Pfingstfahrt Familiengruppe 2022

Pfingstfahrt der Familiengruppe 2022

Es kam diesmal alles anders….

 

Die Vorfreude auf die Pfingstfahrt 2022 am ersten Juniwochenende ist riesig und die Verpflegung wird in einer extra eingerichteten WhatsApp-Gruppe lebhaft diskutiert. Ich halte mich da erst mal raus, denn eines ist sicher- für Essen und Trinken wird erfahrungsgemäß immer mehr als ausreichend gesorgt.

Delegation der Familiengruppe beim Abendessen
Delegation der Familiengruppe beim Abendessen

21 People aus 6 Familien sind gebucht für das Wochenende in einem Wanderheim in Arbrefontaine, in den belgischen Ardennen. Marc hat viel Vorarbeit aufgewendet und alles steht einen Tag vor der Anreise- die Unterkunft ist bezahlt, die Einkäufe erledigt und die Autos sind gepackt. Mein Los vor dem langen Pfingstwochenende ist am Donnerstag noch ein Nachtdienst auf der Intensivstation.

La Roche en Ardenne
La Roche en Ardenne

Am Donnerstag ploppt ein Feuerwerk von Nachrichten auf meinem Smartphone auf. Familie 1 meldet sich ab, da Sohnemann nach Corona-Kontakt Symptome entwickelt. Eine halbe Stunde danach meldet sich Familie 2 mit ähnlicher Problematik. Hektische Diskussionen jagen über das Display und eigentlich sind wir uns alle einig- ein Superspreader-Event darf es nicht geben. Ich kann in meinem Dienst die weiteren Entwicklungen nur grob erfassen und bin gespannt wie sich die Society letztlich entscheidet.

Burg und Kirche von La Roche en Ardenne
Burg und Kirche von La Roche en Ardenne

Freitag 07:30h- Dienstende nach sehr beschnittener Nachtruhe. Dorothee sammelt mich pünktlich vor dem Krankenhaus ein. Sie muss bis mittags arbeiten und setzt mich zu Hause ab. Gegen 09:00h lege ich mich hin und schaue noch ein letztes Mal aufs Handy-Display. Ein schlechter Scherz??

Fingerhut
Fingerhut

Jetzt fällt Familie 3 aus und das sind Marc und Heike, die alles organisiert haben. Ich habe nur grobe Vorstellungen davon, was in Marc wohl vorgeht- neben der Organisation hat er bereits unsere Wanderungen für das Wochenende ausgearbeitet und sich wie auch alle anderen auf dieses Wochenende gefreut. Es ist das dritte Jahr in dem Corona uns begleitet. Immerhin gab es in all dieser Zeit eine Gruppenfahrt im Dezember des letzten Jahres. Ich lege mich hin und gehe fast davon aus, dass die ganze Aktion platzt als auch Familie 4 den Rückzug antritt. Wirklich schade, mal sehen was sich bis heute Mittag entscheidet.

Tiefblick ins Ourthe-Tal
Tiefblick ins Ourthe-Tal

So begibt es sich aber, dass eine Delegation von nur 4 Personen am Freitagnachmittag die Reise nach Belgien antritt. Dorothee und ich treffen am Abend auf unsere Freunde Monika und Bernhard, mit denen wir uns ja auch sonst gerne zum Wandern treffen. Wir haben unser Habitat für das Pfingstwochenende in Empfang genommen. Eine einheimische Dame mit Gipsbein übergibt uns unsere Schlüssel und zeigt uns kurz die Einrichtung. Nachdem wir zwei der vier Zimmer ausgewählt und uns in dem reichlich bemessenen Domizil ausgebreitet haben finden wir uns am Tisch im Garten zum Abendessen ein. Wir wohnen in einem Anbau eines größeren Hauses, in dem eine große Männergesellschaft untergebracht ist.

Gutes Wetter- Gute Laune
Gutes Wetter- Gute Laune

Das Benehmen der erwachsenen Kerle nebenan geht nicht ganz mit unserer Vorstellung von guter Nachbarschaft einher. Große Mengen frittierter Kartoffeln und anderer lokaler Spezialitäten aus der „Fritture“ werden angeliefert, das Bier fließt reichlich dazu. Zum einen vernehmen wir lautstarke Geräusche, die auf die gerade vertilgte schwer verdauliche Kost zurückzuführen sein mögen, zum anderen müssen unsere Frauen im weiteren Verlauf des Abends dem Szenario von sich in der Wiese entleerenden „Maneken Pis“ beiwohnen. Wir tragen das mit Fassung und genießen den lauen Abend.

Bulls Eyes
Bulls Eyes

Am Samstag passt das Wetter, es wird sonnig mit Temperaturen weit über 20 Grad. Marc hat uns seine aus dem Rother Wanderführer herausgesuchte Wanderung zugeschickt. Es ist ein knackiger Rundkurs von La Roche en Ardenne aus, der uns in 18,5 Kilometern 635 Höhenmeter beschert. La Roche liegt an einer Schleife der stark mäandernden Ourthe, dem wasserreichsten Nebenfluss der Maas. Wir beschreiben eine südwestliche Schleife entgegen des Uhrzeigersinns und haben beim Losgehen einen schönen Blick auf den Ort. 140 Höhenmeter geht es steil auf die erste Anhöhe auf 360m. Prächtige Charolais- Rinder stehen auf den Weiden. Ein muskelbepackter Bulle betrachtet uns argwöhnisch.

Pause am Bach
Pause am Bach

Kaum haben wir uns hochgekämpft beginnt auch schon der Abstieg, der uns wieder an die Ourthe hinunter führt. Ein Stück entlang des Flusses wartet bereits der nächste Anstieg, von denen es heute insgesamt fünf zu überwinden gibt. Es ist schwül-warm und es ist ein forderndes Höhenprofil das uns Schweißperlen auf die Stirn treibt. An einem schattigen Bach machen wir unsere Mittagspause und ich habe Gelegenheit ein paar schöne Bilder von blauen Prachtlibellen zu schießen.

Blaue Prachtlibelle
Blaue Prachtlibelle

Enge Täler und weite Höhen wechseln sich ab. Das undulierende Auf und Ab bringt uns zuletzt auf eine Anhöhe von über 400 Höhenmetern. Nach La Roche zurück geht es dann per Direttissima gut 200 Höhenmeter abwärts. Auf der Ourthe sind in der Nachmittagssonne einige Paddler unterwegs. Wir laufen durch den Ort zurück zum Auto.

Auf der Brücke
Auf der Brücke

Auf dem Weg nach Arbrefontaine kommen wir über die höchste Erhebung der Wallonie, den Baraque de Fraiture 652m, wo sich tatsächlich auch ein Skigebiet befindet. Hier wollen auch wir heute die traditionelle Schnellimbisskultur der Belgier an uns heranlassen. In der hiesigen Fritture lassen wir uns mit Brochettes, den frittierten Fleischspiessen mit den ebenso zubereiteten goldgelben Kartoffelstäbchen bewirten. Das Ganze mit ordentlich Majo, Ketchup und Sauce Tartare erfüllt alles- aber nicht die Ernährungs-Empfehlungen des Hausarztes.

Die Wallonie- Enge Täler und weite Höhen
Die Wallonie- Enge Täler und weite Höhen

Auch an diesem Abend gewinnen wir den Eindruck, dass die benachbarte Männergesellschaft noch immer nicht den sanitären Bereich ihrer Wohneinheit entdeckt hat. Wir trinken noch etwas zusammen im Außenbereich unserer Hütte und werden heute Abend nicht so alt wie die Jungs nebenan. Nach der heutigen Runde schlafen wir uns am Sonntag ordentlich aus.

Bon Appetit!
Bon Appetit!

Schon im Vorfeld wurden von den „Wetterfröschen“ für Sonntag Gewitter und Regengüsse vorhergesagt. Moni und Bernhard unternehmen trotzdem eine 7,7 Kilometer lange Rundwanderung mit 323 Höhenmetern an den Cascades de Coo. Wir haben uns in Anbetracht der Wetterlage zu einem Alternativprogramm entschieden und statten dem hübschen Städtchen La Roche en Ardenne einen weiteren Besuch ab. Wir wollen uns dort die Burganlage der Stadt ansehen, die hier seit dem 11.-14.Jahrhundert gebaut und bis 1780 bewohnt wurde. Wir parken an der Ourthe und gehen durch die Fußgängerzone hinauf zur Burg, als bereits die ersten Tropfen vom Himmel fallen. In der Ruine nutzen wir die vorhandenen Unterstände um von oben nicht nass zu werden, bis wir die Burgklause erreichen in der wir uns niederlassen und etwas trinken.

Regen auf der Burg
Regen auf der Burg

Wir beneiden unsere Freunde nicht, denn dunkle Wolken entleeren sich zunehmend über den Ardennen. Es plästert sozusagen in Strömen und nach einem kurzen Rundgang durch die Burg suchen wir erneut Schutz im Gewölbe der Burgklause wo wir einem kurzweiligen Event beiwohnen dürfen. Die 14 Uhr- Flugschau wurde wetterbedingt nach innen verlagert und ein Falkner und eine Falknerin führen unterhaltsam einige Greifvögel und einen Raben in unserem Kellergewölbe vor.

Nachtjäger aus Südafrika
Nachtjäger aus Südafrika

Bei nachlassendem Regen verlassen wir die Burg, steigen wieder hinab in die Stadt und statten dort noch dem Museum einen Besuch ab, dass wie an so vielen Orten in den Ardennen an die verzweifelten Kämpfe im Winter 1944/45 erinnert, die auch La Roche geprägt haben. „The Battle of the Bulge“ war eine der größten Landschlachten des 2.Weltkrieges in der 1 Million Soldaten kämpften. Mit hohen Verlusten wurde in den Wäldern der Region die Gegenoffensive der Deutschen niedergeschlagen und so letztlich die Befreiung Nazi-Deutschlands eingeleitet.

US-Sherman Tank- Relikt der "Battle of the Bulge"
US-Sherman Tank- Relikt der „Battle of the Bulge“

Der Museumsbetreiber ist der Enkel von André Gillette, der mit 23 Jahren in der belgischen Armee gekämpft hat. Die private Sammlung mit liebevoll eingerichteten Dioramen gibt Einblicke in diese dunkle Vergangenheit. Diese Bilder von Krieg, Zerstörung und Elend sind in unserem Alltag durch den Krieg in der Ukraine leider wieder aktuelle Realität in Europa geworden.

La Roche 1944/45
La Roche 1944/45

Am Abend treffen wir auf unsere Freunde, die sich völlig durchnässt erst einmal eine heiße Dusche gönnen. Wir kochen etwas zusammen und bleiben heute drinnen, denn es hat draußen deutlich abgekühlt. Ich lasse mir noch ein belgisches Bier mit lustigen Zwergen auf dem Etikett aus der nahe gelegenen Brasserie d’Achouffe in Houffalize schmecken. Belgien hat eine große Bierbrautradition und die Vielfalt der häufig höherprozentigen Bierspezialtäten in den Verkaufsregalen ist enorm. Das Zwergenbier lässt mich selig schlafen und am Pfingstmontag frühstücken wir noch einmal in aller Ruhe mit unseren Freunden bevor wir uns am Mittag vor dem Hauptreiseverkehr auf den Weg nach Hause machen.

Zwergenbier aus Achouffe
Zwergenbier aus Achouffe

Auch nach zweieinhalb Jahren Corona- Pandemie ist das Thema noch nicht vollständig abgehakt, obwohl der größere Teil unserer Gesellschaft beschlossen hat, dass dem so ist. Ich tue mich immer noch schwer damit in geschlossenen Räumen die Maske fallen zu lassen. Unsere Tochter hat mit 75000 Gleichgesinnten das Festival „Rock am Ring“ in der Eifel besucht, das zuletzt 2019 stattfand. Wir hoffen, dass auch unser traditionelles Pfingst-Treffen im nächsten Jahr wieder ungetrübt und in voller Stärke stattfinden kann.

A. Korbmacher

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