Südkroatien und Südbosnien 2016

Unterwegs in Südkroatien und Südbosnien

 

Küstenstrasse
Küstenstrasse

Im Oktober 2016 ist Brescine, ein kleiner Küstenort 20 Kilometer nordwestlich von Dubrovnik für eine Woche unser Urlaubsquartier. Der Flieger von Düsseldorf setzt uns am Samstagmittag in Split ab. Es wird Nachmittag bis wir uns auf der Küstenstraße in Richtung Süden in Bewegung setzen. Bei der tiefstehenden Nachmittagssonne erhalten wir erste Eindrücke von der dalmatinischen Küste mit ihren vorgelagerten Inseln.

Straucherdbeeren
Straucherdbeeren

Fast der gesamte Küstenstreifen gehört zu Kroatien, aber nur eben fast- ein an der schmalsten Stelle nur 5 Kilometer breiter Korridor mit dem Küstenort Neum gehört zu Bosnien- Herzegowina. Wir haben die 200 km bis zu unserem Ferienquartier zeitlich etwas unterschätzt und so erreichen wir Brescine erst in der Dunkelheit.

Bucht von Brescine mit Fischerhafen
Bucht von Brescine mit Fischerhafen

Am nächsten Morgen erkunden wir zunächst die kleine Bucht von Brescine. Unsere Ferienwohnung ist Teil eines alten Fischerhauses, das direkt an dem kleinen Hafen liegt. Wunderbar klares Wasser brandet an den Kiesstrand und glitzert in der Sonne. Warm scheint die Sonne auf die Haut, bei tagsüber immer noch über zwanzig Grad. Nachts gehen allerdings auch hier die Temperaturen schon auf den unteren zweistelligen Bereich. Schwimmen geht zwar noch, kostet aber Überwindung.

Befestigungsmauer bei Mali-Ston
Befestigungsmauer bei Mali-Ston

Das Ziel an unserem ersten Tag liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich am Beginn der Halbinsel Peljesac zwischen dem Küstenort Mali-Ston und dem Nachbarort Ston. Eine Festungsanlage, bestehend aus 3 Kastellen ist mit einem 5 Kilometer langen Mauersystem verbunden. Von den ehemals 40 Türmen sind noch Teile vorhanden. Als uns auf dem 2 Kilometer langen Mauerweg von Mali-Ston nach Ston dann noch asiatische Touristen begegnen, ist das Bild von der Chinesischen Mauer annähernd perfekt.

Ston
Ston

Der Baubeginn der Festungsanlage mit der längsten Festungsmauer Europas geht auf das 14. Jahrhundert zurück, die Fertigstellung auf 1506. Die Salinen von Ston gehen, wie auch die Austernzucht, auf die Römer zurück. Auch wir lassen uns am Abend im Hafen von Mali-Ston die herrlichen Stoner Austern schmecken.

Mali-Ston Hafen
Mali-Ston Hafen

Montag Morgen fahren wir zeitig los nach Dubrovnik, der Perle der Adria. Seit 1979 ist die von einer intakten, massiven Stadtbefestigung umgebene Altstadt auf die Liste der UNESCO als Weltkulturerbe aufgenommen worden. Für einen guten Überblick fahren wir zunächst mit der Seilbahn hinauf auf den Hausberg von Dubrovnik, den 415 m hohen Berg Srd. Eine fantastische Aussicht präsentiert sich uns mit einem Blick auf Dubrovnik, den vorgelagerten Inseln im Nordwesten und den Bergen Montenegros im Südosten. Auch die Grenze zu Bosnien-Herzegowina verläuft sehr dicht im Hinterland von Dubrovnik.

Dubrovnik Altstadt
Dubrovnik Altstadt

Beim Betreten der Altstadt durch eines der nördlichen Stadttore fällt uns die mächtige befestigte Stadtmauer auf . Die Stadtmauer ist vollständig erhalten, kann komplett begangen werden und ist in Europa einzigartig. Als Filmkulisse für Produktionen wie Game of Thrones oder Star Wars hat das mittelalterliche Ambiente der Stadt schon gedient. Souveniershops und Touren zu den einzelnen Drehorten vermarkten diese Tatsache natürlich.

Stadtbefestigung Dubrovnik
Stadtbefestigung Dubrovnik

Zunächst schauen wir hinein, in eines der beiden Kloster der Stadt. Das Franziskanerkloster verfügt über einen schönen doppelsäuligen Kreuzgang und eine mittelalterliche Apotheke aus dem Jahr 1317.

Im Franziskanerkloster
Im Franziskanerkloster

Wir sind nicht allein in dieser Stadt – Dubrovnik hat immer Saison, vor allem wenn Kreuzfahrtschiffe lawinenartig unzählige Touristen zum Landgang ausspucken. An solchen Tagen sollte man Dubrovnik unbedingt meiden, hat unsere Vermieterin in Brescine geraten. An diesem Montag scheint dies nicht der Fall zu sein und so unternehmen wir bei herrlichem Sonnenschein eine Rundwanderung über die fast 2 Kilometer lange Stadtmauer, einmal rund um die Altstadt. Wir erhalten einen guten Überblick über die Stadt und tauchen dann hinab in die Altstadt.

Auf der Stadtmauer
Auf der Stadtmauer

Die belebte Stradun (Grosse Strasse) teilt die Altstadt in einer Ost-West-Achse. In einer kleinen Nebenstrasse nehmen wir Platz an einem der adrett gedeckten Tische des Restaurant „Proto“ . Nach einem sehr delikaten Mittagessen setzen wir gestärkt unseren Besuch durch die Altstadt fort. Entlang der Stradun wurden die Häuser nach dem großen Erdbeben 1667 im damaligen Barockstiel wieder aufgebaut. Der barocke Wiederaufbau nach besagtem Erdbeben ist mir noch aus einigen Städten Siziliens in Erinnerung.

Stradun
Stradun

Entlang venezianischer Palazzi und barocker Kirchen laufen wir zum Hafen. Unser Besuch in Dubrovnik endet mit dem Besuch des Dominikanerklosters, ebenfalls mit einem hübschen Kreuzgang und einem Klostergarten mit Zitronenbäumen. Besonders eindrucksvoll sind die mittelalterlichen Handschriften aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Über das Ploce- Tor mit einer waschechten Zugbrücke verlassen wir die mächtigen Mauern Dubrovniks.

Kreuzgang Dominikanerkloster
Kreuzgang Dominikanerkloster

Am Abend fahren wir noch einmal mit dem Auto hinauf auf den Berg Srd. Auf dem Berg Srd bietet das Fort Imperial aus napoleonischer Zeit die geeigneten Räume für ein Museum des kroatischen Unabhängigkeitskriegs von 1991-1995. Wir sehen hier auch Bilder der Strassen und Gassen, durch die wir heute als Touristen gelaufen sind – allerdings mit zerschossenen, brennenden Fassaden und angsterfüllten Gesichtern inmitten von Schutt.

Dubrovnik 1991
Dubrovnik 1991

Zu Beginn des Balkankriegs war die Stadt 9 Monate lang umkämpft. Mehrere tausend Granaten schlugen in das Stadtgebiet ein und führten zu erheblichen Schäden an den historischen Gebäuden der Altstadt und zu 114 toten Zivilisten und 200 toten Soldaten. Wie friedlich ist dagegen der abendliche Blick auf die vielen Lichter Dubrovniks von hier oben nach Sonnenuntergang – möge sich eine solche Tragödie in Europa nicht wiederholen.

Abendlicher Blick vom Berg Srd
Abendlicher Blick vom Berg Srd

Am Dienstag ist die Stadt Mostar in der Herzegowina unser Ziel. Wir haben meine Mutter mit dabei. Sie hat Mostar noch vor dem Balkankrieg bereist und kennt die weltberühmte Altstadt noch mit der 1566 erbauten Steinbrücke Stari Most über die Neretva. Die Brücke wurde am 9. November 1993 nach mehrstündigen Beschuß im Bosnienkrieg gezielt zerstört. 15 Millionen Euro hat der originalgetreue Wiederaufbau gekostet. 2004 wurde die Brücke feierlich wiedereröffnet und 2005 in das UNESCO- Weltkulturerbe aufgenommen.

Stari Most
Stari Most

Auf dem Weg nach Mostar durchfahren wir zunächst den 5 Kilometer breiten Korridor durch Bosnien Herzegowina und erreichen das fruchtbare Flußdelta der Neretva auf kroatischen Hoheitsgebiet. Hier gedeihen soweit das Auge reicht Zitrusfrüchte und die gelborange Ernte hängt an den vielen Verkaufsständen entlang der Straße zum Verkauf. Einen Beutel Mandarinen und einige von der freundlichen Verkäuferin selbst produzierte Produkte nehmen wir gerne mit.

Verkaufsstand im kroatischen Neretvadelta
Verkaufsstand im kroatischen Neretvadelta

Auch wenn Mostars Altstadt heute wieder für den Tourismus herausgeputzt ist, fällt das wirtschaftliche Gefälle zwischen Kroatien und Bosnien Herzegowina doch sehr ins Auge. Wir parken am Rand der Altstadt auf einem Parkplatz unmittelbar neben Kriegsruinen, die bis heute nicht abgerissen oder saniert worden sind. Wir verbringen einen schönen Tag in Mostars Altstadt. Wir besuchen die Koski Mehmed- Pasha Moschee von 1617 und besteigen natürlich auch das Minarett, von dem wir einen herrlichen Rundumblick auf die Altstadt Mostars genießen.

Mostar vom Minarett der Koski Mehmed-Pasha Moschee
Mostar vom Minarett der Koski Mehmed-Pasha Moschee

Das Biscevica Haus ist ein Wohnhaus von 1536 und gibt einen Einblick in die Wohnkultur im osmanischen Reich. Wie hier in Mostar sehen wir neben christlichen Kirchen in vielen Orten Moscheen. Auch eine Synagoge gibt es in Mostar. Wenn ich mir anschaue, daß hier verschiedene Religionen und ethnische Bevölkerungsgruppen nebeneinander leben, stelle ich mir natürlich die Frage wie es zu der Katastrophe des Balkankriegs kommen konnte.

In der Gerbermoschee 16.Jh.
In der Gerbermoschee 16.Jh.

Josip Broz Tito regierte Jugoslavien bis zu seinem Tod im Mai 1980 mit autoritärer Hand. Nach Titos Tod führten die ethnischen, religiösen und schweren ökonomischen Probleme letztlich zu dem verhängnisvollen Konflikt. Wir kommen auch am Friedhof vorbei und lesen auf sehr vielen Grabsteinen als Todesjahr 1993. Allein auf dem Gebiet von Bosnien Herzegowina sind 100000 Menschen dem Krieg zum Opfer gefallen.

Hauswand in Mostar
Hauswand in Mostar

Der Krieg ist nun schon über 20 Jahre vorbei – tiefe Narben bleiben – die Probleme, die zum Zerfall Jugoslawiens führten sind auf dem Balkan allerdings auch weiter präsent. „Don’t forget but do forgive forever“ lese ich beim Abendessen auf einem der Dächer unterhalb des Restaurants in Mostar. Bei der Rückfahrt quer durch Bosnien erreichen wir die kroatische Grenze im Dunkeln etwa 25 km vor Brescine.

Kaffeekultur
Kaffeekultur

Am Mittwoch fahren wir erneut ins Neretvatal und besuchen das kleine Dorf Vid. Auf einem Hügel findet man die Kirche des Ortes . Auf dem weitläufigen Vorplatz der Kirche stehen Bänke unter einem gewaltigen Baum. Ein Bronzemonument huldigt dem kroatischen Fürsten Domagoj, einem streitbaren Herrscher des dalmatinischen Kroatiens aus dem 9.Jahrhundert.

Domagoj- Monument
Domagoj- Monument

Ein schöner Ort zum Verweilen, aber eben auch historischer Boden. Die Überreste einer Stadtmauer gehören zu der Stadt Narona, die um 400 v.Chr. von griechischen Kolonisten angelegt wurde. Später in römischer Hand hat diese Stadt bis ins 7. Jahrhundert existiert. Zahlreiche Ausgrabungen werden im archäologischen Museum von Vid ausgestellt.

Rest der Stadtmauer von Narona
Rest der Stadtmauer von Narona

Das nächste Ziel liegt dann wieder in Bosnien und Herzegowina. Ein sehenswertes Naturschauspiel sind die Kravica- Wasserfälle beim Dorf Studenci.

Kravica- Wasserfälle
Kravica- Wasserfälle

Bei Stolac besuchen wir das Gräberfeld Radimlja mit den zahlreichen mittelalterlichen Grabsteinen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Diese sogenannten Stecci wurden 2016 in das UNESCO- Welterbe aufgenommen. Neben verschiedenen mittelalterlichen Abbildungen gibt es Inschriften. So z.B. „Bitte störe mich nicht, ich war wie du und du wirst wie ich sein“ – da ist was dran !

Stecci von Radimlja
Stecci von Radimlja

Einen Zwischenstop machen wir noch in Stolac. Über dem Ort liegt eine Burg, eine alte Steinbrücke führt über die Bregava. Ansonsten stehe ich hier gefühlt mitten in Kriegsgebiet. Die Verwüstungen der heftigen Kämpfe zwischen Bosniaken und Kroaten aus dem Jahr 1993 erwecken den Anschein, als wäre alles erst kürzlich passiert. Hier hat eine der ältesten Moscheen Bosniens gestanden, wie ich nachlese durch Plünderungen zerstört. Offensichtlich fehlen hier jegliche Mittel – die Szenerie hat etwas trostloses, die wenigen Gesichter auf der Straße wirken leer.

Stolac
Stolac

Am Donnerstag fahren wir über Ston auf die lange Halbinsel Peljesac entlang zum Hafen von Orebic. Von hier setzen wir mit der Fähre über zu der ebenfalls befestigten Stadt Korcula – ein Dubrovnic in klein. Die Stadt befindet sich auf der gleichnamigen Insel und ist das ideale Ziel für einen Nachmittag.

Korcula
Korcula

Die gotische Kathedrale Sveti Marko ist aus dem 15 Jahrhundert. Das Altargemälde aus dem 16.Jh. von Jacopo Tintoretto. Beim Gang durch die Kirche und durch die Gassen der Stadt fühlt man sich in längst vergangene Zeiten zurückversetzt.

In den Gassen von Korcula
In den Gassen von Korcula

In einem der venezianischen Palazzi an der Kirche ist das Stadtmuseum untergebracht. Marco Polo soll 1254 in Korcula geboren sein – es gibt sogar ein angebliches Geburtshaus, nebst Museum und Sovenirs. Unweit der Insel wurde zwischen den Flotten Venedigs und Genuas 1298 die Seeschlacht von Curzola ausgetragen.

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Am Freitag beschließen wir diese Herbstwoche an unserem Ferienhaus in der schönen Bucht von Brescine. Am Abend suchen wir einen etwas höher gelegenen Aussichtspunkt und genießen einen unglaublich klaren Sonnenuntergang über den vorgelagerten Inseln der Küste.

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 A. Korbmacher

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