Ausflug in die Romanik rund um Fulda 2024
Ende Mai habe ich mich mit dem Thema Gleitschirmfliegen auf der Wasserkuppe beschäftigt. Mein Ziel viel Flugpraxis in Form von Höhenflügen zu erlangen konnte ich in der Woche leider nicht erreichen. Nach einem einzigen Flug am Dienstagabend kippten die Wetter-Bedingungen nach dem Einzug einer Kaltfront. Eine Vb-Wetterlage entwickelte sich über Deutschland und führt an diesem Wochenende Anfang Juni zu schweren Unwettern in Süddeutschland und am Alpenrand. Über meine Woche an der Wasserkuppe habe ich einen Bericht erstellt unter:
Sonstige Touren/ Gleitschirm-Fliegen/ Gleitschirmkurs Wasserkuppe Part III 2024
Auf der Wasserkuppe sieht die Flugwetter-Prognose für das Wochenende sehr düster aus. Ich habe mein Fliegerzimmer noch bis Sonntag gebucht und überlege mir ein Alternativ-Programm. Ich habe mir zwei romanische Bauwerke nordöstlich von Frankfurt ausgesucht, die in das 12.Jahrhundert, in die Zeit von Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) entführen. Da wäre die Abteikirche des ehemaligen Benediktinerklosters Konradsdorf mit einer erhaltenen Probstei, die in Hessen zu den wenigen erhaltenen Gebäuden aus der Stauferzeit zählen. Bereits im 8.Jahrhundert hat Konrad, ein Lehensmann der Benediktinerabtei in Fulda hier einen Herrenhof gegründet. Der Hof wurde um 1000 zu einer kleinen Burganlage umgestaltet und im ausgehenden 12.Jahrhundert in ein Kloster umgewandelt.
So wurden auch die Fundamente einer ersten einschiffigen Kirche aus dem 10. Jahrhundert, unter dem im 12. Jahrhundert erfolgten dreischiffigen Umbau entdeckt. Erstmals 1191 urkundlich erwähnt, wurde das Kloster seit 1219 von Prämonstratenserinnen bewirtschaftet. Unverheiratete Frauen des Wetterauer Adels stellten einen Teil der Nonnen. Mit Schenkungen aus den Adelskreisen erlangte das Kloster einen ansehnlichen Besitz. In der Blütezeit im 14.Jahrhundert gehörten vier Bauernhöfe und zahlreiche Ländereien mit Pachteinnahmen zum Kloster Konradsdorf.
Gegen Mittag parke ich auf dem ummauerten Gelände des ehemaligen Klosters. Ich erblicke das schlichte Portal der dreischiffigen Basilika, deren Wiederentdeckung mit archäologischer Aufarbeitung erst am Ende des 20. Jahrhunderts Fahrt aufnahm. Im 19. Jahrhundert gab es einige Untersuchungen und mit der Romantik wuchs das Interesse an romanischen Bauwerken, allerdings geriet Konradsdorf bald wieder in Vergessenheit, da das Abteigebäude als Scheune und Viehstall heruntergekommen war. Erst 2016 wurden Landesmittel freigegeben, die eine grundlegende Restaurierung der Abteikirche und der Probstei möglich machten. Beide Gebäude haben die Zeiten überdauert und sind seit 2023 als wiederentdeckte „Perlen der Romanik“ zu besichtigen. Es ist ein toller Ort, an dem sich heute nur sehr wenige Besucher einfinden.
Der nächste Ort, den ich heute aufsuche ist die Residenz des Stauferkaisers selbst, die Kaiserpfalz in Gelnhausen. Gelnhausen gilt als besterhaltene Ruine einer Kaiserpfalz in Deutschland. Verkehrsgünstig an der Via Regia zwischen Frankfurt und Leipzig gelegen, diente das Bauwerk der Sicherung des Reichsbesitzes in der Wetterau und dem Kaiser als Hof auf den Reisen durch sein Reich. Die benachbarte Stadt Gelnhausen erhielt während des Baus der „Barbarossaburg“ vom Kaiser 1170 das Stadtrecht.
Von der Kaiserpfalz blickt man auf die hübsche Altstadt von Gelnhausen, die von der Marienkirche überragt wird. Die Grundsteinlegung der sich heute im romanisch-gotischen Übergangsstil präsentierenden Kirche geht ebenfalls auf die Gründung der Reichsstadt zurück. So entstand der Westturm bei Baubeginn noch in rein romanischem Stil. Nach meinem Ausflug in die Welt der Romanik kehre ich zurück zu meinem Quartier auf der Wasserkuppe und freue mich auf ein gutes Abendessen im Peterchens Mondfahrt.
Am Sonntag checke ich nach dem Frühstück aus und verlasse den Fliegerberg mit einem Zwischenstopp auf einem Wanderparkplatz östlich der Wasserkuppe, am Franzosenweg vor Oberelsbach. Eine kurze Wanderung nehme ich in Kauf, um hier Aufschlüsse von Basaltsäulen im Wald aufzusuchen. Es geht durch einen tollen Wald im Elsbachtal, das als Biosphärenreservat ausgezeichnet ist. Nach den Regenfällen der letzten Tage ist der Elsbach gut angefüllt. Als Relikte des Vulkanismus in der Rhön geben die Basaltfelsen in der Morgensonne ein schönes Fotomotiv ab.
Um 14:00h erwarte ich Dorothee in Fulda am Bahnsteig. Sie kommt hier pünktlich von einer Fortbildung in Berlin mit dem ICE an. Im Süden Deutschlands bei Schwäbisch Gmünd ist ein ICE durch einen Erdrutsch entgleist, was zu massiven Störungen des Zugverkehrs geführt hat. Gemeinsam wollen wir uns zunächst in Fulda umsehen. Die Geschichte Fuldas reicht weit zurück in die Vergangenheit, beginnend mit dem Nachweis steinzeitlicher Zeugnisse, einer keltischen Ansiedlung am Berg Milseburg, über die Völkerwanderung nach dem Zerfall des römischen Reichs bis hin zur Gründung des Klosters Fulda im Jahr 744. Karl der Große erteilt dem Kloster mit dem Status eines Reichsklosters im Jahr 774 Immunität.
Ab 1019 erhält Fulda Münz-, Markt- und Zollrecht und wird 1114 erstmals als Stadt erwähnt. Wir kommen vom Bahnhof über die moderne Einkaufsstraße am alten Rathaus der Stadt vorbei, das im Stil seiner Erbauung um 1531 gehalten ist. Am Weg liegt auch das barocke Stadtschloss von Fulda. Das Wahrzeichen der Stadt ist der Dom St. Salvator. Der Vorgängerbau, die Ratgar-Basilika des Klosters Fulda mit der Grablege des hl. Bonifatius wurde von 791 bis 819 erbaut und galt als größte Basilika nördlich der Alpen. 1712 wurde nach Teilabriss der romanischen Basilika der heutige barocke Dom geweiht. Im Innenraum findet man keinerlei Hinweise mehr auf seine romanischen Anfänge.
Dafür steht in direkter Nachbarschaft die Michaeliskirche, der man ihre romanischen Wurzeln schon von Weitem ansieht. Ebenfalls als Begräbniskirche des Klosters Fulda von 818-822 erbaut, ist sie eine der ältesten Kirchen Deutschlands. Der runde Altarraum mit seinen acht Säulen stammt aus dem 9.Jahrhundert, im Innenraum befinden sich Fresken aus dem 11. Jahrhundert. Der Abstieg in die Krypta führt in das 8. Jahrhundert. Der Raum mit dem ionischen Kapitell auf einer Mittelsäule stammt vermutlich aus dem Vorgängerbau, der Sturmius- Basilika aus der 2.Hälfte des 8. Jahrhunderts.
Westlich der ehemaligen Stadtgrenze befindet sich die Klosterkirche des Benediktiner-Klosters Neuenburg. Mit der Gründung dieses Klosters wurde auch die Kirche im Jahr 1023 geweiht. In der ottonischen Krypta unter dem Altarraum befinden sich Fresken mit hoher kunsthistorischer Bedeutung. Leider können wir nur durch ein Gitter in den Raum hinein sehen. Die erst 1932 entdeckten und freigelegten Fresken zeigen eine liturgische Prozession von 22 Engeln und in 3 romanischen Fenstern alttestamentliche Gestalten wie Abel, Abraham und Melchisedek.
Nach unserem Eintauchen in das tiefe Mittelalter von Fulda wenden wir uns unserem Hotel bei Großenlüder zu. Der Landgasthof liegt in einem idyllischen Tal, das von der kalten Lüder durchflossen wird. Wir haben hier ein schönes ruhiges Zimmer und essen am Abend sehr gut. Aus einer Zucht bei Fulda bekomme ich ein köstliches Fulda-Störfilet auf den Teller, das auf der Zunge fantastisch mit einem Weißburgunder harmoniert.
Am Montag lassen wir uns Zeit beim Frühstück. Dorothee hat einen Entwurf für eine Wanderung erstellt, die uns direkt vor der Haustür auf den Mühlenweg führt, der entlang der kalten Lüder an ehemaligen Wassermühlen vorbeiführt. Auch an der Stelle unseres Hotels gab es einst eine Wassermühle. Wir entscheiden uns für eine etwas abgekürzte Variante der gesamten Mühlenweg-Runde von 18,6 Kilometern. Unsere Runde führt uns über 13,3 Kilometer in südlicher Richtung in einem Bogen über die Höhen südlich der L3079 und am Osthang der kalten Lüder zurück zu unserem Gasthof. Auf dem Hof gibt es einiges zu entdecken, wie zum Beispiel eine Scheune mit einer beachtlichen Sammlung historischer Traktoren. Wir genießen den ausklingenden Tag noch mit zwei Saunagängen und einem Sonnenbad am benachbarten Weiher.
Am Abend werden wir vom gleichen aufmerksamen Kellner wie am Vorabend bestens kulinarisch beraten. In seiner angenehmen kommunikativen Art erfahren wir, dass er einige Jahre den Service eines Essener Sternekochs geleitet hat. Wir fühlen hier uns bestens aufgehoben und werden die Adresse in bester Erinnerung behalten.
Am Dienstag treten wir die Heimfahrt an und passieren bei Neuenhof den „Monte Kali“, eine imposante Salzhalde aus dem Kali-Bergbau, der die Landschaft mit über 200 Höhenmetern überragt. In Grebenhain kaufen wir noch hessische Wurstspezialitäten in einer traditionellen Metzgerei und statten auch einem Bäcker noch einen Besuch ab. Wir navigieren ohne Autobahn an Marburg und Siegen vorbei in unsere Bergische Heimat und beschließen das schöne Wochenende mit einem kleinen BBQ und einem Glas Wein.
A. Korbmacher
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