Ischia 2021
Ein zweites Mal führt uns in diesem Jahr eine Reise nach Italien. Nach unserem Apulien Trip im August haben wir uns im ausklingenden Oktober einer Gruppen- Wanderreise nach Ischia angeschlossen. Die Corona- Debatte begleitet uns nun bereits seit mehr als eineinhalb Jahren und erfordert auch bei dieser Reisevorbereitung eine Online- Anmeldung an unserem Ferienort in der Provinz Campanien. Ein Green-Pass, der unserem EU-Covid-Impfzertifikat entspricht wird in Italien als Grundvoraussetzung angesehen, um am öffentlichen Leben teilzunehmen.
In Deutschland sind es vorwiegend nicht geimpfte Personen, die das Gesundheitssystem auf Trab halten und nach Durchimpfung der Hochbetagten finden sich auch mehr Jüngere auf unseren Intensivstationen ein. Die vierte Welle nimmt gerade Fahrt auf, trotzdem bleiben die Impfzahlen hinter den Erwartungen zurück. Wer genesen ist und das Schicksal eines Long- Covid- Syndroms davonträgt wird noch lange das Gesundheitssystem, also uns alle finanziell belasten. Da gehen mir die Haare hoch, wenn in Talkrunden Schlauberger*innen wie zuletzt die Vorsitzende der Fraktion „Die Linke“ über mögliche Unsicherheiten der Impfungen palavern. Die Statistiken beweisen definitiv schwere Folgeschäden nach einer Corona-Infektion- nicht aber nach einer Covid-Impfung.
Die Logistik unserer Reise ist vom Veranstalter an die Flugverbindungen aus Frankfurt oder München nach Neapel angeknüpft und so reisen wir am Samstagmorgen mit einem One-Way- Leihwagen zu früher Stunde von Wuppertal zum Flughafen Frankfurt. Nach pünktlichem Boarding haben wir viel Wartezeit und können beim Entladen der Maschine zuschauen bis endlich unser Gepäck eingeladen wird. Streng kalkuliertes Personalmanagement fordert überall seinen Tribut- Take-off mit fast einer Stunde Verspätung- aber wir haben Urlaub!
Bei großartigem Wetter überfliegen wir die Alpen mit Blick nach Westen über das Matterhorn hinweg bis zum Mont-Blanc, unter uns liegt der Aletschgletscher mit Eiger, Mönch und Jungfrau. Hinter den Alpen liegt ein Kurs an, auf dem ich rechter Hand die Häfen von La Spezia und Livorno sehe. Im Westen erkenne ich den östlichen Teil Elbas und die Erhebungen der Grande Barrière von Korsika mit der höchsten Erhebung des Monte Cinto 2706m. Beim Landeanflug gleitet der Flieger mit Blick auf die pontinischen Inseln in den Golf von Neapel, an Ischia und Capri vorbei, über Neapel hinweg auf die Piste des nördlich der Stadt gelegenen Flughafens.
Während Dorothee bereits mit Claudia und Holger aus Karlsruhe ins Gespräch kommt blicke ich in Anbetracht der schon fortgeschrittenen Zeit besorgt auf das Gepäckband. Die letzten Koffer ziehen langsam ihre Runden und es ist dann auch tatsächlich der allerletzte Koffer, der es nicht mehr bis zu mir schafft, da das Band bereits abgeschaltet wird.
Ohne weitere Kontrollen treffen wir auf unsere Reisegruppe und auf unsere Reiseleiterin Martina, mit der wir uns auf direktem Wege in Richtung Bus begeben, um die geplante Fähre nach Ischia noch zu erwischen. Es ist Samstagnachmittag und in dichtem Verkehr bewegen wir uns langsam Richtung Hafen. Martina besorgt die Tickets und irgendwie haben wir es dann doch noch geschafft die 14-Uhr-Fähre zu kriegen, die aber auch nicht pünktlich ablegt. Wir suchen uns einen Platz an Deck und verfolgen unsere Überfahrt. Die Fähre verlässt den Golf von Neapel in südwestlicher Richtung am Capo Miseno mit seinem Leuchtturm vorbei in den Canale di Procida zwischen dem Festland und der Insel Procida, die östlich von Ischia liegt. Kurz tauchen ein paar Delphine in Sichtweite auf.
Die Fähre legt in Ischia-Porto im Osten Ischias an, von wo wir nun zu unserem Quartier im Westen der Insel bei Forio gebracht werden. Die Tagestemperaturen kratzen noch an der 20-Grad- Marke, nachts kühlt es bereits deutlich bis auf 15 Grad ab. Die Sonne hat sich hinter einer hohen Schichtbewölkung etwas verschleiert, die Wettervorhersage lässt aber auf eine trockene Wanderwoche auf Ischia hoffen. Ursprünglich war unser Hotel in Casamicciola Terme im Norden der Insel gebucht, das sich aber verfrüht in die Winterpause verabschiedet hat. Die Anfahrten auf der nur 46 Quadratkilometer großen Insel sind überschaubar und so werden wir entlang der Nordküste Ischias über Casamicciola Terme und Lacco Ameno zu unserem Standorthotel südlich von Forio gebracht.
Beim Begrüßungscocktail in der Bar nehmen wir mit allen Mitreisenden ersten Kontakt auf. Claudia und Holger haben wir bereits am Flughafen kennengelernt. Birgit aus Vorarlberg und Michael aus Landshut leben derzeit zusammen in Vorarlberg, Bernd und Heide kommen aus Einbeck, Norbert und Antje aus Aachen, Volker aus Frankfurt, Brigitte aus Mühldorf in Bayern, Ulla aus Wiesbaden, Maria aus Tübingen und Sonja aus München. Martina gibt uns einen Überblick über unseren Aufenthalt auf Ischia. Geboren in Stuttgart lebt sie seit 36 Jahren ganz in der Nähe in Forio und ist somit Ischia-Kennerin und eine kompetente Reisebegleiterin vor Ort. Ich bin völlig perplex, da Martina nicht nur vom Gesicht, sondern in ihrer ganzen Art so sehr meiner Cousine Birgit ähnelt.
Nach einer anstrengenden Arbeitswoche mit 2 Nachtdiensten bin ich froh endlich auf unserem Zimmer anzukommen, das auf den ersten Blick eher ernüchternd auf uns wirkt. Das dunkle Zimmer liegt in einer Dependance des Hotels, getrennt von der Durchgangsstraße und bietet weder Blick auf Meer oder Landschaft, dafür aber auf eine Mauer hinter ein paar Zitronenbäumen 🙁
Die Zimmer sind dann auch Thema beim Abendessen, da nicht nur wir enttäuscht über das zugeteilte Quartier sind. Mit der Unterbringung durch unseren Reiseveranstalter, mit dem wir nun zum vierten Mal unterwegs sind waren wir bisher immer sehr zufrieden. Sonja, Mitreisende und Mitarbeiterin des Veranstalters nimmt die Sache in die Hand und uns und anderen Mitreisenden wird am nächsten Nachmittag ein anderes Zimmer in Aussicht gestellt. Mit einem ersten Glas Wein und einem Menü-Auftakt mit einem fantastischen Thunfisch- Carpaccio verliert sich der Ankunftsstress schnell. Nach dem Essen werden wir noch Zaungäste eines Feuerwerks, „zum Auftakt unserer Wanderwoche“- verrät mir Sonja augenzwinkernd.
Unser Hotel verfügt über geothermal beheizte Pools, denn wir befinden uns auf vulkanisch aktivem Terrain. Ischia und die Nachbarinsel Procida werden auch Phlegräische Inseln genannt und liegen auf einem 150 Quadratkilometer umfassenden Gebiet mit hoher vulkanischer Aktivität. Die Phlegräischen Felder (Campi Flegrei) erstecken sich vom westlichen Stadtrand Neapels entlang am Golf von Neapel und schließen untermeerisch die beiden Inseln im Südwesten ein. Die Region steht unter Beobachtung, denn die Phlegräischen Felder gehören zu 20 Supervulkanen auf diesem Planeten, deren Ausbruch auch heute noch verheerende Ausmaße erreichen könnten.
Die stärkste bekannte Eruption der Phlegräischen Felder vor 39280 Jahren setzte bis zu 680 Kubikkilometer pyroklastisches Material frei. Auch der Vesuv kommuniziert mit der in 10 Kilometern Tiefe gelegenen gemeinsamen Magmakammer. Im Jahr 79 nach Chr. begruben seine heißen Aschemassen die Stadt Pompeji, seit seinem letzten Ausbruch 1944 ruht der Vulkan. Ischia selbst entstand vor 55000 Jahren ebenfalls aus einer gigantischen explosiven Eruption, bei der sich 40 Kubikkilometer Bims und vulkanische Asche am Meeresboden ablagerten. Eindringen von Lava in den Untergrund hob die Schichten in Staffelbrüchen an. Im Norden hob sich die Scholle steiler und bildete so den Gipfel der höchsten Erhebung Ischias am Monte Epomeo in 789m Höhe. Sein letzter Ausbruch war im Jahr 1301.
Am Sonntagmorgen sind wir schon früh beim Frühstück. Mit Corona-gerechtem Service erhalten wir am Frühstücksbuffet ein reichhaltiges Angebot. Der tägliche Treffpunkt vor dem Hotel wurde auf 09:30h festgelegt. Mit einem Kleinbus werden wir zum Start unserer heutigen Wanderung gefahren. Entlang der Ringstraße S270 kommen wir an der Südküste in Serrara an einen Aussichtspunkt mit einer markanten Pinie, von dem wir auf den kleinen Ort Sant’Angelo mit seiner vorgelagerten Halbinsel blicken können. Martina erzählt uns, dass unsere scheidende Bundeskanzlerin hier oft ihren Sommerurlaub verbracht hat. Nach Südosten begrenzen die Erhebungen bei Sorrento mit der vorgelagerten Insel Capri den Golf von Neapel.
Unsere Wanderung beginnt in Buanopane, einem Dorf oberhalb von Barano d’Ischia, wo uns der Bus am Vormittag absetzt. Auf der Fahrt kommen wir an der Nitrodi-Quelle vorbei. Viele Quellen auf der Insel speisen seit der Römerzeit Thermalbäder. Kilometertief unter der Erde erhitzt gelangt das heiße Thermalwasser mit Mineralien und dem Edelgas Radon angereichert an die Oberfläche. Bei Erkrankungen von Haut, Atemwegen, Bewegungsapparat und bei vielen anderen Beschwerden soll das Thermalwasser hilfreich sein.
Wir treffen auf einen Platz, mit einem großformatigen Fliesen- Bild, auf dem das dörfliche Leben Baranos mit den typischen Tätigkeiten seiner Bewohner dargestellt ist. Eine Darstellung zeigt eine Gruppe Männer bei der Ndrezzata, dem hiesigen Volkstanz der tief mit der Geschichte Ischias verwurzelt ist und auf die Überfälle der Sarazenen zurückgeht. Bevor es los geht schauen wir uns noch die Kirche San Giovanni Battista an, eine typisch ischianische Kirche mit einer schwarzen Madonna. Die schwarze Madonna, die bei Prozessionen durch die Straßen getragen wird sieht immer leidend aus und wird deswegen auch Schmerzensmadonna genannt- erklärt uns Martina.
Die heutige 10 Kilometer lange Wanderung führt uns von der Südküste zur Nordküste in die Kraterlandschaft östlich von Casamicciola. Die Höhenunterschiede, die es zu überwinden gilt sind auf Ischia moderat und so sind es entspannte 350 Höhenmeter im Aufstieg und 410 Höhenmeter im Abstieg, auf denen es allerdings eine Menge zu entdecken gibt. Schon bald, nachdem wir Buanopane verlassen haben öffnen sich Blicke. Nach Westen können wir an der Südküste noch einmal Sant’Angelo sehen. Im Aufstieg erreichen wir oberhalb von Piedimonte die gleichnamige Madonna, von der sich ein prachtvolles Panorama nach Nordost öffnet.
Über das auf einem vorgelagerten Felsen liegende Castello Aragonese bei Ischia- Porto hinweg können wir den Golf von Neapel mit der dominierenden Silhouette des Vesuvs bis zur östlich gelegenen Insel Capri überblicken. Wir treffen auf Pilzsucher mit reicher Steinpilz-Beute in ihren Körben. An einer anderen Stelle machen wir Platz für einen Brennholztransport mit einem Packesel. An der Westflanke des bewaldeten Monte Trippodi erreichen wir die Einkehr- Location für unsere Mittagspause, auf die wir auch in den nächsten Tagen nie verzichten werden. Die einfache aber äußerst schmackhafte Cucina-Italiana wie hier in der „Cantina del Sargente“ macht einfach viel mehr Spaß als die mitgebrachten Müsli-Riegel 🙂
Der Weg umrundet den 503 Meter hohen Monte Trippodi in einem nördlichen Bogen um nach einer südlichen Schleife wieder Nordkurs aufzunehmen. Bald nähern wir uns der Nordküste und haben nun direkten Blick auf das Hafenbecken von Ischia- Porto. Nach Eichen und Kastanienbeständen bewegen wir uns im Bosco di Castiglione unter immergrünen Steineichen. Wir befinden uns in einer kraterreichen Gegend. Im dichten Wald sieht man das erst auf den zweiten Blick, die Form des Hafenbeckens ist da deutlich verräterischer.
Nach Umrundung des Kraterinneren des Fondo d’Oglio mit flankierend aufragenden Felswänden gelangen wir beim Verlassen des Kraters an einen Ort, an dem ein älterer Herr bewegungslos am Boden kniet. Er befindet sich nicht etwa in einer misslichen Lage, er inhaliert an einer Fumarole die Dämpfe aus dem Erdinneren. Wir inspizieren das unscheinbare Loch, aus dem warmer Dampf entweicht. Am Ortsrand von Casamicciola werden wir mit dem Kleinbus abgeholt und zurück zum Hotel gebracht.
Wir können unser Glück kaum fassen, als wir die Vorhänge in unserem neuen Zimmer aufziehen. Vor uns liegt das Meer in Blickrichtung Westen. Südwestlich ragt die Steilklippe an der Punta Imperatore mit einem Leuchtfeuer auf 164m Höhe über dem Meeresspiegel auf. Wir wohnen jetzt in einem Neubau am nördlichsten Punkt unserer weitläufigen Hotelanlage, darunter liegen weitere Anlagen bis zum Strand. Dort finden sich auch die Poseidon Thermen, eine der größeren Thermalanlagen auf der Insel. Mehr als 3 Stockwerke haben die Gebäude auf der Insel kaum, was bei regelmäßigen Erschütterungen der Erdkruste sicher auch sinnvoll ist. Ein verheerendes Beben brachte der 28.Juli 1883, dem 2333 Menschen zum Opfer fielen.
Auch der angewiesene Tisch im Restaurant hat nun Meerblick. Es stellt sich bei allen Zufriedenheit ein, zu der das gereichte Abendmenü mit Rosso oder Bianco sicher seinen Beitrag leistet. Gäste mit vegetarischer Ernährung wie Claudia und Holger erfahren jedoch, dass die Küche sich recht schwer mit speziellen Ernährungsgewohnheiten tut. Eigentlich sollte das bei entsprechender Voranmeldung kein Thema mehr sein, wird es aber für die Betroffenen wenn sich als Beispiel Speck im vegetarischen Gericht findet. Um es vorweg zu nehmen, erst als Claudia und Holger sich verzweifelt ans Management wenden kommt die Angelegenheit als Chefsache ins Rollen und Kellner und Küche beginnen die Sache mit dem „Veggie“ zu verstehen.
Der Montag beginnt nach einer ruhigen Nacht, die nur von ein paar noch aktiven Mücken unterbrochen wurde recht freundlich. Gut zugedeckt haben wir die bereits kühle Meeresbrise ins Zimmer gelassen. Das Leuchtfeuer an der Punta Imperatore wirft in der Nacht das periodische Lichtsignal weit aufs Meer hinaus. Einen wunderbaren Kaffee bekommen wir von unserem freundlichen Frühstückskellner, denn er serviert einen Kaffee der das Ergebnis des aufgestellten Self-Service-Automaten um Lichtjahre übertrifft.
Am heutigen Montag werden wir oberhalb von Serrara Fontana zu einem Aussichtsplatz am Ristorante Bracconiere gefahren. Hier auf einer Höhe von 500m befindet sich auch ein Sendemast des italienischen Fernsehens RAI. Unsere Wanderung führt uns heute unter den nordwestlichen Steilabstürzen des Epomeo-Massivs in nördlicher Richtung durch den Zauberwald zur Chiesa Santa Maria al Monte. Nach unserer Mittagspause in einem benachbarten Ristorante steigen wir ab bis nach Forio. So sind es auf den 9,3 Kilometern Wegstrecke bei aufgestiegenen 165 Metern, 651 im Abstieg.
Es ist ein Panoramasteig mit stetem Blick auf den Küstenverlauf im Westen der Insel von der Punta Imperatore bis zur Punta Caruso, dazwischen der Hafen von Forio mit der weißen Chiesa Santa Maria del Soccorso. Wir treffen auf eine geologische Exkursion bei der man sich gerade über die letzte Hebung der Insel unterhält- mit meiner nicht ernst gemeinten Frage nach der nächsten habe ich die Steinkundigen hoffentlich nicht zu sehr verschreckt 🙂
Nach einer Weile geraten wir in felsigeres Gelände und Felsblöcke wie der „Pavian“, der im Profil tatsächlich an einen solchen Affen erinnert liegen am Weg. Über einen absteigenden Stichweg kommen wir an eine Felsnase mit Tiefblick auf Forio und den bereits erwähnten westlichen Küstenabschnitt. Unterhalb der Abstürze des Epomeo-Massivs gelangen wir in den Zauberwald. In diesem Wald gibt es neben Kastanien und Steineichen einen großen Bestand von Robinien.
In den grünen Tuffstein-Felsen führen Eingänge in Räume, die vor langer Zeit möglicherweise auch als Flucht-Verstecke vor Piratenüberfällen gedient haben. Der grüne Tuffstein Ischias ist etwas Besonderes, denn seine grüne Farbe resultiert aus längerem Kontakt des vulkanischen Materials mit dem Meerwasser. Über der Tür einer dieser Wohnhöhlen befinden sich ein Kreuz und die Zahl 1666- die Jahreszahl des Erstbezugs?
Ausgemauerte Löcher im Waldboden dienten wohl als Schneegruben, in denen der abgedeckte Schnee aus dem Winter noch bis in die Sommermonate als Kühlmittel verwendet werden konnte. Bizarre Felsformationen setzen im Zauberwald noch zusätzliche Akzente und laden zum Fotografieren ein. Wir lassen den Wald hinter uns und erreichen die Kirche Santa Maria al Monte, in deren Nachbarschaft ein rustikales Restaurant zu einer ausgedehnten Mittagsrast einlädt. Viele köstliche Sachen werden gereicht, dazu ein Gläschen Wein, so darf es sein. Zum Schluss gibt es noch einen Schluck vom Ruccolino oder Piperna, den lokalen Amaros aus Ruccula oder Thymian, denn es geht nur noch bergab- allerdings von hier noch 400 Höhenmeter bis hinunter nach Forio.
Es läuft sich weg bis Forio und vor unserem Transfer zurück zum Hotel essen wir noch ein leckeres Eis. Vor dem Abendessen nehmen wir ein Bad in einem der Thermalbecken. Martina hat uns geraten nicht zu lange in dem 27 Grad warmen Thermalwasser zu baden, denn ein zu langes Bad kann wohl durchaus auch zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Schlafstörungen führen. Den Beinen tut es auf jeden Fall gut und nach dem guten Essen am Abend schlafe ich wie ein Murmeltier.
Es ist Dienstag und wieder bringt uns der Kleinbus zu dem Aussichtsplatz oberhalb von Serrara Fontana, von dem wir auch gestern los gegangen sind. Ein Stück gehen wir über bekanntes Terrain entlang des Höhenweges bis wir uns an den Aufstieg zur höchsten Erhebung den Monte Epomeo 789m machen. Aufsummierte 388 Höhenmeter sind es heute zum Gipfel und nach der obligatorischen Mittagsrast im Gipfel-Risto führt der Weg über den Höhenrücken der Insel mit gut 700 Höhenmetern Abstieg in östlicher Richtung bis zur Ortschaft Cretaio. Das letzte Stück überschneidet sich mit unserem Weg vom ersten Tag und führt an einem schon bekannten Picknick-Platz vorbei. Das GPS zeigt heute eine Distanz von 8,5 Kilometern an.
Die hochgelegene Schleierbewölkung hält sich hartnäckig seit unserer Ankunft auf Ischia und löst sich auch am heutigen Tag nicht auf. Auf unseren Wanderungen ist das zwar angenehm, für meine Fotos würde ich mir eher mehr Sonne, Licht und Schatten wünschen. Gut gelaunt marschieren wir los und erreichen nach einem Steilstück die Felsenformation mit dem Karteneintrag „A‘ Vocc e Rang – Le Chele di Granchio“- Letzteres weist auf eine Krabbenschere hin.
Auf diesem Aussichtsfelsen befindet sich ein Kreuz mit einer Gedenktafel. Am 9.März 1947 zerschellte hier eine Douglas DC-3 der Royal Airforce auf einem Flug von Kairo nach Rom bei schlechter Sicht. 13 Menschen, davon ein 2-jähriges Kind fanden dabei den Tod.
Wir kommen an einem Felsen in der Form eines Kamelkopfes vorbei in den Regenrinnen eingeschlagen wurden. In seinem Inneren befindet sich eine Zisterne. Der Pietra dell’Auqua, der Wasserstein bietet auch in niederschlagsarmen Phasen immer einen Wasservorrat.
Vor uns liegt nun das „Top of Ischia“, dessen Felsen von Westen als Wikingerhelm mit 2 Hörnern erscheinen. Im Tuff- Felsen finden sich viele behauene Öffnungen, die zum Teil zu den im Felsen liegenden Räumen des Gipfelrestaurants gehören. Die Aushöhlung des weichen Tuffs geht weit in die Vergangenheit zurück, denn die zu einer Einsiedelei gehörende Kirche San Nicola soll bereits Mitte des 15.Jahrhunderts bestanden haben. Jedes Jahr am 6. Dezember wird eine Statue des heiligen Nicolaus zu einer gut besuchten Zeremonie hier hinaufgetragen.
Ein Treppenweg führt dann zu einer regelrechten Aussichtskanzel mit einem 360 Grad Rundblick in alle Himmelsrichtungen. Im Norden über Forio hinweg tauchen am Horizont die Pontinischen Inseln aus dem Dunst hervor. Die Mittagspause im Gipfel-Ristorante „La Grotta da Fiore“ wartet mit einer ischianischen Spezialität auf. „Coniglio alla Cacciatore“- das Kaninchen nach Jäger-Art scheint Norbert sichtlich gut zu schmecken. Wir werden uns beim Abendessen im Hotel noch von dieser Insel-Spezialität überzeugen lassen und treffen hier eine andere Wahl.
Der Abstieg über den mit der 501 markierten Weg führt uns an Ziegen und einem Schweinestall vorbei über ausgewaschene Tuffstein-Felsen in einen Wald durch den sich eine enge Efeu-verhangene Schlucht talwärts schlängelt- sicher kein guter Weg bei Starkregen. An der Westseite des Monte Trippodi erreichen wir im Kastanienwald den uns schon bekannten Picknickplatz mit einem Holzkreuz, über den wir bereits auf unserer ersten Wanderung gekommen sind. Dieser Platz wird auch als Gebetsplatz und für Festivitäten wie dem jährlich am ersten Sonntag im Juni stattfindenden „Festa della Ginestra“, dem Ginsterfest genutzt. An der Via Vicinale Cretaio treffen wir auf unsere Busverbindung nach Forio.
Auch heute entspannt uns ein Bad im Thermalwasser des Hotel-Pools. Wie an jedem Abend serviert man uns ein schmackhaftes 4-Gang Menü, mit dessen Auswahlmöglichkeiten wir uns bereits beim Frühstück beschäftigen. Nicht immer ganz einfach, wenn man sich selbst am Abend dann die Frage stellt, was man denn nun am Morgen bestellt hat- noch weniger einfach wenn die Tischgesellschaft am Abend eine andere ist als am Morgen, aber irgendwie kommt es dann doch immer wieder hin.
Am Mittwoch geht es ohne Transfer direkt vom Hotel los. Es gibt heute eine Wanderung nach Sant’Angelo über die Punta Imperatore und den hübschen Ort Panza bis an die Steilküste im Südwesten der Insel bei Sant’Angelo. Auf den 13 Kilometern überwinden wir 445 Höhenmeter im Aufstieg und 475 im Abstieg. Die Küste Ischias ist eng besiedelt und große Teile der heutigen Wanderung führen über Asphalt. Auf den teilweise engen Gassen lässt der Autoverkehr zu Fuß gehenden Menschen zwischen Grundstücks-Mauern wenig Spielraum und das oft mit unvermindertem Tempo bei allem anderen als Sicherheitsabstand. Das passt nicht immer, was die Schrammen und Beulen vieler Autos kundtun.
Auch an Martinas Haus kommen wir vorbei, ihre Tochter ist beim Wäsche aufhängen und winkt uns freundlich zu. Wir folgen der Via Costa, die uns auf die Landzunge zur Punta Imperatore bringt. Zum Leuchtturm, der auf einem Absatz in den Steilklippen liegt führt ein Stichweg. Ein steiler Treppenweg hinab zum Leuchtturm-Gebäude ist leider abgesperrt. Der Blick aus gut 200 Metern Höhe auf das Leuchtfeuer gegen das tiefblaue Meer ist absolut imposant.
Wir verlassen die Landzunge auf gleichem Weg und halten uns dann südlich über die Via Citronia in Richtung Panza. Irgendwie bleiben wir dort in der Pasticceria Mike hängen. Bei Kaffee und Gebäck verweilen wir ein wenig um dann entlang der Kirche durch den hübschen Ort mit seinen Geschäften zu laufen. Vor der barocken Fassade der Pfarrkirche San Leonardo aus dem Jahr 1737 gibt uns eine Statue Padre Pio‘s noch seinen Segen mit auf den Weg.
Westlich von Sant’Angelo führt uns wiederum ein Stichweg auf eine Landzunge an der Steilküste, von der wir die Südküste bis zum Capo Grosso in östlicher Richtung einsehen können. Davor liegt unser Tagesziel, die weißen Häuser von Sant’Angelo mit Hafen und Strand. Der Strand bildet eine Landbrücke zum vorgelagerten Felsen, der Punta Sant’Angelo. Zum Nachmittag setzt sich mehr und mehr die Sonne durch.
Tief unter uns blicken wir auf das Strandbad „Spiaggia di Sorgeto“ in der Baia di Sorgeto. Hier am Fuße der Steilklippen gelangt heißes Wasser aus den Tiefen der Erde an den Strand. Bevor wir uns an den Abstieg an diesen Strand machen heißt die heutige Einkehrmöglichkeit „Da Gisella“, wo uns Köstlichkeiten von Land und Meer zu Teil werden.
Es ist ein steiler Abstieg über die Straße hinunter zum geothermal beheizten Strand. Es ist gar nicht viel los. Ein fliegender Händler verkauft in Gläsern abgefüllten Schlamm. Im Aushang werden zahlreiche Wirkungen versprochen- sogar die Bildung von Falten soll die Pampe verhindern. Ich setze mich auf einen größeren Stein und schaue Holger zu, der sich mit Badehose in einen mit Steinen umgrenzten Ring ins Wasser setzt. Das heiße Wasser gelangt von unten in den Strandbereich und erhitzt dadurch die Gumpen in der Brandung. Allerdings verrät mir Holger, dass man sich ohne Schuhe an einigen Stellen auch die Füße verbrühen kann, denn das austretende Wasser kann entsprechende Temperaturen erreichen. Ich überzeuge mich selber und finde eine Stelle an der ich prompt die Hand zurückziehe.
In einem großen Bogen führt der Weg nach Sant’Angelo landeinwärts um eine Schlucht herum, um uns dann wieder an die Küste zu bringen. Wir kommen an einigen schönen Villen vorbei und erreichen einen Parkplatz mit Bushaltestelle auf der Steilküste. Martina empfiehlt uns hier einen frisch gepressten Saft an Enzos Saft-Bude zu trinken- „hier bekommt man den besten Saft der Insel“- verrät sie uns. Mit dem Geschmack der Capri Sonne auf Ischia gibt es vom Hafen den Blick auf Capri dann noch gratis dazu.
Über die verkehrsberuhigte Zufahrt entlang der Klippen erreichen wir den Hafen von Sant’Angelo. Ein angenehmer adretter Ort, etwas touristisch aber dennoch beschaulich und wir beginnen zu verstehen, warum sich „Angie“ gerne hier aufgehalten hat. Fischerboote liegen vor der Kulisse Capris im Hafen und wecken Assoziationen mit dem Sehnsuchts-Lied unserer Eltern „Capri Fischer“. Mit dem Lied, 1941 vom deutschen Komponisten Gerhard Winkler geschrieben landete Rudi Schuricke mit dem Text von Ralph Maria Siegel Ende der 40er Jahre einen Welterfolg. Wir können leider nicht warten bis die rote Sonne bei Capri im Meer versinkt- wir müssen schon bald zurück zum Parkplatz, wo uns unser Shuttle zum Hotel einsammelt.
Wie an jedem Abend baue ich meine Kamera für einen Zeitraffer in Richtung Westen auf das Meer auf. Mit einem Sonnenuntergang wird es aber auch heute leider nichts, der Blick aufs Meer von unserem Balkon ist trotzdem unbezahlbar.
Der Donnerstag steht allen zur individuellen Planung zur Verfügung. In der engeren Auswahl ist für Einige aus unserer Gruppe eine Fahrt nach Capri gerückt. Unser ursprüngliches Vorhaben die Ausgrabungen von Pompeji zu besuchen ist der Tatsache gewichen, dass bei dieser Aktion mit dem Transfer ein zu enges Zeitfenster für eine Besichtigung des archäologischen Areals bliebe. Es gibt die Empfehlung der Poseidon-Thermen und des Besuchs des Botanischen Gartens bei Lacco Ameno, wir entscheiden uns für einen Besuch des Castello Aragonese bei Ischia-Porto.
Auf dem Weg zur Bushaltestelle fährt der Neun-Uhr Bus der Linie 1 nach Ischia Porto an unserer Nase vorbei. Ich setze dem Bus im Laufschritt nach und obwohl abfahrbereit, öffnet der Busfahrer noch einmal die Tür- von mir bedankt mit einem lauten „Grazie!“ quer durch den Bus. Zwei freundliche Damen, die uns gegenüber sitzen bewahren uns vor einem erhöhten Beförderungsendgeld, denn die erworbenen Tageskarten müssen mit Namen und Datum beschriftet werden- also nochmals „Grazie!“
Der Tag beginnt sonnig und nach einer Runde am Hafen von Ischia wenden wir uns in südöstlicher Richtung der Via Roma zu. Entlang der Einkaufsstraße mit vielen Geschäften kommen wir auch bei einem Barbier vorbei. Den letzten Haarschnitt habe ich mir vor 2 Monaten in Gallipoli in Apulien verpassen lassen. Hier schnippelt mir nun Ignazio die Mähne runter und als „Uomo nuovo“ verlasse ich den Salon. An der Barockfassade der Chiesa Santa Maria delle Grazie e delle Anime vorbei gehen wir weiter Richtung Castello.
Ein Stück laufen wir am menschenleeren Strand entlang bis Ischia-Ponte. Hinter der Catedrale Santa Maria Assunta erreichen wir den Zuweg zur Ponte Aragonese, der Brücke die uns hinüber zum Festungsfelsen bringt. Bereits 474 v. Chr. gab es eine griechische Festung, 315 v.Chr. kamen die Römer, in den folgenden Jahrhunderten kamen Visigoten, Vandalen, Ostrogoten, Araber, Normannen, Staufer sowie die Herren des Hauses Anjou und veränderten den Burgberg bei Raubzügen und Belagerungen immer wieder. 1301 flüchteten viele Ischianer beim Ausbruch des Epomeo auf den vermeintlich sicheren Felsen und ließen sich hier nieder. 1441 erbaute Alfons von Aragona den Hauptteil der mächtigen Wehranlagen und auch die Brücke, über die wir gerade gelaufen sind.
Die Wehranlagen boten der Bevölkerung Schutz vor den Angriffen der Piraten und bis zum Ende des 16.Jahrhunderts bewohnten 1892 Familien, dazu die Bewohner des Klarissenklosters, der Basilianerabtei, des Bischofssitzes mit Priesterseminar und der Fürstenresidenz mit seiner Garnison den Burgfelsen. Schwer zerstört wurden die Anlagen 1809 durch Bombardierung der von Frankreich besetzten Burg durch englische Kanonen.
Wir steigen durch die dunklen in den Felsen gehauenen Kasematten in die Festung hinauf und haben von den Aussichtsbalkonen einen wunderbaren Blick auf das Inselprofil von Osten mit der höchsten Erhebung des Epomeo und vor uns auf den Küstenabschnitt von Ischia-Ponte und Porto. Unterhalb der Festung liegt eine offensichtlich historische Zwei-Mast-Bark vor Anker. Aus geöffneten Geschütz-Luken sind Kanonen auf das Kastell gerichtet. Piraten? , Engländer?- wir haben Glück, die Besatzung des Traditionsseglers schaut sich wie wir die Festung in absolut friedlicher Absicht an.
Wir kommen an die Ruine der 1301 erbauten Kathedrale. Sie wurde von der Bevölkerung der 1301 beim Vulkanausbruch zerstörten Stadt Geronda auf einer vorbestehenden Kapelle, der heutigen Krypta erbaut. Die 1700 barockisierte Kirche fiel unter den Kanonen der Engländer, ihre Krypta birgt einen Schatz- hier befinden sich Fresken aus der Schule Giottos aus dem 14.Jahrhundert.
Wir werfen noch einen Blick in die Chiesa dell’Imaccolata, deren unbefleckt weißer Innenraum für Kunstinstallationen genutzt wird. Der 1737 begonnene Kirchenbau wurde nie fertiggestellt, da dem Klarissenorden ganz einfach die Mittel ausgingen, so dass sogar das Silberbesteck des Klosters veräußert werden musste. Insgesamt gab es 13 Kirchen auf der Insel. Wir verbringen unsere heutige Mittagspause auf der sonnigen Aussichtsterrasse der Caffetteria del Monastero und erfrischen uns mit Kaffee, Wasser und einem Glas frisch gepressten Orangensaft.
Mit dem Friedhof der Klarissen aus dem 16.Jahrhundert besichtigen wir einen eher bedrückenden Ort. Der Totenkult in den Ländern dieser Erde und auch in Italien hat viele Facetten. Wir kennen die Gruft des Franziskaner-Klosters in Palermo, wo die Toten mumifiziert wurden und bis heute aus Nischen auf die lebenden Besucher hinabblicken. Hier besuchen wir einen Ort, an dem die verstorbenen Nonnen auf Steinbänken dem Verwesungsprozess ausgesetzt wurden. Ihre vergehenden Körperflüssigkeiten wurden durch eine Öffnung im Sitz abgeleitet. Später wurden die Knochen in einem gemeinsamen Grab zusammengeführt. Es war auch ein Ort, an dem die Nonnen sich zum Gebet einfanden- ich versuche nicht mir das vorzustellen und atme nach dem Verlassen der Gruft erst einmal tief durch.
Wir freuen uns unseres Lebens und verlassen das Kastell über die alte aragonesische Brücke. Wir sitzen in der Sonne und ich fotografiere einen Vespa-Piloten, der gerade über das historische Brückenpflaster knattert. Er hält an und wir kommen ins Gespräch. Ich frage ihn nach seiner hellblauen Vespa, die mir zumindest kein Nachbau zu sein scheint. 27 Jahre wäre das Gefährt alt und er hat es mit moderner Technik restauriert. Ivan gibt mir seine Email-Adresse, stellt sich noch einmal in Pose und bittet mich um Zusendung der Bilder, was ich gerne tue.
Am Ende der Brücke erwartet mich das nächste Kracher-Motiv. Eine Hochzeitsgesellschaft im großen Ornat steht bei einem stahlblauen Chevrolet Impala BJ 1963 während das Brautpaar beim Foto-Shooting auf einem Bootssteg posiert. Der Straßenkreuzer ist ein absoluter Eye-Catcher und wirkt ein wenig wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit, meinem Geburtsjahr.
Wir ersparen uns den Fußweg und fahren mit dem Bus zum Hafen, wo wir den Linienbus zurück nehmen. Wir fahren aber noch nicht bis zum Hotel in Forio und verlassen den Bus in Lacco Ameno. Hier genießen wir im Hafen noch die warme Nachmittagssonne, schauen einem Angler zu, beobachten die Fische im Hafenbecken und tun einfach mal eine Weile gar nichts.
Ein sehr schönes, markantes Objekt befindet sich in der Hafeneinfahrt. Die erosiven Kräfte des Wassers haben „Il Fungo“ geformt, einen Riesenpilz mit glattem Stiel und einer rauen Haube aus blasigem Tuff. Ein Hopp-on- Hopp-off Boot legt kurz an und als wir das Schild „Inselrundfahrt“ entdecken legt es schon wieder ab- es wäre sicher eine gute Idee gewesen eine Runde mitzufahren.
Den Charme Ischias haben auch Prominente entdeckt, letztlich hatte uns Martina die Villa von Helmut Zacharias (1920-2002) am Hügel westlich des Hafens unterhalb eines 5-Sterne Ressorts gezeigt. Der Zaubergeiger, wie der deutsche Jazz-Violinist und Komponist genannt wurde erlangte in den 60er und 70er Jahren große Popularität. Wir lassen uns noch in einem Café nieder bis es Zeit wird zum Hotel zurückzukehren.
Abfahrt 9:30 Uhr heißt es am Freitag wieder und es steht heute an unserem letzten Tag auf Ischia eine Wanderung im Südosten der Insel an. Wir werden östlich von Barano im Ortsteil Casabona abgesetzt, um von hier entlang der Steilküste zum Monte di Vezzi auf 395m aufzusteigen. Nach einer ausgiebigen Mittagsrast im Ristorante Piano Liguori endet unsere heutige Wanderung entlang der Steilküste am Nachmittag nach 7,4 Kilometern im Dorf Campagnano. Aufsummiert sind wir dabei 319 Meter auf- und 297 Meter abgestiegen.
Beim Start in Casabona erläutert uns Martina anhand einer Windrose am Boden die typischen Winde Ischias. Dem kühlen Tramontana aus Norden steht der warme Mezzogiorno aus Süden entgegen. Von West bläst der Ponente, aus Osten der Levante, aus Nordwest der Maestrale, aus Nordost der Grecale, aus Südwest der Libeccio und aus Südost der Scirocco.
Auch Casabona liegt direkt an einem Kraterrand, dessen Ausmaße man aus der Entfernung vom höher gelegenen Plateau mit der Chiesa Madonna di Montevergine noch besser erkennen kann. Im barocken Innenraum der Kirche befindet sich neben dem Altar ein Bischofsstuhl und in einer Seitennische wieder eine Madonnen-Statue mit leidendem Gesichtsausdruck.
Schon bald erreichen wir in 300 Metern Höhe die Cliff-Kante der Steilküste mit respektablem Tiefblick auf das Meer. Martina ermahnt uns die unmittelbare Kante des Abbruchs zu meiden. Wir haben es hier mit weichem Tuff zu tun und diesem Rat kommen wir gerne nach. An einigen Stellen finden wir Einschlüsse von Obsidian, dem schwarzen vulkanischen Glas. Am Belvedere sulla Sgarrupata erreicht der Blick nach Westen auf die Steilküste ihren Höhepunkt.
Der Weg wendet sich nun dem Aufstieg auf den bewaldeten Monte di Vezzi zu an dessen Gipfelplateau wir die Südküste bis nach Sant’Angelo einsehen können. In Richtung Norden in die Ebene fällt der Blick auf ein zweistöckiges Aquädukt, das man auf den ersten Blick für ein römisches Bauwerk halten würde. Der Acquedotto Pilastri ist aber ein Bauwerk aus dem 17.Jahrhundert und wurde notwendig um die Wasserversorgung Ischia-Portos aufrecht zu erhalten. Mit dem Aquädukt wurde bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts Bergwasser aus der Bucetoquelle bis zum Castello Aragonese transportiert.
Am Gipfel zaubert Martina mit einer Flasche Ruccolino den idealen Aperitivo für unsere anstehende Mittagspause hervor. Auf dem Piano Liguori kehren wir dann im gleichnamigen Ristorante ein und werden auch hier wieder mit einfach zubereiteten Köstlichkeiten wie den Carciofi fritti, frittierte Artischocken aus eigenem Anbau verwöhnt. Wir sitzen auf der Terrasse inmitten von Rebstöcken, deren Laub bereits in herbstlichen Farben leuchtet. Unterhalb blicken wir auf die Halbinsel San Pancrazio und im Südosten auf Capri.
Der Inhaber presst sein Olivenöl aus eigenen Beständen selbst und bietet dieses auch frisch zum Verkauf an. Unter unseren Augen füllt er uns das 2 Tage alte Öl in Flaschen ab. Ein wunderbares Mitbringsel für zu Hause. Zum Abschied reicht man uns noch frisch gebackene süße Krapfen aus der Küche. Wir verlassen den freundlichen Familienbetrieb und laufen stetig absteigend über einen aussichtsreichen Weg bis zum Belvedere di Campagnano, von dem wir über die Nachbarinsel Procida bis in die Bucht von Neapel hinüber schauen können.
In einem 180 Grad Bogen um die nordöstliche Bergflanke führt der Weg nun hinunter zu unserem Tagesziel, dem Dorf Campagnano. Die Blicke auf das Castello Aragonese in der Nachmittagssonne von hier sind auch noch einmal großartig. Von der Kirche werden wir dann zurück nach Forio gebracht. Das zunächst vielversprechende Sonnenuntergangs-Szenario am Abend von unserem Balkon scheint zunächst vollständig in die Wolken zu fallen. Der glutrote Ball gibt sich im schmalen Spalt zwischen Horizont und Wolkendecke dann doch noch kurz die Ehre.
Martina gibt sich als Heimschläferin die Ehre am letzten Abend auf Ischia mit uns zusammen zu essen. Ulla hat den Part übernommen Martina unseren Dank für die angenehme Leitung und die ortskundigen Führungen in unserer Wanderwoche auszusprechen. Zum vierten Mal haben wir mit 13 völlig fremden Leuten aus verschiedenen Ecken Deutschlands und Österreichs eine Woche lang neues Terrain erkundet. Wir haben erneut erlebt, wie schnell sich in einer solchen Gruppe Gleichgesinnter eine Gemeinschaft entwickelt mit der es Spaß macht unterwegs zu sein.
Ich glaube, dass Menschen die bergsteigen und wandern eher unkompliziert ticken und so auch als Gruppe ganz gut funktionieren. Die gute Organisation der Reise hat sicher auch ihren Teil dazu beigetragen und Dorothee und ich haben Lust uns auch zukünftig auf weitere Unternehmungen dieser Art einzulassen.
Am Samstag reißt uns der Wecker um 5:00h aus den Federn. Schnell ist alles zusammengepackt und ein kurzes bereitgestelltes Frühstück mit Kaffee aus dem Automaten beendet unseren angenehmen Aufenthalt in Forio, denn um 7:00h bringt uns der Bus nach Ischia-Porto. Das Schiff legt um 8:30h ab und bringt uns diesmal zum Hafen von Pozzuoli westlich von Neapel. Am Capo Miseno haben wir einen letzten Blick zurück auf Ischia mit dem Gipfel des Epomeo. Mit einem Kurswechsel nach Backbord hält das Schiff nun auf den Hafen von Pozzuoli mit seiner Festung zu. Mit letzten Blicken auf Capri und den Vesuv wechseln wir in den Bus, der uns zum Flughafen bringt.
Der Abflug nach Frankfurt verspätet sich etwas und gegen 13:30h heben wir mit Nordkurs ab. Nach einem Tiefblick auf Venedig versperren Wolken über den Alpen zunehmend die Sicht. Bei Regen landen wir in Frankfurt, wo wir die Wartezeit auf unseren ICE um 18:00h nach Wuppertal für ein Abendessen in der Burger-Schmiede mit dem M nutzen. Erst um 21:00h erreichen wir Wuppertal.
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen unseren Mitreisenden und ich glaube der oder dem einen oder anderen werden wir sicher irgendwo noch mal begegnen.
A.Korbmacher
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