Istanbul 2024
Schon länger steht der Besuch der geschichtsträchtigen türkischen Metropole Istanbul auf der geographischen Grenze zwischen Europa und Asien auf unserer Agenda. In diesem Jahr haben wir die Flugtickets für die gut 2000 Kilometer lange Anreise in der letzten Oktoberwoche gebucht. Am Samstagmorgen geht es nach Düsseldorf, wo wir das Auto im Flughafen-Parkhaus abstellen. Obwohl sich der Abflug verspätet landen wir nach veranschlagten 3h 20min Flugzeit, mit dem Überspringen einer Zeitzone annähernd pünktlich um 14:50 Uhr Ortszeit auf dem internationalen Flughafen Istanbul, der sich nordwestlich in der Nähe der Schwarzmeerküste befindet. Bereits zweimal sind wir hier auf unseren Nepalreisen zwischengelandet.
Die Ausmaße des 2018 eröffneten Flughafens sind gigantisch und beim Umsteigen auf dem Rückflug von Kathmandu im Frühjahr haben wir den Flieger nach Düsseldorf so gerade noch mit dem letzten Aufruf erreicht. Bereits eingereiht in die Schlange zur Passkontrolle wird diese mit dem Verweis an eine weitere Kontrollstelle kommentarlos geschlossen. Es ist nur ein kurzer Fußmarsch zu einer großen Menschenansammlung in der wir uns nun erneut geduldig einreihen. Unter Vermeidung jeglicher Empathie drückt auch uns ein Zollbeamter wortlos einen Stempel in den Pass. Ich werte das einfach mal als ein „Herzliches Willkommen!“
Wir haben ein Hotel in der Istanbuler Altstadt gebucht, das auch einen Flughafentransfer anbietet. Wir sind erstaunt, dass unsere bestätigte Voranmeldung offensichtlich gar nicht gelistet ist. Nach kurzer Wartezeit werden wir aber zu einem Großraumtaxi gebeten, in dem wir die einzigen Fahrgäste sind. Gut eine Stunde braucht man für die etwa 45 Kilometer ins Zentrum Istanbuls, allerdings kommen wir mitten in die Rush-Hour. Die Fahrt führt uns entlang des goldenen Horns, dem etwa 7 Kilometer nach Nordwesten weisenden Seitenarm des Bosporus. Unser Fahrer bleibt gelassen und liefert uns nach Querung der belebten Galata-Brücke am frühen Abend am Hotel auf der Altstadt-Halbinsel im Distrikt Fatih ab.
Beim Beziehen unseres Zimmers im 7. Stock des Hotels, das sich in erhöhter Lage über der Altstadt befindet sind wir sehr erfreut über die tolle Aussicht. Der Blick nach Osten fällt auf die südliche Einfahrt in die Meerenge zwischen dem Marmarameer und dem Schwarzen Meer. Diese als Bosporus bezeichnete Verbindung zwischen den Meeren bildet auch die Grenze zwischen den Kontinenten Asien und Europa, dem Orient und dem Okzident. Wir haben eine fantastische Aussicht auf die berühmte Hagia Sophia- und die Sultanahmet- Moschee, die auch als Blaue Moschee bekannt ist. Das Fine Dine Restaurant in der 9. Etage bietet ebenfalls diesen sensationellen Blick auf die Stadt.
Am Sonntag werden in Deutschland die Uhren auf Winterzeit gestellt, was für unseren Biorhythmus ein Minus von 2 Stunden bedeutet. Das interessiert aber den Muezzin nicht, der gegen 6:30h die gläubigen Muslime etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang zum Morgengebet ruft. Neben dem morgendlichen „Kanon“ aus den nahen Moscheen der Altstadt erreicht der Ruf von den Minaretten der etwa 3000 Moscheen Istanbuls die Gläubigen in der ganzen Stadt.
Wir wollen uns heute einen ersten Eindruck verschaffen von der Stadt, deren Bevölkerung seit dem Jahr 2000 von 9 auf mittlerweile etwa 16 Mio. Einwohner angewachsen ist. Dazu kommen jährlich 14 Mio. Touristen, die die Straßen der Stadt füllen. Überall wird gebaut und dabei ist das Thema Erdbebensicherheit heute ein wichtiger Aspekt. Eingekeilt zwischen der Eurasischen und Arabischen Platte steht die Anatolische Platte unter enormem Druck. Experten erwarten für die Stadt ein starkes Erdbeben, dessen angenommenes Epizentrum sich unmittelbar vor der Küste im Marmarameer befinden könnte.
Die Sorge ist groß, denn bisher gibt es kein Frühwarnsystem und viel zu wenige freie Flächen auf denen sich die Menschen im Ernstfall in Sicherheit bringen könnten. Viele Häuser würden wie Kartenhäuser zusammenfallen, ein Tsunami würde die Uferbereiche der Stadt hart treffen. Das Erdbeben von 1999 mit Epizentrum 80 Kilometer ostsüdöstlich der Istanbuler Altstadt forderte über 18 Tausend Todesopfer und über 48 Tausend Verletzte. Die Bilder gingen um die Welt und haben sich auch in den Köpfen der Menschen vor Ort eingegraben.
Istanbul ist eine Stadt mit einer 2700 Jahre alten Geschichte. 660 v.Chr. entstand, benannt durch den griechischen Gründer Byzas die erste Stadt mit dem Namen Byzántion (lat. Byzantium). Im Jahr 324 machte der römische Kaiser Konstantin die Stadt mit dem Namen Konstantinopel zu seiner Hauptstadt des byzantinischen, oder auch oströmischen Reichs. Er führte die Glaubensfreiheit ein und etablierte das Christentum zur Hauptreligion. Das oströmische Reich bestand auch nach dem Zerfall des weströmischen Reichs weiter und hielt mehreren osmanischen Belagerungen stand. Mit der Eroberung der Stadt durch Sultan Mehmet II. am 29.Mai 1453 endete die christliche Epoche Konstantinopels endgültig. Als Istanbul wurde die Stadt Hauptstadt des osmanischen Reichs.
Seine größte Ausdehnung erreichte das osmanische Reich im 17.Jahrhundert und erstreckte sich dabei entlang der südlichen Küste des Mittelmeers, über Teile der arabischen Halbinsel, über Griechenland, rund um das Schwarze Meer und über den Balkan. 1683 konnte ein zweiter Versuch Wien einzunehmen abgewehrt werden. Das Stadtbild Istanbuls wurde auf dem Höhepunkt der Macht unter Sultan Süleyman I. (1520-1566) stark geprägt. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Moscheen, Brücken und Brunnen.
Der Zerfall des Reichs nahm mit den Balkankriegen 1912/13 seinen Lauf, im 1. Weltkrieg konnte der Zugriff der westlichen Siegermächte (Briten, Franzosen, Griechen und Italiener) auf Istanbul in der Schlacht von Galipoli 1915 zwar verhindert werden, nach dem Friedensvertrag von Sèvres am 10. August 1920 fand sich die Hauptstadt aber durch französische und britische Truppen besetzt und das ehemalige Großreich mit gewaltigen Gebietsverlusten unter den Alliierten aufgeteilt. Die Wurzeln der bis heute anhaltenden Konflikte und Unruhen auf dem Balkan und in der arabischen Welt wurden teilweise in dieser Zeit gelegt.
Es folgten die türkischen Befreiungskriege unter dem Offizier Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938), der sich schon bei der Verteidigung der Halbinsel Galipoli einen Namen gemacht hatte. Atatürk konnte sich gegen die folgenden griechischen Angriffe erfolgreich zur Wehr setzen. Er setzte den Vertrag von Sèvres außer Kraft und erreichte in Verhandlungen mit den Alliierten im Vertrag von Lausanne 1923 die Anerkennung der Türkei mit ihren heutigen Grenzen. Zwischen Griechenland und der Türkei erfolgte ein Bevölkerungsaustausch, bei dem 1,5 Mio. Griechen Kleinasien und 0,5 Mio. Türken Griechenland verlassen mussten. Atatürk gilt heute als Vater der modernen Republik Türkei, er schaffte das Kalifat ab und machte Ankara zur Hauptstadt. Als Gesellschaftsreformer setzte er sich für Bildung und Gleichstellung von Mann und Frau ein. Der Nationalfeiertag der Staatsgründung 1923 ist der 29.Oktober.
Ohne ein konkretes Ziel verlassen wir unser Hotel und machen uns auf den Weg. Als Zeugnisse des römischen Konstantinopel passieren wir die Zisternen des Philoxenos aus dem 5. Jahrhundert, deren Besuch wir nachholen werden. Konstantinopel hatte einige Zisternen in denen Wasser in großen Mengen gespeichert werden konnte. An einem Platz mit den Ruinen des Palastes des Antiochus aus dem 5. Jahrhundert, der bei Grabungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts freigelegt wurde erfahren wir, dass der Palast im 7. Jahrhundert in eine Kirche zur Aufbewahrung der Reliquien der Heiligen Euphemia umgewandelt wurde. Im Jahr 303 starb sie als Märtyrerin für ihren Glauben zur Zeit der Christenverfolgung.
Unser Weg führt uns zunächst in die Parkanlagen zwischen den beiden großen Moscheen der Altstadt zum prunkvollen Mausoleum Sultan Ahmet I. (1603-1617), der hier mit Familienangehörigen seine letzte Ruhestätte hat. Die Fertigstellung seines auch als Blaue Moschee bezeichneten Gebetshauses erlebte er noch ein Jahr vor seinem Tod. Nach der Säkularisierung der Hagia Sophia war die Sultanahmet die Hauptmoschee Istanbuls. Mit dem 24.Juli 2020 wurde der Museumsstatus des ältesten Gotteshauses Istanbuls, der Hagia Sophia aufgehoben. Heute ist sie wieder die Hauptmoschee der Stadt.
Wir besuchen die Blaue Moschee und ziehen beim Betreten des Gebetsraums die Schuhe aus. Gläubige Muslime waschen sich am Waschplatz im Innenhof der Moschee vor dem Gebet die Füße. Zu den grundsätzlichen Vorgaben bezüglich angemessener Kleidung haben Frauen die Haare mit einem Kopftuch zu bedecken. Wir sind beeindruckt vom prächtigen Innenraum der Moschee deren Kuppel mit einem Durchmesser von 23,5 Metern in einer Höhe von 22 Metern über uns schwebt. Vier gewaltige Säulen und eine Kaskade von Halbkuppeln fangen die auf ihnen ruhende Last auf. Mit den reichhaltigen Verzierungen, Kaligraphien und Ausmalungen bietet sich ein großartiges Gesamtbild.
Hinter der Blauen Moschee wenden wir uns dem Sultan Ahmet-Platz zu. Hier entstand bereits im Jahr 203 eine römische Pferderennbahn unter Kaiser Septimus Severus. Das Hippodrom wurde unter Kaiser Konstantin 330 zum kulturellen und sportlichen Zentrum der Stadt, das 100000 Zuschauern Platz bot. Der altägyptische Obelisk (ca.1500 v.Chr.) aus rosa Granit wurde im Jahr 390 von Kaiser Theodosius I. nach Konstantinopel geholt. Er war der letzte gesamtrömische Kaiser nach Konstantin. Seine Söhne teilten das Reich in das west- und oströmische Reich. Flankiert wird der Platz vom Museum für islamische Kunst.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde am nördlichen Ende des Platzes der Deutsche Brunnen zu Ehren des zweiten Besuches Kaiser Wilhelm II. errichtet. Das Fragment einer Schlangensäule, einst Teil eines Altars im Apollotempel in Delphi steht ebenfalls auf dem Platz. Drei Schlangen trugen eine goldene Schale. Einen der Schlangenköpfe werden wir beim Besuch des archäologischen Museums sehen. Ein weiterer Obelisk am Südende des Platzes aus der Zeit Konstantin VII. erscheint recht schmucklos, da er seiner einst glänzenden Kupfer- und Messingplatten beraubt wurde.
Durch Gassen halten wir uns zunächst in südlicher Richtung und laufen dann parallel zur Küste auf der Akbiyik-Cadde in nordöstlicher Richtung an vielen Hotels und Restaurants vorbei. Der Tourist wird vor Lokalen grundsätzlich angesprochen, was man einfach ertragen muss. Zu Mittag plagt uns dann tatsächlich Appetit und auch Durst, an der Seafront Lounge geben wir dem Anwerben nach und begeben uns auf die Dachterrasse des Lokals. Wir essen eine Kleinigkeit in der Sonne und genießen den Ausblick auf die eingerüstete Rückseite der Hagia Sophia, die Blaue Moschee und auf das Marmarameer.
Das Lokal befindet sich neben der Ishakpasha Moschee mit einem gegenüberliegenden türkischen Bad. Was ich zunächst für eine Stadtmauer halte ist die ebenso mächtige Mauer, die den Topkapi-Palast umgibt. Entlang des alten Regierungssitzes der Sultane, die hier seit der Eroberung Konstantinopels 1453 residierten gelangen wir zum Topkapi- Platz mit dem äußeren Eingangstor in den Palast. Davor steht ein prachtvoller Brunnen, die Quelle Ahmet III. aus dem frühen 18. Jahrhundert im türkischen Rokoko-Stil.
Wir gehen weiter bis zum Eingang in den Gülhane-Park westlich des Sultan-Palastes. Als frei zugänglicher Außengarten des Topkapi-Palastes ist er eine erholsame grüne Lunge der Stadt. Schattenspendende Bäume und Springbrunnen bieten an heißen Tagen Abkühlung. Grüne Papageien fliegen durch den Park, in dem es auch eine Zisterne aus byzantinischer Zeit gibt. Am Nordende des Parks befinden sich Ruinen des unter Kaiser Justin II. (565-578) gegründeten und später erweiterten Waisenhauses Hagios Paulos. Darüber befindet sich die 18,5 Meter hohe Gotensäule mit korinthischem Kapitell, deren Inschrift vom Sieg über die Goten möglicherweise aus konstantinischer Zeit berichtet.
Nach dem Verlassen des Parks in nordöstlicher Richtung erreichen wir mit dem Sarayburnu-Park den östlichsten Punkt der Altstadt. Am Ufer überblickt der in Bronze gegossene Staatsgründer Atatürk von hier die Meerenge mit der Aufteilung in das Goldene Horn und den Bosporus. Große Schiffe steuern auf ihrem Weg zum Schwarzen Meer die Durchfahrt unter der Bosporus-Brücke an, die Europa mit Asien verbindet. Dazwischen queren Fähren, Linien- und Ausflugsboote das durch Wind und Strömung aufgepeitschte Wasser. Beim Verlassen des Parks treffen wir auf archäologische Ausgrabungen, die bei Baumaßnahmen erst Anfang dieses Jahrhunderts zu Tage traten. Es handelt sich dabei um Relikte der vorchristlichen Epoche des alten Byzanz vom 7. Jh. v.Chr. bis zum 6. Jh. n.Chr.
Wir laufen am Ufer entlang in Westrichtung bis zum Fährhafen und weiter zur Galatabrücke. Auf der belebten Brücke, die über das Goldene Horn hinüber zum Stadtteil Karaköy führt finden sich viele Angler. Entlang der Restaurants unter der Brücke laufen wir zurück. Es sind furchtbar viele Menschen unterwegs und auf der Suche nach der Straßenbahn-Haltestelle passieren wir die Rüstem Pascha-Moschee aus dem 16. Jh.
In den ägyptischen Basar mit der Markthalle aus dem 17. Jh. schauen wir kurz hinein. Mit der Straßenbahn T1 fahren wir von Eminönü zum Haltepunkt Sultanahmet in der Nähe unseres Hotels. Wir drehen noch eine Runde über die Peykhane-Cadde und kaufen dort etwas ein. Auf der Suche nach einem Restaurant kommen wir an der monumentalen Konstantinsäule aus der Gründungszeit Konstantinopels um das Jahr 330 vorbei. Nördlich unseres Hotels gibt es sehr viele Restaurants, wo wir im „Amara“ noch etwas essen. Todmüde fallen wir nach den vielen heute gesammelten Eindrücken im Hotelzimmer in die Kissen.
Auch am Montag kündigt uns der Ruf des Muezzins den baldigen Tagesbeginn an, wir lassen uns das um acht Uhr aber noch einmal vom Wecker bestätigen. Nach unserem Panoramafrühstück freuen wir uns heute auf den Besuch der berühmten Hagia Sophia. Wir haben gut daran getan bereits im Vorfeld Online-Tickets für den Besuch der Hauptsehenswürdigkeiten Istanbuls zu buchen. Bei der Ankunft am Eingang der Moschee am Vormittag haben sich lange Warteschlangen an Kasse und Eingang gebildet. Mit den vorgebuchten Tickets können wir das Anstehen sparen und machen uns nach einer Sicherheitskontrolle an den Aufgang zur Besuchergalerie. Der untere Innenraum der heutigen Moschee ist seit 2020 den Gläubigen vorbehalten, denn Staatspräsident Erdogan höchstselbst hat den seit 1935 durch Staatsgründer Atatürk verfügten Museumsstatus des Gotteshauses aufgehoben.
Die der göttlichen Weisheit gewidmete Hagia Sophia war nach ihrer Erbauung die größte Kirche der Christenheit, seit 641 Krönungskirche byzantinischer Kaiser und Kathedrale des Ökumenischen Patriarchats Konstantinopels. Zweimal wurden Vorgängerbauten bei Aufständen niedergebrannt. Kaiser Justinian I. gab den Auftrag für die Kreuzkuppelkirche der Superlative und betraute den Architekten Anthemios von Tralleis und den Mathematiker Isidor Millet damit das damals technisch Machbare umzusetzen. Mit der sagenhaften Bauzeit von nur fünf Jahren wurde die Hagia Sophia am 27.Dezember 537 eingeweiht.
Zweimal in den Jahren 553 und 558 stürzte die zu flach konzipierte Kuppel durch Erdbeben ein. Isidor Millet der Jüngere, Neffe des vorherigen Bauleiters brachte sie in die heutige Form. Er erhöhte die mit Strebepfeilern verstärkte Kuppel-Wölbung um 6 Meter. Am 24.Dezember 562 wurde diese neue Kuppel eingeweiht, die bei späteren Erdbeben ebenfalls Schaden nahm. Zerstörungen der Mosaiken gab es schon beim byzantinischen Bilderstreit im 8. und 9. Jahrhundert in der christlichen Epoche. Enormer Schaden an der ursprünglichen Ausgestaltung des frühbyzantinischen Gebäudes entstand nach der Eroberung Konstantinopels 1453 mit der Transformation des Gotteshauses zur Moschee.
Wir betreten einen architektonisch atemberaubenden Ort, an dem sich seit fast 1500 Jahren Gläubige zum Gebet versammeln. Wir befinden uns in einem Denkmal der Menschheitsgeschichte mit dem Status des UNESCO-Weltkulturerbes. Im Gebetsraum wurden die letzten christlichen Mosaike in der Apsis mit Tüchern verhüllt. An den Hauptpfeilern befinden sich kaligraphische Schriften des Korans. Auf der Empore gibt es allerdings noch einige Mosaike der byzantinischen Epoche des 10.-13. Jahrhunderts. Interessant ist eine Runeninschrift aus dem 9. Jahrhundert. Mit seinem Namen „Halfdan“ hat sich vermutlich ein Soldat der kaiserlichen Leibwache hier verewigt. Der Wikinger Halfdan ging so mit Vandalismus in die Geschichte ein 🙂
Das abgedeckte Mosaik der thronenden Muttergottes aus dem 9. Jahrhundert in der Apsis ist von der Empore einsehbar. Ein ganz besonderes Mosaik aus dem 10. Jh. befindet sich über einem der Eingangsportale an der Südwestseite. Christus auf dem Schoß seiner Mutter erhält die Stadt von Konstantin und die Hagia Sophia von Justinian überreicht.
Eine Sehenswürdigkeit in unmittelbarer Nähe und aus der Zeit der Hagia Sophia ist die Basilika- oder Yerebatan- Zisterne, die durch Kaiser Konstantin in Auftrag gegeben wurde. Die Fertigstellung des Wasserspeichers mit einem Fassungsvermögen von 80000 Kubikmetern Wasser erfolgte unter Justinian I. Zuvor stand an dieser Stelle eine Basilika. Auf einer Fläche von 138 X 65 Metern befinden sich 12 Reihen mit jeweils 28 acht Meter hohen Säulen mit korinthischen Kapitellen, die das Gewölbe tragen. Besondere Säulen haben einen Medusenkopf als Basis oder sind als „Säulen der Tränen“ durch ein Muster verziert. Sean Connery machte als Geheimagent James Bond den versunkenen Palast 1963 mit dem Film „Liebesgrüße aus Moskau“ bekannt.
Eine Weile ruhen wir uns nun in der Parkanlage zwischen den Moscheen aus und beobachten die Selfie-Fotografen aus aller Welt. Viel Spaß hat eine Reisegruppe aus Indonesien beim Gruppenfoto. Wir haben noch lange nicht genug und nehmen uns für heute den Besuch des archäologischen Museums Istanbuls vor. Als bedeutendstes Archäologie-Museum der Türkei befindet es sich in der äußeren Ummauerung des Topkapi-Palastes.
Mit 15000 Exponaten begibt sich der Besucher auf eine Zeitreise die bis 3500 v.Chr. in die Vergangenheit führt. Mit den Ausgrabungen der Stadt Troja durch Schliemann und Dörpfeld beschäftigt sich ein Teil der Ausstellung. Auch die byzantinische Epoche ist abgebildet. Besonders beeindruckt bin ich von einem kunstvollen Sarkophag aus der Zeit um 325 v.Chr., der Ende des 19. Jh. in der Königsmetropole Sidon im Libanon gefunden wurde. Im Relief des Sarkophags ist ein Reiter mit Löwenmaske wohl in der Schlacht von Issos 333 n.Chr. gegen die Perser dargestellt. Es handelt sich um die Grablege eines hochrangigen Gefolgsmannes Alexanders des Großen.
Mittlerweile ist bei uns die Luft raus und nach so viel Input suchen wir uns in dem ruhigen Gartencafé „Sophia Garden“ einen Platz, trinken einen traditionellen Tee und lauschen der dargebotenen Live- Gitarrenmusik. Am Abend haben wir einen Tisch in einem besonderen Restaurant bestellt. Das „Deraliye“ bietet Ottomanische Palastküche und weist sich durch aktuelle Empfehlungen von Michelin und Gault&Millau aus. Wir genießen den entspannten Abend mit den wunderbaren Genüssen aus der Küche von Chefkoch Necati Yilmaz.
Am Dienstag ist uns der morgendliche Ruf des Muezzins schon vertraut. Am heutigen Nationalfeiertag begeht die Türkei den Tag der Staatsgründung vor 101 Jahren. Die Stadt hat sich entsprechend herausgeputzt und direkt vor dem Hotel stehen wir vor einem Großplakat mit dem ungewohnt sympathisch auf uns herabblickenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Ein Stück weiter wird aber auch dem Staatsgründer Kemal Atatürk diese Ehre zuteil.
Sobald man das Hotel verlässt kommt man mit Leuten ins Gespräch, meistens mündet das dann in ein Verkaufsgespräch. Während ich vor dem Hotel in eine politische Diskussion gerate, erfahre ich dass es in Istanbul durchaus Kritiker der derzeitigen Regierung gibt. Nicht allen geht es bei der hohen Inflation wirklich gut- für 100 türkische Lira gibt es derzeit 2,70 Euro und die Preise sind hoch. Die Beziehungen der Türkei zu Europa waren in der Vergangenheit nicht immer einfach. Demokratische Standards, Prozesse und Menschenrechte wurden kontinuierlich eingeschränkt. Als Beitrittskandidat zur EU bestehen seit langem unüberbrückbare Hürden. Provokante Alleingänge des türkischen Staatspräsidenten als NATO-Mitglied gefährden auch das westliche Militärbündnis.
Doro hat einen freundlichen Herrn an der Backe, der ihr Hilfe bei was auch immer anbietet und uns unbedingt sein Business nebst Visitenkarte zeigen will. Nach einem Diskurs über unsere gelobten deutschen Autos müssen wir uns noch sein Teppichgeschäft, die Ramadan Art Gallery ansehen- Serafettin Kaymac ist ein sympathischer Typ und auch ohne Teppich gibt es zum Abschied noch ein Foto mit ihm.
Nun begeben wir uns Richtung Hagia Sophia zur Straßenbahnhaltestelle Sultanahmet. Dorothee hat gestern die Fahrkarte am Automaten mit Bargeld aufgeladen und sich dabei von einer freundlichen jungen Frau helfen lassen. Die Karte verwehrt uns allerdings den Zugang zur Haltestelle und ist leer. Die junge Dame mit ihren äußerst flinken Fingern hat möglicherweise unser Geld auf ihrer Karte verbucht- wir vermuten Trickbetrug und schreiben die Zehn Euro als schlechte Erfahrung ab. Wir füllen die Karte noch einmal ohne fremde Hilfe auf und steigen an der Haltestelle in die sehr volle Straßenbahn T1, die uns über die Galatabrücke bis zur Endstation Kabatas auf der anderen Seite vom goldenen Horn bringt.
Am Schiffsanleger blicken wir über den Bosporus hinüber auf die asiatische Seite, bevor wir uns zu Fuß auf den Weg machen. An der Dolmabahce-Moschee aus dem 19. Jh., dem 2016 fertiggestellten Tüpras-Stadion vorbei und durch den kleinen Gezi-Park erreichen wir den Taksimplatz mit dem Denkmal der Republik, das seit 1928 Atatürk, den Vater der Türken als Soldat und als Staatsmann feiert. Direkt am Taksimplatz besuchen wir in einer ehemaligen Zisterne das Museum der Staatsgründung, in der die Geschichte der damaligen Ereignisse mit vielen Exponaten, Bildern und Filmen erzählt wird.
Wir begeben uns auf Istanbuls Kulturmeile Istiklal mit vielen Geschäften, repräsentativen Gebäuden und Konsulaten. Flankiert ist die Fußgängerzone heute mit einem Flaggenmeer aus Halbmonden und Atatürk-Portraits. Vom Taksimplatz aus zirkulieren 2 historische Tram-Wagen der Linie T2. In einem Traditions-Geschäft kaufen wir Baklava- ein sauleckeres Zeug 😉
Erstaunt passieren wir die katholische Kirche St. Antonius von Padua, die es hier seit 1912 für christliche Gläubige gibt. In einem Mevlevi-Klosterkomplex aus dem 18. Jh. befindet sich ein Derwisch-Museum. Die auch als Sufis bezeichneten Mönche praktizieren mit dem Sufismus unter Anderem ekstatische Tänze um mit Gott in Kontakt zu kommen. Sie gehören einer muslimisch-asketisch-religiösen Ordensgemeinschaft an. Dabei tragen sie ausladende Gewänder und eine Kopfbedeckung, die bei den Mevli-Derwischen Sikke heißt. Heute haben sich die Tänze als Touristenattraktion etabliert. Das Kloster hat einen Innenhof, einen Brunnen und einen Friedhof.
Eine weitere touristische Attraktion ist der Galataturm, der 527 unter Justinian I. als Sichtungs- oder Feuerturm erbaut wurde. Er wurde 1204 zerstört und 1348-49 neu errichtet. Im osmanischen Reich war er im 15. Jh. Gefängnis und im 16. Jh. Wachturm. Wir werden die Aussicht vom Turm heute nicht erfahren, da die Warteschlange uns vom Besuch abschreckt. Über die Büyük Hendek- Cadde laufen wir nach Nordwesten hinunter zum Sishane Park, wo wir unser Baklava in der Sonne essen.
Wir gehen zum Fähranleger Kasimpasa und fahren um 17:30 Uhr nach Karaköy in der Nähe der Nordseite der Galatabrücke. Hier essen wir Fisch im Restaurant Olympiyat an der Uferpromenade. Mit der Straßenbahn T1 fahren wir von Karaköy zurück zum Haltepunkt Sultanahmet und gehen zum Hotel.
Am Mittwoch wollen wir uns den Topkapi-Palast ansehen und kommen dabei am Hippodrom vorbei, wo für Start und Ziel des 46. Stadtmarathons am kommenden Sonntag gerüstet wird. Durch das „Großherrliche Tor“, das prunkvolle Eingangsportal betreten wir den ersten Hof des Palastes. Hier besuchen wir zunächst die frühchristliche Kuppelkirche Hagia Irene, die bereits im 4. Jh. von Konstantin I. als erste Kirche Konstantinopels erbaut wurde. Beim Nikka-Aufstand 532 wurde die Kirche zerstört und unter Justinian I. wieder aufgebaut. Nach einem Erdbeben im Jahr 740 erfolgte eine Wiedererrichtung unter Konstantin V. Als Waffenlager in osmanischer Zeit und Museum ab 1846 entdeckte man in der Neuzeit die ausgezeichnete Akustik der Kirche für klassische Konzerte.
Die eigentliche Palastanlage betreten wir durch ein weiteres Tor, das „Begrüßungstor“. Wir betreten den jahrhundertelangen Wohn- und Regierungssitz der Sultane des osmanischen Reichs. Den Grundstein legte der Eroberer Mehmed II. Der Topkapi-Palast wuchs zu einer eigenen Stadt mit 4 Höfen heran, in der auf 69 ha bis zu 5000 Menschen lebten. Hier im zweiten Hof befanden sich mit den Staats- und Verwaltungsräumen das politische Zentrum und die Unterkünfte der Leibgarde des Sultans. Über die gesamte Ostseite erstreckt sich die Palastküche, in der täglich bis zu 6000 Mahlzeiten zubereitet wurden.
Der unermessliche Reichtum der osmanischen Herrscher findet sich in den Räumlichkeiten des Palastes wieder. Edelste Möbel mit filigranen Intarsienarbeiten und Baumaterial in Form von Marmor, Tropenhölzern, Perlmutt und reichlich Gold finden sich in den Wohnbereichen des Sultans im dritten Hof, den man über das „Tor der Glückseligkeit“ betritt. Neben den Privatgemächern des Sultans waren hier auch die Frauen des Sultans untergebracht. Der Harem bot Platz für mehrere Hundert Haremsdamen, die hier unter der Leitung der Sultansmutter lebten.
Der Palast ist aber auch Museum, denn die hiesigen Herrscher haben einiges gesammelt und zusammengetragen. So befinden sich in einem Raum zahlreiche Reliquien rund um den Propheten Mohammed und anderer Heiliger des Islam. Der Stab des Propheten Moses aus dem 13. Jh. v.Chr., der als Prophet in allen Religionen eine wichtige Rolle spielt ist hier ausgestellt. Einige Reliquien des Propheten Mohammed, wie eine Sandale aus dem 7.Jahrhundert befinden sich in den Vitrinen. Wertvolle sehr alte Schriften, Waffen und Gegenstände gibt es zu bestaunen. Der goldene mit Juwelen verzierte Topkapi-Dolch aus dem 18. Jh. und der 86 karätige Löffelmacher-Diamant, der zu den 15 größten Diamanten der Erde gehört sind besonders berühmte Exponate.
Auch die weitläufigen Palastanlagen haben uns am heutigen Tag geschafft und in der Nähe des Hotels fällt unsere Wahl auf das Restaurant „Food–Palace“, wo wir gute Sachen essen. Doro ist sehr zufrieden mit einer gefüllten Melone, in der ein Lammeintopf mit fruchtig- arabischen Aromen serviert wird.
Am Donnerstag besuchen wir nach dem tollen Panoramafrühstück unweit des Hotels die Philoxenos-, oder auch Binbirdirek-Zisterne. Hier sind es 224 Säulen, die mit einer Höhe von 12,4 Metern das Gewölbe einer 64 X 56,4 Quadratmeter messenden unterirdischen Zisterne bilden. Das 40000 Kubikmeter fassende zweitgrößte Reservoir der byzantinischen Stadt wurde im 5. bis 6. Jahrhundert neben dem Antiochos-Palast errichtet. Auf einigen Säulen findet man die Zeichen der griechischen Steinmetze. Seit der osmanischen Eroberung wurde die Zisterne nicht mehr als Wasserspeicher genutzt.
Auf dem Weg zum großen Bazar besuchen wir noch einmal den Untergrund der Stadt an der kleineren Theodosius-Zisterne (42,5 X 25m), deren Errichtung ebenfalls auf das 5. Jahrhundert zurückgeht. Hier tragen 9 Meter hohe Marmorsäulen das Deckengewölbe auf korinthischen Vollblattkapitellen. Eine Videoinstallation zur Stadtgeschichte belebt das Underground-Erlebnis.
Durch die Gassen laufen wir in nordwestlicher Richtung zum großen Basar der Stadt. Das Geschäftsviertel liegt im alten Istanbuler Stadtteil Eminönü im Stadtviertel Beyazit. Der älteste Teil des Basars wurde im 15. Jh. von Sultan Mehmet Fatih nach der Eroberung Konstantinopels angelegt. In der alten Tuchhalle, ursprünglich als Schatzkammer geplant befinden sich noch heute die Gold- und Silberhändler. Wie bei Basaren üblich sind die Geschäfte nach Branchen sortiert. Wir laufen einmal mitten durch das Gewusel der alten Hallen.
Zwischen den Stadtvierteln Taya Hatun und Mercan machen wir einen nördlichen Bogen um den großen Basar und halten uns dann in Richtung Südost. Wir kommen an einem großen Istanbuler Gymnasium (Erkek Lisesi) vorbei und treffen auf das hübsche Straßencafé „Sofya“ in dem ehemaligen Wohnhaus eines Großwesirs aus dem Ende des 16. Jh. Es gehörte Hadim Hasan Pasha, Verwalter des Sultans Mehmed III. In dem hippen Lokal ruhen wir uns bei Tee und Kuchen etwas aus, bevor wir über das Alemdar-Viertel zurück zur Hagia Sophia laufen.
Am Hippodrom wollen wir am Nachmittag noch das Hagia Sophia-Museum und das Museum für islamische Kunst im ehemaligen Palst Ibrahim Pashas aus dem frühen 16. Jh. durchstöbern. Der Palast war ein Geschenk des Sultan Süleyman I. (der Prächtige) an seinen Wesir. Unter dem Palast befindet sich auch eine Zisterne. Mit aufwendigen Präsentationen werden wir durch die belebte Geschichte der Hagia Sophia geleitet. Das umfangreiche Museum für islamische Kunst bietet uns ein Feuerwerk von Exponaten durch die Perioden, Dynastien und Regionen der islamischen Welt und des ehemaligen osmanischen Reichs.
Vor dem Abendessen haben wir uns noch die Vorführung einer Sufi-Zeremonie vorgenommen. Im historischen Ambiente der Kizlaragasi-Medrese im Alemdar-Viertel besuchen wir die traditionelle Tanzvorführung der „Wirbelnden Derwische“ Istanbuls als Mevlevi-Sema-Ritual. Begleitet von drei Musikern mit traditionellen Saiten- und Percussion-Instrumenten drehen sich die Mevlevi-Tänzer im Kreis um eine mystische Einheit mit dem Göttlichen zu erlangen. Das Ritual geht auf die Lehren des persischen Mystikers und Dichters Dschalal ad-Din Rumi im 13. Jh. zurück. Wir genießen die dargebotene und absolut erlebenswerte Zeremonie.
Da wir uns bereits in dem Viertel mit den vielen Restaurants befinden lassen wir uns in der Nähe im Restaurant „Amedros“ nieder. Ich esse hier heute ein traditionell in der Tonamphore gegartes Fleischgericht. Über lodernden Flammen zelebriert der gut gelaunte Kellner das Ritual, bei dem durch Klopfen am unteren Rand der Amphore irgendwann der Boden abfällt. Gerne wird das mit Klatschen der übrigen Gäste im gleichen Takt begleitet. Das Rindfleisch aus dem Tongefäß schmeckt absolut köstlich.
Freitag beginnt auch unser letzter Tag in Istanbul sonnig. Die Temperaturen in dieser Woche sind sehr angenehm und erreichen tagsüber maximal 20 Grad, wobei es abends schon ordentlich abkühlt. Mit der Tram fahren wir heute in den Westen der Stadt, zur noch erhaltenen Stadtmauer. Diese Theodosianische Mauer aus dem 5. Jh. mit einer Länge von 20 Kilometern bot der Stadt als Land- und Seemauer bis in die Mitte des 15. Jh. einen guten Schutz. Etwa auf der Höhe der Straßenbahnhaltestelle Fetihkapi auf der 10. Yil-Cadde gibt es einen Durchgang durch ein Stadttor, von wo wir ein ganzes Stück in Richtung NO entlang der Mauer bis zur nächsten großen Kreuzung mit dem Adnan Menderes-Bulvari laufen.
Hier nehmen wir an der Haltestelle Topkapi-Ulubatli die Metro, die uns mit 2 Haltestellen in Richtung SO zum Haltepunkt Aksaray Metro Istasyonu bringt. Zu Fuß geht es jetzt nach NO bis zu einer Kreuzung, die von Parkanlagen umgeben ist. In einem umzäunten Archäologiepark befinden sich wohl die Reste einer bedeutenden byzantinischen Basilika, der Polyeuktoskirche. Auf der anderen Seite der Kreuzung hat man dem Eroberer Mehmed II. Fatih ein Denkmal gesetzt.
Unser eigentliches Ziel in diesem Stadtteil ist das sich nördlich des Parks befindliche Valens-Aquädukt. Das Bauwerk, begonnen unter Konstantin dem Großen wurde 378 unter Kaiser Valens abgeschlossen und überspannte einst über mehr als einen Kilometer die beiden Hügel Fatih und Eminönü. Heute stehen noch etwa 800 Meter des doppelstöckigen Viaduktes, das den sechsspurigen Atatürk-Bulvari überbrückt.
In einem weiteren Park, dem Sarachane-Park treffen wir auf die kleine Burmali-Moschee aus dem 16. Jh. mit einem alten Friedhof. Dahinter begeben sich gerade die Gläubigen zum Freitagsgebet in die große Sehzade-Moschee aus der Mitte des 16. Jh. Sultan Suleyman der Prächtige ließ diese Moschee für seinen Sohn Sehzade Mehmed, der im Jahr 1543 im jungen Alter von 22 Jahren starb errichten.
Direkt gegenüber der Moschee befindet sich das Istanbuler Rathaus. Wir überschreiten die Straße 15 Temmuz Sehitleri-Cadde, die Straße des 15. Juli und zwar des Jahres 2016. An diesem Tag ist die Türkei durch einen Putschversuch des türkischen Militärs erschüttert worden. 250 tote Zivilisten und 2000 Verwundete waren das Ergebnis einer Nacht, in der viele Bürger den Putschisten entgegentraten. Vor dem Rathaus hängt ein Großplakat, auf dem die Märtyrer des 15. Juli gefeiert werden. Eine Gedenkstätte zeigt eine lebensechte Szene von Männern bei einer rituellen Waschung, wohl um in Reinheit (Tahara) den Putschisten Widerstand zu leisten.
Nicht alle Gläubigen finden sich zum Freitagsgebet in der Moschee ein. Auf unserem Weg durch die leeren Gassen parallel zum Atatürk-Bulvari kommen wir an Plätzen vorbei, wo sich zahlreiche Männer mit ihren Gebetsteppichen zum gemeinsamen Gebet versammelt haben. Wir erreichen die Ordu-Cadde und passieren die Laleli-Moschee, in der die Gläubigen gerade ihr Gebet beendet haben.
Bevor wir mit der Bahn zum Hotel zurückfahren kaufen wir als Mitbringsel für zu Hause noch Süßkram wie Turkish-Delight und Baklava ein. Um 15 Uhr werden wir in der Hotel-Lobby zu unserer letzten Exkursion in Istanbul abgeholt, bei der wir zum Fähranleger Eminönü hinter der Galata-Brücke gebracht werden. Wir haben einen Sunset-Bosporus-Bootstrip mit Hoteltransfer per Kleinbus bereits am Vortag gebucht.
Gegen 16 Uhr fahren wir mit unserem betagten Ausflugsschiff, der „Artha“ unter der Galatabrücke hindurch in den Bosporus ein, wo es zunächst am Westufer entlang geht. Eine Sehenswürdigkeit, die wir zumindest noch vom Schiff aus sehen ist der repräsentative Dolmabahce Palast, in dem die osmanischen Sultane seit 1856 residiert haben. Unsere Fahrt führt uns unter den beiden großen Autobahnbrücken über den Bosporus hindurch. An der zweiten Brücke passieren wir die gewaltige Festung Rumeli Hisari, die schon vor der Einnahme Konstantinopels durch den Eroberer Mehmed II. an der nur 700 Meter breiten Engstelle des Bosporus errichtet wurde.
Hier fahren wir nach einer Wende am Ostufer entlang bis wir am Anleger des Beylerbeyi-Parks festmachen. Bei diesem Aufenthalt soll uns wohl die Gelegenheit für den sensationell günstigen Erwerb von Lederklamotten eingeräumt werden. Es gibt hier ein gleichnamiges Schloss von Staatsdienern des osmanischen Reichs aus dem 16. Jh. Wir schauen bei schwindendem Tageslicht eine Weile den Anglern vor einer kleinen Moschee zu und gehen mit dem Ruf des Muezzins zum Abendgebet zurück zum Bootsanleger.
In dem kleinen Park hat ein Musiker mit seiner Gitarre den schönen Song „Country Road“ von John Denver angestimmt, wobei mich mit der rot angeleuchteten Bosporus-Brücke vor dem Sonnenuntergang einen Moment lang so etwas wie California-Feeling einholt. Mit dieser „Golden Gate“- Stimmung halten wir uns nun mit Kurs auf die glutrot hinterlegte Kulisse der Istanbuler Altstadt zu. Auf dem Weg dorthin passieren wir noch den historischen Leuchtturm, den Mädchenturm aus dem 18. Jh. Ein Wahrsager hat der Legende nach einer Prinzessin den baldigen Tod durch Gift prophezeit, weswegen sie von ihrem Vater in den Turm gesperrt wurde. Sie konnte ihrem Schicksal aber nicht entkommen, da der Tod sie mit einer Giftschlange im Obstkorb einholte.
Um 19 Uhr sind wir zurück am Hotel und unser letztes Abendessen in Istanbul soll etwas Besonderes sein. Im Restaurant „Locanda 1741“ genießen wir noch einmal ein tolles Essen im 300 Jahre alten Cagaloglu-Hamami. Die Lokalität weist sich durch Empfehlungen der führenden Restaurantkritiker und den Besuch einer ganzen Reihe von Filmstars und Prominenten aus.
Am Samstag erschallt ein letztes Mal der Weckruf aus den großen Moscheen der Altstadt. Vielleicht wird er mir fehlen, wie auch das tägliche sensationelle Frühstück mit der fantastischen Aussicht, bei dem ich mir auch heute noch einmal ein Spicy-Veggie-Omelette schmecken lassen. Unser Taxi holt uns wie bestellt um 11:30 Uhr am Hotel ab und wir verabschieden uns noch von Furkan dem Empfangsangestellten, mit dem wir immer gern ein paar Worte gewechselt haben. Furkan hat eine Weile in Köln gelebt, allerdings sei da ja nicht so viel los wie in Istanbul und daher sei es dort eher langweilig 🙂
Auf dem Flughafen sind wir ausreichend früh, um das übliche Procedere abzuwickeln. In Istanbul betritt niemand den Flughafen ohne sich einem ersten Security-Check zu unterziehen. Nach dem eigentlichen Check-In folgt ein weiterer Security-Check für die Fluggäste. Bei meinen Recherchen bin ich immer wieder auf terroristische Anschläge in Istanbul gestoßen, mit denen man offensichtlich auch auf dem Flughafen rechnet.
Nachdem gegen 14 Uhr das Gate für unseren Flug nach Düsseldorf bekannt gegeben wird begeben wir uns nach einem Snack dorthin und warten auf das Boarding, das mit einer halben Stunde Verspätung beginnen soll. Bei aufkommender Unruhe erfahren wir, dass das Gate kurzfristig auf einen anderen Flugsteig verlegt wurde. Mit bereits aufgerufenem Boarding erreichen wir nach einer viertel Stunde Kreislauftraining den richtigen Einstiegsbereich. Auch im Flugzeug verzögert sich noch einmal der Abflug um insgesamt eine Stunde bei technischen Problemen- was immer das heißt.
Wir hatten eine fantastische Woche in Istanbul, wo wir uns einen guten Überblick über die große Geschichte und Kultur dieser Stadt verschafft haben. Alles konnten wir uns nicht ansehen, aber das kann man ja nachholen. Ich habe mir zu Hause den etwas angestaubten Film „Topkapi“ aus dem Jahr 1964 besorgt. In dem illustren Gentleman-Gauner-Streifen mit Maximilian Schell, Peter Ustinov und Melina Mercouri geht es darum den berühmten Topkapi-Dolch aus dem Topkapi-Palast zu stehlen. Es ist eine herrliche Zeitreise in das Istanbul der sechziger Jahre und ein besonderes Vergnügen wenn man die Stadt 60 Jahre später erlebt hat.
„Eine Reise ist ein Trunk aus der Quelle des Lebens“
(Christian Friedrich Hebbel 1813-1863)
A.Korbmacher
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