Pilion -GR 2022- Unterwegs auf Kalderimi Trails
In der letzten Maihälfte geht es für uns mal wieder auf Tour. Wir haben uns zu einer einwöchigen Wanderreise auf dem griechischen Festland in der Region Thessalien angemeldet. Das Wandergebiet ist das Pilion- Gebirge, ein Höhenzug, der in südlicher Ausrichtung als Halbinsel vor dem östlichen Festland im Mittelmeer liegt. Der höchste Gipfel Pourianos Stavros ragt mit 1624m über das Meeresniveau auf.
Die Reise beginnt erst am Samstag, allerdings sehr früh am Morgen mit einem Flug von München nach Volos. Wir reisen deswegen bereits am Freitagnachmittag von Düsseldorf nach München, um entspannt im Airport- Hotel an den frühen Flug zum Zielort am nächsten Morgen anzuknüpfen.
Bergsteigen und Wandern in Griechenland, daran haben Doro und ich sehr schöne Erinnerungen. 1992 waren wir in den griechischen Bergen unterwegs und haben den zweithöchsten Gipfel, den Smolikas 2637m im Epirus- Gebirge, dem nordwestlichen Teil des Pindos- Gebirges erstiegen und hier auch die großartige Vikos-Schlucht besucht. Von Delphi aus waren wir auf Etappen des Europäischen Fernwanderwegs E4 unterwegs und haben die Ursprünglichkeit der griechischen Bergwelt erfahren, in der der Tourismus damals nur rudimentär vorhanden war.
Damals hatte Griechenland einen Flüchtlingsstrom aus Albanien zu bewältigen. Wir wurden von Einheimischen und auch von Dorothees Tante, die in Athen lebt vor möglichen Übergriffen gewarnt. Wir waren im Oktober unterwegs und haben wiederholt Gruppen von Flüchtlingen ohne Ausrüstung und warme Kleidung in den Bergen gesehen.
An der Nordküste Kretas war ich 1984 als Soldat auf dem Nato- Schießplatz bei Chania zu Gast. Kreta und Korfu haben wir in gemeinsamen Urlauben 2000 und 2002 erkundet. Lange haben wir Griechenland dann als Reiseland aus den Augen verloren. Das soll sich nun ändern.
Freitag Boarding 16:45 DUS-MUC. Doros Schwester Stefanie hat uns netterweise nach Düsseldorf gefahren. Mit einem sehr guten Zeitpolster erreichen wir die ebenfalls sehr gut gefüllte Abflughalle. Obwohl wir bereits online eingecheckt haben müssen wir uns ganz hinten in die lange Schlange zum Drop- Off- Schalter einreihen.
Mega- entspannt schieben wir uns durch den abgesteckten Parcours und freuen uns, als sich unsere Koffer auf dem Fließband schon mal auf den Weg machen. Die nächste Geduldsprobe heißt Security. An 3 geöffneten Kontrollen werden die Reisenden abgefertigt- wer heute kein Zeitpolster eingeplant hat könnte spätestens jetzt Stress bekommen. Die Hauptreisezeit kommt noch und Personalengpässe sind in Düsseldorf Dauerthema. Wir haben es geschafft, freuen uns auf unseren Trip und können sogar vor der Boarding- Time noch etwas trinken.
Mir ist nicht entgangen, dass ausgerechnet an diesem Nachmittag von Westen viele Gewitterzellen über NRW ziehen, weshalb es im Flugverkehr zu erheblichen Verzögerungen kommt. Das Boarding verschiebt sich und auch nach dem Einsteigen geht es nicht los, obwohl beim Blick nach draußen das Wetter nicht mehr Thema sein kann. Der Pilot berichtet uns dann, dass die Rechner der Flugsicherung durch die ständige Neuberechnung der Flugrouten überlastet sind.
Es ist fast 20:00h als sich unser Airbus in den Abendhimmel aufschwingt, bemüht Abstand von den hochaufragenden Strato-Kumuluswolken zu halten. Mit Bahn oder Auto wäre unser Anschluss von München nun nicht mehr zu erreichen gewesen. Auf dem Franz- Josef- Strauß Flughafen checken wir im Airport- Hotel ein und bekommen im Restaurant noch etwas zu essen. Da wir bereits um 5:05h zum Boarding im Terminal 1 erwartet werden können wir unser Hotelzimmer leider nur für wenige Stunden Schlaf nutzen.
Unser früher Vogel hat ebenfalls Verspätung, setzt uns aber nach 2 Stunden Flugzeit an unserem Zielflughafen Volos ab. Volos liegt etwa auf halber Strecke zwischen Thessaloniki und Athen. Wir treffen auf unsere Mitstreiter, mit denen wir in der kommenden Woche unterwegs sein werden. Da sind Nicola aus Rheinbach bei Bonn, Irmgard und Elsa aus Bayern und Joachim und Eric aus dem Raum Göppingen. Zusammen sind wir eine 7-köpfige Wandergruppe die sich erstmalig begegnet.
Abgeholt werden wir von Kostas, der uns zu seinem betagten Mercedes-Kleinbus begleitet. Der Flughafen liegt nordwestlich von Volos und nachdem das Gepäck verstaut ist geht es durch die Hafenstadt Volos südwärts zu unserem Standorthotel in Afissos. Afissos liegt auf der Hälfte der Pilion-Halbinsel an der Küste des Pagasitischen Golfs.
Geografisch trennt der Pilion den Pagasitischen Golf von der Ägäis. Am Südende des Pilion verengt eine Landzunge nach Westen die Öffnung der Bucht, nach Osten schließen sich die Inseln der Sporaden an. Unser Hotel „Maistrali“ liegt am Südende von Afissos und bietet von allen Zimmern einen Blick über den Golf nach Westen. Schneebedeckte Berge im Südwesten sind Teil des über 2400 Meter aufragenden Parnsassos Gebirges als südlicher Teil des Pindosgebirges. Wir richten uns erst einmal in unserem einfachen Hotelzimmer ein und kaufen dann das Notwendigste im kleinen Laden in Afissos.
Unseren Guide lernen wir am Abend beim gemeinsamen Essen im Hotel kennen. Georgios ist von seinem Wohnort Serres im Nordosten Griechenlands nahe der bulgarischen Grenze mit seinem Motorrad angereist. 318 Kilometer hat er mit seiner Honda CB 500 (BJ 1996) abgeritten. Unser Guide ist promovierter Philologe wie er uns erzählt und ist gut vertraut mit der griechischen Welt der Mythen und Sagen. 3 Jahre lang hat er in Freiburg studiert, was seine hervorragenden Deutschkenntnisse erklärt. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen vier Kindern in Serres.
Er stellt sich und das Wanderprogramm für die nächsten Tage vor und beim Essen kommen erste Gespräche auf. Rasch ist das Eis gebrochen und wir freuen uns auf die kommenden Tage. Am Sonntag steht Kostas pünktlich um 9 Uhr nach dem Frühstück mit dem blauen alten Mercedes- Bus vor der Tür. 1,25 Millionen Kilometer mit dem ersten Motor teilt er mir auf mein Nachfragen mit. So nageln wir mit dem betagten Diesel gemütlich ein Stück die Küste nach Süden zum Ort Lefokastro, wo uns Kostas dann auch absetzt.
Die heutige 13 Kilometer lange Wanderung, die uns von Küstenniveau hinauf zum Bergdorf Argalasti 250m bringt beginnt mit einem Aufstieg durch Olivenhaine. Das Thema unserer Wanderreise heißt „Unterwegs auf Kalderimi-Trails am Pilion“. Kalderimi Trails sind die alten Verkehrswege, auf denen bereits vor der Erfindung des Automobils Lasten auf Eseln von Ort zu Ort gebracht wurden. Diese Wege wurden in mühseliger Arbeit mit Natursteinen gepflastert. Heute bemühen sich die „Friends of the Kalderimi“ um die Erhaltung dieser auch für den Tourismus interessanten Wege. Über einen Bach führt uns eine alte gemauerte Bogenbrücke. Zwischendurch haben wir immer wieder Sicht auf den türkisblauen Pagasitischen Golf.
Der zentrale Platz in Argalasti ist von großen Bäumen überschattet, unter denen die Tische der Tavernen stehen. Offensichtlich ist der Gottesdienst am heutigen Sonntag zu Ende und der Pfarrer sitzt mit den Kirchgängern am benachbarten Tisch. Es war wohl ein Trauer-Gottesdienst, bei dem jeder eine Schachtel mit süßem Getreide erhalten hat. Dem Pfarrer entgeht nicht, dass der Brauch unser Interesse geweckt hat und lässt auch uns davon probieren. Es ist wohl so eine Art Leichenschmaus, wie Georg uns verrät. Eine eiskalte griechische Spielform des Kaffees ist der Frappé, der bei den für Mai bereits sehr hohen Temperaturen herrlich erfrischt. Löslicher Nescafe wird dafür im Mixer mit Wasser und Zucker aufgeschäumt und über Eiswürfeln serviert.
Mitten auf dem Platz ziert ein Zentaur, ein Fabelwesen aus der griechischen Sagenwelt das Pflaster. Genau hier im Pilion befindet sich demnach die Geburtsstätte dieser Mischwesen aus Pferd und Mensch. Die Story dazu ist verwirrend, letztlich war es ein Gelage der Götter im Olymp, bei dem auch der von Zeus unsterblich gemachte Ixion- König der Lapithen teilgenommen hat. Da er Hera, die Frau des Göttervaters im Weinrausch angegraben hat erschuf Zeus Nephele, eine Wolke in Gestalt Heras. Mit dieser ominösen Wolke zeugte Ixion Kentauros, der am Berg Pilion mit den dort lebenden Stuten im Weiteren tüchtig kleine Zentauren zeugte.
Der Abstieg führt uns südlich unseres Startpunktes an die Strandpromenade von Kalamos. In nördlicher Richtung geht es dann in stetem Auf und Ab entlang der Küste zurück nach Lefokastro, wo wir am wenig besuchten Paralia Lefokastro die Gelegenheit für ein kühlendes Bad erhalten. Aufsummiert waren es heute 472 Höhenmeter. In Lefokastro kehren wir in Stefanos Taverne ein. Frischer Fisch und die typischen Köstlichkeiten einer griechischen Taverne lassen keine Wünsche offen. Ein Teil der Gruppe geht die 30 Minuten zum Hotel zu Fuß, wir entscheiden uns für die Rückfahrt mit Kostas.
Am Abend geht die Sonne nach Westen dramatisch unter einer Wolkendecke, aus der sich hier und da Regengüsse und Blitze entladen unter. Wir sitzen trocken und verabschieden den Tag noch mit einem Ouzo, bevor wir in die Kissen sinken.
Am Montag steht Kostas wieder pünktlich um neun Uhr vor der Tür mit einem etwas moderneren Kleinbus und bringt uns ein Stück nach Norden zu einer Tankstelle oberhalb von Kala Nera. Auch heute wird es eine Rundwanderung von etwa 14,5 Kilometern, die uns durch die Bergdörfer Pinakates, Byzitsa und Milies führt. Das aufsummierte Höhenprofil mit dem späteren südlichen Bogen zurück nach Kala Nera schlägt mit ca. 800 Höhenmetern im Auf- und Abstieg zu Buche. Bereits im Aufstieg durch Olivenhaine und Kastanienwälder gelangen wir an die Trasse der Pilion-Schmalspurbahn, die man Ende des 19.Jahrhunderts von Volos aus hier hinauf bis zum Endbahnhof in Milies gebaut hat.
Da wo wenig schattengebende Bäume stehen wird es im Aufstieg schon bald unangenehm warm. Für Mitte Mai ist es mit Temperaturen an die 30 Grad vielleicht auch schon zu heiß. Dorothee verträgt das gar nicht gut und verlangsamt ihren Schritt zunehmend. Georg hat dagegen klare zeitliche Vorgaben, bei denen auch ich neben dem Fotografieren die Priorität aufs Marschieren richten muss. Dorothee entscheidet sich nach der ersten Hälfte des Aufstieges zurück zur Tankstelle am Start abzusteigen und von dort ein Taxi nach Milies zu nehmen. Wir wollen uns dann auf dem Dorfplatz mit ihr treffen.
Der Kalderimi- Aufstieg wird gelegentlich von Wasserrinnen begleitet, durch die nach dem gestrigen Regen tüchtig Wasser talwärts plätschert. Der Blick zurück auf die Küste ist fantastisch.In Pinakates haben wir bei etwa 570 Höhenmetern für heute den höchsten Punkt erreicht. Wir trinken etwas im Schatten einer Platane auf dem hübschen Dorfplatz mit der benachbarten Kirche. Mit weiten Ausblicken auf den Meeresgolf führt uns der nun eher absteigend querende Trail mehr oder weniger wegsam über Byzitsa nach Milies.
Wie in allen griechischen Bergdörfern kommt auch hier dem zentralen Platz eine besondere Bedeutung zu. Hier trifft man sich gern im Schatten der oftmals alten und mächtigen Bäume. Wir treffen hier auf Kostas und Dorothee und essen zusammen eine Kleinigkeit. Kostas Angebot mit dem Bus abzusteigen kommen Doro und Irmgard gerne nach. Der Rest der Gruppe bevorzugt Schusters Rappen für den Abstieg hinunter zur Küste. Auch heute gewittert es wieder beim Abendessen, das wir in der benachbarten Taverne „Marabu“ einnehmen.
Am Dienstag ist Milies der Startpunkt der Wanderung. Der Trail führt von hier über einen 775 Meter hohen Sattel auf die Seite der Ägäis. Apfelplantagen, Steineichenwälder und Buchenwald wechseln sich ab. Kurz hinter Milies gesellen sich 2 weitere Wanderbegeisterte zu uns. 2 nette Hunde, möglicherweise Geschwister begleiten uns über den gesamten 10 Kilometer langen Weg und haben kein Problem mit den aufsummiert 470 Höhenmetern Aufstieg. Am höchsten Punkt befindet sich eine hübsche Kapelle, von der wir nach Südosten auf die Ägäis und auf die Inselkette der Sporaden blicken können. Es folgt der Abstieg hinunter zur Straße nach Zagarada, an der uns Kostas wieder aufsammelt. Wir hoffen, dass unsere Vierbeiner den Weg von hier gut wieder zurück finden.
Eine Sehenswürdigkeit, die Georg uns unbedingt zeigen möchte steht auf dem Dorfplatz von Zagarada. Es ist eine gigantische Morgenländische Platane, die mit einem Stammdurchmesser von 13 Metern auf ein Alter zwischen 500 und 800 Jahren geschätzt wird. Sie gilt als größte Platane der Welt und einer ihrer unteren gewaltigen Äste muss mit einer Steinsäule gestützt werden.
Etwas weiter nördlich an der Ägäisküste bringt uns Kostas dann noch zu einer Taverne im kleinen Ort Damouchari. Das verschlafene Dorf hat nicht nur eine schöne Badebucht, sondern war eine der Locations an denen 2008 der Musikfilm „Mamma Mia“ mit Maryl Streep und Pierce Brosnan in den Hauptrollen gefilmt wurde. Alle Einwohner des Dorfs haben neben den Hollywood-Stars als Statisten mitgewirkt. Darauf ist man bis heute stolz, was wir bei einer kleinen Mahlzeit in der Taverne durchaus bemerken.
Mittwoch ist ein „Ruhetag“, den wir unter eigene Regie nehmen können und so haben wir uns zusammen überlegt Georgs Angebot einer Bootstour entlang der Ägäisküste im nördlichen Pilion anzunehmen. Während wir auf Kostas mit seinem Bus warten beobachten wir eine Gruppe Delphine, die vor der Küste entlang zieht. Die morgentliche Fahrt durch die noch wolkenverhangenen Berge führt uns zum Hafen von Agios Ioannis. Hier wartet bereits Dimitrios mit seinem Motorboot auf uns und heißt uns an Bord willkommen. Wir werden mit ihm einen herrlichen Küstenabschnitt erkunden und erhalten Gelegenheit an einigen der schönsten Badeplätze ins Wasser zu springen.
Direkt die erste Bucht ist die von Damouchari, die wir gestern von Land aus besucht haben. Dimitrios lenkt sein Boot immer wieder dicht an die Felsen der Steilküste. Das sehr ruhige Meer lässt es sogar zu, dass er sein Boot in die eine oder andere Felsgrotte einfährt. Die bizarren Felsformationen regen die Phantasie an und im Profil erscheint uns auch kurz der Meeresgott Poseidon.
Dimitrios weist auf rostige Überreste auf einem Felsplateau hin und erzählt uns, dass es sich hierbei um Geschützteile des Torpedoboots TA-18 handelt. Als ehemals italienisches Kriegsschiff der Palestro-Klasse wurde es unter deutscher Flagge am 19.Oktober 1944 von britischen Zerstörern vor der Küste versenkt.
Ein besonders paradiesisch anmutender Strand ist Paralia Fakistra und hier stören wir vielleicht die Einsamkeit, der sich die einzigen beiden Badegäste gerade erfreuen. Zwischen hohen bewaldeten Klippen stürzt hinter dem Strand ein Wasserfall hinab. Wir stören nicht lange, genießen aber einen Sprung in das unglaubliche Blau, das der helle kalkige Untergrund dem Meer verleiht. An einigen Stellen erleben wir das Phänomen, dass das Oberflächenwasser kälter ist als das Wasser in der Tiefe, bedingt durch aufsteigendes wärmeres Quellwasser.
Mit einer Luftlinie von etwa 5 Kilometern nach Süden endet der Trip nach einem Bad am herrlichen Strand Paralia Limnionas. Mit den 200 PS seines 3000 Kubikzentimeter- Außenborders bringt uns Dimitrios in großer Fahrt zurück nach Agios Ioannis. Mit Blick auf den langen Sandstrand essen wir in der Taverne „O Christos“ gegrillten Kalamar und Spetzofai. Spetzofai ist eine thessalische Spezialität aus Rindswurst, Paprika und Tomaten, die Joachim so begeistert, dass er den Eintopf zu Hause angekommen direkt fotodokumentiert nachkochen wird.
Auf dem Weg zurück nach Afissos hat Georg für uns noch eine Verabredung mit seinem guten Freund Uwe getroffen, den er uns gerne vorstellen möchte. Uwe ist pensionierter Lehrer aus Berlin und mit mittlerweile 86 Jahren lebt er heute in der Ortschaft Mouresi 350 Meter über der Ägäis. Sichtlich erfreut, dass Georg mit uns auf seiner Terrasse einfällt bewirtet uns Uwe mit Kaffee und hochprozentigem Zipporo und legt gleich los uns einen kurzen Abriss über sein Leben zu geben. Schon immer fühlte er sich zu Griechenland hingezogen und nach einer ersten Reise 1958 kaufte er sich bereits 1962 ein Haus. 1974 erwarb er das jetzige Haus mit einem Freund, das er seit seiner Pensionierung dauerhaft bewohnt.
Er ist schon ein interessanter Gesprächspartner- er berichtet von seiner Tochter, die wie er und seine Frau eine engagierte Lehrerin wurde. 4 Enkel, erste Urenkel und viele seiner Schüler besuchen ihn hier gerne in seinem kleinen Paradies. Er schwärmt über seine ehemalige Tätigkeit als Lehrer, die ihm glaubhaft viel bedeutet haben muss. Von 1971-1976 waren seine Frau und er Lehrer an der renommierten Odenwaldschule bis sie merkten, dass dort irgendwas nicht stimmt. Aus Protest gegen die Schulleitung verließen beide die reformpädagogische Schule. Erst viel später im Jahr 1999 wurden massive Vorwürfe wegen systematischem sexuellen Missbrauchs gegen die Schulleitung erhoben. Damals ein Schock für die Öffentlichkeit und bis heute sicherlich eine bedrückende Tatsache für Uwe, der vielleicht noch Erinnerungen an den einen oder anderen betroffenen Schüler hat.
Eine philosophische Frage stellt er seinen Besuchern: „Was ist Heimat?- wo ich verstanden werde?- oder wo ich mich hinlege?“ Jeder beantwortet die Frage sicher etwas anders aber ideal wäre es doch wenn beides zuträfe 😉 Nach dieser kurzweiligen Kaffeetafel verlassen wir Uwes Haus mit den allerbesten Wünschen für ihn. Kostas fährt uns über die kurvenreichen Passtrassen zurück zu unserem Basislager in Afissos.
Am Donnerstag schnüren wir wieder die Bergstiefel. Die heutige Wanderung hat ein anspruchsvolles Höhenprofil und beginnt auf etwa 500 Höhenmetern im Bergdorf Drakia. Es ist die nördlichste Wanderung dieser Woche und führt uns über einen Aussichtspunkt mit Gipfelkreuz auf 960m weiter zu einem Berghotel auf 1130 m. Dorothee zieht es vor sich die Zeit in Drakia zu vertreiben um dann mit Kostas zum Berghotel hinaufzufahren. Hier kann sie in kühler Bergluft, unter schattigen Bäumen auf uns warten.
Der Aufstieg ist im unteren Teil wildromantisch und führt an Wasserfällen und Badegumpen durch schattigen Wald hinauf in die Region, wo sich das dichte Blätterdach langsam verliert. Georg schreckt eine grüne Schlange vom Weg auf, die ich leider nicht mehr vor die Linse bekomme. Es wird wieder unerbittlich heiß und der Schweiß rinnt von der Stirn als weit über uns das Gipfelkreuz auf der Felsnase auftaucht. Heute entscheiden sich Nicola, Irmgard und Eric diesen Teil des Weges abzuschneiden um an einer verabredeten Stelle wieder mit uns zusammenzutreffen. Der Aussichtspunkt bietet einen Hammerblick hinunter auf Volos und die Meeresbucht zwischen Pilion und Festland.
Mir begegnen Fotoobjekte wie Landschildkröten, Schmetterlinge und andere Insekten, die es mir schwer machen Georgs vorgegebenes Tempo zu halten. Die Küche des Manthos Hotels ist nicht geöffnet, ein eiskaltes Alpha-Bier lassen wir uns allerdings gern schmecken. Im Winter soll es hier ausreichend Schnee für Wintersport geben, was uns Kostas bestätigt. Er hat hier wohl Skilaufen gelernt.
Der Abstieg, auf dem Dorothee uns nun begleitet geht auf 700 Höhenmeter hinunter an die Straße oberhalb von Drakia. Diesmal nimmt Eric im Bus von Kostas für die Talfahrt Platz. Heute gehen wir am Strand von Afissos noch Baden und der Sonnenuntergang über der Bucht wird eine gelungene Vorstellung bei unserem Abendessen. Die Seniorchefin Meropi hat Geburtstag und nach einem Ständchen lassen wir sie beim gereichten Ouzo zu Ihrem 83. Ehrentag hochleben.
Freitag steht dann unser letzter Wandertag an, bei dem wir einen etwa 11 Kilometer langen Küstentrail entlang der östlichen Südspitze des Pilion begehen. Wir beginnen in Platania auf Meeresniveau und aufsteigend durch das hügelige Küstenhinterland überwinden wir einen Scheitelpunkt von 280 Höhenmetern um dann nach Katigiorgis abzusteigen. Auch heute steigt die Temperatur rasch und jeden Schatten oder Windzug nehmen wir dankend an.
Schon bald blicken wir über die Bucht von Platania zurück auf die Pilion-Südküste nach Südwesten und nach Osten auf die Inseln der nördlichen Sporaden. Hinter Skiathos vermischen sich im Dunst die Silhouetten der Inseln Skopelos und Alonnisos. Über die Meerenge nach Süden fällt der Blick auf die Nordküste der nach Kreta zweitgrößten Insel Griechenlands- Euböa.
Blumenwiesen mit vielen Insekten und Schmetterlingen und Olivenhaine mit zum Teil alten Olivenbäumen bestimmen das Landschaftsbild. Wir nähern uns mehr und mehr absteigend der Küste an und erreichen eine schmucke Ferienanlage am Vromoneri-Strand. Die Einladung hier ins Wasser zu springen nehmen wir noch nicht an und gehen durch schattigen Kiefernwald weiter bis zur Bucht von Katigiorgis, wo uns nichts mehr aufhält in das klare Wasser der Ägäis zu fallen.
Nach der Abkühlung bestellen wir uns in der Strandtaverne „Areti“ auf kleinen Tellern viele verschiedene Köstlichkeiten von denen alle etwas probieren. Am Hotel müssen wir dann schon unsere Koffer für die Abreise vorbereiten, denn am Abend hat Georg für uns einen Tisch in der angenehmen Taverne „Pame Plateia“ in Afissos bestellt. Hier verbringen wir unseren letzten Abend mit unseren Wegbegleitern. Mit dem einen oder anderen Ouzo lassen wir unsere Erlebnisse im Pilion-Gebirge noch einmal Revue passieren und nehmen an diesem Abend bereits Abschied von unserem engagierten Guide Georg, der uns die Schönheit dieser Region seines Landes näher gebracht hat. Der Wecker steht auf 6 Uhr, die Nacht gestaltet sich kurz und mit einem bereitgestellten Frühstückspaket sind wir um 6:30 Uhr startklar. Kostas ist pünktlich da und setzt uns planmäßig in Volos am Flughafen ab.
Bereits um 11:00h Ortszeit landen wir in München und fahren mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof, wo wir unser Gepäck in einem Schließfach verstauen. Unser Zug fährt erst um 15:41h und wir nutzen die Zeit für ein Mittagessen in einem Café am Beethovenplatz und einen Bummel durch die Fußgängerzone, wo wir dem Treiben an der Fontäne am Sendlinger Tor eine Weile zuschauen. Ohne weitere Überraschungen fährt unser ICE gegen 22:00h im Wuppertaler Hauptbahnhof ein.
Wir haben diese Woche in den griechischen Bergen sehr genossen und wie so oft habe ich beim Schreiben dieser Zeilen unseren Trip ein zweites Mal erlebt. Dorothee und ich bedanken uns bei allen Mitstreitern, bei Georgios und Kostas für die angenehme und erfüllte Zeit. Unser Dank geht auch an das Team im Hotel „Maistrali“ für die gute Küche und die Gastfreundschaft. Es werden für uns nicht wieder 20 Jahre vergehen bis wir nach Griechenland zurückkehren. Es gibt auch hier noch so viel zu entdecken.
A.Korbmacher
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