2 Wochen war ich mit Dorothee in diesem Jahr auf der Blumeninsel Madeira unterwegs . Zusammen mit dem DAV Summit Club haben wir an einer 6- tägigen Trekkingtour auf der Insel von Ost nach West teilgenommen. Es blieb dann noch Gelegenheit die Insel mit dem Auto zu erkunden.
Hier nun mein Video in Full-HD und ein Bericht dieser Reise.
Madeira Bergwandern mitten im Atlantik
Ende April 2016 sind wir per Airbus unterwegs Richtung Macaronesien. Macaronesien ??- das hatte ich zuvor auch noch nicht gehört. Mit diesem Begriff werden die atlantischen Inseln bezeichnet, zu denen die Azoren, die Kanaren, die Kapverden und auch unser Reiseziel Madeira gehört. Leider sehen wir beim Landeanflug auf Madeiras Flughafen Santa Catarina im Südosten der Insel zunächst nur hohe Wolkenberge. So können wir auch nicht die Nachbarinsel Porto Santo und die unbewohnten Ilhas Desertas ausmachen. Nach Umfliegen der Wolkentürme von Süden sehen wir auch erst spät die Steilküste und sind erleichtert, daß der Pilot dann doch in einer Linkskurve davon abläßt direkt auf die Klippen zuzusteuern. In der Verlängerung der Tragfläche erscheinen sehr nah Autos auf der Küstenstraße, bevor der Flieger auf der Landepiste aufsetzt.
Erst im Jahr 2000 wurde der als gefährlich geltende Flughafen durch eine verlängerte Landebahn, die aufwändig auf Betonstehlen ins Meer gebaut wurde deutlich entschärft. Madeira empfängt uns zunächst mit Regen.
Madeira ist wie alle atlantischen Inselgruppen aus einem plattentektonisch bedingten Hotspot entstanden. 951 Kilometer von der portugiesischen Hauptstadt Lissabon entfernt, hat die Insel eine Länge von 57 Kilometern und eine Breite von 22 Kilometern. Mit der höchsten Erhebung, dem Pico Ruivo 1862m ragt die Insel nur zu einem Drittel aus dem Atlantik empor. Vom Meeresgrund aus betrachtet haben wir es hier also mit einem etwa 6000 m hohen Berg zu tun. Porto Santo ist erdgeschichtlich wesentlich älter als Madeira und hat sich bereits vor 20 Millionen Jahren aus dem Meer erhoben. Madeira ist vor 7 Millionen Jahren aus dem gleichen Hotspot, allerdings 40 Kilometer entfernt entstanden. Die letzte vulkanische Aktivität liegt 400000 Jahre zurück.
Madeira war bis zu seiner Entdeckung 1419 unbewohnt bzw. unbesiedelt, obwohl es Hinweise auf frühe Besuche der Phönizer im 6. Jahrhundert gab. Die Wiederentdeckung der Inselgruppe war letztlich reiner Zufall. Zwei Kapitäne, die der portugiesische Prinz (besser bekannt als Heinrich der Seefahrer) 1418 beauftragt hatte bessere Karten der afrikanischen Westküste anzufertigen, kamen nach schwerem Sturm sehr weit vom Kurs ab. Nachdem man zunächst auf Porto Santo landete, dauerte es noch ein ganzes Jahr bis auch Madeira auf den Seekarten vermerkt werden konnte. Die Besiedlung dieser am Rande der damals bekannten Welt liegenden Insel unter portugiesischer Flagge wird heute dem Kapitän Joao Goncalves Zarco zugeschrieben.
Die ersten Siedler waren erstaunt über die gewaltigen Waldbestände Madeiras. Das für den Schiffsbau dringend benötigte Holz gab Madeira seinen Namen, denn Madeira bedeutet Holz. Der einzigartige Bestand des Lorbeerwaldes auf Madeira ist heute UNESCO- Weltnaturerbe.
Interessant sei noch zu erwähnen, daß Christoph Columbus nach seiner Hochzeit 1479 mit der Gouverneurstochter von Porto Santo vielleicht von hier aus seine Reisen in die unbekannte Welt geplant hat. Schwiegerpapa nahm bereits an den früheren Entdeckungsmissionen Madeiras teil.
Unser erstes Hotel auf der Insel liegt östlich der Hauptstadt Funchal in Canico de Baixo. Vor unserer geplanten Inseldurchquerung haben wir 2 Tage Zeit und nutzen diese zur Erkundung der Hauptstadt. Der Expressbus bringt uns direkt ins Zentrum Funchals. Funchal ist eine lebendige Stadt, in der es einiges zu entdecken gibt. Das Madeira Story Center verschafft einen guten Überblick über Madeiras Geschichte.
Mit der modernen Doppelmayr Umlaufseilbahn schweben wir als erstes über die Dächer Funchals 560m hinauf nach Monte. Von hier aus hat man einen sehr guten Überblick hinunter bis zum Hafen. Unterhalb der Wallfahrtskirche “ Nossa Senhora do Monte „, in der der sich die Grablege des letzten österreichischen Kaisers Karl I. befindet, lassen wir es uns nicht entgehen an einer besonderen Touristenbespaßung teilzunehmen.
Es geht um eine Korbschlittenfahrt, bei der man in durchaus rasantem Tempo unter geschickten Lenk- und Bremsmanövern der beiden Carreiros durch steile enge Gassen 250 Höhenmeter hinab nach Livramento kutschiert wird. Dabei gleitet der Schlitten auf Hartholzkufen über den Asphalt. Zu einer Zeit als wohlhabende Bürger sich noch mit Senften auf den steilen Straßen tragen ließen, war diese Art der Fortbewegung eine gute Möglichkeit schnell hinab nach Funchal zu gelangen.
Der Jardin Tropical Monte Palace gibt einen guten Überblick über die Blumen und Pflanzen, die auf Madeira gedeihen. Leider haben wir das farbenfrohe Spektakel “ Festa da Flor “ zur Frühlingsblüte knapp verpaßt. Der Blütenrausch des Parks ist jedoch auch sehr beeindruckend. Es gibt wohl wenig Blumen die auf Madeira nicht gedeihen, aber nicht alle sind heimisch und schon gar nicht endemisch.
Ein erhaltenes manuelinisches Gebäude aus dem ausklingenden 15. jahrhundert ist die Kathedrale Sé. Sehenswert ist insbesondere die kunstvolle Holzdecke mit Elfenbeinintarsien. Beim Verlassen der Kirche schlendern wir über die belebte Avenida Arriada mit zahlreichen Cafés unter den in blauer Blüte stehenden Jakarandabäumen. Auf ihren Sockeln bekunden der Stadtgründer Zarco und auch Heinrich der Seefahrer ihre Zugehörigkeit zur Geschichte dieser Stadt. Oberhalb des Hafens befindet sich der ebenfalls sehr schöne Parque de Santa Catarina. Vor der aus dem 15. Jh stammenden Capela Santa Catarina blickt der bronzene Christoph Columbus auf das Meer und auf sein Flagschiff die Santa Maria, die hier vor der Küste als Nachbau Touristenfahrten unternimmt.
Eine spannende Geschichte hat das vom Klarissinnenorden errichtete Convento de Santa Clara aus dem späten 15. Jahrhundert. Immer wieder haben Piratenüberfälle das Kloster heimgesucht. Die Ordensschwestern zogen sich dann hoch in die Berge nach Curral das Freiras im Nonnental zurück, um Schutz vor den Piraten zu finden. Im Kloster befinden sich die Gräber der Töchter des Stadtgründers Zarco. In der mit Azulejos aus dem 17.Jh. ausgekleideten Kirche befindet sich in der Familiengruft wohl auch die Grablege Zarcos.
Einen schönen Überblick über die Produkte des Landes gibt der Mercado dos Lavradores. Die Farbenpracht von Obst und Gemüse lädt zum Probieren ein. Nur als Beispiel sind es dann gleich 5 verschiedene Sorten von Maracuja, die wir kennenlernen.
In der Fischhalle präsentieren die Fischer ihre Waren. Spezialität ist der schwarze Degenfisch Espada, der als Tiefseefisch in größeren Tiefen gefangen wird. Filettiert und gehäutet liefert er ein schmackhaftes weißes Fleisch.
Am Ende dieses verregneten Tages in Funchal steht am Abend das Treffen mit der Reisegruppe an, mit der wir in den nächsten 6 Tagen die Insel von Ost nach West durchqueren werden. Neben Dorothee und mir sind weitere 13 Teilnehmer angemeldet. Mehrere Teilnehmer haben sich beim Abendessen im Hotel auch schon eingefunden. Da wären zunächst die Schwestern Maria und Christine, die mit ihren Ehemännern Günter und Edy und auch ihrem Bruder Norbert angereist sind. Weiterhin sind da noch das Ehepaar Thomas und Heike – allesamt aus NRW und Kurt aus Niedersachsen. Marcel, unserer vor 12 Jahren auf Madeira heimisch gewordener Inselführer mit holländischen Wurzeln stellt sich vor. Er teilt uns mit, daß die fehlenden 5 Teilnehmer erst im Laufe unseres morgigen Tourentages dazustoßen werden. Wetterbedingt gab es bei Wind und Dauerregen am Flughafen ab Mittag keinen Flugverkehr mehr- der Rest unserer Mannschaft Siegfried und Christa aus Hessen, Helmut und Elke aus Bayern und Anja aus Berlin wurden so zunächst auf die Kanaren geflogen. Porto Santo bot an diesem Tag offensichtlich nicht genügend Betten.
Beim ersten Tag unserer Tour beginnen wir auf der Halbinsel Sao Lourenco im Osten der Insel. Am Ende der Fahrstraße an der Baia d‘ Abra beginnt die spektakuläre Wanderung über das Ostkap der Insel. Wir erhalten einen Eindruck von der durch Wind und Wetter geformten Steilküste mit großartigen Tiefblicken. Es gibt weinig Vegetation und wir bekommen bei eigentlich sonnigem Wetter auch die eine oder andere Sturmböe zu spüren.
Wir gehen bis zum Haus des Parkwächters, der Casa do Sardinha . Der hier angepflanzte Dattelpalmenhain lädt zum Picknick, stellt jedoch einen Kontrast zur eher kargen Vegetation der Halbinsel dar. Mittags ist die Gruppe dann vollständig und nach einem kurzen Transfer bis oberhalb von Machico, erhalten wir an einer Kneipe Gelegenheit für eine Bica (Espresso) und die Neuzugänge zum Schnüren der Wanderstiefel. Der Weg beginnt dann an der Levada do Canical.
Levadas gehören fest zur Geschichte Madeiras. Es handelt sich um Bewässerungssysteme, mit deren Bau bereits im 15.Jh begonnen wurde. Das Wasser Madeiras wird mit diesem verzweigten Wasserstraßennetz aus den wasserreichen Regionen im Norden und aus dem Zentrum der Insel in die trockeneren Gebiete im Süden verteilt. Levadas verlaufen entlang steilster Bergflanken und durch zum Teil kilometerlange Tunnels. Letztlich ist der Weg an den Levadas manchmal die einzige Möglichkeit das unwegsame Bergland zu passieren. Gepflegt und gewartet werden die Levadas von Levadeiros, die auch die Wasserverteilung bis auf die letzten Grundstücke regeln. Immer wieder sehen wir mit Lappen umwickelte Steine zum Umleiten des Wassers, mal auf das eine oder das andere Grundstück. So kann jeder Sammelzeit kaufen- Pech wenn man den Wecker stellen muß, weil das erworbene Zeitfenster in der Nacht liegt . Letztlich kann so jeder seine Reservoirs füllen und nicht zuletzt wird die erosive Kraft des Wassers dadurch gebändigt.
Die Levada do Canical führt uns auf eine alte Handelsroute über den Boca da Risco 360m an den Klippen der Nordküste entlang bis nach Porto da Cruz. Der Name weist auf die Gefahr hin, der man sich beim Transport von Waren wie Zuckerrohr entlang des exponierten Felsweges aussetzen mußte. Immer wieder gibt es enorme Tiefblicke auf das Meer. Am späten Nachmittag erreichen wir den Küstenort Porto da Cruz.
Hier schauen wir in eine Zuckerrohrmühle, in der die laufende Zuckerrohrernte noch mit Dampfkraft verarbeitet wird. Gebrannt wird auch- die Destillate reifen bis zu 40 Jahre in Holzfässern. Das runde weiche Bouquet errinnert dann schon eher an einen alten Cognac als an einen Rum.
Zu erwähnen wäre noch Nono, unser einheimischer Fahrer. Freundlich und hilfsbereit kutschiert er uns mit dem Minibus während unserer Tour zu den Einstiegen der Etappen und abends zum Hotel, wie auch an diesem Abend zu unserem Hotel in Santana. Zum Abendessen gibt es für uns dann auch Degenfisch mit Banane, als eine der klassischen madeirensischen Speisen.
Beim geselligen Abendessen haben wir den Eindruck, daß wir nach dem ersten Tag bereits zu einer vertrauten Gruppe zusammengewachsen sind. Des Altersspektrum liegt zwischen 40 und 67 Jahren, wobei gerade der älteste Teilnehmer Kurt mit seiner beeindruckenden Marathonkarriere die Berganstiege mit großer Leichtigkeit nimmt.
Zwischenzeitlich ist ein blinder Passagier aufgetaucht und hat sich als 16. Teilnehmer unserer Gruppe angeschlossen. Er nennt sich Hasi und hat sich in Norberts Koffer geschlichen. Als Folge eines “ Running Gags “ hat Norbert den stummen Hasen nun auf jeden Fall am Hals und wir ein flauschiges Gruppenmaskottchen, das an allen möglichen Orten zum beliebten Fotomotiv wird.
Am zweiten Tag treffen wir uns wie an jedem Tag um 9 Uhr mit Marcel und Nono am Bus. Wir fahren bis zu einer Straßenkehre am Ortausgang von Cruzinhas und laufen von dort über einen Schotterweg bis zum Elektrizitätswerk bei Faja do Nogueira . Aus einer über 5 km langen Tunnellevada wird hier Strom erzeugt.
Unser Weg führt uns an die Levada do Pico Ruivo, die uns durch Lorbeerwald, mehrere kurze Tunnel und einen 2,4 km langen Tunnel unter dem höchsten Gipfel der Insel hindurchführt. Da heißt es Stirnlampen aufsetzen und sich konzentrieren. Sowohl die Unebenheiten des Bodens als auch die Felsen in Kopfhöhe sollte man im Auge behalten. Am Ende des Tunnels steigen wir unterhalb der höchsten Gipfel der Insel in einen von Steilwänden umgebenen tiefen Kessel hinab, den Caldeirao Verde.
Wir befinden uns auf etwa 900m und erhalten einen Eindruck von der üppigen Vegetation der Insel. Manche Arten, wie der bei uns kleine Löwenzahn wachsen hier zu Baumgröße- “ damit ihr einen Eindruck bekommt wie groß bei uns die Kaninchen sind “ – meint Marcel augenzwinkernd. In den grünen Kessel stürzt über uns ein Wasserfall in den Talgrund. Entlang der Levada do Caldareio laufen wir bis zum Abzweig nach Ilha.
In Ilha, einem kleinen Dorf bei Santana angekommen lassen wir uns vor der Dorfkneipe noch ein gut gekühltes Coral- Bier oder einen Poncha schmecken. Poncha ist Nationalgetränk und ein Cocktail bestehend aus Zuckerrohrschnaps, Orangensaft, Zitronensaft und Honig. Das madeirensische Bier schmeckt ebenfalls hervorragend- es wird in Funchal gebraut.
Der Weg zu unserem Hotel in Santana ist kurz und auch heute Abend kommen wir in den Genuß einer madeirensischen Spezialität. Rindfleischspieße mit Lorbeer mariniert und gewürzt entwickeln beim Grillen ein ganz besonders würziges Aroma. Das traditionelle Aufstecken auf Lorbeerholz ist den Restaurants aufgrund der geschützten Bäume verboten.
Auch am 3. Tag unserer Unternehmung beginnt der Tag mit gutem Wanderwetter. Es hat sich ein stabiler Nordost- Passatwind eingestellt, der für die ganze Woche gutes Wetter und wenig Niederschläge bringt. Nono fährt uns zum Aussichtspunkt Achada do Teixera auf 1592m oberhalb von Santana. Der Blick nach Osten reicht bis zur Halbinsel Sao Laurenco mit dem vorgelagerten Felsentor. Ziel ist der höchste Punkt der Insel, der Pico Ruivo 1862m. Der Aufstieg führt an der Berghütte auf 1775m vorbei zum Gipfel. Im Nordosten läßt sich Porto Santo und im Südosten die unbewohnten Ilhas Desertas ausmachen. Bei einem fantastischen Rundblick vom Gipfel können wir bereits den weiteren Verlauf unserer Tour nach Westen und den Pico Grande Richtung Encumeadapaß ausmachen.
Tief unter uns liegt Curral das Freiras im Nonnental, das heutige Tagesziel. Der lange Abstieg durch brandgeschädigten Eukalyptuswald beginnt am Bocca das Torrinhas 1440m und führt uns auf etwa 700m oberhalb von Curral an eine Kneipe, an der Nono mit dem Bus bereits wartet. Nach einer entspannten “ After- Walk- Party “ bringt uns Nono dann zu unserem Hotel auf dem Aussichtspunkt Eira do Serrado. Vom Balkon haben wir einen Logenplatz mit Blick über Curral in den Talschluß des Nonnentals und auf den morgigen Aufstieg zum Pico Grande.
Die vierte Etappe beginnt mit einem Aufstieg von Curral das Freiras 650m auf einen 1200m hohen Sattel, von dem optional der Pico Grande 1657m begangen werden kann. Dorothee hat sich beim gestrigen Abstieg allerdings Knieprobleme eingehandelt, weswegen wir Beiden beschließen den Pico Grande nicht zu avisieren und den Aufstieg in Ruhe anzugehen. Da der Rückweg vom Pico Grande sowieso zurück zu einem Picknickplatz mit markanten Kastanienbäumen führt, wird dieser als Treffpunkt festgelegt.
Ich kann zwar diesen Pico mit durchaus alpinem Charakter nicht ins Gipfelbuch aufnehmen, habe aber so ein etwas größeres fotografisches Zeitfenster für Blumen und Insekten. Prachtvolle Exemplare des Natternkopfes, auch “ Stolz von Madeira “ genannt stehen am Weg und werden von Bienen, Hummeln und Schmetterlingen umsummt.
Die Höhenmeter schrauben sich unter vulkanischen Basaltfelsen hinauf und an unserem Picknickplatz angekommen haben wir noch Zeit bis zum Eintreffen der vom Pico Grande zurückkehrenden Gruppe. Eidechsen tummeln sich in der Sonne- unter einer Kastanie wächst eine Orchidee. Es ist noch ein ganz ordentlicher Marsch zum Encumeada- Paß 1007m.
Auch hier wird an der obligatorischen After- Walk- Kneipe noch eine Weile in der Nachmittagssonne gechillt und ein weiteres sehr wohlschmeckendes Getränk der Insel, der Nikita angetestet. Hierbei handelt es sich um einen Cocktail aus Weißwein, Bier, Vanilleeis und bei dieser Version mit Maracujasaft . Das Hotel am Encumeada Paß bietet wieder einen prachtvollen Blick auf einen Teil unseres heutigen Weges. Die Einheimischen feiern heute am 25. April ihren Dia da Liberdade, den Gedenktag für das Ende der Diktatur in Portugal durch die Nelkenrevolution von 1974.
Bei der 5. Etappe wechselt sich das Landschaftsbild drastisch. Nono fährt uns zur Hochebene Paul da Serra. An der Straße nach Rabacal beginnen wir an einer kleinen Levada, deren Quellgebiet am Pico Ruivo do Paul liegt. Da die Hochebene bereits auf 1500m Höhe liegt ist die Besteigung der breiten Erhebung des Pico Ruivo do Paul mit 1640m keine Sache. Nur zur Nordküste hin hat man den Eindruck auf einem Berg zu stehen. Es bietet sich allerdings ein schöner Blick nach Osten auf die zentralen, hohen Berge der Insel. Nach Südwesten ist es die weitläufige Hochheide.
Marcel erzählt uns viel über Madeiras Vegetation und die begangenen Fehler nichtheimische Arten anzupflanzen. So ist es auf der Hochheide der Stechginster, der invasiv wachsend die heimische Baum- und Besenheide verdrängt. Am westlichen Rand der Hochebene wendet sich der Weg absteigend nach Fanal.
Es ist sehr warm und es geht teilweise kein Wind inmitten der Besenheide. So ist es eine Wohltat im weiteren Wegverlauf uralte Lorbeerbaumbestände zu passieren, die kühlenden Schatten spenden. Bizarr bewachsen mit Moosen, Farnen und Pilzen haben die knorrigen Bäume etwas verwunschenes.
Mit Blick auf die Küste Richtung Porto Moniz endet unsere heutige Etappe in einer Mischung von Almlandschaft und Lorbeerbäumen und dazwischen Kühe. Nach kurzem Stop an der Kneipe von Fanal fahren wir zu unserem heutigen Hotel in Porto Moniz. Porto Moniz bietet ein öffentliches Schwimmbad mit Pools in den Vulkanfelsen, an denen sich die Brandung des Atlantiks bricht.
Leider heißt es an diesem Punkt Abschied nehmen von Marcel. Wegen eines nicht aufschiebbaren Termins hat er eine Kollegin gebeten die letzte Etappe unserer Tour zu begleiten. Marcel hat uns in den letzten Tagen engagiert geführt und sich dabei bemüht uns soviel wie möglich über seine neue Heimat zu erzählen. Zum Abschied führt Norbert dann vor der Gruppe noch ein hochoffizielles Entlassungsgespräch mit Marcel, bei dem noch sehr viel gelacht wird.
Die Führung auf der 6. Etappe übernimmt dann Dolores- eine kleine aber durchaus drahtige Madeirenserin aus Funchal. Nono bringt uns mit dem Bus nach Lamaceiros. Hier beginnt die Levada da Central da Ribeira da Janela.
Der Ribeira da Janela ist der längste Fluß der Insel und speist die gleichnamige Levada mit viel Wasser. Wir folgen der Levada 12 Kilometer durch 8 Tunnels. Der letzte Tunnel, den wir passieren ist mit mehr als 1,5 Kilometer auch der längste. Marcel hatte uns gemahnt hier unbedingt vorher Regensachen anzuziehen.
Schon beim Betreten des Tunnels erkennen wir, daß das Wasser von oben eigentlich nicht das Hauptproblem darstellt. Der Starkregen vor 7 Tagen hat den Tunnel so geflutet, das der Weg neben der Levada wadentief unter Wasser steht. Dolores holt unsere Meinung ein, ob wir da wirklich weitergehen wollen. Ich denke an Marcel- hatte er wirklich einen dringenden Termin, oder hat er das was jetzt kommt geahnt ?
Die Gruppe entscheidet sich diesem Abenteuer zu stellen. Um trockenen Fußes auf die andere Seite des Tunnels zu gelangen erfordert es mit Stirnlampe mehr als 1,5 Kilometer auf dem schmalen Randstein zwischen der tiefen Levada und dem gefluteten Weg zu balancieren- also 1500 Meter Gehen auf einem Schwebebalken im Dunklen . Auch die vorhergesagte Stelle mit der Ohrenwäsche von der Seite bekommen alle zu spüren. Die Vorstellung ins Trudeln zu kommen und in die Levada zu fallen streßt etwas. Eine echte Hilfe ist der Teleskopstock, den Anja mir freundlicherweise leiht um mich zumindest zur linken Seite gelegentlich abzustützen.
Glücklich erreichen alle ohne in Seenot zu geraten die andere Seite des Tunnels. Die Levada verläuft unterhalb von 500 Höhenmeter und es folgt ein steiler Aufstieg mit gut 800 Höhenmetern durch dichten Lorbeerwald hinauf zum Pico da Fonte do Bispo 1296m. Hier oben wartet Nono auf uns mit dem Transit.
Die obligatorische und leider auch letzte After-Walk-Party findet nach einer kurzen Fahrt in einer Kneipe in Calheta an der Südwestküste statt. In dieser Region gibt es viele Bananenplantagen, die derzeit abgeerntet werden. Die Durchquerung Madeiras neigt sich dem Ende. Nono bringt uns als letzte Amtshandlung zum bereits bekannten Hotel nach Canico de Baixo. Nach dem letzten gemeinsamen Abendessen mit der Gruppe folgt noch ein relaxter Abend in der Hotelbar bei gut gecoverter Livemusik des Barden Fernando Mendez.
Am 7. Tag löst sich die Gruppe dann im Laufe des Vormittags auf. Bis auf Helmut, Elke und uns fliegen heute alle zurück in die Heimat. Dorothee und ich fliegen erst in 5 Tagen und haben für diese Zeit noch ein Ferienhaus im Nordosten der Insel in Arco de Sao Jorge gebucht.
Wir wohnen mitten in einem botanischen Garten mit einer erstaunlichen Vielfalt tropischer Pflanzen. Daneben befindet sich ein Rosengarten mit mehr als 1700 internationaler Rosenzüchtungen. Mit den beiden Pools in der Anlage könnte man hier auch ohne weitere Excursionen eine gute und entspannte Zeit verbringen.
Mit dem Leihwagen haben wir allerdings jetzt noch Gelegenheit die Insel individuell zu erkunden. Unbedingt sehenswert sind die Grutas de Sao Vicente unweit unseres Feriendomizils. Magmaströme und Gasexplosionen haben hier vor 890000 Jahren zur Entstehung von Lavatunneln beigetragen , die auf einer Länge von 700m touristisch erschlossen worden sind. Im Centro do Vulkanismo erfährt man eine Menge über den Vulkanismus auf Madeira und in der ganzen Welt.
Wir unternehmen noch einige Ausflüge in die Berge und entlang der Küsten. Es lohnt immer wieder anzuhalten und diese außergewöhnliche Insel auf sich wirken zu lassen. Auch kulinarisch werden wir in keinem Restaurant enttäuscht. Einfache Zutaten aus Wald und Meer werden köstlich auf den Teller gebracht.
Madeira hat sich dem Massentourismus weitestgehend entzogen. Es gibt keine kilometerlangen Badestrände, dafür aber eine beeindruckende Landschaft mit Wind und Wetter, die es zu entdecken lohnt. Wir haben von unserem zweiwöchigen Aufenthalt auf Madeira großartige Eindrücke mit nach Hause gebracht.
Gerne erinnern wir uns an alle Begegnungen, sowohl mit den Madeirensern als auch mit den sympathischen Mitstreitern unserer Inseldurchquerung und dem Inselteam Marcel, Dolores und Nono.
Arnd Korbmacher
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