ist im Kathmandutal stark vertreten und genießt hohes Ansehen. Als Kaufleute haben sie es oft zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Ihre Religion besteht in vielen Fällen aus einer komplexen Synthese aus Buddhismus und Hinduismus. So gelangen wir an einen Platz mit einer Buddha-Statue auf Lotusblüten, mit einer Stupa und zahlreichen Gebetsmühlen inmitten von Wohnhäusern.
Wir besuchen den goldenen Tempel am buddhistischen Kloster Kwa Bahal. Seine Gründung geht auf das 12. Jahrhundert, in seiner heutigen Form auf das Jahr 1409 zurück. Es bietet sich uns ein prachtvolles Beispiel für die Architektur der Tempel-Innenhöfe. Wir sehen eine Fülle von Tierfiguren und drachenartigen, zähnefletschenden Wesen. Im Hauptschrein befindet sich eine schöne Statue von Shakyamuni, wie Buddha auch genannt wird.
Auf dem Weg zum Durbar-Square suchen wir uns einen Häuserblock weiter ein Lokal für unsere Mittagspause. Santosh präsentiert uns vor dem Essen im Patan Royal Cafe einen besonderen Laden im Kellergeschoss des Hauses. Wir befinden uns im „Tibetian Singing Bowl & Healing Center“ und erhalten eine Einführung zum Thema Klangschalentherapie. Maschinell hergestellte Klangschalen findet man preiswert in den meisten Souvenirläden.
Hier in der Manufaktur werden die Schalen unterschiedlicher Größe aus einer speziellen Metalllegierung handgeschmiedet. Im Rahmen alternativer Heilverfahren kommen Klang und Vibration zur Behandlung unterschiedlicher Beschwerden wie Kopf- oder auch Gliederschmerzen zum Einsatz. Alle können das unter fachkundiger Anleitung ausprobieren. Etwas Esoterik kommt dann aber doch ins Spiel, denn eine sogenannte „Full-Moon- Klangschale“ wird tatsächlich in einer Vollmondnacht gefertigt. Wir erwerben eine solch besondere Schale mit der eingefangenen Energie des Vollmondes als ein weiteres authentisches Souvenir aus Nepal.
Die teilweise nicht asphaltierten Straßen haben sich nach dem Regen in Schlammpisten verwandelt. Überall sind Baustellen und Ziegelhaufen, vermutlich immer noch als Folge des letzten Erdbebens in der Region. Für den Nachmittag haben wir uns den Besuch des Königspalastes, in dem sich ein herausragendes Museum für die frühe Kunst-, Kultur- und Religionsgeschichte Nepals befindet vorgenommen.
In dem bedeutenden Museum befinden sich zahlreiche Exponate aus der nepalesischen Geschichte bis zurück ins 5.Jahrhundert. Auch der Thron des Königs von Patan aus dem Jahr 1666 ist ausgestellt. Eine sehr alte Buddha-Statue stammt aus dem 12. Jahrhundert.
Die Innenhöfe des Königspalastes mit den uralten Holzschnitzereien sind wahrlich spirituelle Orte, Santosh führt uns noch durch den prachtvollen Garten mit seinem Wasserbassin. Die Pagoden des Palastes spiegeln sich wunderbar im Wasser. Vor dem Palast lassen wir noch eine Weile das geschäftige Treiben auf dem zentralen Platz mit seinen vielen Tempeln auf uns wirken, bevor wir uns mit dem Bus zum letzten Quartierwechsel unserer Reise begeben.
Wir wohnen nun am Rand der Altstadt von Bhaktapur, der dritten Königsstadt im Kathmandutal, 16 Kilometer östlich von Kathmandu. Von unserem Hotelzimmer habe ich am Mittwochmorgen nach Norden noch einmal einen Blick auf die hohen Schneeberge, leider nach wie vor von der dunstigen Wetterlage verschleiert. Wir gehen nach dem Frühstück vom Hotel los und sind sofort mitten drin im quirligen nepalesischen Alltag, an den wir uns schon ganz gut gewöhnt haben. Über eine Brücke überqueren wir den Hanumante-Fluss nach Norden.
In einem Gemüsegarten ganz in der Nähe des Hotels stehen hochgewachsene Hanfpflanzen. Hier wächst öffentlich angebautes Marihuana, dessen Gebrauch eigentlich seit 1976 auch in Nepal illegal ist. Heerscharen von Hippies aus dem Westen kamen damals nicht nur zur spirituellen Erleuchtung nach Asien. Auch auf unseren Wanderungen ist uns die hier auch wild wachsende Pflanze bereits begegnet.
Bei Einheimischen wird der Gebrauch eher nicht strafrechtlich verfolgt, Ausländer werden im Reiseführer allerdings gewarnt sich von den vielen Verkaufsangeboten auf der Straße verleiten zu lassen. Als alte Kulturpflanze wurden Hanffasern früher auch zur Herstellung von Seilen oder von Klempnern als Dichtmaterial verwendet, wobei THC-freier Samen als Vitamin- und Eiweißreiches Superfood auch in unser Müsli zurückgekehrt ist.
Interessiert an den vielen Produkten, die am Weg in Verkaufsständen und Lädchen angeboten werden, kommen wir immer wieder in Kontakt mit den Händlern in den Straßen. Getrocknete Fische die in großen Säcken angeboten werden erscheinen uns exotisch, sind aber in dieser Form in meinen Augen akzeptabler als der frische Fisch, dessen Geruch ich da schon problematischer empfinde 🙂
Auch Bhaktapur blickt als dritte und kleinste Königsstadt Nepals auf eine lange Geschichte zurück. Vom 7. Jahrhundert v. Chr. bis zu 2 Jahrhundert wird eine Stadtkultur der aus Nordindien stammenden Kiratis angenommen. Unter den Licchavi im 3.-9. Jahrhundert hieß die Stadt Khopring Drang. Im 14. bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert war Bhaktapur die Hauptstadt des Malla-Reiches. 1672 bestieg Jitamitra Malla den Thron und es entstand ein regelrechter Wettstreit der 3 Königreiche um die schönsten und größten Königspaläste und Sakralbauten. Die Einwohner Bhaktapurs gehören ethnisch den Newari an.
Am Töpferplatz dreht sich alles um das Töpferhandwerk. Tonwaren werden geformt, getrocknet und gebrannt und an zahlreichen Verkaufsständen angeboten. Bhaktapur liegt wie Kathmandu an einer alten Handelsroute nach Tibet. Im 17.Jahrhundert hatte Bhaktapur als einzige Königsstadt Handelswege nach Norden und Süden und somit den Standortvorteil der direkten Handelsroute zwischen Indien und dem tibetischem Hochland. Kathmandu hatte einen solchen Weg nur nach Norden, Patan nach Süden.
1696 ließ Bhupatindra Malla als neuer König den großen Königspalast mit 99 Innenhöfen und 55 Fenstern erbauen. Newarische Händler gewannen großen Einfluss, Bhaktapur hatte das ausschließliche Recht der Münzprägung für Tibet. Mit dem Handelsmonopol Bhaktapurs prägten die newarischen Händler Städte, wie das besuchte Bandipur entlang der Handelsrouten.
Wir empfinden die stark verkehrsberuhigte Innenstadt gegenüber Kathmandu und Patan als sehr angenehm. Auf dem Weg in nördlicher Richtung gelangen wir an den Taudmadhi Platz und stehen vor einer hohen 5-stöckigen Pagode. Den 30 Meter hohen Nyatapola-Tempel ließ sich Bhupatindra Malla in den Jahren 1702 bis 1708 als höchsten Tempel des Kathmandutals erbauen. Er ist zwar der hinduistischen Gottheit Lakshimi geweiht, hat aber heute für die Einwohner der Stadt keine wesentliche religiöse Bedeutung mehr.
Der Platz vor der Pagode wird in jedem Jahr zum Neujahrsfest der Newari zum Leben erweckt. Es findet dann 3 Tage lang das Bisket Jatra Festival statt. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wird ein Wettstreit zwischen der Ober- und der Unterstadt ausgetragen. Ein schwerer Tempel wird auf ein Fahrgestell gesetzt und auf beiden Seiten mit dicken Tauen versehen, an deren Enden die beiden Mannschaften versuchen den fahrbaren Holztempel in den jeweiligen Stadtteil zu ziehen. Die hier abgestellten Räder und Teile des Wagens sehen beeindruckend aus. Ein Tauziehen, das nicht immer unfallfrei abläuft.
Santosh führt uns jetzt nicht direkt zum Durbar Square Bhaktapurs, sondern durch die Gassen in eher nordöstlicher Richtung. Bei einem Gewürzhändler kaufen wir Gewürze wie Pfeffer, Zimt und Muskatnuss ein. Der Händler macht für seine Verhältnisse sicher guten Umsatz, denn zuletzt haben alle etwas von seiner Ware erstanden. Auch in Bhaktapur sind die Schäden des letzten schweren Erdbebens noch an vielen Stellen zu sehen.
Wir erreichen eine Gasse, in der sich das alte Priesterhaus Pujari Math aus dem 15.Jahrhundert befindet. In seiner Fassade an der Ostseite befindet sich das geschnitzte Pfauenfenster (Peacock Fenster). Es ist die „Mona Lisa“ von Nepal- teilt uns Santosh mit. Heute ist in dem alten Gebäude das Museum für traditionelles Kunsthandwerk untergebracht.
Wir statten der direkt gegenüberliegenden Papierfabrik einen Besuch ab. Der Besitzer Professor Ram Narayan Prajapati betreibt in dem historischen Haus eine rein manuelle Druckerei und stellt sein eigenes Papier aus Pflanzen der Region her. Er ist auch Sammler geschnitzter Holzobjekte, einige davon aus dem 9. Jahrhundert. Als Künstler fertigt er Illustrationen und Stadtansichten, die er in seinem Peacock Shop verkauft.
Das von ihm illustrierte Buch über die Geschichte des Buddhismus und Hinduismus in Nepal und Tibet, das er mit seinem Sohn zusammen aufgelegt hat wurde ein großer Erfolg. Auf Kundenwunsch wurde das Buch in 7 verschiedene Sprachen übersetzt und mehr als 7000-mal verkauft. Auch wir erstehen mit einem auf handgeschöpftem Papier gedruckten Exemplar ein weiteres schönes Andenken an diese Reise.
Das Haus selbst ist sehenswert. Vom Dach aus haben wir einen schönen Blick über die Dächer Bhaktapurs. In der Sonne wird hier auch das traditionell handgeschöpfte Papier zum Trocknen ausgelegt. Unter einer Dachpagode begrüßt uns eine geschnitzte Buddha-Skulptur. Durch die Produktion der Druckerei in den oberen Stockwerken gelangen wir in die unteren Etagen des Museumsbereichs. Inmitten des prachtvoll geschnitzten Innenfachwerks des Hauses befindet sich die Sammlung des Professors.
Direkt um die Ecke, auf dem Rückweg zum Durbar Square stehen wir vor einer dreigeschossigen Pagode. Es ist der Dattatraya-Tempel, der bereits im Jahr 1427 unter der Herrschaft Yaksha Mallas aus einem einzigen Stamm errichtet wurde. Er ist den 3 hinduistischen Hauptgottheiten Vishnu, Shiva und Brahma geweiht. Seinen Beinahmen „Kamasutra-Tempel“ hat er wegen der zahlreichen Darstellungen aus diesem Themenbereich an der Ostseite erhalten. Der später angebaute Vorbau an der zum Tachupal Square ausgerichteten Westseite wird von zwei Ringergestalten flankiert. Schräg gegenüber kaufen wir in einem Laden etwas nepalesischen Tee für zu Hause.
Im „De Temple Cafe“ am Tachupal Square lassen wir uns zu Mittag in einer oberen Etage nieder und haben hier von unserem Tisch einen guten Blick auf den Platz und den Tempel. Ich frage Santosh, ob er einen Laden kennt, wo ich eine CD mit traditioneller Nepali-Volksmusik erstehen kann. Seine verwunderte Antwort bringt mich zum Schmunzeln: „Kein Mensch kauft heute mehr CDs, das kann man doch streamen…“ Doch- ich bin aber noch so ein Mensch und werde fündig, direkt gegenüber in einem Musikalienhandel mit gebrauchten Tonträgern.
Nun schlendern wir zum Durbar Square. Beim Betreten des Geländes von Osten umringen uns bereits die ersten Tempel. An zwei steinernen Löwen vorbei laufen wir auf eine kleine 2-stöckige Pagode zu. Der Name Chyasilin Mandap deutet auf die 8-eckige Dachform hin. Der Tempel wurde bei einem Erdbeben 1934 zerstört. Ein Gedenkstein am Fuße des Tempels in deutscher Inschrift erinnert an die Bewilligung von Geldern zur Wiedererrichtung des Gebäudes. Es war 1987 Bundeskanzler Helmut Kohl, der im Rahmen des Bhaktapur Development Projekts die Wiedereinweihung des Tempels am 29. Januar 1992 ermöglichte.
Durch die goldene Pforte betreten wir die Außenanlagen des Königs-Palastes. In einigen Bereichen rund um einen Hindu-Tempel ist das Fotografieren nicht erlaubt. Der Königspalast selbst ist seit dem Beben von 2015 noch nicht wieder zu besichtigen. Wir besuchen den Badebereich des Königs, dessen Bassin kunstvoll mit Königskobra- Motiven dekoriert ist. Nach diesem Rundgang verlassen wir den Königspalast wieder durch seine goldene Pforte und begeben uns auf den großen Platz.
Wir werden von einem jungen Mann angesprochen, der sich gerne auf Deutsch mit uns unterhalten möchte. Wir sprechen gerne eine Weile mit ihm und erfahren, dass er seine Schullaufbahn beendet hat und danach einen Sprachkurs besucht hat, um Deutsch zu lernen. Er spricht unsere Sprache verblüffend gut und wir machen dem sympathischen Kerl Mut bei seinem Vorhaben in Deutschland zu studieren.
Ich nehme den Platz mit seinen vielen Tempeln nun fotografisch ins Visier und laufe dafür bis an sein westliches Ende. Es ist ein faszinierender Eindruck, den die vielen Türme vor dem Palast erwecken. Vieles ist bei dem Erdbeben 2015 zerstört worden. Vieles wurde wieder aufgebaut, wie der Nritya Vatsalla – Tempel, der komplett zusammengestürzt war. Es ist wichtig, dass die Weltgemeinschaft den Menschen bei solchen Naturkatastrophen hilft. Es ist aber auch eine Pflicht unser Welterbe wie es sich in den ehemaligen Königsstädten Nepals präsentiert zu erhalten.
Es ist unser letzter Nachmittag in Nepal und wir sitzen in der Sonne mit Blick auf den Königspalast. Diese Kulisse vor dem Nritya Vatsalla – Tempel nutzen auch gerne ein Hochzeitspaar und eine Gruppe festlich gekleideter Damen um sich fotografieren zu lassen. Auch ich lasse mir solche Motive nicht entgehen und so lassen wir unseren Besuch in Bhaktapur mit diesen Bollywood-Eindrücken ausklingen, bevor wir den Rückweg zum Hotel angehen.
Am Abend essen wir alle noch ein letztes Mal zusammen im Hotel. Bei diesem offiziellen Abschiedsessen bedankt sich Nick im Namen der Gruppe bei Santosh, der uns in den 10 Tagen unserer Tour ans Herz gewachsen ist. Er freut sich nun auf ein paar Tage zu Hause bei seiner Frau und seinem Sohn, bevor er wieder mit seiner Tafel am Flughafen stehen wird, um die nächste Gruppe zu empfangen.
Am Donnerstag nehmen wir unser allerletztes Frühstück, nicht ohne ein Masala- Omelette ein. Bei der Abschieds-Geste im Hotel erhalten alle noch einmal einen Schal zum Abschied umgelegt. Bei den Formalitäten in der Abflughalle endet nun leider unser Aufenthalt in der Welt, die uns jetzt nicht mehr völlig unbekannt ist. Wir haben unseren Aufenthalt in Nepal sehr genossen, haben viele freundliche Menschen getroffen und ein Land erlebt, dass mehr zu bieten hat als nur seine Achttausender. Diese würde ich aber trotzdem gerne noch einmal aus näherer Distanz betrachten und deswegen müssen wir wiederkommen.
Unser Flugzeug mit Wiedererkennungseffekt (300th Aircraft) durchstößt um 12:35 die Wolkendecke, in der ich wieder nur einzelne Gipfel erkennen kann. Auf dem Rückflug wählt der Kapitän einen etwas südlicheren und dadurch 500 Kilometer längeren Kurs als auf dem Hinflug. Auch ein erheblicher Gegenwind mit einer angezeigten Differenz von weit über 200 Stundenkilometern zwischen Groundspeed und Airspeed verlängert die Flugzeit auf dem Rückflug auf gut 8 Stunden bis Istanbul. In Istanbul wechseln wir das Terminal des erst 2018 eröffneten Großflughafens und müssen dafür wie schon auf dem Hinflug einmal quer durch das gesamte Flughafengebäude.
Die kaum 2 Stunden Wechselzeit zu unserem Flieger nach Düsseldorf erscheinen fast knapp. Nach weiteren 3 Stunden Flugzeit erreichen wir die Landeshauptstadt unserer Region. Kurz nach Mitternacht fallen wir in unser Bett und sind zurück in unserer Welt.
Wir bedanken uns bei allen Mitreisenden auf dieser Tour- ihr wart eine angenehme Gruppe und es war uns eine Ehre mit Euch zu reisen. Ich hoffe mit meiner Darstellung unserem Abenteuer Nepal einigermaßen gerecht zu werden. Doro und ich würden uns freuen, wenn sich unsere Wege bei einer zukünftigen Tour noch einmal kreuzen.
Arnd Korbmacher
©Copyright 2023