Teneriffa 2023
Mitte August steht unsere Sommer-Reise an, die uns zu den kanarischen Inseln nach Teneriffa führt. Inmitten des kanarischen Inselarchipels liegt Teneriffa im Ostatlantik vor der marokkanischen Küste. Geologisch zu Afrika, politisch zu Spanien gehören die Islas Canarias, die in der Antike als „Glückselige Inseln“ bekannt waren biogeografisch zur Region Makkaronesien. Dieser Begriff fasst die Inselgruppen der Kanaren, der Azoren, Madeiras und der kapverdischen Inseln zusammen. Letztere haben wir noch nicht aufgesucht, 1999 waren wir auf Gran Canaria, 2016 auf Madeira, 2017 auf Lanzarote und 2018 auf den Azoren. Teneriffa ist nicht nur die größte Insel der Kanaren, auf ihr befindet sich auch der höchste Berg Spaniens, der Pico del Teide mit 3715m Höhe.
Mit Bus und Bahn fahren wir zum Düsseldorfer Flughafen, wo wir uns nach den üblichen Abfertigungs- Algorithmen bereits um 10:15h am Gate einfinden. Es bleibt genügend Zeit für ein zweites Frühstück, da das Flugzeug zur geplanten Boarding-Time um 11:30 h erst aus Wien landet. Der Airbus A320 Neo verlässt somit Düsseldorf mit einer Verspätung von 40 Minuten gegen 12:40 h.
Das „NEO“ (New Engine Option) beim Airbus steht für die neu konzipierten Triebwerke, deren Treibstoffverbrauch bis zu 15 Prozent geringer sein soll als bei den bisherigen. Einsparung von Treibstoff wird im Flugverkehr zunehmend ein Thema und löst einen wirtschaftlichen Druck auf die Konkurrenz aus. Das macht Fliegen zwar nicht wirklich nachhaltig, bewirkt aber zumindest einen Trend. Die Triebwerke sind deutlich leiser, was man beim Start als Passagier auch tatsächlich wahrnimmt. Man liest aber auch von Problemen und von Rückrufen der neuen Technik.
Die Flugzeit beträgt 3 Stunden und 20 Minuten und mit einer Stunde Zeitzonen-Abzug befinden wir uns gegen 15:00h im Landeanflug auf den Flughafen Reina Sofia/Teneriffa-Süd. Der Pilot entscheidet sich beim erwarteten Aufsetzen des Fliegers auf der Landepiste zu einem Durchstarten und erst mit einer Platzrunde entlang der Küste zum endgültigen Touchdown. Es war der auf Rückenwind drehende Wind, der bei der Landung ein Problem darstellt, erfahre ich beim Verlassen der Maschine vom Piloten selbst.
Mit den Koffern begeben wir uns zum örtlichen Leihwagen- Vermieter und erhalten dort einen Fiat 500 Hybrid. Es ist sehr heiß bei unserer Ankunft und das Außenthermometer zeigt über 40 Grad Celsius als wir uns auf den Weg entlang der Autobahn TF1 an die Westküste und über Santiago del Teide durch das Teno-Gebirge zur Nordküste machen. Der an sich schicke italienische Kleinwagen will bei Steigungen schon mal ordentlich geknechtet werden, vor allem weil der zusätzliche Schub aus dem Elektroantrieb bei Bergfahrten schnell verbraucht ist. Obwohl der 3-Zylinder Motor es auf 70 PS bringen soll werkeln wir mit hohen Drehzahlen in den unteren Gängen des 6-Gang Getriebes um die oftmals sehr steilen Pass-Straßen raufzukommen.
Im kurvenreichen Teno- Gebirge an der Nordwestküste überwinden wir die Passhöhe an der Puerto de Erjos mit 1117m, bevor es steil bergab zu unserem Zielort Los Silos an der Nordwestküste geht. In einer der Kurven machen wir knapp über der Wolkendecke nach Norden einen Fotostopp. Die Wolkendecke, die sich an der Nordküste bis zu einer Höhe von 1500 Metern staut resultiert in der Regel von den NO- Passatwinden, die auch das Klima an den meisten Tagen des Jahres auf der Insel bestimmen. Wir haben aber derzeit extreme Temperaturen, die mit der Wettererscheinung der Calima zusammenhängen. Schlechte Sicht und hohe Temperaturen bringt dieser heiße Wind aus Südosten direkt aus der Sahara.
An unserem Hotel werden wir an der Rezeption von Alfonso empfangen. Mit dem äußerst sympathischen und humorvollen Portier entwickelt sich ein erstes nettes Gespräch bei einem Glas spanischen Sekt. Wir kommen erst einmal an und nehmen unser Basislager in der hübschen, überschaubaren Hotelanlage mit dem großen Pool in Besitz. Am Abend gibt es ein 3-Gang Menü mit einem guten Tropfen von der Insel. Müde und zufrieden sinken wir danach in unsere Kissen.
Die Reise haben wir als Wanderreise gebucht, haben aber diesmal keinen Tourenguide. Der Veranstalter hat uns für jeden Tag Routenvorschläge unterbreitet, die auch auf einer bereitgestellten App abrufbar sind. Alfonso hat uns aber am Vorabend schon mitgeteilt, dass wegen der hohen Temperaturen auf der Insel viele Wege offiziell gesperrt wurden.
Nach einem guten Frühstück schauen wir uns am Sonntag zunächst in unserer schönen Hotelanlage um und finden einen Garten mit einer ganzen Reihe heimischer Obstbäume vor. Daran hängen erntereife Früchte wie Bananen, Papayas, Mangos und Zitrusfrüchte. Die köstlichen kanarischen Bananen hatten wir bereits zum Frühstück. Wir sammeln ein paar herabgefallene Mangos auf, für einen wunderbaren Snack am Nachmittag. Ein paar Sachen kaufen wir in einem kleinen Markt in Los Silos ein.
Über Buenavista del Norte halten wir uns nun nach Süden, fahren über El Palmar und zweigen in Portela Baia Richtung Teno Alto ab. An der Straße soll die ausgeschriebene Wanderung durch das Teno- Gebirge beginnen. Den Wanderparkplatz finden wir tatsächlich mit Flatterband verschlossen vor. Aber hey- mal ganz ehrlich – es sind 42 Grad, der Asphalt glüht und wir stellen uns die Frage- selbst wenn wir dürften, wollen wir uns das in dem eher schattenlosen Gelände antun? Mit hochrotem Kopf quält sich ein Radsportler zu uns die Straße hinauf und gönnt sich eine Trinkpause. Nach einem kurzen Small-Talk gewinnen wir den Eindruck, dass sich auch bei ihm die Freude der Ertüchtigung unter diesen Bedingungen in Grenzen hält. Wir lassen von unserem Vorhaben ab und fahren über Teno Alto weiter über eine befahrbare Piste, die sich Richtung Westen in wüstenähnlicher Landschaft langsam verliert und an einem Grundstück endet.
Wir kehren um nach Buenavista del Norte, um an der Küstenstraße weiter nach Westen zu fahren. Diese ist aber für den Individualverkehr im Sommer tagsüber gesperrt. Die Weiterfahrt zur westlichsten Spitze Teneriffas ist ab hier nur mit dem Bus möglich. Diese Tour werden wir an unserem letzten Tag auf der Insel nachholen. Nach einem Besuch des Faro de Buenavista del Norte fahren wir über den Camino de la Montaña zurück nach Los Silos.
Wir schauen noch einmal in die Karte und finden ein erreichbares Ziel an der Westküste. Es ist „Los Gigantes“, der Ortsteil von Santiago del Teide, der seinen Namen wegen der 450 Meter hohen Klippen hat, mit denen das Teno-Gebirge steil in den Atlantik abfällt. Einen großartigen Blick nach Norden hat man hier vom Mirador Archipenque. Von Los Gigantes aus werden Whale-Watching Trips und Bootsausflüge zum Schwimmen mit Meeresschildkröten angeboten.
Wir fahren zurück über Santiago del Teide und halten an einigen Fotopunkten mit Tiefblick auf der TF436 nach Buenavista del Norte. Einer dieser Haltepunkte oberhalb der Ortschaft Masca bietet Einblick in eine Schlucht die steil zur Westküste abfällt. Am Hotel lassen wir die Zeit bis zum Abendessen mit erfrischender Abkühlung im Pool verstreichen. Auch das heutige Abend-Menü lässt keine Wünsche offen.
Am Montag wollen wir uns im Teide- Nationalpark umschauen und erste Tuchfühlung mit dem Vulkan aufnehmen, für dessen Seilbahnaufstieg und Gipfel-Besteigung wir bereits Monate vorher Tickets gebucht haben. Dieses Unterfangen steht aber erst am Mittwoch an. Heute verlassen wir Los Silos Richtung Osten über Garachico und San Juan nach La Orotava.
Von hier beginnt der kurvenreiche Aufstieg durch die bewaldete Region der Corona Forestal Richtung Parque Nacional del Teide. Diese Waldkrone aus vorwiegend kanarischen Kiefern umgibt als Naturpark die vulkanische Mondlandschaft des Teide-NP bis in eine Höhe von etwa 2000 Metern. Auch hier wurden alle Wanderwege und Wanderparkplätze gesperrt. Das Anhalten ist nur an einigen Haltepunkten möglich, wie an einer sehenswerten Basalt-Rosette am Straßenrand.
Nach der Fahrt durch den herrlichen Kiefernwald erreichen wir das östliche Besucherzentrum El Portilio, das wir uns natürlich anschauen. Hier fällt mir auf einem Diagramm ein bekanntes Prinzip auf, das ich von unserem Besuch auf den Azoren kenne. Die kanarischen Inseln entstanden ebenfalls durch Intraplatten-Vulkanismus und haben auch ein nach Westen abfallendes Altersprofil. Darauf befinden sich die jüngsten Inseln der Kanaren weit im Westen, bedingt durch die um 1,2 cm pro Jahr nordostwärts driftende afrikanische Kontinentalscholle über einem geostationären Hotspot.
El Hierro und La Palma sind mit 1 und 2 Millionen Jahren die jüngsten Inseln des Archipels, während Fuerteventura und Lanzarote sich bereits vor 25 Millionen Jahren aus einem Hotspot am Rande der afrikanischen Platte aus dem Atlantik erhoben haben. Teneriffa liegt mit 12 Millionen Jahren sowohl vom Alter als auch der geografischen Lage etwa in der Mitte. Ende 2021 hat sich 3 Monate lang ein Vulkanausbruch an der Westküste La Palmas ereignet, angekündigt durch eine Häufung von Erdbeben in den vorausgegangenen Jahren.
Rund um das Besucherzentrum findet man einen Pflanzengarten vor, in dem man sich einen guten Überblick über die Vegetation des Nationalparks verschaffen kann. Große Natternköpfe stehen leider verblüht zwischen Ginster, Besenheide und anderen heimischen Pflanzen. Auch die Teneriffa- Rieseneidechse ist zahlreich vertreten. Darüber erhebt sich der gewaltige Lavakegel des Teide mit 3715 Metern Höhe. Der Teide ist ein Schichtvulkan, dessen heutige Morphologie aus einer Abfolge etlicher Vulkanausbrüche über den gesamten Entstehungszeitraum der Insel resultiert. Mit 7500m Höhe über dem Meeresboden gilt er als dritthöchster Inselvulkan der Erde.
Die geologisch ältesten Teile der Insel sind das Anaga-Gebirge im Nordosten und das Teno-Gebirge im Nordwesten. Das Vulkanmassiv im Zentrum der Insel ist jünger und ist von einer 12 X 17 Kilometer großen Caldera umgeben, die nach Süden von einer Bergkette, den las Cañadas begrenzt ist. Inmitten dieses gewaltigen Einsturzkraters erhebt sich der Teide mit seinem westlich benachbarten alten Krater, dem Pico Viejo 3135m. Historische Quellen wie Tagebuchaufzeichnungen von Segelschiffen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts belegen einige der zahlreichen Vulkanausbrüche auf der Insel. So wurde auch Christoph Columbus auf seinem Weg in die Neue Welt 1492 bei einem Zwischenstopp auf Teneriffa Zeuge eines Ausbruchs. 1909 fand der letzte Ausbruch im nordwestlichen Teil des Nationalparks am Schlackenkegel des Chinyero statt.
Wir fahren bei Temperaturen von 35 Grad quer durch den Nationalpark und halten am Mirador de San José, wo sich auch die gleichnamigen Minen befinden, in denen früher Schotter als Baumaterial abgebaut wurde. Hier laufen wir ein wenig in dem sandigen Gelände herum und haben nach Süden Blick auf die endlose Vulkanwüste. Zahlreiche Lavaströme haben die Caldera mit Material aus dem Inneren der Erde ausgefüllt. Einige zerborstene Brocken scheinen als Lava-Bomben hier aufgeschlagen zu sein. Inmitten dieser unwirtlichen Gegend versucht auch die Vegetation in Form von locker gestreutem Buschwerk Fuß zu fassen.
Das Asphaltband der TF21 führt uns über die Hochebene am Südhang des Teide entlang Richtung Südwesten zum dortigen Besucherzentrum, das wir wegen Stromausfalls leider verschlossen vorfinden. Hier befinden sich die Felsformationen der Los Roques. Die Roques de Garcia sind bizarre Felsformationen. Aus einem ehemaligen Vulkanschlot aus den Tiefen der Caldera erwachsen ist die Basalt- Formation „La Catedral“, deren relative Höhe 200 Meter erreicht. Ein beliebtes Fotomotiv ist der Roche Chinchado, der als Wahrzeichen der Insel auch als „steinerner Baum“ oder „Finger Gottes“ bezeichnet wird. Interessant ist vor allem seine Form, bei der der gewaltige Vulkanfelsen auf einer so schmalen Basis ruht, dass man sich zwangsläufig Gedanken über die Gesetze der Statik macht.
Die Weiterfahrt führt nun am Rande der Las Cañadas in westlicher Richtung an pastell-türkis gefärbten Felsen, den „Los Azulejos“ vorbei, deren Farbe aus der Einlagerung von Eisenhydrat resultiert. Wir folgen der TF38 in nordwestlicher Richtung zum Mirador de Chio. Von hier blickt man auf den schwarzen Lavastrom der „Las Narices del Teide“ vom Ausbruch des Pico Viejo im Jahr 1798. Nach Nordwesten verlassen wir den Nationalpark durch die erstarrten Lavaströme des Chinyero vom letzten Ausbruch am Teide im Jahr 1909. Hier am nordwestlichen Rand der Corona Forestal haben sich seit 100 Jahren Fichtenbestände ihren Lebensraum zurückerobert.
Der Teide- Nationalpark wurde bereits 1954 eingerichtet und 2007 zum UNESCO-Welterbe erklärt. Es ist das größte und älteste Schutzgebiet der kanarischen Inseln. Nach diesen ersten Eindrücken fahren wir auf der TF38 Richtung Santiago del Teide und machen noch einen Zwischenstopp am Mirador del Chirche. Wir blicken hier über Chirche und Guia de Isora hinweg auf den Calima-getrübten Verlauf der Westküste. Chirche ist ein Ort, in dem man historische Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert vorfindet. Der Ort entstand auf den Lavamassen jüngerer Ausbrüche. Seit Jahrhunderten wird hier Landwirtschaft unter schwierigen Bedingungen betrieben. In einer Manufaktur werden traditionelle Fliesen gebrannt.
Über Santiago del Teide geht es zurück über eine der abenteuerlichen Straßen hinunter an die Küste zum Hotel in Los Silos. An der Nordküste haben wir nachmittags das Phänomen, dass wir den Eindruck haben in schlechtes Wetter zu fahren, da sich die Wolken an den Berghängen aufstauen und die Sonne verhängen. Mehr als warm genug für den Pool ist es aber allemal. Beim Blick über die Bucht fällt die alte Zuckerrohr-Fabrik ins Auge, ein Relikt aus einer Zeit als auf Teneriffa noch Zuckerrohr verarbeitet wurde. Jeden Abend gibt es etwas Feines auf den Teller und der Wein kommt ganz aus der Nähe aus dem Valle de Orotava an der Nordküste. Der Tag mit den vielen Eindrücken der abwechslungsreichen Insel endet auf dem Kopfkissen mit tollen Bildern im Kopf.
Die Erkundung der Insel wollen wir am Dienstag fortsetzen und machen uns noch einmal an der Nordküste auf den Weg mit dem Ziel des Anaga- Gebirges im äußersten Nordosten der Insel. Den ersten Zwischenstopp legen wir am Mirador Emigrante vor Garachio ein. Garachio war bis Anfang des 18. Jahrhunderts der bedeutendste Hafen Teneriffas im Handel zwischen Europa und der neuen Welt.
Zwei Lavaströme des Vulkans Arenas Negras zerstörten am 5.Mai 1706 den Hafen und einen Großteil des Ortes. Von der damaligen Zeit als wichtige Hafenstadt zeugen noch heute die Burg San Miguel und die Puerta de Tierra als Zugang zum ehemaligen Hafen. Wir betanken auch gleich unseren Cinquecento, denn der Sprit ist an der Küste deutlich günstiger als weiter oberhalb in den Bergen- dabei ist 1,19 €/Liter Normalbenzin in diesen Tagen ja fast ein Schnapper.
Der Versuch mit dem Auto zu einem der empfohlenen Badestrände zu gelangen ist heute keine wirklich gute Idee. Es ist Maria- Himmelfahrt und sowohl an den Stränden als auch in den Bergen sind die Einheimischen mit ganzen Familien unterwegs. Die schmale Straße zum Playa Bollulo bei Puerto de la Cruz fahren wir wegen fehlender Wendemöglichkeiten einmal ganz hinunter zu dem heute nicht besonders einsamen Strand. Wir sind heilfroh, dass wir auf diesem einzigen Weg zurück nur wenigen Autos ausweichen müssen, denn das ist nur sporadisch möglich. In den Bananenplantagen oberhalb haben viele Leute ihre Autos geparkt, um sich diesem Stress erst gar nicht auszusetzen. Wir fahren wieder auf die Küstenstraße TF5 und halten bald am nächsten Zwischenstopp.
Der Mirador Humboldt ist dem deutschen Universal-Gelehrten und Forschungsreisenden Alexander von Humboldt (1769-1859) gewidmet. Als ob er schon auf uns gewartet hat sitzt sein bronzenes Abbild entspannt auf der Mauer und scheint gerade seine Lektüre beiseite zu legen. Neben ihm liegen ein Fernglas, Bücher und Karten. Wir setzen uns einen Moment zu ihm und hätten gerne seine Geschichte gehört, denn er war 1799 beeindruckt von dieser Insel, auf der er sich eine Woche lang aufgehalten hat. Es war die erste Station seiner 5 Jahre dauernden Forschungsreise nach Südamerika, bei der er 1 Jahr nach dem Ausbruch des Pico Viejo den Pico del Teide bestiegen hat.
Wir fahren die Küstenstraße weiter Richtung Osten bis nach San Christobal in der Ebene La Laguna. Hier zweigen wir weiter ostwärts ins Anaga- Gebirge ab. Vom Mirador de Jardina können wir die Ebene nach Westen weit überblicken. In dieser Ebene fanden die entscheidenden Auseinandersetzungen der spanischen Eroberer gegen die Ureinwohner (Guanchen) der Insel statt.
Die ältesten Funde, die eine Besiedlung der Insel nachweisen stammen aus dem 10. Jahrhundert vor Christus. Man geht davon aus, dass seekundige Phönizier bereits um 1200 v.Chr. den Archipel erreicht haben können. Nordafrikanische Berberstämme besiedelten Mitte des 1. Jahrtausend v.Chr. die kanarischen Inseln. Daraus entwickelte sich eine steinzeitliche Guanchen-Kultur. Ab dem 1. Jahrhundert gab es enge Beziehungen zwischen den kanarischen Inseln und dem Mittelmeerraum, die allerdings im 3. oder 4. Jahrhundert abbrachen. Die Guanchen-Kultur auf Teneriffa entwickelte sich eigenständig über 1000 Jahre lang bis zur Wiederentdeckung der Inseln im späten Mittelalter.
Kolonialisierung und Christianisierung führten letztlich zur Assimilation der Überlebenden und zum Untergang der eigenständigen Ethnie der Guanchen. Nach Unterwerfung durch Spaniens Krone wurden die 9 Fürsten (Menceys) am 29.September 1496 zur christlichen Taufe gezwungen. Es ist erstaunlich viel erforscht und überliefert über die Gesellschaftstruktur der Urbevölkerung Teneriffas. Verstorbene wurden mumifiziert in den Felshöhlen der Insel beigesetzt. So haben Höhlenmalereien und Keramiken die Zeiten überdauert. Der Besuch des archäologischen Museums in Santa Cruz wäre sicher eine gute Möglichkeit sich ein Bild über die verlorene Kultur der Guanchen zu machen.
Am nächsten Haltepunkt am Mirador Cruz del Carmen landen wir am nächsten Verkehrs-Hotspot. Hier besteht derzeit eine der wenigen Möglichkeiten durch einen überwaldeten Felsdurchgang eine kurze Runde durch den Wald zu machen. Auch im Naturpark des Anaga- Gebirge sind derzeit alle Wanderwege gesperrt und wir erfahren, dass in einigen Bereichen sowieso ein Permit mit Voranmeldung erforderlich ist um den Besucherstrom zu regulieren. In dieser geologisch ältesten Region der Insel ist die Vegetation recht üppig, was den Passatwolken zu verdanken ist, deren Nebel in den Wäldern ein feuchtes Klima schafft. Die Straße ist regelrecht vom Wald überdacht. Uralte Lorbeerbäume bieten von Flechten überwachsen das Bild eines Regenwaldes.
Am Mirador Pico del Ingles kann man gut beobachten wie die Wolken über die Berghänge kriechen. Zwischen den Wolkenlücken blicken wir hinab auf die verstreuten Ansiedlungen mit terrassenförmig angelegten Feldern. Auf der weiteren Fahrt müssen sogar die Scheibenwischer ans Werk, denn der Nebel kondensiert sich zu Regentropfen ab. Die landschaftlich spannende Straße führt uns hinab nach San Andrés, wo wir der Küste ein Stück nach Süden bis Santa Cruz de Tenerife folgen. Die Rundfahrt durch das Anaga- Gebirge schließen wir in San Christobal ab und folgen nun der TF 24 über El Rosario durch herrlichen Kiefernwald (Bosque de la Esperanza), mehr und mehr an Höhe gewinnend auf den Teide Nationalpark zu.
Es ist knochentrocken im Wald und an einigen strategischen Stellen sind wir auch auf bereitgestellte Feuerwehr-Fahrzeuge gestoßen. Calima bringt immer eine hohe Waldbrandgefahr mit sich und so scheint man wachsam zu sein. Das ist leider nicht jeder, denn Zigarettenkippen findet man immer wieder auf dem Boden. Hier reicht möglicherweise ein Funke oder eine zerbrochene Glasflasche um eine Katastrophe auszulösen denke ich mir, denn in Europa und auch in Übersee wüten riesige Waldbrände. Die Medien berichten derzeit besonders über unzählige Waldbrände in Kanada, die vollständig außer Kontrolle sind. Auch in Griechenland brennt es großflächig. Die zunehmende Bedrohung durch solche Brandkatastrophen ist nur eines von vielen Symptomen des Klimawandels auf diesem Planeten. Die vielen auf Waldboden geparkten Autos geben zu denken, denn auch ein heißer Katalysator kann das trockene Geäst am Boden leicht entzünden.
Mehrere Aussichtsplätze liegen am Weg und laden zum Verweilen ein, mit Tiefblicken auf Santa Cruz an der Südküste, auf den Teide und auch auf die Nordküste. Ein Vogel, den ich später als Teidefink identifiziere kommt mir vor die Kameralinse. Ein interessanter Haltepunkt ist der Mirador de la Tarta, an dem der Straßeneinschnitt die unterschiedlichsten Gesteins- und Aschebänder im Gelände freigelegt hat. Vor dem Nationalparkeingang kommen wir an den weißen Kuppeln des Observatorio del Teide vorbei, wo man auf einer Höhe von 2387 Metern die Geheimnisse des Weltraums erforscht.
Wir durchfahren noch einmal die TF21 durch die Mondlandschaft der gewaltigen Caldera des Nationalparks und fahren über die gleiche Route wie am Vortag über Santiago del Teide zurück zum Hotel in Los Silos, wo uns ein Tapas-Abend im Restaurant erwartet. Wir gehen früh schlafen, da wir für morgen Vormittag die Seilbahnfahrt nebst Besteigungs- Permit für den Teide gebucht haben. Wir hoffen, dass wir durch den Aufenthalt in über 2000 Metern in den letzten beiden Tagen etwas Höhenakklimatisation eingeholt haben, denn der letzte alpine Aufenthalt lag in diesem Jahr im März.
Nach einem kurzen Frühstück um 7:00 h machen wir uns am Mittwoch auf den Weg in den Teide-Nationalpark und sind überpünktlich an der Talstation der Seilbahn auf 2356m. Die Tickets für die Bergfahrt haben wir um 09:50h terminiert. Bereits Ende März waren frühere Tickets nicht mehr zu bekommen. Nicht ganz dazu passend, aber auch nicht mehr anders verfügbar habe ich die 2- Stündige Gipfel-Besteigungslizenz erst für 11:00h bei der Nationalpark-Verwaltung buchen können.
Die Anzahl der Personen ist streng limitiert und der Aufenthalt am Gipfel in jedem Fall genehmigungspflichtig. Freunde haben vor einigen Jahren die Möglichkeit genutzt auf der Selbstversorger- Hütte unterhalb des Gipfels die Nacht zu verbringen, um früh morgens zum Sonnenaufgang am Gipfel zu sein. Wir haben im Besucherzentrum des Nationalparks erfahren, dass die Hütte derzeit geschlossen ist.
Beim Einlösen unserer Tickets erfahren wir dann auch, dass die Seilbahnfahrt zeitlich dem Gipfel- Permit angepasst wird. Das bedeutet man lässt uns auch erst gegen 10:30h in die Seilbahnkabine einsteigen, mit der wir 1200 Höhenmeter zur Bergstation La Rambleta hinauf schweben. Nur wenige Seilbahnstützen überwindet die Doppelmayr- Seilbahn auf diesem Weg an dem gewaltigen Vulkankegel. Eine Jugendgruppe ist mit in der Gondel und feiert das pendelnde Absacken der Gondel an jedem Pfeiler mit großem Gejohle.
Einen Moment genießen wir den Blick hinunter auf das Plateau zwischen Teide und Caldera, der auch heute leider von Calima getrübt wird. Ich denke an Alexander von Humboldt, der 1799 nur eine Möglichkeit hatte in seiner Woche auf Teneriffa diesen Berg zu besteigen, nämlich zu Fuß, ausgehend von Meereshöhe. Dieser alte Wirtschafts- und Weideweg (Camino de Chasna) führt von La Orotava über El Portillo, dem heutigen NP-Eingang hinauf auf den Teide. Oberhalb der Corona Forestal geht es durchgehend schattenlos durch die Vulkanwüste der Caldera und des Teide selbst- ich ziehe dafür meinen Hut vor Dir lieber Alexander 🙂
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Am 22.Juni 1799 erreichte der Entdecker den Gipfel des Pico del Teide um 8:00h morgens, nachdem er mit seinen Gefährten auf 3368m in einer Eishöhle übernachtet hat. In seinem Reisewerk schreibt er:
„Auf der Spitze des Piton angelangt, wunderten wir uns nicht wenig, daß wir kaum Platz fanden, bequem niederzusitzen. Wir standen vor einer kleinen kreisförmigen Mauer aus porphyrartiger Lava mit Pechsteinbasis; diese Mauer hinderte uns in den Krater hinabzusehen. Der Wind blies so heftig aus West, daß wir uns kaum auf den Beinen halten konnten. Es war acht Uhr morgens und wir waren starr vor Kälte, obgleich das Thermometer etwas über dem Gefrierpunkt stand…“
Für uns ist es keine wirkliche Leistung hinauf zum Gipfel zu gelangen, denn es sind nur 160 Höhenmeter, die wir nach Passieren des Kontrollpunkts über einen steilen Pfad zum höchsten Punkt der Insel und zugleich Spaniens bewältigen müssen. Es ist immer wieder ein großartiges Erlebnis auf einer Insel am höchsten Punkt zu stehen und 360 Grad rundherum auf Küste und Meer zu blicken. Tatsächlich bemerke ich einen gewissen Kopfdruck, möglicherweise als Ausdruck mangelhafter Höhenanpassung.
Am Gipfelkrater entweicht heiße, feuchte Luft aus Felsspalten. Auch Schwefelablagerungen und Gase im Bereich des Kraters zeigen, dass der Riese nur schläft. Einige Leute tummeln sich am Gipfel, der nur begrenzten Platz zum Verweilen bietet. Daher ist die Zustiegs-Limitierung sicher eine sinnvolle Vorgabe. Der Fernblick ist leider eingeschränkt, was etwas an dem Gipfelerlebnis kratzt. Was wir nach Osten hin sehen ist allerdings etwas, das uns sehr betrübt.
Auf der Insel ist in dem Gebiet mit den herrlichen Fichtenwäldern östlich des Observatoriums ein Waldbrand ausgebrochen. Wir sind gestern durch diesen Teil der Insel gefahren und haben die weiten Waldgebiete gesehen, von denen nun eine kilometerhohe Rauchsäule aufsteigt. Ohne eine Begründung haben wir von der Nationalparkverwaltung bereits am Morgen eine email erhalten, die darauf hinweist, dass die Zufahrt in den Nationalpark von Osten gesperrt ist. Die Bedrohung durch diese Naturkatastrophe wird in den nächsten Tagen die Einsatzkräfte, die Einheimischen, aber auch die Touristen beschäftigen.
Wir haben in unserem Zeitfenster nach der Besteigung des Gipfels noch die Möglichkeit von der Seilbahnstation über einen Panoramaweg ein Stück an die Westflanke des Teide zu laufen. Hier gibt es einen Aussichtspunkt mit Blick hinüber zum Pico Viejo und eigentlich kann man dahinter bei guter Sicht die Inseln El Hierro, La Gomera und La Palma sehen, aber heute leider nicht. Auf dem vulkanischen Untergrund finden sich immer wieder Grüppchen von Blumen. Der Weg ist deutlich stärker frequentiert und wird von vielen Strandtouristen gern in Badelatschen und Flip-Flops begangen. Ich nehme auch zur Kenntnis, dass dem niedrigen Sauerstoff- Partialdruck geschuldet der eine oder andere auf dem leicht ansteigenden Rückweg mit schwerer Atmung unterwegs ist.
Wir kehren am Nachmittag zum Hotel zurück, wählen aber beim Verlassen des Nationalparks die nach Süden absteigende TF51 über Villaflor nach Arona. Über die Küstenautobahn, mit einem Einkaufsstopp in Adeje, fahren wir über Guia de Isora und Santiago del Teide und zweigen erst hinter El Tanque ab, auf einen kühnen Serpentinenabstieg, der westlich von San Pedro de Daute auf die Küstenstraße TF 42 trifft. So fahren wir ein Stück an der Nordküste entlang und treffen in Los Silos auf die verfallende Zuckerfabrik oberhalb der Basaltfelsen. Eine Weile schauen wir zu, wie sich die Brandung an den schwarzen Felsen der Nordküste bricht.
Der sonnige Nachmittag am Pool bringt Entspannung und Abkühlung. Thema im Hotel ist natürlich der Waldbrand im Osten, der sich rasant ausbreitet und die verfügbaren Rettungskräfte stark fordert. Jeder kennt jemanden, teils in der eigenen Familie, dessen Besitz durch die sich rasch ausbreitenden Brände gefährdet ist. Die ersten Meldungen bestätigen, dass das Feuer völlig außer Kontrolle ist und bereits am Folgetag sind es mehr als 2800 Menschen aus den Gebieten El Rosario und La Orotava, die in Sicherheit gebracht werden. Das rote Kreuz richtet Notunterkünfte in Turnhallen ein und es gibt Aufrufe Decken und andere Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen.
Am Donnerstag wollen wir doch noch einmal die Wanderstiefel schnüren und eine Küstenwanderung von insgesamt 9,5 Kilometern entlang der Felsküste bis zum Leuchtturm am Punto de la Laja unternehmen. Wir starten direkt vom Hotel hinunter zu den Badebereichen an der Küste. Originell ist das Kunstwerk eines Künstlers, der einen bunten Phantasievogel aus Treibgut geschaffen hat. Am kleinen Kiesstrand mit wehender roter Fahne entlang führt uns der Weg auf eine Großplastik zu, die sich bei weiterer Annäherung als Walskelett zu erkennen gibt. Das gewaltige 17 Meter lange Walskelett gehörte einem weiblichen Sei- Wal, der es zu Lebzeiten auf 27 Tonnen brachte und 2005 hier gestrandet ist. Viele Walarten passieren diesen Küstenabschnitt auf ihren langen Reisen zwischen Eismeer und Tropen.
Wir verlassen Los Silos in westlicher Richtung entlang der Lavaklippen. In natürlichen Lavapools haben sich einige Badegäste eingefunden, die ein Bad in den von der Brandung geschützten Bereichen nehmen. Solche Pools, die man entlang des gesamten Camino de la Costa antrifft sind umso weniger besucht, je weiter sie vom Ort oder besser vom nächsten Parkplatz entfernt sind.
In den vom Meerwasser umtosten Basaltsäulen ist das Zentrum der Bruchfläche häufig schalenförmig ausgewaschen, so dass in manchen dieser Natur-Salinen Meersalz auskristallisiert. Ich habe geeignetes Fotogerät mitgeschleppt um unter anderem die prachtvollen roten Felsenkrabben zu fotografieren, die zahlreich in der Brandung an den Felsen zu Hause sind.
Vorgelagert vor Buenavista del Norte liegt der Endpunkt unserer Wanderung am Leuchtturm an der Punta de la Laja. Dieser Leuchtturm ist ein moderner Betonturm aus dem Jahre 1990. Von hier führt der Trail zwischen überdachten Bananen- Plantagen und der Felsküste zurück nach Los Silos. An einigen Stellen ist die Küste stark unterspült und ein wenig Aufmerksamkeit ist geboten. Eine große Unterspülung mit Felsentor hat man bereits abgesperrt. Es ist immer noch sehr warm und wir freuen uns auf Abkühlung im Pool.
Wir essen heute früh zu Abend, da wir noch vorhaben zum Einbruch der Dunkelheit hinauf in den Nationalpark zu fahren um Bilder vom Sternenhimmel zu machen. Teneriffa ist einer der Orte auf dieser Welt, wo die Lichtverschmutzung zumindest nach Nordwesten noch so gering ist, dass man freien Blick auf die Milchstraße hat. Sven, Halbschwede und ein weiterer freundlicher Portier ist skeptisch, ob mein Vorhaben bei Calima Langzeitbelichtungen des Sternenhimmels zu machen erfolgreich sein wird. Längst werden ganze Busladungen von Urlaubern abends inklusive Picknick zur Sternenbeobachtung hinauf in den Nationalpark gebracht.
Mittlerweile wurde die Zufahrt zum Nationalpark komplett gesperrt und bereits auf etwa 2000 Höhenmetern ist die Weiterfahrt verboten. An einem Halteplatz hat sich bereits eine Riesengruppe Sternengucker eingefunden. Wir halten in einiger Entfernung an der Straße und bauen das Fotogerät auf. Nicht hilfreich sind dabei Gleichgesinnte, die mit eingeschaltetem Fernlicht ebenfalls auf der Suche nach einem geeigneten Platz sind. Trotz Calima ist der Sternenhimmel beeindruckend und es gelingen ein paar schöne Eindrücke. Auffällig ist allerdings störendes Licht aus Richtung Südosten von der deutlich stärker besiedelten Südküste Teneriffas.
Da die Durchfahrt durch den Nationalpark gesperrt ist, fahren wir über die schon bekannte Route zurück zur Nordküste. Ich möchte mir gerne auch einen Eindruck von den Waldbränden im Osten der Insel machen und fahre daher die Küstenstraße im Norden bis nach La Orotava hinein. Dorothee hat bei meinem Vorhaben Bedenken, da sie zu Recht einwendet, dass wir möglicherweise Katastrophentourismus betreiben. Ja- die Feuer auf der Insel sind eine furchtbare Katastrophe und es liegt mir fern die Rettungseinsätze in irgendeiner Form zu behindern. Aber gerade als naturinteressierter Mensch und Fotograf möchte ich mir selbst ein Bild davon machen.
So finden wir in La Orotava eine Bushaltestelle mit Blick auf die Hänge oberhalb der Stadt. Einige Einwohner sehen fassungslos mit an, wie sich die Flammen immer näher an das Stadtgebiet fressen. Das was wir hier sehen ist nur ein kleiner Teil des Feuers, das am heutigen Nachmittag bereits 26 Quadratkilometer verbrannte Erde hinterlassen hat. Teilweise scheinen die knochentrockenen Bäume regelrecht in den Nachthimmel zu explodieren. Es ist bei aller zerstörerischen Kraft beeindruckend und auch faszinierend dieses Inferno aus sicherer Entfernung zu beobachten. 17 Löschflugzeuge, 350 Feuerwehrleute und Millitärangehörige, die tagsüber die Flammen bekämpfen können in der Nacht nicht viel ausrichten. Das Feuer bleibt weiterhin außer Kontrolle und die Sorge vor dem Übergreifen auf die Stadt steht den Menschen ins Gesicht geschrieben. Der Regionalpräsident Fernando Clavijo lässt verlauten: „Dies ist der schwierigste Brand, den wir auf den Kanarischen Inseln in den letzten 40 Jahren hatten“.
Wir sind erst um 2:00 h von unserem nächtlichen Ausflug zurück an unserem Hotel in Los Silos und müssen auch morgen zeitig aufstehen, da wir uns auf unbedingte Empfehlung von Sven noch an den westlichsten Punkt der Insel an die Punta de Teno begeben wollen. Der Wecker meldet sich also gegen 8:00 h am Freitag und wie an jedem Morgen freuen wir auf das abwechslungsreiche Frühstücksbuffet und die freundliche Mannschaft aus Küche und Service. Wir brauchen uns sprachlich nicht sonderlich anzustrengen, denn eigentlich sprechen die Hotelangestellten exzellent deutsch. Ein besonders empathischer und hilfsbereiter Geselle ist Kellner Nico, der einem netten Gespräch immer zugetan ist. Einziger Nachteil- so werden wir unsere spanischen Sprachkenntnisse nicht ausbauen.
Um 11:00h besteigen wir in Buenavista del Norte den Bus der Linie 369 mit der Destination Punta de Teno. Die exponiert in die Steilküste gelegte schmale Straße ist wie bereits erwähnt im Sommer tagsüber für den Individualverkehr gesperrt. Mit unglaublichen Tiefblicken windet sich die kurvenreiche Straße entlang der Steilwände und durch einen Tunnel an das West-Kap Teneriffas. Beim Aussteigen aus dem Bus taxiere ich die ersten Fotomotive und marschiere los, um mich vom übrigen Pulk zu lösen. Auf schräg abfallendem gerölligen Untergrund gerate ich ins Rollen und meine Körperachse aus der Senkrechten. Zwei-, dreimal denke ich den Sturz abfangen zu können bis ich mit meiner Kamera unsanft in das Geröll krache.
Rechtes Bein und Ellenbogen färben sich rot, Steinchen und Staub mischen sich mit dem Blut und schei…- ja! -es tut weh! Dorothee hat aber alles zur Hand um eine erste Reinigung vorzunehmen. Mit Mineralwasser und Papier-Taschentüchern sehen die Wunden bald ganz sauber aus. Auch meine Kamera hat es ohne Beschädigung überstanden und erhält eine erste Reinigung.
Der Ausblick nach Süden ist gewaltig und es sind die hohen Klippen von Los Gigantes an der Westküste, die wir nun von Norden aus betrachten. Die 500 Meter hohen Klippen des Teno Gebirges entstanden in Folge der ältesten vulkanischen Eruptionen Teneriffas. Im heutigen Naturpark befinden sich einige endemische Pflanzen. Die Rieseneidechse von Teno wurde erst 1996 entdeckt, in den Klippen haben Fischadler und Falke ihr Habitat. Vor der Küste leben ansässige Kurzflossen-Grindwale, große Tümmler und alle Walarten, die hier gerne durchziehen oder sich ausruhen. 20 bedrohte Arten wie die unechte Karettschildkröte halten sich vor der Küste auf.
Wir machen eine kleine Runde über den hübschen rot-weißen Leuchtturm und wenden uns dann der Rückfahrt nach Buenavista del Norte zu. Wir fahren mit unserem Auto in das Zentrum unseres Urlaubsortes Los Silos und besuchen den zentralen Platz mit einem Jugendstil-Pavillon mit Bistro, wo wir einen „Frappélatte“ trinken. Eingerahmt ist der hübsche Platz von historischen Häusern, dem Rathaus und der weißen Kirche, die uns leider verschlossen bleibt. Dafür erhalten wir Einlass im ehemaligen Kloster, in dem sich heute das Besucherzentrum und die Stadtbibliothek befinden. Das ehemalige Zisterzienserkloster wurde 1649 von einem begüterten Ehepaar für seine 3 Töchter gestiftet und mit Bernhardinerinnen besiedelt. Im Zuge der Desarmotisation in Spanien wurde es 1836 aufgelöst.
Unseren Abschied von Teneriffa begehen wir kulinarisch mit einem kanarischen Abend und werden dabei musikalisch von einer angenehmen Darbietung des Musikquartetts „Parranda Guaydil“ begleitet. Wir haben die Woche auf Teneriffa mit seinen vielen Facetten sehr genossen. Gerne hätten wir die Insel wie geplant erwandert, wobei uns Calima und letztlich der Ausbruch des schrecklichen Waldbrandes einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Durch die Rauchentwicklung war eher die Südküste betroffen. Das wir das Gipfelerlebnis auf dem Teide mitnehmen durften war für uns dann noch Glück im Unglück, denn bereits an diesem Tag wütete das Feuer im Osten der Insel und führte rasch zur Schließung des Nationalparks.
Nach unserer Abreise erfahren wir, dass man die Brände zunehmend unter Kontrolle bekommt. Es wurden allerdings fast 150 Quadratkilometer Waldgebiet auf der Insel für lange Zeit zerstört. Die Löscharbeiten sind noch lange nicht abgeschlossen. Schlicht unfassbar ist die Meldung, dass sich die Behörden darauf festgelegt haben, dass es sich sehr wahrscheinlich um Brandstiftung handelt. Solche Vorfälle gab es bereits in der Vergangenheit.
Ein 80-jähriger beschädigt einen Löschhubschrauber durch einen Steinwurf, da er Sorge hatte der Hubschrauber würde Wasser aus seinem Wassertank aufnehmen. Reichsbürger sind offensichtlich nicht nur in Deutschland ein Phänomen. Am 6.Tag nach dem Beginn der Brände hat man eine Freisetzung von 0,3 Megatonnen Kohlenstoff errechnet. All das ist im Zusammenhang mit den klimatischen Veränderungen und den weltweiten Naturkatastrophen sehr niederschmetternd.
Am Samstagmorgen hat es in der Nacht etwas geregnet und erstmals nehmen wir in unserer Hotelanlage leichten Rauchgeruch war. Nach dem Frühstück machen wir uns ganz in Ruhe auf den Weg. Da der Rückflug nach Düsseldorf erst am Nachmittag geht umrunden wir die Insel noch einmal über La Orotava und La Laguna an die Südküste. Wir haben so noch einmal Gelegenheit das unfassbare Ausmaß der Brände sowohl von Norden als auch von Süden zu sehen. Bei Santa Cruz fliegt eine Kette von Löschflugzeugen im Dauereinsatz mit der im Meer aufgenommenen Wasserladung hinauf in die Berge.
Entspannt rollen wir über die Küstenautobahn TF1 zum Aeropuerto Reina Sofia an der Südspitze Teneriffas. Am 25.Juni 1799 verließ Alexander von Humboldt die Reede von Santa Cruz auf seinem Weg nach Südamerika. Sein Schiff, die Korvette „Pizzaro“ entfernte sich von den kanarischen Inseln und nur manchmal zeigte sich dabei noch der Gipfel des Teide zwischen den Wolken- in seinem Reisewerk schrieb Humboldt dazu:
„Zum ersten Mal empfanden wir, welchen lebhaften Eindruck der Anblick von Ländern an der Grenze des heißen Erdgürtels wo die Natur so reich, so großartig und wundervoll auftritt, auf unser Gemüt macht. Wir hatten nur kurze Zeit auf Teneriffa verweilt, und doch schieden wir von der Insel, als hätten wir lange dort gelebt…“
Wir verlassen die Insel nun 213 Jahre nach Humboldts Besuch mit dem Flugzeug und haben einen solch entschleunigten Abschied leider nicht. Die verspätete Ankunft unseres Luftschiffes verschiebt auch unseren Abflug um gut eine Stunde. Von meinem Fensterplatz auf der rechten Seite habe ich leider keinen Blick mehr zurück, nach dem Überflug des spanischen Festlandes passieren wir die vom Restlicht des Sonnenuntergangs in rötliches Licht getauchten Pyrenäen, später überfliegen wir das nächtliche Paris. Einen Teil der Verspätung holt der Kapitän wieder rein, so dass die Landung in Düsseldorf noch vor 23:00h gelingt. Nach Murphys- Gesetz purzeln unsere Koffer gefühlt als letztes auf das Gepäckband. Schwägerin Stefanie bringt uns netterweise nach Hause, wo wir platt auf unser eigenes Nachtlager fallen.
Arnd Korbmacher
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