Ein Dezemberwochenende in
Paris 2016
Mitte Dezember nutzen wir die Möglichkeit eines verlängerten Wochenendes für einen Ausflug nach Paris. Für mich ist es der dritte Besuch der französischen Hauptstadt. Für ein paar Tage im Jahr 1990 und während einer ganzen Woche 2004 hatten wir bereits Gelegenheit Eindrücke dieser pulsierenden Metropole mit ihren Sehenswürdigkeiten mit nach Hause zu bringen. Paris hat viele Namen- die Stadt der Liebe, der Mode, des Lichts….- eine Stadt mit sehr vielen Facetten. Der ganz besonderen Athmosphäre der Stadt kann sich keiner entziehen.
Beim Verlassen der Autobahn am Freitag Mittag und beim Durchfahren des nördlichen Randbezirks wirken zunächst weniger glanzvolle Eindrücke auf uns ein. Jemand verschmiert uns mit einem Schwamm die Windschutzscheibe, wohl in Erwartung einer Vergütung für diesen ungebetenen und lästigen Service. Bettler nutzen den Verkehrsstau stadteinwärts um etwas Geld zu sammeln. Stadtauswärts suchen Personen mit Papptafeln eine Mitfahrgelegenheit. Auf den Tafeln zu lesen: „Syrischer Flüchtling“. Der Verkehr in Paris verlangt allerdings meine volle Aufmerksamkeit und so nehme ich all das nur beiläufig zur Kenntnis. Die Stadt des Lichts hat auch ihre Schattenseiten.
Irgendwie schaffen wir es dann auch uns durch den äußerst hektischen Verkehr zu unserem Hotel in der Nähe der Tuilerien und des Louvre zu kämpfen. Im Parkhaus gewöhnen wir uns schon mal an die Pariser Preise- fast einhundert Euro für 2 Tage parken. In jedem Fall sind wir froh das Auto nun erst mal los zu sein. Paris präsentiert sich bei sonnigem Wetter, einen festen Sightseeing- Plan haben wir nicht.
Die pompöse Fassade des Palais Garnier der Pariser Oper mit seinen vergoldeten Engeln erstrahlt in der Nachmittagssonne. Wir entscheiden uns zu einem Besuch des Opernhauses und sind mehr als beeindruckt vom gigantischen neobarocken Marmortreppenhaus, dem Grand Foyer und dem Zuschauerraum mit einem Deckengemälde von Marc Chagall.
Wir lassen uns weiter treiben und laufen die Rue de la Paix entlang auf die Silhouette der im Gegenlicht vor uns liegenden Colonne Vendôme zu. Seit 1810 steht die Triumphsäule auf dem Place Vendôme, obenauf Napoleon Bonaparte als Sieger der Schlacht von Austerlitz. Vorbild für die aus 133 russischen und österreichischen Kanonen gegossene Säule ist die Trajanssäule in Rom.
Dahinter erreichen wir bald die Rue de Rivolie entlang des Tuilerien- Gartens. Der ehemalige Schlossgarten des Louvre bildet eine Achse mit dem Obelisken am Place de la Concorde und mit der Avenue des Champs Élysées zum Arc de Triomphe.
Über den Tuilerie Garten erreichen wir den Place de la Concorde mit dem 22m hohen Obelisken von Luxor, der hier seit 1835 steht. Die beiden benachbarten Brunnen mit ihren Wasserspielen runden das Bild dieses Platzes ab und geben dem Ganzen an diesem sonnigen Dezembertag ein mediterranes Flair.
Während der Vorweihnachtszeit ergänzt hier am Place de la Concorde noch ein Riesenrad die Achse zur Champs Élysées, die von einem Weihnachtsmarkt mit allem drum und dran gesäumt wird. Auf einer Eisbahn ziehen Schlittschuhläufer ihre Kreise. Der achtspurige Verkehr Richtung Arc de Triomphe verschwimmt in einem Lichtermeer aus unzähligen roten und weißen Lichtern.
Vorbei am Grand Palais halten wir uns Richtung Avenue Montaigne. Prachtvolle Hotels und zahlreiche Geschäfte mit den führenden Namen der „Haut Couture“ säumen unseren Weg. Die Schaufenster von Dior, Prada & Co sind ein Hingucker. Viele Exponate findet man in einem solchen Schaufenster nicht, nur ein kleines Suchschildchen verrät diskret – Schnäppchen gibt es woanders.
Wir nähern uns der Seine am Place de l’Alma. Hier erinnert seit 1987 die Flamme de la Liberté an die französisch- amerikanische Freundschaft. Die Nachbildung der Flamme der Freiheitsstatue avancierte zu einer Wallfahrtsstätte für die britische Prinzessin Diana. Am 31. August 1997 erlag Lady Di in der darunter liegenden Unterführung auf der Flucht vor Paparazzis einem tragischen Unfalltod.
Entlang des Seineufers wechseln wir an der Brücke Passerelle Debilly auf das andere Seineufer. Die blaue Stunde bricht an und während die bereits untergegangene Sonne die wenigen Wolken in ein rötliches Licht taucht, beginnt die Illumination am Eiffelturm. Der monströse 325 Meter hohe Turm aus 10000 Tonnen Stahl wurde zur Pariser Weltausstellung 1889 als höchstes Gebäude der Welt präsentiert.
Das Bauwerk war zu seiner Zeit allerdings umstritten und es gab Proteste bis hin zu der Forderung das Ungetüm wieder abzureißen. Heute kann sich niemand mehr ein Paris ohne die damalige technische Meisterleistung des Konstrukteurs Gustave Eiffel vorstellen.
Entlang des Marsfeldes laufen wir auf die Millitärschule zu. Vor der Millitärschule steht seit 2000 die Friedensmauer, auf der das Wort „Frieden“ in 49 Sprachen zu lesen ist. Erstmals seit 72 Jahren genießen wir in Europa das Privileg in Frieden zu leben – nicht zuletzt durch Annäherung und Zusammenschluss ehemaliger Feinde zur Europäischen Union. Bei aller Rangelei auf dem politischen Parkett schweigen hier zumindest die Waffen und das Elend zweier Weltkriege kennt auch meine Generation nur aus den Geschichtsbüchern.
Diese Friedens- Message erlangt besondere Bedeutung durch die Tatsache, das sich Paris seit den Terroranschlägen vom 13. November 2015 im Ausnahmezustand befindet und auch noch weiter befinden wird. Durch religiösen Fanatismus wurden bei den feigen Anschlägen 130 Menschen ermordet. Paris hat sich verändert- im Vergleich zu früheren Besuchen der Stadt fällt uns eine deutlich erhöhte Polizeipräsenz auf.
An öffentlichen Plätzen patroullieren schwerbewaffnete Soldaten mit Kriegswaffen inmitten dieser europäischen Hauptstadt- ein durchaus martialisches Bild. Aufwändige Sicherheitschecks an Museen und Sehenswürdigkeiten gehören auch in Paris längst zum Standard. Während ich diesen Bericht schreibe ereilt auch Deutschland unmittelbar vor Weihnachten ein Terroranschlag. Die neue Fratze des Krieges in Europa heißt Terrorismus.
Mit der überfüllten Metrolinie 8 fahren wir zur Station „Concorde“ und steigen um in die Linie 1 zu den „Tuileries“. Ganz in der Nähe unseres Hotels finden wir ein nettes Restaurant in dem wir den Abend ausklingen lassen.
Am Samstag haben wir uns vorgenommen etwas neues in Paris anzuschauen. Wir wollen das Musee d’Orsay besuchen. Neben dem Louvre ist das Museum ein bedeutendes Kunstmuseum. Wir verlassen unser Hotel in der Rue Saint Roche zeitig und brauchen nur den Tuileriengarten zu queren. Der großzügige Garten ist ein beliebter Park in dem auch an diesem kühlen Morgen fleissig Frühsport betrieben wird. Auf der anderen Seite der Seine sehen wir bereits das mächtige Gebäude mit den beiden großen Uhren an den Türmen liegen.
Allein die Architektur der riesigen ehemaligen Bahnhofshalle, die zur Pariser Weltausstellung 1900 fertiggestellt wurde, ist einen Besuch wert. Bis 1939 wurde hier der Zugverkehr nach Orleans bedient. Der üppige Raum bietet ein prächtiges Ambiente für die hier ausgestellten Exponate. Eine prunkvolle goldene Bahnhofsuhr ziert die Halle auch innen an einer der Stirnseiten.
Vom Musee d’Orsay laufen wir parallel, südlich der Seine durch das 7. zum 6. Arrondisement in Richtung Jardin de Luxemburg. Saint-Germain-des Prés gilt als die älteste Kirche von Paris, der Kirchenbau geht bis auf das 11.Jahrhundert zurück. Eine Abtei wurde an dieser Stelle bereits um 557 gegründet.
Eine weitere Kirche im Quartier Saint-Germain-des-Près ist Saint Sulpice. Die Grundsteine von Saint Sulpice stammen zwar auch aus dem 12.Jahrhundert, diese Kirche wurde allerdings im 17. und 18. Jahrhundert durch das heutige barocke Gebäude mit seiner Doppelturmfassade ersetzt. In Saint-Sulpice wurde 1727 zur Erfassung astronomischer Daten ein sogenannter Mittagsweiser eingebaut.
Zur Mittagszeit fällt Licht auf eine Messinglinie auf den Boden der Kirche und wird weiter auf einen Obelisken (Gnomon) projeziert. Auch Winter- und Sommersonnenwende können damit erfasst werden. In dem Bestseller „Da Vinci Code“ von Dan Brown spielt der Gnomon eine leicht uminterpretierte, wohl der Dramaturgie besser dienende Rolle.
Am Odeon- Theater vorbei passieren wir das Quartier Latin, das Studentenviertel nahe der Université Sorbonne.
Beim Überqueren des Boulevard Saint Germain kommen wir noch an einer Austernbar vorbei, an der die prachtvollen Meerestiere spektakulär für den Straßenverkauf präsentiert werden. Bevor wir das Seineufer gegenüber der Ile de la Cité erreichen kommen wir noch an der Église Saint Séverin vorbei.
Ursprünge dieser Kirche gehen auf das 6. Jahrhundert zurück, der heutige Bau auf das 15. und 13. Jahrhundert. Sehr filigran wirkt das Kreuzgewölbe im Innern der fünfschiffigen Basilika.
Wir überqueren die Seine zur Ile de la Cité über die Pont au Double und stehen auf dem Vorplatz der Kathedrale Notre-Dame. Wir betreten die gut gefüllte Kathedrale und erleben Notre- Dame erstmals während des Gottesdienstes. In dieser Vorweihnachtszeit wirkt die musikalische Begleitung durch die geschulte Stimme einer Solistin besonders feierlich.
Als eine der ältesten gotischen Kathedralen Frankreichs wurde mit dem Bau 1163 begonnen- die Fertigstellung geht auf das Jahr 1345 zurück. Das Kirchenschiff im Innern hat eine Länge von 130 Meter.
Über die Pont d’Arcole erreichen wir das Hôtel de Ville. Nördlich der Seine laufen wir Richtung Quartier Les Halles. Hier passieren wir die Großbaustelle am Forum Les Halles, dessen riesige Glasüberdachung in diesem Jahr eingeweiht wurde. Hier im Bauch von Paris wurden die alten Markthallen in den siebziger Jahren abgerissen. Direkt nebenan steht die Kirche Saint Eustache, die als letzte gotische Kirche von Paris im 16. Jahrhundert auf den Fundamenten einer mittelalterlichen Kirche aus dem 13. Jahrhundert errichtet wurde.
In einem Restaurant in der Nähe des Palais- Royal genießen wir einige Finessen der französischen Küche. Auf dem Weg zum Hotel kommen wir an der Église Saint Roch vorbei. Weihnachtliche Musik dringt durch die Mauern dieser barocken Kirche. Wir schauen trotz fortgeschrittener Stunde noch rein und erleben den Rest eines Weihnachtskonzerts inclusive „Stille Nacht“ in bestem Deutsch. Ein netter Abschluß für einen weiteren tollen Tag in Paris.
Am Sonntagvormittag besuchen wir für ein paar Stunden den Louvre. Durch unzählige Umbauten und Erweiterungen über die Jahrhunderte ist der Louvre letztlich aus einer mittelalterlichen Burg hervorgegangen. Die Fundamente dieser ehemaligen Burg befinden sich im Keller und sind an sich schon sehenswert.
Die Sammlung des Louvre gehört zu den umfangreichsten Sammlungen von Kunstschätzen der Menschheit und umfasst alle Schaffensphasen der Menschheitsgeschichte. Somit begnügen wir uns auch diesmal mit einem begrenzten Rundgang durch die endlosen Räume des Louvre.
Den Besuch einer besonderen Dame lassen wir uns dabei nicht nehmen. „La Gioconda“- die Heitere, besser bekannt als Mona Lisa wurde Anfang des 16. Jahrhunderts von Leonardo da Vinci in der Hochphase der italienischen Renaissance gemalt.
Seit Ende des 18. Jahrhunderts ist das eher kleine Bild auf Pappelholz absoluter Publikumsmagnet des Louvre. Dickes Panzerglas soll das weltberühmte Lächeln vor Diebstahl und Angriffen schützen. Bei unserem Besuch wirkt das Selfiegerangel mit Mona etwas befremdlich.
Am Nachmittag verlassen wir das vorweihnachtliche Paris auch diesmal mit einem Koffer voller Eindrücke im Gepäck.
A. Korbmacher
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