Liparische Inseln 2017- Bergwandern vor Sizilien

Mit dem DAV- Summit Club waren Dorothee und ich Ende April eine Woche lang auf sechs der insgesamt sieben Inseln des Liparischen Archipels unterwegs. Höhepunkte gab es einige, insbesondere aber die abendliche Besteigung des aktiven Vulkans Stromboli. Eine zweite Woche haben wir dann noch im Nordwesten Siziliens  verweilt. Hier das Video in Full HD     undder Bericht zur Tour  :

Sizilien- Vulkanwandern auf den Liparischen Inseln 2017

Ende April 2017 bin ich mit Doro im Flieger unterwegs Richtung Sizilien. Zum 3. Mal landen wir auf dem Flughafen von Catania an der Ostküste Siziliens. 2012 haben wir ausgehend von Avola den Südosten, 2013 von Porto Palo aus den Westen Siziliens erkundet. Catania, zweitgrößte Stadt Siziliens liegt am Fuße des Ätna.

Catania mit Doro und Ätna
Catania mit Doro und Ätna

Wie in der letzten Woche hat der 3323m hohe Vulkan immer mal wieder mehr oder weniger große Ausbrüche zu bieten. Bei einem der Landeanflüge auf Catania hatten wir 2013 Gelegenheit den Berg in Aktion zu erleben. Die Rauchsäule, die der Berg dann in den Himmel bläst sieht nicht nur beeindruckend aus, sondern befördert auch reichlich Asche in die Atmosphäre, mit entsprechenden Einschränkungen für den Flugverkehr. Diesmal gibt die Schichtbewölkung erst spät den Blick frei, und das erste was ich von Catania sehe ist ein riesiges Schild mit der Aufschrift IKEA. Die breite Basis des Ätna verschwindet bereits bodennah in den Wolken.

Ätna beim Landeanflug 2013
Ätna beim Landeanflug 2013

Der größte Ausbruch geht auf das Jahr 1669 zurück. Dabei wurden große Teile Catanias zerstört. Der Lavastrom erreichte das Meer, so das heute das mittelalterliche Castello Ursino mehrere hundert Meter landeinwärts liegt. 1693 zerstörte ein schweres Erdbeben große Gebiete im Osten Siziliens und forderte 60000 Todesopfer. Der Wiederaufbau fällt in die Hochzeit des Barock, dessen Baustil im Osten Siziliens auch vorrangig anzutreffen ist.

Catania Ausbruch Ätna 1669- Zeitgenössische Darstellung
Catania Ausbruch Ätna 1669- Zeitgenössische Darstellung

Sizilien hat eine lange Besiedlungsgeschichte, die sich eigentlich kaum mit einem Dreizeiler zusammenfassen lässt. Hier also ein Schnelldurchgang :
Jungsteinzeitliche Funde aus 4800 v. Chr. bekunden den Beginn der prähistorischen Besiedlung .

Tempelrelief Selinunte 5. Jh. v.Chr. - Archäologisches Museum Palermo
Tempelrelief Selinunte 5. Jh. v.Chr. – Archäologisches Museum Palermo

Im 8.-9.Jahrhundert vor Christus begann die Besiedlung durch Phöniker, Griechen und Katharger. Aus dieser Zeit stammen die heute noch zu bestaunenden Tempel und Bauwerke in Agrigent, Selinunt und Syrakus.

Selinunte 2013
Selinunte 2013

Seit dem 3.Jh. v. Chr. wurde die Vormachtstellung des römischen Reichs auf Sizilien geklärt- Sizilien wurde römische Provinz.
Auch diese Epoche hat viele Spuren auf der Insel hinterlassen. Ausgrabungsstätten mit entsprechenden Objekten der römischen Epoche gibt es in Fülle.

Bodenmosaiken Römische Villa- Piazza Armerina
Bodenmosaiken Römische Villa- Piazza Armerina

Neben sehenswerten Amphitheatern wie in Catania und Taormina hat mich vor allem die spätrömische Villa Romana del Casale bei Piazza Armerina begeistert. Durch Erdrutsche wurde die Villa aus dem 4. Jahrhundert verschüttet. Die in bemerkenswertem Zustand befindlichen Bodenmosaiken in den 45 Räumen der Villa wurden von der UNESCO als Weltkulturerbe eingestuft.

Steinplatte mit Inschrift in 4 Sprachen- Hebräisch, Lateinisch, Griechisch und Arabisch 1148 (Castello della Zisa Palermo)
Steinplatte mit Inschrift in 4 Sprachen- Hebräisch, Lateinisch, Griechisch und Arabisch 1148 (Castello della Zisa Palermo)

Nach byzantinischer und arabischer Vorherrschaft begann in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Eroberungsgeschichte Siziliens durch die Normannen. Monreale, die palatinische Kapelle im Normannenpalast und der Dom in Palermo sind nur einige Baudenkmäler aus dieser Zeit, die wir uns bereits 2013 angesehen haben.

Palatinische Kapelle im Normannenpalast Palermo
Palatinische Kapelle im Normannenpalast Palermo

Seit 1194 übernahmen die Staufer die Herrschaft auf Sizilien . Mit der Kaiserkrönung Friedrich II erlebte Sizilien seine Blütezeit, die das „Staunen der Welt“ (Stupor mundi ) hervorrief.
Bis zum Anschluss an Italien 1861 unterlag Sizilien wechselnden Herrschaften von Anjou und Aragon (seit 1268), Aragonien und Spanien (seit 1504) und Savoyen und Österreich seit ( 1713).

Römischer Sarcophag Konstanze von Aragón 1184-1222 ( Dom Palermo)
Römischer Sarcophag Konstanze von Aragón 1184-1222 ( Dom Palermo)

Vor unserer Tour auf die Liparischen Inseln haben wir diesmal Gelegenheit uns einen Überblick über die Stadt zu verschaffen, der wir bisher direkt nach der Ankunft den Rücken zugekehrt haben. Das hat Catania allerdings nicht verdient, denn Geschichte begegnet man auch hier auch an jeder Ecke.

Römisches Theater Catania
Römisches Theater Catania

Sizilianische Städte haben einen ganz besonderen Charme. Das haben wir noch vom letzten Besuch in Palermo vor 4 Jahren in Erinnerung. Man kann es vielleicht mit „außen pfui- innen hui“ beschreiben.

Gasse in Catania
Gasse in Catania

So auch unser Hotel in einer Seitenstraße, zu dem uns das Taxi bringt . Wir stehen mit unseren Koffern vor einem verschlossenen Tor und sehen uns und den Taxifahrer fragend an. Hinter der rostigen Abdeckung der Klingeltafel entziffern wir dann auch zweifelsfrei den Hotelnamen. Einmal drin wandelt sich die primäre Wahrnehmung des Unerwünschtseins und es folgt ein freundlicher Empfang. Der Kracher ist das erste Frühstück des Jahres unter der Frühlingssonne Siziliens auf der mediterranen Dachterrasse des Hotels.

Frühstück auf der Dachterrasse
Frühstück auf der Dachterrasse

Wir besuchen beim Streifzug durch Catania das inmitten von Wohnhäusern gelegene römische Amphitheater . Nach dem Abendessen an der Piazza Mazzini gibt uns die lange Museumsnacht an diesem Abend Gelegenheit den Dom und die darunter befindlichen Achillesthermen aus dem 1.-2. Jahrhundert zu besuchen. Am Morgen genießen wir von der Kuppel der Kirche Badia di Sant’Agatha den Blick auf den gegenüberliegenden, ebenfalls der heiligen Agatha geweihten Dom und über die Stadt, mit dem heute in voller Größe erkennbaren Ätna.

Catania- Blick von der Kirche Badia di Sant'Agatha
Catania- Blick von der Kirche Badia di Sant’Agatha

Wir treffen uns am Sonntag mittags mit unserer Reisegruppe des DAV- Summit- Clubs am Flughafen. Der größere Teil der Gruppe trifft mit dem Flieger aus München ein. Da wären Ilka und Thomas aus München, Gaby und Stefan vom Chiemsee, Heike und Birgit aus dem Allgäu, Doris und Alexander aus Oberammergau, Bruni und Gaby aus München, Ulrike und Willi aus Hessen und Steffi aus Bocholt. Mit Doro und mir zählt unsere Gruppe zum vereinbarten Zeitpunkt 15 Personen. Unser Reiseleiter und Wanderführer stellt sich uns vor. Er heißt Thomas und hat seine Wurzeln im Salzkammergut. Heute lebt er mit Frau und Sohn in Palermo, wo er seine neue Heimat gefunden hat.

Thomas
Thomas

Der Transferbus steht bereits bereit und nach dem Verstauen des Gepäcks beginnt auch bald die Fahrt über Taormina und Messina nach Milazzo. Milazzo ist ein befestigter Hafenort mit benachbarten petrochemischen Anlagen. Von hier verkehren Tragflügelboote zu den Liparischen Inseln.

Anreise Liparische Inseln
Anreise Liparische Inseln

Es ist interessant- wenn man Leuten, die durchaus herumgekommen sind erzählt, man würde auf die Liparischen Inseln fahren, blickt man nicht selten in nachdenkliche Gesichter und hört die Frage
„Wo liegen die denn noch ??“
Genau!- nördlich vor Sizilien, im südlichen Tyrrhenischen Meer, gehören sie zur Provinz Messina.

Geographische Lage
Geographische Lage

Man stelle sich ein leicht nach links aus der Nord-Süd- Achse geneigtes Ypsilon vor. Dann liegen von Süd nach Nord vor Milazzo die 3 Inseln Vulcano, Lipari und Salina. Folgt man dem westlichen oberen Schenkel geht es weiter nach Filicudi und Alicudi, auf dem nordöstlichen Schenkel sind es Panarea und Stromboli.

Lipari- dahinter Panarea, Stromboli und Monte Rosa
Lipari- dahinter Panarea, Stromboli und Monte Rosa

Die 7 bewohnten Inseln haben eine Gesamtfläche von 115 Quadratkilometern und liegen zwischen 30-80 Kilometer vor Siziliens Küste. Lipari ist die größte Insel des Archipels mit einer Gesamtfläche von 37,5 Quadratkilometern. Mit dem Tragflächenboot fährt man von Milazzo aus, mit Zwischenstopp auf Vulcano, in etwa 1 Stunde nach Lipari. Nördlich vom Burgfelsen legen wir im größeren Hafen von Lipari an. Zu Fuß durchqueren wir die Altstadt und erreichen südlich des Burgfelsens den malerischen kleineren Hafen Liparis. Von hier ist es noch ein kurzer Fußweg durch die enge Via Madalena zu unserem Hotel und Basislager für die nächsten 6 Tage .

Der kleine Hafen von Lipari
Der kleine Hafen von Lipari

Vor unserem ersten gemeinsamen Abendessen stellt Thomas uns das Programm für die kommenden Exkursionen vor. Der Meerblick vom Balkon unseres Zimmers ist großartig.

Blick aus dem Hotel Lipari
Blick aus dem Hotel Lipari

Am Montag ist eine Wanderung von der Westküste Liparis zur Ostküste mit Begehung des Monte Guardia (Wächterberg) geplant. Thomas empfiehlt uns für jeden Wandertag Paninis bei Gilberto und Vera am Abend zuvor zu ordern. Veras getoastete megaschmackhafte „Semmeln“ mit Olivenöl gibt es in allen möglichen Variationen. Gilberto und Vera betreiben ihre traditionelle Paninoteca in der Nähe des kleinen Hafens. Früher holten sich die Schulkinder hier ihre Pausenbrote- heute sind die Paninis ein „Must-Have“ für jede Wanderung auf den Inseln. Gerne kommen wir auch nach unseren Touren auf ein Glas Wein zu Vera und Gilberto.

Bei Gilberto & Vera
Bei Gilberto & Vera

Mit dem Bus fahren wir zunächst die Küstenstraße nach Norden bis zum Campo Bianco. Hier befindet sich unter dem Monte Pilato 477m die ehemalige Lebensgrundlage der Insel. Der Tuffsteinabbau wurde u.a. als Auflage der UNESCO zur Einstufung als Weltnaturerbe aufgegeben, hat aber eine tiefe Narbe in der Landschaft hinterlassen. Thomas zeigt uns an einer Stelle das Vorkommen von Obsidian. Das schwarze glasähnlichen Vulkangestein entsteht wenn sich Lava schnell und ohne Gaseinschlüsse abkühlt. Prähistorisch bereits für Schneidwerkzeuge und Pfeilspitzen genutzt, werden heute allerlei Geschmeide aus dem Material angeboten.

Obsidian
Obsidian

Die Weiterfahrt entlang der Nordküste bringt uns an den ehemaligen Arbeiterhäusern in Aquacalda vorbei und endet in Quattropani. Vom Startpunkt unserer heutigen Wanderung auf etwa 370m, fällt der Blick nach Nordwesten auf die Inseln Salina, Filicudi und Alicudi. Wir kommen an einem weiteren Steinbruch vorbei, an dem Kaolin abgebaut wurde. Das in rötlicher und weißer Farbe vorkommende Gestein spielt eine wichtige Rolle bei der Porzellanherstellung.

Blumen mit Filicudi und Alicudi
Blumen mit Filicudi und Alicudi

Der Geruch nach faulen Eiern ist ein erster Hinweis auf Vulkanismus und auf ein Vorkommen von Fumarolen. Wie alle anderen Inseln ist auch Lipari vulkanischen Ursprungs, allerdings liegt der letzte Vulkanausbruch in historischer Zeit im Jahre 729 n.Chr.

Lipari- Trail
Lipari- Trail

Eine ganze Weile steigen wir durch die frühjährliche Vegetation hinunter an die Westküste Liparis. Neben Ginster und Wermut fallen uns Kapernblüten auf. Die kleinen Kapern sind übrigens die Knospen der Blüten, der Kapernapfel die Frucht- beide spielen auf den Inseln eine große Rolle in der Küche.

Kapernblüte
Kapernblüte

Nach etwa 1,5 Stunden erreichen wir die San Calogero Therme. Die schon in der Bronzezeit bekannte heiße Quelle fördert 57 Grad warmes Wasser aus dem Berg. Nach der Mittagspause an diesem Ort gibt es einen Anstieg auf etwa 270m. Wir erreichen die Ortschaft Pianogreca. Wir blicken hinunter auf die Steilküste unter uns und in der Ferne auf den an der Nordseite schneebedeckten Ätna.

Ätna
Ätna

Bald wechselt der Blick auf die Ostseite der Insel mit dem Burgberg von Lipari. Das letzte Tagesziel ist jetzt noch der Monte Guardia, auf dessen Westseite ein Pfad hinauf auf 369m führt. Der Ausblick auf Vulcano und das gesamte Archipel ist lohnend. Unterhalb des Gipfels liegt eine vulkanische Beobachtungsstation. Im Abstieg bringt uns der Weg südlich um den Berg herum hinab nach Lipari.

Monte Guardia- Blick nach Süden auf Vulcano
Monte Guardia- Blick nach Süden auf Vulcano

Nach dem gemeinsamen Frühstück im Hotel und dem morgendlichen Besuch bei Vera findet sich die Gruppe in dem malerischen Fischerhafen ein, von dem wir nun täglich mit dem Boot auf eine andere Insel übersetzen. Es ist Dienstag und die heutige Überfahrt nach Filicudi, die älteste Insel des Archipels, dauert etwa 1,5 Stunden.

Filicudi
Filicudi

Die heutige Wanderung führt uns entlang der Ostküste auf einem alten Eselspfad zu dem verlassenen Dorf Case Zuccogrande. Die Abgeschiedenheit Filicudis suchten schon Hollywoodgrößen wie Dustin Hoffman und Robert de Niro. Der Weg ist, hat man den Aufstieg auf etwa 230 Höhenmeter hinter sich einfach nur wunderschön. Eine lange Mittagspause mit Veras herrlicher Stromboli- Semmel und etwas Wein mit Blick auf das türkisblaue Meer – das ist Dolcefarniente !

Dolcefarniente
Dolcefarniente

Auf dem gleichen Weg geht es zurück. Am Capo Graziano besuchen wir noch die Ausgrabungen einer bronzezeitlichen Siedlung von 1800-1200 v.Chr. Auf der Rückfahrt gibt uns der Kapitän noch eine Sondervorstellung und fährt uns sehr dicht an die Steilküste Liparis. Wir erhalten einen einzigartigen Einblick in Grotten, auf Felsentore und Basaltsäulen. Dabei kredenzt der Skipper uns unter Beifall einen Malvasia, den lokalen Aperitif von der Weininsel Salina.

Steilküste Lipari
Steilküste Lipari

Die Nachbarinsel Vulcano ist am Mittwoch an der Reihe. Die Überfahrt dauert nicht lange und bereits beim Anlaufen des Hafens besteht kein Zweifel daran, dass wir heute auf junger Vulkanerde unterwegs sein werden. Unser Ziel ist die höchste Erhebung des beim letzten eruptiven Ausbruch entstandenen Kraters auf 391m.

Fumarolen am Kraterrand
Fumarolen am Kraterrand

Der Ausbruch in den Jahren vor 1890 hat gewaltige Mengen Gestein bis nach Lipari geschleudert und war das Ende des damaligen Schwefelabbaus auf Vulcano. Am Ostrand des Kraters rauchen zahlreiche Fumarolen ab. Der Boden ist heiß- bis zu 400 Grad heißer Dampf entweicht aus der Erde. Die Öffnungen sind bedeckt von gelben Schwefelkristallen. Im gesamten Kraterbereich gibt es bis heute nur spärliche Vegetation.

Vulcano Gran Cratere- Blick auf das ganze Archipel Richtung Norden
Vulcano Gran Cratere- Blick auf das ganze Archipel Richtung Norden

Mit gebührendem Respekt wählen wir beim Aufstieg den Westrand des Gran Cratere um uns nicht unnötig den giftigen Gasen auszusetzen. Nach einer Pause geht’s auf dem gleichen Weg zurück, hinunter nach Vulcano Porto. Wir gönnen uns ein Eis und besuchen am Hafen die Thermalquellen. Einige lassen sich ein Bad in der 28 Grad warmen trüben Brühe nicht nehmen- sehr gesund soll das sein- man erzählt sich Lahme konnten wieder gehen.

Terme di Vulcano
Terme di Vulcano

Auf einen Stein setzen ist jedenfalls keine gute Idee. Schwefelwasserstoff ist hier überall anzutreffen und so haben Körperschweiß und Schwefel zu einer chemischer Reaktion und zum Ende meiner High-Tech- Trekkinghose geführt 🙁 .

Schwefelfumarole
Schwefelfumarole

Wir sind früh zurück in unserem Hotel auf Lipari und es steht der Besuch des archäologischen Museums auf dem Burgberg an. Der eingangs geschilderte kulturgeschichtliche Abriss spiegelt sich auch auf den Liparischen Inseln wieder. Das Museum zeigt zahlreiche Exponate, u.a. bronzezeitliche Funde vom Capo Graziano. Rund um den Burgfelsen von Lipari hat man aus allen Epochen Mauerreste mit entsprechenden Zeugnissen der Vergangenheit freigelegt. Aus den griechischen Nekropolen Liparis konnten verblüffend gut erhaltene Stücke geborgen werden. Unterwasserfunde stammen von Schiffen, denen gefährliche Untiefen vor den Inseln zum Verhängnis wurden.

Vorchristliche Funde im Archäologischen Museum Lipari
Vorchristliche Funde im Archäologischen Museum Lipari

Da wir am Donnerstag erst später starten, nutzen wir die Zeit um noch einmal in Ruhe durch Lipari und über den Burgfelsen zu streifen. Einen Ort zum Verweilen finden wir in dem normannischen Kreuzgang des heute barocken Doms. Wir sind allein an diesem mittelalterlichen Ort, der mehr als 1000 Jahre überstanden hat. Normannische Kapitelle stehen auf griechischen Säulen- Recycling ist also keine Erfindung der Neuzeit.

Normannischer Kreuzgang Lipari
Normannischer Kreuzgang Lipari

Erst gegen 14 Uhr treffen wir uns am Hafen für die heutige Exkursion zum Stromboli, aber nicht ohne mir vorher bei Vera meine Lieblingssemmel „Stromboli“ abzuholen. Gut 90 Minuten benötigen wir für die Überfahrt nach Stromboli. Vom Meer präsentiert sich der Stromboli als klassischer Vulkankegel, der aus einer Tiefe von 2000m vom Grund der Tyrrhenischen Meers bis in eine Höhe von 926m aufragt- so gesehen ein Dreitausender. Gegen 16:00h trifft unsere Gruppe am Bergführerbüro ein.

Unsere Stromboli- Guides
Unsere Stromboli- Guides

Eine Begehung des Stromboli ist ohne Führer streng verboten. Wir begehen einen aktiven Vulkan, der sich hauptsächlich effusiv mit geringen Eruptionen präsentiert. Allerdings schwankt die Aktivität stark, und auch in der jüngsten Vergangenheit gab es immer wieder größere Eruptionen.

Stromboli
Stromboli

Um 17:30h sind wir unterwegs in der nordöstlichen Bergflanke und gewinnen in der schon tief stehenden Nachmittagssonne stetig an Höhe. Ein „Move“ ist der Aufstieg von mehr als 900 Höhenmeter schon, und nach einer kurzen Trinkpause geht es bald steiler werdend in Serpentinen hinauf auf den Gipfelgrat. Mehrfach höre ich ein unheimliches Fauchen. Dorothee hat es vorgezogen mit Thomas auf einer Höhe von 275m an die Sciara del Fuoco (Feuerrutsche) zu queren, um von dort den Caldera- Bereich von unten zu betrachten.

Sonnenuntergang am Kraterrand
Sonnenuntergang am Kraterrand

70 m unter dem Aussichtspunkt erreichen wir den Hubschrauberlandeplatz mit Betonunterständen. Der Hubschrauber holt dann auch einen Bergwanderer ab, der hier oben an diesem unwirtlichen Ort eine Nierenkolik erlitten hat. Ab hier ist Helmpflicht.
Auf dem Gipfelgrat wird der Blick langsam frei auf die rauchende Caldera. Ich fahre regelrecht zusammen als in der untergehenden Sonne eine Fontäne glühenden Materials mit Getöse aus dem Berg schießt- fantastisch! Gerne würde ich das einfach nur genießen, als Fotograf heißt es jetzt für mich allerdings alles Geraffel, das ich hier mühselig raufgeschleppt habe aufzubauen.

Blick in die Caldera
Blick in die Caldera

Ohne Augen für den herrlichen Sonnenuntergang beobachte ich von meinem Kamerastandpunkt auf 920 m die verschiedenen Öffnungen in der Caldera 150m unter mir. Unter meinem Beobachtungspunkt gibt es immer wieder kleinere Auswürfe von glühendem Material- rechts unter mir bläst der Berg mehrfach ein fulminantes, rotglühendes Feuerwerk in den einsetzenden Nachthimmel. Der beißende Rauch führt zu einem ordentlichen Gehuste bei den vielen Menschen, die sich hier oben eingefunden haben. Auch ich schließe mich dem allgemeinen Hustenkonzert an.

Stromboli Eruption
Stromboli Eruption

Nach einer Stunde Observation heißt es alles verstauen. Beim Aufsetzen der Stirnlampe beginnt es zu schneien- es ist Asche, die vom Himmel fällt. Der Bergführer verteilt Staubmasken für den Abstieg und ich bin froh, dass ich mir noch ein Halstuch drüber binde. Der Abstieg findet gelenkschonend steil abwärts über ein Aschefeld statt- die Staubentwicklung nimmt mir jede Sicht im Lichtkegel meiner Lampe. Es war ein langer Tag, ein großartiges Erlebnis, mit einer guten Portion Abenteuer. Glücklich fahren wir mit dem Boot zurück durch die Nacht nach Lipari- ich beiße zufrieden in meine Stromboli- Stulle und freue mich auf ein Bier an der Hotelbar.

Fackelzug am Stromboli
Fackelzug am Stromboli

Am Freitag steht Panarea, die kleinste Insel auf dem Programm. Auch heute treffen wir uns etwas später am Hafen. Schon beim Anlegen in S.Pietro fallen die schmucken Häuschen auf. Panarea gilt als Insel der Schönen und Wohlhabenden, auf deren Partys sich gerne Prominenz einfindet. Auch Signore „Bunga-Bunga“- Berlusconi wurde hier schon gesichtet. Wie auch immer- unser Ziel ist die 421m hohe Punta del Carvo. So gegen 11:00h beginnen wir den Aufstieg wie so oft von Meereshöhe, in der Sonne auf der Ostseite hinauf, auf den höchsten Punkt der Insel.

In S.Pietro- Panarea
In S.Pietro- Panarea

Vom Gipfel führt uns ein Steig hinab an das Südende Panareas. Von dem Steig entlang der Westabstürze der Insel ergeben sich immer wieder enorme Tiefblicke. Wenig über Meereshöhe führt der Weg oberhalb der wunderschönen Bucht Cala Junco vorbei. Auch hier hat man die Reste eines prähistorischen Dorfes gefunden. Thomas hat uns hervorragendes Granita bei Carola in S.Pietro ans Herz gelegt. Mit verschiedenen Geschmacksrichtungen holen wir uns die perfekte Erfrischung nach der Tour.

Punta del Carvo 421m- Panarea- Blick auf Stromboli
Punta del Carvo 421m- Panarea- Blick auf Stromboli

Auf der Insel Salina ist am Samstag der Monte Fossa delle Felci 962m, als höchster Gipfel des gesamten Archipels, Ziel unserer letzten Wanderung. Hier gibt es eine Süßwasserquelle, die Landwirtschaft als Haupterwerb möglich macht. Die herrlichen Weine der ansässigen Winzer konnten wir auf Lipari bereits verkosten. Auf Salina wird auch ein großer Teil der italienischen Kapernernte erzeugt. Salina ist seit 1867 unabhängig von der Gemeinde Lipari, der alle anderen Inseln administrativ zugeordnet sind. Das Boot legt zunächst im Hauptort Santa Maria Salina an, um uns dann an der Südküste in Rinella abzusetzen.

Monte Fossa delle Felci 962m
Monte Fossa delle Felci 962m

Der Linienbus bringt uns an den Startpunkt unserer Tour, nach Valchiesa auf etwa 300 Höhenmetern. Oberhalb der Kirche Santuario della Madonna del Terzito hat man die Wahl über einen steilen Pfad oder den Forstweg aufzusteigen. Auf 803m befindet sich eine Hütte, an der sich alle wieder zusammenfinden um von dort den höchsten Punkt am Nordrand der bewaldeten Caldera anzugehen. Wir werden belohnt mit einem herrlichen Rundblick auf die umliegenden Inseln und den gegenüberliegenden Monte dei Porri, den zweiten erloschenen grünen Vulkankegel auf Salina.

Salina- Blick auf den Monte Porri
Salina- Blick auf den Monte Porri

Wir laufen durch schattigen Wald mitten durch die Caldera und steigen über die Westflanke des Monte Fossa ab, zurück nach Valchiesa. Der Linienbus bringt uns zurück in den Hafen und auch diesmal gibt es auf dem Boot eine Sondervorstellung entlang der südwestlichen Steilküste Liparis mit einem Schlückchen vom wohlschmeckenden Malvasia.

Rückfahrt von Salina
Rückfahrt von Salina

Zurück im Hafen von Lipari hat Thomas für uns in einer Bar frisch zubereitetes Maulbeer- Granita bestellt. Zum Wein werden leckere Antipasti gereicht und das Abendessen im Hotel an diesem letzten gemeinsamen Abend verschoben.

DAV- Summit- Wandergruppe Mai 2017
DAV- Summit- Wandergruppe Mai 2017

Am Sonntag heißt es dann Abschied nehmen- zunächst von Gaby, Stephan, Ursula und Willi, die noch auf Lipari verweilen- bei der Ankunft in Catania dann von allen anderen, die bis auf Heike, Birgit und Steffi in die Heimat zurückfliegen. Doro und ich fahren mit dem Mietwagen an die Nordküste, wo wir ein Ferienquartier in Capo, westlich von Cefalù angemietet haben.

Landschaft mit Schafen bei Enna
Landschaft mit Schafen bei Enna

Wir erleben Sizilien bei der Fahrt über die Autobahn zu dieser Jahreszeit ganz anders als bei unseren bisherigen Aufenthalten im Herbst, wenn die Sommerhitze bereits alles verdorrt hat. In Enna verlassen wir die Autobahn und fahren eine Weile durch eine frühjährliche, frische Landschaft. Auf grünen Hügeln grasen Schafe, rote und gelbe Blüten setzen Farbakzente, dahinter erscheint der schneebedeckte Gipfel des Ätna.

Limonade dierkt vom Baum
Limonade dierkt vom Baum

Wir wohnen inmitten eines Zitronenhains direkt am Strand, den wir am Montagmorgen zunächst aufsuchen. Wir sind überrascht von der heftigen Brandung, deren Wellen uns fast die Beine wegziehen.

Strand in Capo
Strand in Capo

Am Nachmittag fahren wir die wenigen Kilometer nach Cefalù. Absolut sehenswert ist der normannische Dom, ab 1131 von Roger II erbaut. Lange sitzen wir in der Nachmittagssonne auf den Treppenstufen und lassen das Treiben bei der Musik eines Straßenmusikanten auf uns wirken.

Dom in Cefalù
Dom in Cefalù

Ein mittelalterlicher Hafenbezirk mit einem Stadttor zum Hafen und ein Waschplatz, der noch bis vor 60 Jahren genutzt wurde sind sehenswerte Stationen. Thomas hat uns ein Restaurant empfohlen, dessen sizilianische Küche uns am Abend ein geschmackliches Feuerwerk bereitet.

Süß-Saure Sardinen- gefüllt mit Rosinen und Pinienkernen
Süß-Saure Sardinen- gefüllt mit Rosinen und Pinienkernen

Am Dienstag besuchen wir östlich von Palermo am Monte Catalfano das Ruinenfeld von Solunto. Mit großartigem Meerblick entstand hier eine der ältesten phönizischen Siedlungen Siziliens. Die im Jahr 245 v.Chr. von den Römern eroberte Stadt wurde im 2.Jh. n.Chr. verlassen und von den Sarazenen zerstört. Auf der Rückfahrt besichtigen wir am Nachmittag noch den mittelalterlichen Ort Caccamo mit seiner trutzigen normannischen Festung.

Solunto
Solunto

In Palermo haben wir am Mittwoch zunächst den Besuch des Kapuzinerklosters geplant. Das Kloster wurde 1534 gebaut und hat eine besondere Sehenswürdigkeit. Über 2000 Mumien befinden sich nach Geschlecht und Berufen geordnet in dem Grabgewölbe unter dem Kloster. Die älteste Mumie eines Ordensbruders stammt aus dem Jahr 1599. Im Sinne von „Memento Mori“ wird dem Besucher die eigene Vergänglichkeit vor Augen gehalten. Besondere Zuwendung im sizilianischen Totenkult erfährt das Kind Rosalia Lombardo, die auch fast 100 Jahre nach ihrem Tod nur zu schlafen scheint. Mit großem Aufwand und einem neuen Glassarg soll Rosalia auch weiterhin vor dem Verfall bewahrt werden. Das Ganze wirkt schon ein wenig befremdlich auf uns und wir sind froh nach unserem Rundgang das Sonnenlicht wieder zu erblicken.

Catacombe Cappuccini
Catacombe Cappuccini

Wir besuchen die normannischen Paläste La Cuba und danach das Castello della Zisa. Als Paläste normannischer Könige haben die Gebäude fast 900 Jahre überstanden. Im Inneren sind im Castello della Zisa noch einige Stilelemente der arabisch-normannischen Architektur zu sehen.

Castello della Zisa
Castello della Zisa

Der Küster der benachbarten Capella SS. Trinita aus dem 12. Jahrhundert bittet uns mit Nachdruck zu einer engagierten Führung durch seine Kirche. In der Nähe den Normannenpalastes besuchen wir noch die Kirchenruine San Giovanni degli Eremiti mit ihren typisch arabischen Kuppeln. 1132 von König Roger II erbaut, beherbergt die Kirche einen doppelsäuligen Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert.

Kreuzgang San Giovanni degli Eremiti
Kreuzgang San Giovanni degli Eremiti

Den Tag in Palermo lassen wir mit einem Besuch der Kathedrale ausklingen. Das monumentale Gebäude beherbergt u.a. die Grablegen von Roger II und Friedrich II.

Kathedrale von Palermo
Kathedrale von Palermo

Am Donnerstag sehen wir uns die Reste der antiken Stadt Segesta, westlich von Palermo am Monte Barbaro an. Seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. stand die griechische Stadt Segesta im Konflikt mit Selinunt. Ein stattlicher dorischer Tempel steht eindrucksvoll in der Landschaft. Die Römer haben das ursprünglich griechische Theater um 100 v.Chr. umgebaut. Der Blick von den Sitzreihen fällt auf die im Tal verlaufende Autobahn. Die Fernsicht reicht heute nicht bis zum Meer.

Segesta Teatro
Segesta Teatro

Grund ist der Südwind Scirocco, der heiße Luft und reichlich Wüstensand mit sich führt. Bereits am Morgen gab es einen Temperaturanstieg von 10 Grad Celsius. Auf der Rückfahrt fahren wir noch einmal nach Palermo und parken in der Nähe des archäologischen Museums. Faszinierende Kunstschätze aller Epochen sind in einem ehemaligen Kloster untergebracht. Wir lassen Palermos Pulsschlag an der Via Maqueda und rund um das Teatro Massimo noch eine Weile auf uns wirken.

Via Maqueda
Via Maqueda

Zurück an unserer Ferienwohnung in Capo zeigt das Thermometer am Abend noch 32 Grad. Wir genießen am Freitag den letzten Tag in unserem Zitronenhain und machen einen ausgedehnten Strandspaziergang. Für das Bad im Meer braucht es so früh im Jahr noch etwas Überwindung.

Colori Siciliani
Colori Siciliani

Nach der Rückfahrt zum Flughafen durch die blühenden Landschaften Siziliens kostet es uns dann erneut Überwindung wieder nach Germanien zurückzukehren.

Arnd & Doro
Arnd & Doro

Arnd Korbmacher

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