Schnalstal, Bodensee und Worms 2025

Schnalstal, Bodensee und Worms 2025

Ein 24- Stunden- Einsatz im OP und auf der Intensivstation endet am ersten Freitag Anfang März nach kurzer Ruhezeit in den frühen Morgenstunden. So kann ich um 7:30h die Klinik verlassen und zu Hause noch etwas Schlaf nachholen bis Doro die Praxis mittags abschließt. Mit dem bereits gepackten Auto geht es um 15:00h auf die Autobahn.

200000 Kilometer mit dem Brave Old Diesel
200000 Kilometer mit dem Brave Old Diesel

Wie immer sind die NRW- Autobahnen überfüllt, egal wann man sich auf den Weg macht. Zwischen maroden Autobahnbrücken und Baustellen tobt in Deutschland der Kampf um die linke Spur, die einige Lenker von Premium- Karossen aus reinen Prestigegründen erst gar nicht mehr verlassen. Das Anzeigen von Fahrspurwechseln wird im Allgemeinen überschätzt und rote Ampeln nur noch als Empfehlung wahrgenommen. Die Erklärung liefern die Medien, denn nach dem „Pisa- Eklat“ erfahren wir nun, dass auch jede(r) Zweite durch die theoretische Führerscheinprüfung fällt.

Stadttor und Stadtmauer Dettelbach
Stadttor und Stadtmauer Dettelbach

Wie auch immer, mit einigen kleinen Verzögerungen fahren wir über die A1 und A3 bis hinter Würzburg und bleiben unserem Prinzip treu die Anfahrt nach Norditalien zu splitten. Diesmal checken wir in einem Hotel in Dettelbach in Unterfranken ein. Das Franziskaner- Hotel ist eine ehemalige Pilgerherberge neben einem Franziskaner- Kloster vom Beginn des 17. Jahrhunderts.

Franziskaner- Kloster Dettelbach
Franziskaner- Kloster Dettelbach

Das Kloster liegt vor den Toren der mit einer Stadtmauer umgebenen Stadt. Die barocke Klosterkirche ist der Maria im Sande geweiht. Nach einem guten fränkischen Abendessen holen wir jede Menge Schlaf nach. Bei einem Plausch mit dem Wirt erfahren wir bei der Abreise die Gründe, warum die hübschen fränkischen Ortskerne immer mehr verwaisen und verfallen.

Hochaltar mit dem Wunder- Bildstock
Hochaltar mit dem Wunder- Bildstock

Am Samstag bleibt das Wetter der letzten Woche weiter stabil. Freunde, die unterwegs waren haben uns Bilder mit herrlichem Wetter aus den Bergen geschickt. Allerdings ist es für die Jahreszeit sehr mild, an diesem Wochenende sind frühlingshafte Temperaturen bis 20 Grad in den Niederungen angekündigt.

Kräftig deftig- Abendessen in Unterfranken
Kräftig deftig- Abendessen in Unterfranken

Einen Blick gönnen wir uns noch in die Wallfahrts- Kirche. An einem Bildstock in einem Weinberg im Osten Dettelbachs ereigneten sich Wunderheilungen. Das erste Wunder erfuhr im Jahr 1505 der gelähmte Nikolaus Lemmerer der aufgrund einer Vision hier eine Kerze entzündete und gesundete. In der Kirche steht der Gnadenaltar mit der Pieta aus dem Bildstock in der Vierung. Auf den naiven Darstellungen an den Wänden finden sich neben Lemmerers Geschichte auch zahlreiche Darstellungen anderer Wunderheilungen.

Vorarlberg und Appenzell voraus
Vorarlberg und Appenzell voraus

Über die A7 Richtung Süden, ab Memmingen auf der A96 Richtung Lindau und weiter nach Österreich, über die A14 zum Arlbergtunnel und über die S16 bis Landeck fahren wir Richtung Süden mit einem Stück A12 auf die Reschenpass- Straße. Hinter dem Pass machen wir einen Halt am Reschensee. Mit der Kulisse der Ortler- Alpen ragt der Kirchturm des versunkenen Ortes Altgraun aus dem zugefrorenen See. Ein wunderbares und bekanntes Motiv, diesmal in der gleißenden Sonne. Bei fast 15 Grad begehen einige Leute das Eis, was wir nicht wirklich für „safe“ erachten.

Der Weg ist das Ziel!
Der Weg ist das Ziel!

Die Fahrt durchs Vinschgau führt uns an einigen besuchten Orten, Kirchen und Burgen vorbei. Hinter Reinhold Messners Domizil Burg Juval beginnt das Schnalstal, in das wir mit ausreichendem Zeitpolster am Vernagt- See vorbei einfahren. Wir müssen die Seilbahn am Talende in Kurzras bis spätestens 16:30h erreichen.

Die Türme der Ortler-Alpen und der von Altraun
Die Türme der Ortler-Alpen und der von Altraun

Hier läuft alles glatt, wir laden das Gepäck für die nächste Woche auf eine Gepäckkarre, parken das Auto in der Tiefgarage und checken mit dem Skipass auch unser Zimmer im Berghotel am Schalter der Gletscherbahn ein. Mit der vorletzten, fast leeren Gondel schweben wir über eine einzige Seilbahnstütze hinauf zur Bergstation Grawand, mit dem gleichnamigen Hotel auf 3200m. Der Seilbahnführer, gebürtiger Nevigeser hat Lust auf Unterhaltung und bis zu seiner letzten Talfahrt plaudern wir noch mit ihm.

1200 Meter- Aufzug zum Hotel
1200 Meter- Aufzug zum Hotel

Mir juckt es in den Fingern gleich einige Fotos zu machen und so habe ich rasch den Gepäckwagen aus der Gondel geschoben. Ein herrliches Panorama bietet sich und bereits vom Seilbahnplateau fange ich so die ersten Eindrücke ein. Erst nach dem Aufschließen unseres Zimmers vermisse ich meinen kleinen Rucksack und es dauert einen Moment bis ich schlussfolgere, dass ich ihn wohl in der Gondel vergessen habe. Echt Mist- Papiere und persönliche Sachen sind darin. Die Rezeption hat bereits geschlossen und ich wende mich an Lucia an der Bar. Sie erreicht noch das Seilbahnteam an der Talstation und zeigt mir ein Foto vom Fundstück, das bis morgen sicher verwahrt im Büro der Talstation verbleibt- ja!- mir fällt ein Stein vom Herzen.

Grawand-Hotel 3200m
Grawand-Hotel 3200m

Wegen des unglaublichen Panoramas draußen dränge ich Doro noch über den Treppenweg zum Ötzi- Blick auf dem Grawand- Gipfel auf 3251m aufzusteigen. Hey- wir sind mal wieder aus Wuppertal kommend völlig höhennaiv und pusten ganz ordentlich hinauf zur Aussichtskanzel. Oben angekommen reihen sich nach Norden einige hohe Gipfel der Ötztaler Alpen auf. Nach Süden sind es die Ortler- Alpen und in östlicher Richtung die Dolomiten. Fantastisch!- wir können uns kaum satt sehen- Wildspitze, Similaun, Civetta, Marmolata, Presanella, Monte Vioz, Cevedale und Ortler, allesamt Gipfel auf denen ich gestanden habe oder an denen ich wie am Vioz und am Cevedale unterwegs war. Auch die schönen Gipfel der Weißkugel und der Finailspitze liegen vis a vis.

Prominenter Gast im "Grawand"- Der Ötzi
Prominenter Gast im „Grawand“- Der Ötzi

Das Tisenjoch liegt in Sichtweite Richtung Similaun. Das Joch wurde bekannt als Fundstelle des Mannes aus dem Eis, den der Gletscher 1991 preisgegeben hat. 2022 haben wir das Museum in Bozen besucht, in dem die Mumie ihr kühles Wissenschafts-Grab gefunden hat. In meinem Bericht >Alpine Touren/Südtirol und Pfalz 2022< habe ich über den gewaltsamen Tod von „Ötzi“ vor über 5300 Jahren berichtet. Die Fundstelle liegt 92 Meter südlich der heutigen Grenze zwischen Österreich und Italien, womit die älteste, natürliche menschliche Mumie zum Südtiroler wurde.

NO- Panorama vom Ötzi- Peak
NO- Panorama vom Ötzi- Peak

Mit dem günstigen Angebot des Grawand- Hotels haben wir uns ein weiteres Mal ein besonderes Basislager mit Panoramablick inklusive Skipass und Halbpension ausgesucht. Mit diesem Panorama genießen wir am Abend die südtiroler Küche. Wir wohnen im höchstgelegenen Hotel Europas. Den Nachtschlaf auf 3212m verbringen wir mit einem leichten Kopfdruck. Den Wein zum Abendessen sollte man daher vermeiden.

Ötzi- Peak 3251m
Ötzi- Peak 3251m

Am Sonntag spielt das Wetter noch mit und es ist zunächst recht sonnig. Wir wollen es heute langsam angehen lassen und fahren ein paarmal am langen Tellerlift, der uns zum Ausstieg oberhalb des nördlich ausgerichteten Hochjochferners bringt. Nur wenige Leute sind unterwegs und wir genießen mehrfach die flache Gletscherabfahrt auf bestens präparierter Piste. Die Auswahl der Abfahrten ist begrenzt und die Schwierigkeit liegt mit blauen und roten Pisten eher im moderaten Bereich. In einer Senke liegt der Gletschersee, von dem ein Sessellift am südöstlich ausgerichteten Gegenhang weitere Abfahrten bietet. Auch hier toben wir uns aus und kehren dann in der gemütlichen Schutzhütte Bella Vista ein.

Südpanorama mit Schnalstal und Ortler- Alpen
Südpanorama mit Schnalstal und Ortler- Alpen

Mittlerweile bringt Wetteränderung zunehmende Bewölkung mit Fönhauben über den Bergen und die Sonne macht sich rar. Wir essen einen besonders köstlichen Kaiserschmarrn mit karamellisiertem Zucker. Betrieben wird die Hütte, die auch Zimmer bietet von einem jungen freundlichen Team im Gastraum.

Sonntagmorgen- Nordpanorama beim Blick aus unserem Zimmer
Sonntagmorgen- Nordpanorama beim Blick aus unserem Zimmer

Wir entscheiden uns zu einer Talabfahrt nach Kurzras auf 2011 Meter, wobei der Schlusshang noch zum Schneematsch- Surfen einlädt. Uns reicht es für heute und wir schweben zurück in unser Hotel auf 3200 Meter. Nach etwas Chillen und einer Dusche vernebelt der Panoramablick nach draußen vollständig. Wir werden zum Abendessen wieder gut versorgt und einen einzigen Blauburgunder der Bozener Weinkellerei „Schreckbichl“ lasse ich mir zu den Rigatoni Putanesca schmecken. Mit viel Wasser dazu wird er schon nicht schaden. Kopfdruck begleitet mich aber auch in der zweiten Nacht auf Höhe.

Südosthang an der Schutzhütte Bella Vista- Blick auf den Grawand- Gipfel
Südosthang an der Schutzhütte Bella Vista- Blick auf den Grawand- Gipfel

Der Montag hat seit den Morgenstunden Schnee gebracht und beim Blick durchs Fenster drängt uns nichts nach draußen. Wir frühstücken ausgiebig und hängen erst einmal im Zimmer ab. Gegen Mittag wird der Nebel immer heller und als wir die Liftanlagen unterhalb sehen können rödeln wir langsam auf. Im Prinzip fahren wir die gleichen Abfahrten wie gestern, aber mit gut 5 Zentimeter Neuschneeauflage auf gut präparierter Piste. Als dann erste Wolkenlöcher die Sonne durchlassen steigt das Ski- Fieber um einige Grad auf der Spaß- Skala. Die Uhr im Auge behaltend müssen wir aufpassen nicht die Deadline für den Transfer mit den Seilbahnanlagen zu verpassen.

Schutzhütte Bella Vista 2845m
Schutzhütte Bella Vista 2845m

Nach dem tollen Nachmittag gönnen wir uns noch einen Saunagang. Danach liegen wir auf dem Bett und sehen dem Live- Wolken- und Lichtspiel über den Ötztaler Gipfeln zu. So vergeht die Zeit bis zum Abendessen um 19h im Flug. Gut gesättigt schauen wir noch eine Reportage über die Landschaften der Toskana und Elba. Langes Schlafen hat im Skiurlaub bei uns Tradition.

Abendstimmung- Blick durchs Fenster
Abendstimmung- Blick durchs Fenster

Der Dienstag beginnt wolkig mit etwas Sonne. Nach dem Frühstück geht es dann auch gleich in die Bindung und wir fahren die Hänge rechts und links des Gletschersees ab, bevor wir uns an die Talabfahrt nach Kurzras machen. Oberhalb von Kurzras zweigt die schwarze Abfahrt „Transhumanz“ ab, die uns zur Gondelbahn Lazaun bringt. Mit dieser Bahn lassen wir uns auf der Gegenseite der Grawand-Bahn zur Lazaun- Hütte auf 2460m hinaufbringen.

Kunstinstallation zum Thema Klimawandel- Begehbare Skulptur des isländischen Künstlers Olafur Eliasson
Kunstinstallation zum Thema Klimawandel- Begehbare Skulptur des isländischen Künstlers Olafur Eliasson

Mit dem Begriff „Transhumanz“ ist eine halbnomadische Wanderweidewirtschaft zur Ausnutzung klimatischer Bedingungen verbunden, die heute sogar zum immateriellen UNESCO- Weltkulturerbe gehört. Hier im Schnalztal ist es eine alte, seit 1357 urkundlich belegte Tradition, der die Hirten mit ihren Herden von mehreren Tausend Schafen und etlichen Hundert Ziegen über die Landesgrenze und über Gletscher folgen. Ein Übergang führt im Sommer von Vernagt 1700m über die Similaun- Hütte im Niederjoch 3000m zur Niedertalalm auf 2134m im österreichischem Ötztal. Eine andere Hirtenroute, die seit 6000 Jahren begangen wird verläuft von Kurzras über das Hochjoch 2861m zur österreichischen Hofenbergalm. Mit der Tradition und der enormen Anstrengung für Mensch und Tier können sich die saisonal genutzten Weideflächen immer wieder erholen. 

Wildspitze 3768m- Höchster Berg Nordtirols und der Ötztaler Alpen
Wildspitze 3768m- Höchster Berg Nordtirols und der Ötztaler Alpen

Vor fast 40 Jahren im Sommer 1986 waren wir mit der DAV- Jugendgruppe Essen in den Ötztaler Alpen unterwegs. Ich kam von Korsika zurück und Treffpunkt war Obergurgl, wo ich nach einer verregneten frostigen Nacht im Zelt meine Sachen in einer Pension getrocknet habe. Hier haben wir die Überschreitung vom südlichen zum nördlichen Gipfel der Wildspitze 3770m gemacht und auch der Similaun 3606m stand auf der Agenda.

Arnd am Südgipfel der Wildspitze am Donnerstag, den 4. September 1986 10:00h- im Hintergrund die Überschreitung zum firnigen Nordgipfel
Arnd am Südgipfel der Wildspitze am Donnerstag, den 4. September 1986 10:00h- im Hintergrund die Überschreitung zum firnigen Nordgipfel

Am Mittwoch ist es am Gipfel der Grawand weiterhin komplett zugezogen und Schneefall hat eingesetzt. Die Hoffnung auf eine vorübergehende Wetteränderung am Donnerstag geben wir beim Blick auf die aktuelle Wetterprognose des Portals „Bergfex“ auf. Es ist schon bitter, denn der Wetterwechsel kommt, wenn wir am Samstag abreisen. Der Berg bestimmt halt die Regeln. So wird es ein Tag, an dem wir mit der Seilbahn hinab nach Kurzras schweben und etwas einkaufen. Die kleine hübsche Kapelle vom Ende des 19. Jh. mitten im Ort ist verschlossen.

Mittwochmorgen beim Frühstück
Mittwochmorgen beim Frühstück

Direkt daneben hat die Gemeinde dem Seilbahnpionier Leo Gurschler, der 1972 die Schnalstaler Gletscherbahn- AG gründete und 1975 die Seilbahn auf die Grawand fertigstellte ein Denkmal errichtet. Mit der Erschließung der Grawand folgte auch der Bau des Hotels. Den Nachmittag verbringen wir wieder im Hotel und nutzen die finnische Sauna. Es ist heute unser 31. Hochzeitstag und mit dem guten Abendessen lassen wir den Tag ausklingen. Seit 37 Jahren gehen wir bereits gemeinsame Wege und entsprechend lang zusammen Skifahren- da ist ein verlorener Skitag nicht gleich eine Katastrophe.

Selfie zum 31. Hochzeitstag
Selfie zum 31. Hochzeitstag

Beim Frühstück am Donnerstag, haben wir dann aber Lust rasch die Ski anzuschnallen. Es hat Neuschnee gegeben und Wolkenlöcher legen immer mal wieder die frisch angeschneiten Berge frei. So machen wir ein paar Abfahrten auf dem Gletscher und direkt neben der abgesteckten Piste sorgen gut 15 cm bester Pulver- Schnee für Genuss. Das Vergnügen lässt allerdings bald mit nachlassender Sicht nach. Auf der Abfahrt zur Schutzhütte „Bella Vista“ gerate ich über die Pistenkante ins Ungewisse und stecke kopfüber im Steilhang. Die Luft ist raus und in der gemütlichen Stube werden wir mit einer tollen Minestrone versorgt. 

Bella Vista
Bella Vista

Nach unserer Pause frischt der Wind zunehmend auf und peitscht uns Graupel ins Gesicht. Wir hampeln im Nebel zu den Liften, die uns hoch auf unser Grawand- Lager bringen. Das Nachmittagsprogramm bringt neben Musikhören und Lesen noch einmal ein paar Saunagänge bis zum Abendessen. Der Blick aufs Wetter ist ein wenig frustrierend. So wie es aussieht wird uns die Sonne erst wieder auf der Rückreise begegnen.

Der Kaiserschmarrn im Bella Vista
Der Kaiserschmarrn im Bella Vista

An unserem letzten Tag am Freitag bleibt der Gipfel der Grawand fest von Wolken umschlossen. Am Vormittag treibt es uns trotzdem raus und mit mäßiger Sicht fahren wir rüber auf den Gletscher. Die verflixte Wolkendecke über uns scheint nicht all zu dick zu sein. Immer wieder sehen wir unsere eigenen Schatten auf der Piste, was mir zu einem wesentlich sportlicheren Fahrstil verhilft. Im White-Out im Nebel einfach umzukippen, weil man glaubt noch zu fahren, obwohl man längst steht ist eine dumme Sache- kommt aber vor. 

Eis und Schnee am Freitag
Eis und Schnee am Freitag

Wir haben jedoch heute meist ausreichend Sicht, so dass die Abfahrten einfach Bock machen. Wir fahren alle Hänge hintereinander noch einmal ab, inklusive der schwarzen Steilhänge bis zur Talfahrt nach Kurzras. Ein letztes Mal schweben wir am Nachmittag hinauf auf die Grawand. Mit dem guten Gefühl reichlich Pistenkilometer und Höhenmeter in die Beine gepumpt zu haben gießen wir die Sauna stramm auf. Wir genießen unser Abschieds- Menu und den gut eingespielten Service von Lucia, Mario und Kollegen.

Der Schnee passt ;-)
Der Schnee passt 😉

Vor unserem Frühstück am Samstag bereiten wir unseren Gepäckwagen für die Seilbahn vor. Gut gesättigt vom reichhaltigen Frühstücksbuffet nehmen wir dann Abschied vom Grawand-Team und schweben hinab durch dichte Wolken nach Kurzras. Der Neuschnee der letzten Nacht hat sich auch auf den Talgrund gelegt.

Doro mit Grawand- Gipfel (Ötzi-Peak)
Doro mit Grawand- Gipfel (Ötzi-Peak)

Wir beladen unser Auto in der Tiefgarage und verlassen das Schnalstal nach einer perfekten Woche im Schnee (mit Abstrichen beim Wetter) am Vernagt- See entlang hinunter ins Vinschgau. Im Vinschgauer Bauernmarkt unterhalb von Castel Juval kaufen wir noch ein paar gute Sachen ein. Im Supermarkt in Schlanders komplettieren wir unsere Mitbringsel bevor wir bei trübem Wetter Kurs Richtung Reschenpass aufnehmen. Wegen Arbeiten an der Reschenpass- Straße müssen wir alternativ ab Nauders über die Schweiz nach Pfunds fahren. Von hier geht es über Landeck durch den Arlbergtunnel nach Deutschland. 

Leaving Grawand
Leaving Grawand

Auf der Insel Lindau parken wir im Parkhaus an der Inselhalle und machen einen Bummel durch die Altstadt zum Hafen. Lindau hat sich einen mittelalterlichen Charme bewahrt und die Hafeneinfahrt mit dem bayrischen Löwen und dem Leuchtturm ist mir noch von einem Urlaub mit den Eltern aus der Kindheit in Erinnerung. Nach einem Rundgang am Hafen suchen wir uns ein Café und wärmen uns bei Cappuccino und Kuchen auf.

Hafeneinfahrt Lindau am Bodensee
Hafeneinfahrt Lindau am Bodensee

Am Nachmittag fahren wir zu unserem Übernachtungsquartier in Manzell bei Friedrichshafen, wo wir bis Montag zu Gast sind. Wir haben in dem ländlichen Hotel einen Blick auf eine Wiese mit Obstbäumen. Im Restaurant werden wir gut versorgt und nach einer ruhigen Nacht, erstmals seit einer Woche wieder unter 400 Höhenmetern werden wir am Sonntag durch den Ruf von Hahn und Esel geweckt.

Kaffee und Kuchen in Lindau
Kaffee und Kuchen in Lindau

Der Plan für den heutigen Tag ist der Besuch des zweiten, der Fliegerei gewidmeten Museums in Friedrichshafen am Bodensee. Letzten Sommer haben wir uns auf der Rückreise mit den imposanten Luftschiffen des Grafen Zeppelin beschäftigt. Diesmal ist es Claude Dornier, der zwar an Zeppelins Starrluftschiff- Konstruktionen mitarbeite, sich selbst aber mit der Weiterentwicklung von Flächenfluggeräten und der Konstruktion von Flugbooten in die Geschichtsbücher schrieb. 

Friedrichshafen- Dornier-Museum
Friedrichshafen- Dornier-Museum

Der Höhepunkt seines Schaffens und Könnens brachte die mit 12 Motoren ausgestattete Riesen- Flugboot- Ikone DoX hervor. Parallel zum transatlantischen Luftschiff- Verkehr übernahm die DoX ab 1929 zunehmend den damaligen Jet- Set mit bis zu 159 Passagieren. Wie in den großen Zeppelin-Luftschiffen mussten die Passagiere der DoX nicht auf Luxus verzichten. Das Museum zeigt das Spektrum des genialen Flugzeugkonstrukteurs. Gleich vor dem Museum steht der Senkrechtstarter Do 31. Wir sehen im Innen- und Außengelände die unterschiedlichsten Zivil- und Militärmaschinen an denen Dornier mitgewirkt hat. 

Flugboot Dornier- Wal
Flugboot Dornier- Wal

Auch das leichte Trainingsflugzeug Alpha- Jet, Waffensystem auf dem ehemaligen Fliegerhorst in Oldenburg, auf dem ich bis 1984 meinen Wehrdienst abgeleistet habe gehört zur Dornier- Familie. Das System wurde in den 90er Jahren im Rahmen der konventionellen Abrüstung Europas ausgemustert. Genutzt wird das hochzuverlässige Flugzeug heute noch, insbesondere von den Kunstflug- Fliegerassen der “Patrouille de France”.

Do 28A- Flugzeug des ehem. Verteidigungsministes Franz Josef Strauß in den 60er Jahren
Do 28A- Flugzeug des ehem. Verteidigungsministes Franz Josef Strauß in den 60er Jahren

Das Steuerruder einer Do21 nehme ich für eine Friedrichshafener Platzrunde selbst in die Hand. Im Simulator lande ich das Flugzeug halbwegs gekonnt neben der Landebahn am Bodensee- niemand wurde verletzt. Michael Grzimek, Sohn des berühmten Tierforschers flog diesen STOL-Flugzeugtyp in Zebra- Lackierung über dem Serengeti- NP. Er stürzte 1959 infolge einer Kollision mit einem Geier aus 200 Metern tödlich ab.

Entdeckungen im Dornier- Museum
Entdeckungen im Dornier- Museum

Mit unserer Gästekarte haben wir in Friedrichshafen freien ÖPNV und haben so das Museum mit dem Bus angefahren. Mit einmal umsteigen am Bahnhof kehren wir am Nachmittag zurück zum Hotel in Manzell. Da das Restaurant sonntags Ruhetag hat nehmen wir am Abend noch einmal den Bus in Anspruch, denn wir haben einen Tisch in einer Location am Hafen in der Nähe des Zeppelin- Museums reserviert. 

Abendessen mit Seeblick
Abendessen mit Seeblick

Am Montag fahren wir weiter und Dorothee hat die Idee zunächst mit der Fähre von Meersburg nach Konstanz über den Obersee zu fahren. Es ist eine schöne Abwechslung, die einen Rundblick über den größten deutschen Binnensee bietet. Wir fahren durch hübsche Orte und die befestigte Altstadt von Meersburg lockt zu einem zukünftigen Besuch. Leider lässt die Sicht heute keinen Blick auf die hohen Alpengipfel zu.

Eine Seefahrt die ist lustig...
Eine Seefahrt die ist lustig…

Unser heutiges Tagesziel ist Worms und für die Strecke wählen wir die Schwarzwald- Höhenstrasse, die uns mitten durch den Nationalpark führt. Am Schluchsee vorbei geht es über Höhen auf denen noch etwas Schnee liegt und am 1493 Meter hohen Feldberg ist der Skibetrieb noch geöffnet. Beim Verlassen des Feldbergs hinter einer Kurve bei “Kalte Herberge” zeigt mir ein heller Blitz am Straßenrand an, dass ich die zulässigen 70 Km/h wohl überschritten habe- ich darf gespannt auf das entsprechende Bußgeld sein.

Erwischt :-(
Erwischt 🙁

Am Titisee entlang geht es nordwärts über Hinterzarten und Furtwangen nach Triberg. Einen Abzweig nehmen wir zur mittelalterlichen Klosterruine Allerheiligen, an der wir uns mit einem Tiefblick von der Straße begnügen. Über Baden-Baden wechseln wir auf die linksrheinische Seite und fahren über die A35 durch Frankreich. Nach einem Einkauf in Seltz setzen wir unsere Fahrt über die Grenze in Lauterbourg über die B9, A65 und A61 nach Worms fort. Hier erreichen wir gegen 19h unser Nachtquartier auf einem Weingut. Zum guten Abendessen probieren wir auch die Weine des hiesigen Kellers. 

Feldberg und Schwarzwald- Höhenstraße
Feldberg und Schwarzwald- Höhenstraße

An unserem letzten Urlaubstag statten wir dem Dom St. Peter in der Wormser Innenstadt noch einen Besuch ab. Worms ist ein Füllhorn der Romanik. Bereits im frühen 7. Jahrhundert entstand eine erste Kirche auf den Grundmauern eines römischen Forums in der merowingischen Epoche. Bauherr Bischof Burchard ließ ab dem Jahr 1000 den heutigen Dom erbauen, der im Jahr 1018 in Anwesenheit von Kaiser Heinrich II geweiht wurde. 

Frühling am Wormser Dom
Frühling am Wormser Dom

Es ist ein sonniger Tag und nach einer Umrundung des Doms durch die Parkanlage am ehemaligen Kreuzgang vorbei inspizieren wir den gewaltigen Innenraum der Bischofskirche mit der Salier- Grablege in der Krypta. Es gibt einige mittelalterliche Schätze zu entdecken. 1521 hielt Kaiser Karl V. in Worms vom 16.-26. April Reichstag. Bei seiner Anhörung vor dem Kaiser verweigerte der Reformator Martin Luther am 18. April den geforderten Widerruf seiner Thesen. Luther gelang die Flucht aus Worms, bevor im Wormser Edikt die Reichsacht über ihn verhängt wurde.

Die Schuhe zeigen den Ort im ehemaligen Bischofspalast an, an dem Luther dem Kaiser gegenübertrat.
Die Schuhe zeigen den Ort im ehemaligen Bischofspalast an, an dem Luther dem Kaiser gegenübertrat.

Neben Speyer und Mainz bietet Worms mit einer Synagoge aus dem Jahr 1034, einem jüdischen Ritualbad von 1185/86 und dem ältesten jüdischen Friedhof Europas Einblicke in die Traditionen und die Religion jüdischen Lebens in Worms. Die jüdische Gesellschaft gehörte einmal zum Stadtbild unserer europäischen Städte bis sich der Abgrund der NS- Diktatur auftat. In schwieriger Zeit sah das deutsche Volk in einem Psychopathen, der sich selbst „Führer“ nannte einen Ausweg aus der Krise.

Tympanon vom romanischen Südportal- Christus als Weltenrichter 1160-70
Tympanon vom romanischen Südportal- Christus als Weltenrichter 1160-70

Ja- er war ein Führer, der die jüdische Gemeinschaft in den Holocaust und ganz Europa in Schutt und Asche führte. Wähler unserer europäischen Demokratien lassen sich wieder einfangen von despotischen Versprechungen. Gerade demonstriert uns der Präsident der ältesten Demokratie der Welt den Unterschied zwischen abgewogener Diplomatie und profitablen Deals.

Siegfried der Drachentöter auf seinem Brunnen von 1921
Siegfried der Drachentöter auf seinem Brunnen von 1921

Worms ist auch Nibelungenstadt mit Schauplätzen des Nibelungenliedes aus der Stauferzeit rund um den Drachentöter Siegfried. Als Nationalepos der Deutschen im 19. und 20. Jahrhundert passte die Heldengeschichte auch bestens in das Weltbild der NS- Herrenmenschen. Die Ursprünge der Sage finden sich allerdings bereits zur Zeit der Völkerwanderung. Wir verlassen gegen Mittag das sonnige Worms und kehren am Nachmittag nach entspannter Fahrt zurück ins traute Heim. 

Arnd und Doro mit Wildspitze- Wieder mal ein schöner Trip!
Arnd und Doro mit Wildspitze- Wieder mal ein schöner Trip!

A. Korbmacher

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