Andalusien III Palma del Rio Provinz Córdoba 2025
Nach den Herbstferien Ende Oktober 2025 treten wir unsere dritte Reise in die südspanische Provinz Andalusien an. Am Samstag bereiten wir uns in den frühen Morgenstunden auf den Abflug um 6:10 Uhr von Düsseldorf aus nach Málaga vor. Stefanie hat sich netterweise bereit erklärt uns um 3:15 Uhr abzuholen. Sie ist sehr zuverlässig und daher warten wir auch pünktlich vor der Haustür bis Dorothee ihre Schwester dann doch mal auf mein Drängen hin anruft. Wir erfahren um 3:30 Uhr dass Stefanies Wecktechnik versagt hat, sie aus Erkrath also noch gar nicht losgefahren ist. Wir werden beim Durchkalkulieren unseres Zeitfensters bis zum Abflug nun doch nervös, entscheiden uns situativ für Plan B und rufen ein Taxi.

Das Taxi kommt tatsächlich recht schnell und der Fahrer ist ein junger Mann, mit dem wir uns kurzweilig über sein Jurastudium unterhalten, das er sich auch mit Taxifahren finanziert- er ist ein interessanter und kluger Zeitgenosse mit Migrationshintergrund und klaren Zielen. Mit den besten Wünschen verabschieden wir uns von ihm. Wir erreichen das Terminal bei bereits laufender Abfertigung. In Düsseldorf hat man das ganze Check-in- Procedere nun auch auf Self-Service an Automaten umgestellt. Ich habe meine eigene Meinung zur Prozess- Automatisierung, mache aber gerne die Arbeit für den Menschen, der vielleicht gerade wegrationalisiert wurde. Es läuft sonst alles rund und nach all meinem bisherigen Gemecker ist der Security- Check diesmal gut besetzt. Ohne Wartezeit werden wir kontrolliert und begeben uns zum Gate mit einem noch immer guten Zeitpolster für einen Kaffee bis zum Boarding.

Das Boarding beginnt pünktlich und während wir vom Gate ablegen beobachten wir einen Einsatz der Polizei mit viel Blaulicht auf dem Flugfeld vor der Abflughalle. Die Flugzeit beträgt drei Stunden und führt uns über Paris und Córdoba nach Málaga. Nach einer Landekurve über dem Meer setzt der Airbus A 321 CEO wie auch vor zwei Jahren recht hart auf der Piste auf. Nach der Gepäckausgabe nehmen wir unseren Leihwagen, einen Opel Mokka vom Autovermieter entgegen und machen uns auf den Weg nach Norden in die Provinz Córdoba, wo wir ein Quartier in der Ortschaft Palma del Rio festgemacht haben. Ursprünglich hatten wir ein Hotel am nördlichen Rand von Córdoba gebucht. Dieses haben wir storniert, da eine mehrfache Kontaktaufnahme mit dem Hotel bezüglich eines Betrugsversuchs mit unserer Kreditkarte unbeantwortet und unkommentiert blieb.

Wir haben alle Zeit der Welt und meiden die Autobahn, hangeln uns in nordwestlicher Richtung nur über Landstraßen durch bereits bekannte Landschaft bei Antequera und überqueren in Puente-Genil den Rio Genil, der aus der Sierra Nevada kommend über Granada nach Palma del Rio fließt, wo er in den Rio Guadalquivir mündet. Es sind weite, wenig besiedelte Landschaften, deren Felder zu dieser Jahreszeit bereits abgeerntet sind. Neben Getreide wird Baumwolle angebaut, deren Reste noch auf den Feldern liegen. Beeindruckend sind auch die weiten Olivenhaine und Zitrusplantagen, deren Früchte uns erntereif erscheinen. Nach gut 210 Kilometern Anfahrt erreichen wir am Nachmittag Palma del Rio.

Nach unserer Ankunft im Hotel beziehen wir zunächst unser Zimmer. Wir wohnen in einem ehemaligen Franziskanerkloster aus dem 15. Jahrhundert. Nach einem ersten Rundgang durch die historische Herberge verbringen wir die Zeit bis zum Abendessen am Pool. Im Klostergarten wird allerlei Obst und Gemüse angebaut. An unserem ersten Abend haben wir einen Tisch im Hotel- Restaurant „Hortus“ reserviert. Wir sitzen hier im ehemaligen Refektorium des Monasterio de San Francisco, dem Speisesaal in dem im 15. Jahrhundert mehr als 500 Mönche gegessen haben. An den Wänden hängen Gemälde und Gobelins aus vergangenen Zeiten.

Am Sonntag frühstücken wir vom gut bestellten Buffet und fahren dann durch Hornachuelos zum NP- Visitor- Center Huerta del Rey in der Sierra de Hornachuelos. Beim Gespräch mit den Rangern erhalten wir ein paar Infos über eine Wanderung zu einem Kloster, wo wir die dort ansässigen Geierkolonien besuchen wollen. Abgesehen von diesem Weg ist das Begehen anderer Wege im Nationalpark anmeldungspflichtig, was man online erledigen kann. Über die Staumauer des Embalse Bembézar fahren wir über CO5314/ A431 nach Almodóvar del Rio mit seinem maurischen Kastell aus dem 8. Jh. Wir erwischen auf dem Parkplatz den Shuttle- Bus, der uns auf den Burgberg zum Eingang der Festung bringt. Obwohl wir die Serie „Game of Thrones“ nie gesehen haben, treffen wir wie hier immer wieder auf Schauplätze der Produktion, die bei den Fans einen regelrechten Hype auslösen.

Das Kastell kontrollierte einen strategisch wichtigen Abschnitt des Guadalquivir und war im 13. Jahrhundert ein wichtiges Angriffs-Ziel der Reconquista. 1362 restaurierte Peter I. („Der Grausame“) von Kastilien die Festung und obwohl er Krieg gegen die Nasriden führte, bewunderte er deren Kultur und ließ sich als Christ gern Sultan nennen. Die Bauarbeiter waren Mudéjaren, muslimische Untertanen, deren Baukunst (Mudéjar- Stil) man bei Renovierungen gerne annahm, wie auch in dieser Festung.

Wir essen im Restaurant La Taberna de Cuatro Caminos in Almodóvar zu Mittag. Wegen einer Michelin- Empfehlung haben wir uns dieses traditionelle Restaurant mit seiner hervorragenden andalusischen Küche ausgesucht. Aus einem familiengeführten Lebensmittelladen gingen vor 40 Jahren zwei Restaurants der Familie in Almodóvar hervor, wobei dieses an der Kreuzung von vier Straßen liegt. Sehr zufrieden machen wir uns an die Rückfahrt nach Palma del Rio durch den einsetzenden Regen.

Am Montag frühstücken wir wieder gut im Hotel und kehren nach Hornachuelos zurück. Vom Parkplatz steigen wir in die Schlucht unterhalb der Altstadt ab zur Staumauer des Embalse de Bembézar im NP Sierra de Hornachuelos. Hier haben sich einige Petri-Jünger mit ihren Angelruten versammelt und holen eher kleinere Fische aus dem See. Der von den Rangern empfohlene Weg heißt Sendero Los Ángeles. Dieser Weg führt vier Kilometer entlang des aufgestauten Rio Bembézar bis zur Quelle Fuente de los Tres Caños, von der man auf das Kloster Seminario Santa Maria de Los Ángeles blickt. Das Kloster kann nicht besucht werden. Es ist umgeben von Klippen, in denen sich die Kolonien von Gänse- und Mönchsgeiern befinden. Die Hauptpopulation besteht hier aber aus Gänsegeiern, von denen ich einige Fotos am Himmel einfange. Es sind die gleichen Tiere, die wir vor zwei Jahren in den Felsen der Sierra Grazalema beobachtet haben.

Neben Mönchsgeiern, die wohl deutlich scheuer sind als die Gänsegeier gibt es auch Adler. Wir sehen auf jeden Fall Greifvögel mit einer beachtlichen Spannweite von bis zu drei Metern in der Mittags- Thermik kreisend aufsteigen. Wenn man genau hinschaut und zählt, kommt man spätestens bei 50 durcheinander…Wir verharren lange an der Quelle und machen uns am Nachmittag auf den Rückweg. Die Sonne dominiert heute und macht Wandern im T-Shirt möglich. Auf der Hälfte des Rückweges essen wir auf einer Picknick- Bank mit Blick auf den See unsere Brote.

Vor dem Erreichen der Staumauer schneiden wir in einen steilen, direkten Aufstieg hinauf nach Hornachuelos ein. Vom Kastell des hübschen Ortes mit seinem Logenplatz hoch auf den Klippen laufen wir durch die Gassen zu einem Mirador, bevor wir nach über 13 Kilometern diesen herrlichen Wandertag abschließen. Wir fahren noch einmal über Almodóvar, um das stolze Kastell heute noch einmal in der späten Nachmittagssonne abzulichten. In der nach Westen untergehenden Sonne fahren wir zurück nach Palma del Rio, wo wir noch etwas einkaufen.

Beim Verlassen des Supermarktes mache ich ein Bild vom noch jungen Neumond zwischen einer Palmengruppe vor dem Geschäft. Ein junger Mann spricht mich an und möchte wissen, was ich da gerade fotografiert habe. Gleichzeitig weist er sich als Beamter der Guardia- Civil aus. Es lässt sich rasch klären, dass ich nicht bewusst in Richtung eines Kinderspielplatzes fotografiert habe, der sich wohl in einer Parkanlage hinter der Palmengruppe befindet. Hey- es ist dunkel und doch auch eher unwahrscheinlich, dass da tatsächlich noch irgendwo Kinder rumlaufen. Wir bereiten uns noch ein einfaches Abendbrot mit einem Glas Wein auf dem Zimmer.

Am Dienstag haben wir ein Ziel 43 Kilometer nordöstlich von Sevilla ausgesucht. Es ist die historische Stadt Carmona, die wie Palma del Rio am Guadalquivir liegt. Das erste Ziel ist die römische Nekropole im Westen der Stadt, die als größte römische Grabanlage auf der iberischen Halbinsel gilt. Wir parken im Parkhaus am Paseo del Estatuto- Platz. Schon in der Tiefgarage treffen wir auf die Mauern eines römischen Mausoleums. Von hier laufen wir in westlicher Richtung zu den Ausgrabungen, die man Ende des 19. Jahrhunderts begonnen hat.

Verschiedene Grabanlagen aus dem 1.-3. Jahrhundert traten hier zu Tage. In einem Einführungsfilm erfahren wir einiges über den römischen Totenkult. Eine Elefantenstatue gab dem Elefantengrab seinen Namen. Der Elefant steht im Zusammenhang mit dem Kult um die Götter Kybele und Attis. Die große Anlage des Sevilla- Grabes ist wie ein luxuriöses römisches Wohnhaus gebaut. Mit einem Säulenhof, Skulpturen und Wandmalereien wurde man hier der sozialen Hierarchie der römischen Gesellschaft gerecht. Aus der Zeit der römischen Besiedlung hat man direkt gegenüber der Nekropole auch die Reste eines Amphitheaters gefunden.

Wir begeben uns nun in die Gegenrichtung zum historischen Zentrum der Stadt und besuchen den Alcazár de la Puerta de Sevilla. Wir durchlaufen das erste der beiden schmal gehaltenen Tore und treffen auf die Touristeninformation. Für den Besuch der Festung mit ihren Zinnen und Türmen kaufen wir Karten. Die Festung spiegelt die lange Geschichte der Stadt wieder, die seit vorgeschichtlicher Zeit wegen ihrer strategisch günstigen Lage ununterbrochen besiedelt war. Nach den Feldzügen Hamilkar Barkas (Vater von Hannibal) war die Stadt 237-206 vor Christus unter kathargischer Besatzung.

Danach übernahmen die Römer bis zum Zusammenbruch des römischen Reichs im 8.Jahrhundert. Die verwendeten Quader der Römer lassen sich von den unregelmäßig behauenen Steinblöcken der Katharger auch farblich klar unterscheiden. Auch die Reste einer römischen Tempelanlage sind bis heute zu sehen. Im 8. Jh. kamen die Mauren und bauten die Toranlage zum Alcázar, einer regelrechten Festung mit einer zweiten Verteidigungslinie mit Türmen und Zinnen aus. Mit der Rückeroberung Andalusiens durch den christlichen König Ferdinand III. kamen ab 1247 weitere Aus- und Umbauten hinzu. Der Blick auf die Stadt und auf die Ebene nach Süden ist ganz nebenbei eindrucksvoll. In einem Supermarkt kaufen wir uns etwas zu trinken und verweilen mit unserem Getränk auf dem Arkaden- flankierten Marktplatz, der Plaza de Abastos.

Wir durchlaufen das Zentrum am Rathaus vorbei. Hier hat man 1977 im Innenhof ein großes römisches Mosaik gefunden. Am östlichen Ende der Stadt treffen wir auf die großräumigen Ruinen des Alcázar del Rey Don Pedro. Leider sind hier die Zugänge verschlossen. Das Hotel Parador de Carmona nebenan bietet seinen Gästen einen weiten Panoramablick in die Ebene nach Süden. Durch viele kleine Gassen geht es weiter an mehreren Kirchen vorbei, deren Türen uns verschlossen bleiben. Von Interesse wäre für uns ein Blick in die Iglesia de Santa Maria de la Asunción, die im 15.Jh. auf den Mauern der Mesquita Carmonas erbaut wurde. Leider öffnet diese erst wieder nach 17 Uhr.

Der Himmel verdunkelt sich zunehmend und es sieht sehr nach Regen aus. Auf unserem Weg treffen wir auf die Tapas- Bar „Castaño“, wo wir uns viele Tellerchen mit leckeren Sachen bestellen. Dann prasseln auch schon die ersten Regentropfen auf die Markise über uns. Wir begleichen die absolut entspannte Rechnung mit gut gefülltem Bauch. Es ist nicht weit mit dem Regenschirm zur Tiefgarage. Mit eingeschalteten Scheibenwischern fahren wir zurück nach Palma del Rio.

Mittwoch werde ich früh morgens von einem pladdernden Wasserfall vor unserem Fenster geweckt, auch weil die Wassertropfen bis zu mir ins Bett spritzen. Nachdem ich das Fenster geschlossen habe wird es bald hell. Wir machen uns heute nach dem Frühstück auf den Weg nach Córdoba, wo wir eigentlich für 11:00 Uhr Tickets zum Besuch der Kathedrale gebucht haben. Erst gestern hat uns der ausführende Veranstalter mitgeteilt, dass das auf 14:30h verschoben werden muss.

Die Anfahrt nach Osten lässt hoffen, obwohl die Wettervorhersage gewittrigen Dauerregen angesagt hat. Bei der Ankunft am Parking La Ribera tröpfelt es nur ein wenig, bei unserem Vorhaben die Seite des Guadalquivir zu wechseln um das Ensemble aus römischer Brücke und Mesquita-Kathedrale zu sehen nimmt der Regen wieder Fahrt auf. Wir stellen uns unter und entscheiden das archäologische Museum aufzusuchen.

Eine Zeitreise führt uns durch die Geschichte Córdobas, von Steinzeitfunden an, über das Volk der Iberer und über die Römer bis zu den Mauren. Córdoba hatte in seiner Geschichte zu allen Zeiten große Bedeutung. Die Metropole war Hauptstadt der unter Kaiser Augustus als Hispania Baetica neu gegliederten iberischen Provinz des Römischen Reichs. Als Kalifat von Córdoba wuchs die Stadt zu einer der größten Städte der Welt heran. Christen, Juden und Muslime lebten in der Stadt. Im Rahmen der Reconquista wurde Córdoba 1236 durch den katholischen König Ferdinand III. erobert.

Seit 1984 Ist die Mesquita-Kathedrale Teil des UNESCO- Weltkulturerbes. An Stelle einer gotischen Basilika wurde seit 784 die riesige Moschee errichtet, die zu einer gigantischen Säulenhalle heranwuchs. Mit ihren 23000 Quadratmetern Gebetsraum wäre sie heute die drittgrößte Moschee der Welt. 860 Marmorsäulen tragen rot-weiß gemauerte Doppelbögen in der Kirchenhalle. Der Mihrab, die maurische Gebetsnische mit byzantinischen Mosaiken, wurde im Jahr 960 unter Al- Hakam II. erbaut. Nach der Weihung der Moschee zur christlichen Kirche wurde ab 1523 ein gewaltiges Kirchenschiff im Stil der Renaissance eingebaut, wofür die Bauarbeiten 234 Jahre andauerten.

Wir werden durch einen Audioguide über die vielen interessanten Details des Gotteshauses informiert. Wir besuchen im jüdischen Viertel ein libanesisches Restaurant und machen uns dann in der blauen Stunde auf den Weg über die römische Brücke, die nach der Schlacht von Munda (45 v.Chr.) als Teil der Via Augusta mit 16 Steinbögen über den Guadalquivir errichtet wurde.

Beim Frühstück am Donnerstag lauschen wir einer amerikanischen Gruppe, die wohl ein furchtbares Unwetter erlebt hat. Wir durchstöbern die Medien und erfahren tatsächlich von Überschwemmungen im Raum Sevilla. Der Küstenort Huelva, westlich von Sevilla wurde von einer Wasserhose und einer Niederschlagsmenge von 120 Litern pro Quadratmeter getroffen. In Sevilla selbst standen die Straßen der Innenstadt unter Wasser. Vor 2 Jahren waren die Talsperren, die wir gesehen haben sehr trocken gefallen. Jetzt 2025 zur gleichen Jahreszeit sind die Stauseen deutlich besser gefüllt. Vor einem Jahr haben katastrophale Überflutungen Ende Oktober im Raum Valencia über 200 Todesopfer gefordert.

Wir fahren heute nach „Medīnat az-zahrā‘“. Die Stadt wurde im Jahr 936 vom umayidischen Kalifen Abd ar-Rahman III (Al Nasir) als völlig neuer Regierungssitz acht Kilometer westlich von Córdoba am Rand derSierra Morena erbaut. Nach nur 77 Jahren wurde sie bei Aufständen gegen die Herrschaft von Hirscham II zerstört. Nach der Wiederentdeckung begannen im Jahr 1910 die archäologischen Ausgrabungen und Rekonstruktionen der einst prunkvollen Palaststadt. Im Museum befinden sich einige Fundstücke, die um das Jahr 1000 datiert sind. Der gestrige Starkregen hat auch hier im Museum zu Wassereinbrüchen geführt. Überall tropft es von der Decke, notdürftig wurden Eimer und Wannen aufgestellt und mit Dacharbeiten begonnen.

Den gut rekonstruierten Botschaftersaal finden wir leider verschlossen vor. Ansonsten verschaffen wir uns einen Überblick von der Anlage, die dem damaligen Herrscher einen unverbaubaren Blick über sein Reich gewährte. Die Rückfahrt soll uns nördlich durch die Berge der Sierra Morena führen. Es wird ein stundenlanger kurvenreicher Ritt über abenteuerliche Straßen, der uns bis zum Eintritt der Dunkelheit über Hornachuelos zurück nach Palma del Rio führt. Auf dem Weg kommen wir an Felsen vorbei auf denen wir zahlreiche Gänsegeier ausmachen können. Leider habe ich mein Teleobjektiv heute nicht dabei.

Mit großem Appetit freuen wir uns nun aufs Abendessen und besuchen ganz in der Nähe unseres Hotels die Tapas-Bar „Taskita del Sibarita“. In dem einfachen, fast als Kneipenraum zu bezeichnenden Ambiente werden uns tolle Sachen geboten, die von der Señora in einer kleinen Küche hinter dem Tresen zubereitet werden. Nach einer delikaten Sardine folgt ein traumhaftes Lachstartar mit Avocado, gebackene Artischocke mit Schinken und Kräutern, Thunfisch mit Kartoffeln und Zwiebeln und zum Schluss eine besonders leckere Creme Catalane. Der eingeschenkte Tempranillo mundet uns ebenfalls sehr. Als Absacker probieren wir noch einen Pacharan, ein Likör aus Schlehen und Anisschnaps mit Zimt auf Eis aus dem Baskenland. Sehr zufrieden kehren wir zu unserem Kloster zurück und gehen bald schlafen.

Am Freitag fahren wir noch einmal nach Córdoba und beginnen hier wieder am Parking Ribera mit unserem Weg in die Innenstadt. Wir laufen einmal durch die Gassen rund um die Kathedrale und suchen dann im Innenhof den Eingang für die Besteigung des oberen, 40 Meter hohen Aussichts- Umgangs des heutigen Glockenturms der Kathedrale. Bis zur Rückeroberung Spaniens durch die Christen war der Turm das Minarett der damaligen Mesquita. Der Ausblick über die Dächer von Córdoba ist in jedem Fall sehr lohnend.

Zum Mittagessen haben wir im Restaurant „Pepe de la Juderia“ einen Tisch reserviert. Auch hier gibt es traditionelle Küche aus Al- Andaluz mit einer Michelin- Empfehlung. Mit Blick auf den gerade erklommenen Glockenturm genießen wir leckere Sachen auf der Dachterrasse. Im jüdischen Viertel befindet sich auch die ehemalige Synagoge, die 1315 im Mudéjar- Stil entstand. Nach 1492 verwaiste das jüdische Gotteshaus, da mit dem Alhambra- Edikt von 1492 alle nicht konvertierten Juden (80 bis 100- Tausend) Spanien verlassen mussten. Dieses Schicksal wurde wenig später auch den Muslimen zu Teil.

Die jüdische Synagoge überdauerte die Jahrhunderte inmitten des jüdischen Viertels Córdobas bis heute, ist eine der ältesten Synagogen Spaniens und die einzige Andalusiens. Vom 8.- 11. Jh. lebten Muslime, Juden und Christen nebeneinander. Idealisiert war es das goldene Zeitalter der Toleranz. Nach dem Zerfall des Kalifats von Córdoba war dieses friedliche Zusammenleben von zunehmenden Spannungen überschattet. Das 11.-13. Jh. brachte für Christen und Juden unter der Herrschaft der Almoraviden und Almohaden strengere religiöse Regeln, Flucht und Vertreibung.

Wir durchstreifen das jüdische Viertel und treffen an der Plaza Maimonides auf die Bronzestatue des um 1135 in Córdoba geborenen Gelehrten Moses-ben-Maimon (gest.1204 in Kairo). Als Philosoph, Rechtsgelehrter und Theologe genoss er auch hohes Ansehen als Arzt. Die medizinischen Erkenntnisse aus dieser Zeit finden sich bis heute in der modernen Medizin wieder. An den Bañios del Alcázar Califal treffen wir auf die Grundmauern der Bäder des Kalifen-Palastes, der selbst heute nicht mehr vorhanden ist. Das Vorbild der römischen Badekultur hatte auch in den islamischen Palästen Einzug gehalten. Hier erhalten wir einen Einblick in die Bäder des Kalifen.

Entlang der Stadtmauer laufen wir bis zur Puerta do Almodóvar. Hier hat man dem römischen Philosophen Annaeus Seneca (4 v.Chr. – 65 n.Chr.) ein Denkmal gesetzt. Wegen der Anklage einer Verschwörung gegen Nero wurde er gezwungen sich selbst zu töten. Wir treten wieder in den Altstadtbereich ein und kommen in südlicher Richtung noch einmal an der Plaza Maimonides vorbei. An den Mauern des jüdischen Kastells und an den königlichen Stallungen vorbei erreichen wir den Königspalast.

Der Alcázar de los Reyes Christianos ist leider wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Die Jardines können wir besuchen und verweilen hier eine Weile. Am Ufer des Guadalquivir kommen wir an den Resten der Molinas de la Albafia vorbei. Die historische Wassermühle bediente einen Aquädukt, der die Stadt und den Alcázar mit Wasser aus dem Guadalquivir versorgte. In der Nachmittagssonne laufen wir über die Römerbrücke aus dem 1.Jh. v.Chr.

Im Torre de la Calahorra am Gegenufer befindet sich ein Museum, das sich mit der Geschichte der Stadt und dem Zusammenleben der verschiedenen Religionen befasst. Die Aussicht von der Dachterrasse bietet uns noch einmal einen tollen Blick hinüber auf die Altstadt. Das enorme Wissen der Gelehrten des 11. Jahrhunderts zum Beispiel in der Astronomie ging im christlichen Mittelalter gänzlich verloren. Dass die Erde eine Kugel ist war den islamischen Wissenschaftlern bereits geläufig. Wissenschaftler des 16. Jahrhunderts wie Kepler und Galilei, die diese Beobachtungen mathematisch exakt in einem heliozentrischen Planetenmodell weiterführten bedrohte die Kirche mit der Inquisition. Vor unserer Rückfahrt lauschen wir auf der Brücke noch eine Weile dem gekonnten Spiel eines Guitarreros.

Nach dem Frühstück geht es am Samstag noch einmal in die Sierra Morena. Das Mittelgebirge, das von West nach Ost in einer Höhe von meist 800 bis 1000 Metern Andalusien nach Norden von der Extremadura und der Hochebene von Kastilien abgrenzt erreicht mit seiner höchsten Erhebung, dem Bañuela eine Höhe von bis zu 1332m. Eine Wanderung haben wir ja am Montag in der Sierra de Hornachuelos unternommen. Doro hat jetzt eine kleine Wanderung am Cerro del Hierro 689m in der Sierra Norte de Sevilla herausgesucht. Die abenteuerliche Anfahrt führt über schmale, kurvenreiche Straßen und erfordert volle Konzentration.

Am Cerro del Hierro geraten wir in eine bizarre Landschaft mit Kalksteinfelsen und Abgründen, die auch durch den Mineral- und Eisenabbau seit der Römerzeit bis ins 19. Jahrhundert geformt wurde. Da die Wege hinauf in die Felsen mit Verbotsschildern und Schranken offiziell gesperrt sind wird es nur eine kurze Wanderung in interessanter Landschaft. Wir haben uns ein Picknick mitgebracht, das wir auf einer Bank mit Blick in den Abbau- Canyon unter der Felskulisse verputzen.

Mit Kurs zunächst Richtung Osten und dann Norden fahren wir zur Sierra de Hornachuelos, zu den Felsen mit den Gänsegeiern. Leider hat sich die Sonne wieder hinter den Wolken versteckt, als ich das Stativ an der Straße für ein paar Tele- Bilder aufbaue. Gegen 20 Uhr sind wir zurück am Hotel – Vor einem Restaurant das wir ins Auge gefasst haben stehen sehr viele feiernde Leute. Es ist ein Feiertags- Wochenende zu Allerheiligen, der von den Einheimischen zum Ausgehen genutzt wird. Wir entscheiden uns daher noch einmal im „Hortus“ im Refektorium zu essen. Das Essen ist zwar ganz gut, allerdings bin ich heute von meinem Thunfisch eher enttäuscht, der möglicherweise aufgetaut zubereitet wurde.

Wir kommen erst gegen Mitternacht in den Schlaf, da im Nebenzimmer ein kleines Kind exzessiv und zornig brüllt. Unsere Frage wie lange der Knilch das wohl durchhält, ist dann gegen 23:30h beantwortet. Es ist wunderbar still, wir öffnen unser Fenster und schlafen gut bei der kühlen herbstlichen Brise Andalusiens, die in unser Zimmer weht.

Beim Sonntags- Frühstück sind wir froh, dass der Brüllzwerg wieder gut gelaunt auf dem Arm seiner Mutter sitzt. Wir wollen heute keine großen Sachen mehr anstellen und gehen vom Hotel aus los zu einem großen Platz, der Plaza de Andalucía. Hier gehen wir durch die Puerta del Sol zur Mesa San Pedro, wo archäologische Grabungen Mauerreste aus dem 11. Jh. freigelegt haben. An der Stadtmauer entlang kehren wir zurück zur Plaza de Andalucía. Leider ist der Palacio Portocarrero (Teil des ehemaligen Alcazár) heute geschlossen.

Durch die Puerta del Sol laufen wir erneut auf das Portal der Kirche Parroquia de Nuestra Señora de la Asunción aus dem 18. Jh. zu. Ein schweres Erdbeben hat 1755 starke Schäden in Südspanien verursacht. Mit einer Stärke von bis zu 9 auf der Richterskala erklärt das als Erdbeben von Lissabon in die Geschichte eingegangene Beben, dass zu dieser Zeit viele Gebäude neu erbaut wurden. Ganz oben auf dem Dach befindet sich ein bewohntes Storchennest.

Neben der Kirche befindet sich das Klarissinnen-Konvent Santa Clara von Assisi, dessen Errichtung durch eine päpstliche Bulle 1498 besiegelt wurde. Die Gründung des Konvents wird Juan Manosalbas zugeschrieben, der den Eifersuchtsmord an seiner Frau bereute und sein Haus dem Orden der Klarissinnen überließ. Heute wird der ehemalige Konvent als Museum genutzt. Die Gründer der andalusischen Modemarke Victorio y Lucchero haben mit einer Stiftung das historische Gebäude hergerichtet, in dem sie ihre Mode- Kreationen und ihre erfolgreiche Firmengeschichte präsentieren. Ein toller Ort, wo wir gerne im Hof des Kreuzgangs unter Orangenbäumen verweilen.

Noch einmal über die Plaza de Andalucía hinweg suchen wir um 13:00h an der Avenida Santa Ana das noch leere Restaurant „Balma“ auf. Es ist drinnen alles reserviert, aber draußen dürfen wir Platz nehmen. Während wir unsere Bestellung aufgeben, füllt sich das Lokal drinnen und draußen. Nach unseren tollen Vorspeisen bekommen wir „Iberian Pluma“, das dreieckige Federstück aus dem Rücken des Iberico- Schweins. Es geht wie Filet über die Zunge und ist durch die Fetteinschlüsse noch einmal saftiger. Das Estrella- Galicia vom Fass dazu macht Lust auf eine Siesta 🙂 Der Nachtisch ist ein weiterer Kracher, den der preisgekrönte Koch selbst kreiert hat. „La Cadenera“ ist scheinbar eine Orange, die aus gefärbter weißer Schokoladenmousse mit einem Hauch Anis besteht. Serviert auf einem Mandarinen- Sorbet ist es auch noch ein Augenschmaus. Wir machen uns nach dem Essen auf den Weg zu unserer Nachmittags- Siesta am Pool bis die Sonne sich verabschiedet.

Das Boarding für unseren Flieger am Montag zurück nach Düsseldorf steht heute um 18:15 Uhr an. Wir haben somit ein gutes Zeitpolster für die Rückfahrt nach Málaga, die wir westlich der Anfahrt vor acht Tagen über Fuentes de la Andalucía wählen. Wir wollen hier dem Phänomen des hell gleißenden Turms in diesem Ort auf den Grund gehen, der uns aus der Ferne bereits aufgefallen ist. Sein Licht kann keine Reflexion sein, denn er leuchtet aus jedem Blickwinkel sehr hell. Es ist ein Solarthermisches Turmkraftwerk, das 25000 Haushalte mit Strom und Wärme versorgt. Technisch wird das mit 2650 verstellbaren Spiegeln (Heliostaten) auf 284 ha umgesetzt, die das Sonnenlicht auf einen keramischen Receiver-Block leiten. Dieser Keramik- Block an der Turmspitze wird dabei auf 900 Grad erhitzt, Flüssigkeit mit einer Temperatur von 500 Grad treibt dann die Turbinen zur Stromerzeugung an. Behälter mit geschmolzenen Salzen können Energie auch in der Nacht für mehrere Stunden speichern.

In südöstlicher Richtung fahren wir über Osuna nach Teba, ein kleiner Ort mit Burg auf einem Felsen in der Nähe des Embalse de Guadalhorce, wo wir vor zwei Jahren in der gleichnamigen Schlucht den spektakulären Caminito del Rey begangen haben. Diesmal ist es die Burg, die unser Interesse geweckt hat. Die Auffahrt zu den Ruinen des Castello de la Estrella ist durch eine Schranke geschlossen. Auch hier über der Burg kreisen Geier, die ihr Habitat möglicherweise in den Felsen unterhalb der Anlage haben. Einen Überblick verschaffen wir uns vom Hügel gegenüber. Hier, unterhalb der Burg fand am 25. August 1330 die Schlacht von Teba statt, eine Auseinandersetzung zwischen König Alfons XI. von Kastilien-León und dem Emir Muhammad IV. von Granada.

Im Kampf gegen die Nasriden lud Alfons XI. Ritter aus ganz Europa ein. Einer dieser Ritter war der schottische Offizier James Douglas mit seiner Gefolgschaft. Seine Mission war, das Herz seines im Jahr 1329 verstorbenen Königs Robert the Bruce auf einer Pilgerfahrt ins Heilige Land zu bringen. Durch ein Abspracheproblem mit den Kastiliern fielen fast alle Schotten in der Schlacht, die am Ende mit der Einnahme der Burg für die Kastilier entschieden wurde. Der gefallene James Douglas und das Herz seines Königs kehrten nach Schottland in die St. Bride’s Church in South Lanarkshire zurück. Erst 1492 fiel das Emirat von Granada als letzter islamischer Staat auf der iberischen Halbinsel.

Wir erreichen die Costa del Sol bei Mijas westlich von Málaga und fahren entlang der Küstenstraße zum Aeropuerto de Málaga. Nach Betanken und Abgabe unseres Leihwagens nach 1557 Kilometern sind wir zwei Stunden vor dem Boarding in der Abflughalle. Hier reihen wir uns in die bereits lange Schlange am Check-in-Schalter ein. Es ist viel los auf dem Flughafen, der immerhin über zwei Start- und Landebahnen verfügt und wir erreichen das Gate mit nur noch kurzer Wartezeit zum Boarding. An Bord bestellen wir uns die von Eurowings angepriesene Berliner Spezialität Currywurst. Die Pommes sind gar nicht schlecht, die Currywurst aus Truthahn kann nicht wirklich punkten, erfüllt aber ihren sättigenden Effekt. Mit dem leicht verspäteten Abflug landen wir nach 2,5 Stunden gegen 21:45 Uhr auf unserer Homebase in Düsseldorf, wo wir auch zeitnah unser Gepäck vollständig auf dem Band vorfinden.

Dorothees Neffe Till holt uns vom Flughafen ab und bringt uns zu später Stunde bis vor die Haustüre. Es war wieder eine schöne Woche im Süden Spaniens, mit vielen Eindrücken und Erlebnissen im Koffer. Auch hier gibt es noch viel zu entdecken.
A. Korbmacher
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