Korsika 1986- 2011- Île de la beauté- Touren in 25 Jahren auf der Insel der Schönheit

 

Verlauf des GR 20
Verlauf des GR 20

1986 ist das Jahr in dem ich mich der Insel Korsika erstmalig annähere. Ein Flug ist zu dieser Zeit nicht nur für mich als Studenten unerschwinglich. Dementsprechend lang ist daher die Anreise mit dem Zug über Mailand zum Fährhafen nach Savona, gefolgt von einer fast 7 stündigen Fähr- Überfahrt nach Calvi. Napoleon Bonaparte konnte den Macchiageruch Korsikas angeblich bereits vom Meer her wahrnehmen- über diese Gabe verfüge ich nicht. Spätestens auf der Fähre findet sich eine ganze Gruppe von Wanderern zusammen, die sich die Durchquerung Korsikas auf dem „GR 20“ vorgenommen haben.  

Korsika voraus
Korsika voraus

GR 20 bedeutet Grande Randonnée, mit der 20 als Postleitzahl von Korsika. Es handelt sich um einen anspruchsvollen Weg durch das korsische Hochgebirge durch den PNRC (Parc naturel régional de Corse) in südöstlicher Richtung von Calenzana (bei Calvi) nach Conca. Der Weg ist 1986 noch in 13 Etappen unterteilt- durch zusätzliche Hütten umfaßt die Tour heute 15 Etappen und ist 168 km lang. Die Ortschaft Vizzavona  an einer der Paßstraßen unterteilt den GR20 in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Der  Bahnhof von Vizzavona liegt an der einzigen Eisenbahnstrecke, die von Ajaccio an der Südwestküste über Corte nordwärts führt. In Ponte Leccia gabelt sich die Strecke nach Calvi und Bastia an der Nordostküste auf .

Obligatorisches Sportgerät
Obligatorisches Sportgerät

Nach einer Anreise von mehr als 30 Stunden legt die Fähre im Hafen von Calvi an. Mit einem Sammeltaxi fahre ich zusammen mit anderen Aspiranten zum Ausgangsort unserer Unternehmung nach Calenzana. Nach einer Erfrischung im Gîte d’Etappe wird beschlossen noch ein Stück bis zum Sonnenuntergang zu laufen, um dann oberhalb von Calenzana frei zu biwakieren. Bereits nach dem ersten Tag vereinbare ich mit Dietmar aus Göttingen die 7 Etappen nach Vizzavona zusammen zu bestreiten. Zu dieser Zeit ist es noch erlaubt frei zu biwakieren oder zu Zelten.

Zeltlager im Golo-Tal 1986
Zeltlager im Golo-Tal 1986

Nach Erreichen des Plateau Stagnu auf der 2. Etappe planen wir als Variante des GR 20 die Überschreitung des Monte Cinto und umgehen so einen Teil der 3.Etappe mit der Schlüsselstelle am Cirque de la Solitude. Der Monte Cinto ist mit 2710m die höchste Erhebung der Insel. Als Teil der Grande Barrière hat der Monte Cinto mit den umliegenden Gipfeln hochalpinen Charakter. Hier oben ist auch im Hochsommer Wandern von Seiten der Temperaturen gut möglich, obwohl man sich wenige Kilometer entfernt am Strand die Füße im Sand verbrennt.

In Vizzavona zieht es Dietmar und mich ans Meer und nach einem Besuch in Corte und Calvi  verbringen wir ein paar Tage an der Felsküste von Porto. Am Ende dieses Trips, nach einem Besuch der Geburtsstadt Napoleons Ajaccio, fahre ich mit dem Zug wieder hinauf nach Bastia. 6 Stunden braucht die Fahrt mit dem hochbetagten roten Zug über eine abenteuerliche Strecke bei der jeder Schienenstoß seinem Namen alle Ehre macht.

Auf dem Weg nach Vizzavona
Auf dem Weg nach Vizzavona

Im Sommer 1987 komme ich zurück- diesmal mit meiner Freundin Anette und meinem Golf 1 Baujahr 77. Nach einer zuletzt endlosen Nachtfahrt quer durch die Appeninnen bringt uns die Fähre von La Spezia bei ungewöhnlich aufgewühlter See nach Bastia. Nach 2 Tagen an den endlosen Stränden der Ostküste und einem Besuch der römischen Ausgrabungen in Aleria fahren wir hinauf in die Berge nach Vizzavona.

Bahnhof Vizzavona 1986
Bahnhof Vizzavona 1986

Von hier begleichen wir meine noch offen gebliebene Rechnung und gehen den GR 20 Süd. Der Weg kratzt im südlichen Teil deutlich seltener an 2000 Meter und bietet nicht die wilden Felsszenerien der Gipfel im Norden. Trotzdem gibt es auch hier immer wieder spektakuläre Tiefblicke bis zum Meer.

Zeltlager im südlichen Teil
Zeltlager im südlichen Teil

Die 11. Etappe  führt über den Denkmalsgrat und die höchste südliche Erhebung, den Monte Incudine mit 2134m. Von hier fällt der Blick nach Süden auf ein zerklüftetes Felsmassiv, die Bavella. Am gleichnamigen Paß beenden wir den GR 20, da auf der letzten Etappe nach Conca ein Waldbrand gewütet hat und große Teile der Landschaft zerstört hat. Per Anhalter geht es an den Südzipfel der Insel nach Bonifaccio. Oberhalb des geschützten Hafens liegt auf den Klippen kühn die Zitadelle. Nach einer Busfahrt nach Ajaccio und dann weiter mit der Eisenbahn holen wir unser Auto in Vizzavona ab. Nun haben wir noch 10 Tage Zeit die Insel von der Ostküste über Bonifaccio zur Westküste bis hinauf zum Cap Corse zu erkunden.

Im Sommer 1991 reise ich wieder nach Korsika, diesmal mit Dorothee, mit der ich seit 1994 verheiratet bin. Ganz bewußt haben wir auf das Auto verzichtet und sind klassisch mit Bahn und Fähre über Genua nach Bastia gelangt. Es ist einfach ein erhebender Moment, wenn man vom Schiff erstmals die Silhouette Korsikas am Horizont ausmachen kann.

Trenuccio
Trenuccio

Per Rumpelzug fahren wir von Bastia weiter nach Île Rousse an die Nordküste Korsikas. Nach 36 Stunden Anreise genießen wir vom Strand den Blick auf das türkisblaue klare Wasser. Diesmal gehen wir zu Fuß zum Zeltplatz in Calenzana.

Der Verlauf der ersten Etappe wurde geändert und durch die Ortu di u Piobbu- Hütte gekürzt. Wir gehen den GR 20 Nord ohne Varianten in jetzt 9 Etappen.

Im Cirque de la Solitude
Im Cirque de la Solitude

Wir durchsteigen den Cirque de la Solitude in dessen Aufstieg kettenversicherte Kletterstellen zu überwinden sind. Je nach Lust und Laune campieren wir an den Hütten, manchmal aber auch an einem Platz unserer Wahl. Einen perfekten Biwakplatz auf einer Felsplatte, direkt an einem Badegumpen im Golotal kenne ich noch von 1986.

Badegumpen im Golotal
Badegumpen im Golotal

Diesmal werden wir allerdings durch einen vorbeikommenden Parkranger dieses Platzes verwiesen. Es bleibt zum Glück für uns bei einem Verweis,  denn mittlerweile werden die deutlich strenger gewordenen Regeln des PNRC auch mit saftigen Geldstrafen  durchgesetzt. Campieren ist nur noch in der direkten Umgebung der Hütten erlaubt. Ähnlich unangenehm kann auch eine Begegnung mit einer Rotte halbwilder korsischer Hausschweine sein, vor allem wenn man gerade seinen Rucksack komplett ausgepackt hat.

Halbwilde korsische Hausschweine
Halbwilde korsische Hausschweine

Die mit Wildschweinen gekreuzten Hausschweine leben von dem was der Wald hergibt und gelten als besonders wohlschmeckend. Von Vizzavona geht es dann mit der Bahn zur alten Hauptstadt Korsikas Corte mit seiner Zitadelle. Die Eisenbahn bringt uns dann auch zurück nach Île Rousse, wo wir auf dem Camping „Le Bodri“ für die letzte Woche unser Beach- Camp errichten. Auf der Rückreise mit dem Bummelzug nach Mailand erhalte ich eine Lektion in Sachen beklaut werden. Durch das geöffnete Abteilfenster wird mir bei einem Nickerchen meine Kamera vom Bahnsteig aus dem Gepäcknetz über Kopf abgegriffen.

2001, also erst zehn Jahre später ist es eine Motorradtour mit meinem gleichnamigen Freund Arnd, die mich nach Korsika führt. Es ist Anfang Mai und eine lange verregnete Fahrt auf unseren Honda- Transalps quer duch Frankreich bringt uns zum Fährhafen von Toulon. 7 Tage lang lernen wir Korsika im Wechsel von Regen und Sonne kennen. Die Rundfahrt von Bastia führt über das nördliche Cap Corse nach Calvi und Porto an der Westküste. Von Porto aus fahren wir über den Col de Verghio quer durch das Gebirge zur Ostküste. Erst auf der Rückfahrt ist uns das Wetter gnädiger. Die ersten Schweizer Alpenpässe sind geöffnet, wodurch die Heimfahrt durch die noch winterliche Landschaft dann noch etwas Würze erhält.

Arnd mit Transalp in der Castagniccia
Arnd mit Transalp in der Castagniccia

2008 komme ich mit Dorothee, meiner inzwischen 11 Jährigen Tochter und meiner Mutter in den Herbstferien nach Korsika um hier gemeinsam unseren Familienurlaub zu verbringen. Erstmals landen wir mit dem Flugzeug auf Korsika. In 1,5 Stunden Flugzeit fliegen inzwischen einige Airlines Bastia und Calvi an. Wir haben eine Ferienwohnung in Porto- Vecchio und genießen 1 Woche lang die
traumhaften Badebuchten an der Südostküste Korsikas.

Monte e Mare
Monte e Mare

Unter anderem besuchen wir Bonifaccio und können von den Klippen nach Süden bereits Sardinien ausmachen. In Filitosa besuchen wir die prähistorischen Ausgrabungen und Menhire.

Bonifaccio
Bonifaccio

Von 2009 bis 2011 reise ich 3 mal, jeweils für eine Woche im Oktober mit Mathias nach Korsika. Wir haben seit einigen Jahren diverse Herbsttouren in den Alpen zusammen gemacht. Unsere Erlebnisse bei den Anfahrten mit der Deutschen Bundesbahn in all diesen Jahren könnte man unter der Rubrik „Pleiten, Pech und Pannen“ zusammenfassen. Wir nutzen daher gerne die Anreise mit dem Flieger. Zusammen mit Mathias gehe ich in diesen Jahren erneut den Nordteil des GR20 mit diversen Zustiegsvarianten. Als Einstiege auf den GR 20 haben wir die Strasse nach Haut-Asco und über das Restonicatal genutzt . Über den  Mare a Mare Nord kann man in einem endlos langen Abstieg über die Segahütte nach Corte absteigen. Diesmal haben wir alle Übernachtungen über das Internet auf den Hütten vorgebucht.

Die Hütten des GR 20 Nord
Die Hütten des GR 20 Nord

Bei meinen ersten Touren auf Korsika hatten die Hütten nicht den allerbesten Ruf. Mittlerweile kann man auf den Hütten sogar einiges einkaufen und kochen, oftmals auch ein vom Hüttenwirt zubereitetes schmackhaftes Mahl in Anspruch nehmen. Entsprechend leicht sind unsere Rucksäcke. Wir selber hatten nie einen Hinweis auf nächtliche Krabbeltiere- auf der Refuge de l’Onda gab es allerdings Opfer einer möglicherweise nächtlichen Bettwanzen- Attacke.

Refuge de Ciottulu di i Mori
Refuge de Ciottulu di i Mori

2011 fahre ich mit Mathias dann noch einmal hoch nach Haut Asco um von hier aus nach 25 Jahren noch einmal die 1400 Höhenmeter auf den Monte Cinto hinaufzugehen. Oberhalb von Asco sehen wir Mufflon- Schafe, die als europäische Ur- Schafe noch im PNRC leben.

Blick vom Monte Cinto nach Norden auf Calvi
Blick vom Monte Cinto nach Norden auf Calvi

Acht mal war ich in 25 Jahren auf dieser meiner Lieblingsinsel im Mittelmeer unterwegs. Die Insel ist für mich persönlich der Inbegriff von „Monte e Mare“. Keine andere Mittelmeerinsel bietet den Kontrast zwischen traumhaften Badebuchten und dem bewaldeten wilden Hochgebirge so sehr wie Korsika. Die kulinarischen Highlights der Insel bringen in Form von Lonzu, Coppa und Würsten u.a. die bereits genannten Schweine hervor- aber auch der würzige Käse, aus der Milch der Bergschafe und -Ziegen schmeckt hervorragend zu einem guten korsischen Landwein.

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Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund zusammen, wenn ich an den Linseneintopf mit Figatellu auf der Ortu di u Piobbu- Hütte denke. Figatellu ist eine spezielle korsische Wurst, die mit Leber, Wein und Knoblauch mehrere Tage geräuchert wird. Mit Korsika verbinde ich auch viele schöne Erlebnisse und es gibt viele Gründe immer wieder zurückzukehren auf diese facettenreiche Insel.

Freundlicher Korse aus dem Dorf Bisinchi
Freundlicher Korse aus dem Dorf Bisinchi

A.Korbmacher

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