Ballonfahrt Bergisches Land 2023

Ballonfahrt Bergisches Land 2023

Im März habe ich einen Gutschein für eine Ballonfahrt erhalten. Es war die Idee meiner Frau, zusammen mit meiner Mutter und meiner Schwägerin Stefanie mir einen solchen Gutschein zum Geburtstag zu schenken. Ich habe mich sehr darüber gefreut, da ich eine gewisse Begeisterung für Luftfahrt in jeglicher Form empfinde. Nicht weil ich keine anderen Ideen habe, sondern weil ich es schön finde dieses Erlebnis mit Dorothee zu teilen habe ich den Veranstalter auch zu ihrem Geburtstag kontaktiert, damit wir die anstehende Fahrt gemeinsam erleben können.

Unsere Flugroute über das Bergische
Unsere Flugroute über das Bergische

Da unser Terminplan im Frühjahr und Sommer schon gut gefüllt war, haben wir mit einem Vorlauf von mehreren Monaten eine Abendfahrt an einem Samstag Anfang September terminiert. Eine solche Unternehmung ist natürlich niemals fix, sondern immer von den Wetterverhältnissen abhängig. Ob die Ballonfahrt tatsächlich stattfinden kann werden wir erst an diesem Tag bis mittags erfahren. Wir frühstücken an besagtem Samstag ganz gemütlich und sind guter Dinge dass zumindest wettertechnisch der Aktion nichts im Wege stehen dürfte, da sich ein stabiles Hochdruckgebiet über Nordeuropa eingependelt hat. Der Wind ist sehr moderat, hat sich aber noch nicht ganz entschieden aus welcher Richtung er wohl kommt.

Long Vehicle
Long Vehicle

Gegen 11:00h erscheint die angekündigte Nachricht auf meinem Smartphone, mit der Bestätigung nebst Bekanntgabe des Treffpunkts um 17:30h am Hallenbad in Remscheid- Lennep. Wenig später folgt noch eine telefonische Abfrage, ob die Nachricht uns tatsächlich erreicht hat. Wir sind am Nachmittag pünktlich am Treffpunkt in Lennep, der Himmel ist seit Tagen wolkenlos geblieben, die Temperaturen am Nachmittag immer noch um die dreißig Grad. Wir sind erstaunt, dass sich recht viele Leute an den beiden Fahrzeugen, mit den noch auf den Anhängern verstauten Ballons befinden. Zwei Piloten sind vor Ort, wir wurden Andi Wagner zugeteilt. Er ist der Kapitän, der die größere Gruppe in Empfang nimmt. Nach einer Begrüßung instruiert er uns kurz über die anstehenden Prozeduren, bei denen er Alle um tatkräftige Mithilfe bittet. Wir begeben uns nun zur Startwiese direkt neben dem Parkplatz am Lenneper Schwimmbad “H2O”.

Auspacken und Auslegen des Ballons
Auspacken und Auslegen des Ballons

Als erstes werden Arbeitshandschuhe verteilt, denn es geht jetzt darum unser Luftfahrzeug abzuladen. Dabei müssen wir mit vereinten Kräften den 700 Kilo schweren Korb vom Hänger ziehen, danach wird der 300 Kilo- Packsack mit der Ballonhülle vor dem Korb in die Wiese gelegt. Dieser Ballon ist ein besonders großes Exemplar und hat ein Volumen von 12500 Kubikmetern. Die Größe ist letztlich dem Gewicht des Korbes mit seinen 4 Gasbrennern nebst Flaschen geschuldet, der einer Zuladung von heute 19 Passagieren und dem Piloten Platz bietet. Unser Pilot Andi leitet uns ganz entspannt und routiniert durch die erforderlichen Arbeitsschritte. Da wäre das Auspacken und Auslegen der Ballonhülle, wofür wir fast die gesamte Länge der Startwiese benötigen. Alle Tragkabel werden mit dem Korb verbunden.

Vorfüllen der Hülle
Vorfüllen der Hülle

Der Korb wird mit dem Brenner zur unteren Öffnung der Ballonhülle auf die Seite gekippt. Zwei leistungsstarke Ventilatoren werden an beiden Seiten des Korbs ebenfalls auf den Ballon ausgerichtet. Ein junger Helfer hebt mit erhobenen Armen die Ballonhülle an der unteren Öffnung an. Andi startet beide Ventilatoren und der entstehende Luftstrom trifft an der Nase des Offenhalters vorbei in das Innere des Ballons. Weitere Steigerung der Ventilator- Drehzahl erhöht den Luftstrom und somit auch den Druck, der die oben liegenden Anteile der Hülle so weit anhebt, dass das Offenhalten entfällt.

Andi beim letzten Kontrollgang im Ballon
Andi beim letzten Kontrollgang im Ballon

Andi schreitet den hallenartig geöffneten Innenraum des Ballons noch einmal für einen letzten Check der Ballonhülle ab. Der Bereich vor dem Brenner wird geräumt, damit Andi die Gasflamme zünden kann. Nun kommt das eigentliche physikalische Prinzip des Heißluftballons ins Spiel- die erwärmte Luft in der Ballonhülle nimmt eine niedrigere Moleküldichte an, wird somit leichter als die Luft in der Umgebung und erzeugt den Auftrieb mit dem wir uns in die Luft erheben wollen.

Angewandte Thermodynamik
Angewandte Thermodynamik

Es dauert nicht lange bis dieser Effekt der Thermodynamik sichtbar wird, der Ballon steigt langsam auf. Nachfolgend richtet sich durch die vertikalen Zugkräfte auch der Korb auf. Die Passagiere klettern nun in den noch am Zugfahrzeug gesicherten Korb. Nachdem diese letzte Sicherung entfernt ist gibt Andi Gas und schickt mit der Gasflamme stoßweise weitere Thermik in den Ballon. Wir heben fast unmerklich ab und haben beim ersten Blick nach unten schon ordentlich Höhe über dem Parkplatz erlangt, wo uns die unten Gebliebenen noch nachwinken.

Feuer frei!
Feuer frei!

Wo die Reise genau hingeht kann der Pilot nur wenig beeinflussen. So ist es in erster Linie eine Frage der Windrichtung, die die Routenplanung und die Auswahl möglicher Landeplätze bestimmt. Andi ist ein sehr erfahrener Ballonpilot und blickt bereits auf über 900 Fahrten zurück. Bei genauer Kenntnis der Windrichtung in verschiedenen Höhen sind Kursvariationen möglich- wir erfahren von ihm auch, dass wir nicht fliegen, sondern mit dem Wind fahren. Da dieser heute mild aus Nordwest bläst führt uns unsere Route in Richtung Südost.

Ready For Take Off!
Ready For Take Off!

Ballonfahren ist bei solchen Verhältnissen ein absolut entspanntes Dahingleiten. Wir steigen ausgehend von einer Starthöhe von etwa 300 Metern in Lennep auf etwa 600 Meter auf, gefolgt von einem Absinken auf den ersten 4 Kilometern auf etwa 450 Meter ü.NN. Der Südost-Kurs führt uns über die Wuppertalsperre nördlich der Kräwinklerbrücke entlang in einer Höhe von etwa 150 Metern über Grund. Da wir mit dem Wind fahren ist es in unserem Korb völlig windstill und kaum kühler als zuvor am Boden. Die Sonne neigt sich schon tief nach Westen, so dass die Landschaft nach Osten in besonders schönes Licht gerückt erscheint. Etwas verwirrend ist die Tatsache, dass sich die Blickrichtung durch Drehung des Ballons im Raum immer wieder ändert.

Luftschiff-Kapitän Andreas Wagner
Luftschiff-Kapitän Andreas Wagner

Nördlich von Hückeswagen lässt Andi unseren Ballon auf eine Höhe von 1400 Metern steigen. Auch nach Osten ist der Blick jetzt nicht mehr völlig ungetrübt, da wir eine dünne Inversionsschicht unter uns gelassen haben. Aus der größeren Höhe tauchen weitere Talsperren auf, wie die große Dhünntalsperre in westlicher Richtung. Kreuz und quer haben wir das Bergische Land zu Fuß erwandert, über den Wupperweg, den Bergischen Weg und den Bergischen Panoramasteig. Diese Perspektive auf das erwanderte Land mit seinen Höhen und Talsperren ist einfach nur großartig.

Wuppertalsperre voraus!
Wuppertalsperre voraus!

Unser Kurs führt uns an die nächste Talsperre, die Bevertalsperre, über der Andi damit beginnt Höhe abzubauen, in dem er einfach seltener den Gasbrenner betätigt. Für die Landung hat er eine Wiese auf etwas über 350 Höhenmetern an der Anhöhe des Kohlenbergs zwischen der Bever- und Neyetalsperre avisiert. Bereits in Sichtweite der Wiese beginnt der Landeanflug, bei dem wir zunehmend Höhe abbauen. Andi hat Instrumente an Bord, die über die Höhe, den genauen Standort sowie die Sink- und Steigrate informieren. Ich habe allerdings den Eindruck, bei aller Technik ist Pilotenerfahrung, Fingerspitzengefühl und der dosierte Einsatz des Gasbrenners die halbe Miete.

Panoramablick nach Südosten über die Wuppertalsperre
Panoramablick nach Südosten über die Wuppertalsperre

Nach gut 75 Minuten Flugzeit und einer zurückgelegten Strecke von 11 Kilometern setzen wir sanft auf- „die Landung ist nicht immer so ruckfrei“ teilt uns Andi mit und deswegen sollte man möglichst eine Position mit dem Rücken zur Landerichtung mit Körperspannung und gebeugten Beinen einnehmen, falls es mal anders läuft. Die Sonne ist während unseres Landeanflugs nach Westen bereits hinter dem Horizont abgetaucht.

1000 Meter über Bergischem Grund
1000 Meter über Bergischem Grund

Während die blaue Stunde anbricht müssen nun die Arbeitsschritte zur Startvorbereitung in umgekehrter Reihenfolge abgearbeitet werden. Die Ballonhülle wird mit langen Leinen in Landerichtung zu Fall gebracht und dann unter Mithilfe aller Beteiligten von unten nach oben zusammengerafft. Hier dirigiert Robin unsere Bemühungen die Ballonhülle in den nachgeführten Packsack zu stopfen, der mit jedem Meter schwerer wird. Robin hat unsere Reise vom Boden aus verfolgt und das Transportfahrzeug hinter uns her zu unserem Landeplatz gefahren.

Badeplatz am Ostufer der Wuppertalsperre
Badeplatz am Ostufer der Wuppertalsperre

Muskelkraft ist dann noch einmal beim Verladen des Korbes gefragt. Mittlerweile stehen die Sterne über uns am Himmel und nach den letzten Handgriffen bittet uns Andi noch zu unserer Ballontaufe, einer Tradition aus den Anfängen der Ballonfahrt.

Über der Bevertalsperre- Blick nach Südwesten
Über der Bevertalsperre- Blick nach Südwesten

Diese gehen auf den 4. Juni 1783 zurück- es waren die Brüder Josef Michel und Jaques Etienne Montgolfiere, Papierfabrikanten aus Annonay bei Lyon, die einen Ballon aus Leinen und Papier von 12 Metern Durchmesser im Garten ihrer Fabrik zum Aufsteigen brachten. Inspiriert waren sie angeblich durch die Beobachtung, dass der Reifrock einer Dame über einem Kamin angehoben wurde. Was den Auftrieb letztlich wirklich erzeugt hat war aber noch unklar, man glaubte an einen Zusammenhang mit dem Rauch aus Strohballen und Wolle. Wie auch immer- oft waren Entdeckungen in der Geschichte von einer guten Beobachtungsgabe inspiriert. Archimedes entdeckte in der Antike das nach ihm benannte Prinzip des Auftriebs. Leonardo da Vinci beobachtete im Jahr 1512, dass heiße Luft Papierfiguren zum Schweben bringen kann.

Ballonfahrer- Selfie
Ballonfahrer- Selfie

Immerhin erreichte die erste Montgolfière eine Höhe von 2000m und legte nach dem Kappen der Halteseile eine Strecke von 2 Kilometern zurück. Ob ein Überleben von Passagieren solcher „aerostatischer Maschinen“ möglich ist sollten kommende Versuche klären. Am 19. September 1783 gab es einen Start mit Hammel, Hahn und Ente, der abgesehen von einem gebrochenen Flügel der Ente (vermutlich durch den Tritt des Hammels) als erfolgreich abgehakt werden konnte.

Mit ruhiger Hand- Im Landeanflug
Mit ruhiger Hand- Im Landeanflug

Wiederholt wurde das Spektakel am 21. November 1783 unter den Augen des Sonnenkönigs nebst Gemahlin am Hof von Versailles als erste bemannte Ballonfahrt. Da das Privileg eines solch wichtigen Ereignisses nicht den zuerst geplanten Strafgefangenen zu teil werden sollte übernahmen zwei Freiwillige aus dem Adelsstand, der Marquis de Arlandes und der Pilâtre de Rozier das waghalsige Unterfangen. Ihre ruhige Fahrt über die Dächer von Paris hinweg endete 8 Kilometer entfernt. Die Aeronauten wurden gefeiert wie Helden und per Erlass wurde festgelegt, dass Ballonfahren grundsätzlich dem Adelsstand vorbehalten ist.

19:53h- Der Adler ist gelandet- Gut Land!
19:53h- Der Adler ist gelandet- Gut Land!

Und das erklärt hinreichend den Brauch der Ballontaufe nebst Verleihung eines Adelstitels, denn es wäre ja sonst gar nicht zulässig den Luftraum als Proletarier zu befahren. Ein gestandener Ballonfahrer muss auf Nachfrage seinen Titel jederzeit fehlerfrei vortragen können, wenn er in der Szene nicht Gefahr laufen will eine Lokalrunde geben zu müssen. Auch wer behauptet mit einem Ballon geflogen zu sein muss ähnliches befürchten. Ich hoffe also inständig das Wort „Flug“ kommt im Zusammenhang mit dieser Ballonfahrt in meinem Bericht nicht vor 😉

Unsere offiziellen Taufurkunden
Unsere offiziellen Taufurkunden

Sehr stimmungsvoll mit einem Glas Sekt hält Pilot Andi diese Zeremonie mit uns ab. Wir alle werden der Reihe nach in den Adelsstand erhoben und der Titel, der mich nun auch ermächtig einen Lakaien zu halten lautet wie folgt:

>Ritter Arnd -Herrscher über die Feuerkugel- Tollkühn den Wind bezwungen und die Wolken vertrieben<

Auch Dorothee trägt nun den folgenden Titel:

>Kurfürstin Dorothee- Tollkühne Ballonfee- Mutig aufgestiegen ins Luftmeer zur traumhaften Himmelfahrt<

 

Auf den neuen Titel! :-)
Auf den neuen Titel! 🙂

Begleitfahrer, Robin muss bei der Rückfahrt noch einige Register seiner Fahrkünste abrufen. An einer Sperrung muss er sein „Long Vehicle“ ein ganzes Stück zurücksetzen und auch die Wende auf einem Hofgrundstück bleibt nicht ganz ohne Herausforderung. Am Ende hat er die Prüfung aber mit Bravour bestanden. Andi ist nicht nur ein netter Typ sondern in erster Linie auch ein souveräner und hervorragender Pilot. Gerne würden wir mit ihm noch einmal eine Ballonfahrt unternehmen. Großartig stelle ich mir eine Alpenüberquerung vor. Danke auch an Robin, die ganze Crew und natürlich auch an die Mitreisenden- es hat viel Spaß mit Euch gemacht.

Ein tolles Geburtstagsgeschenk!
Ein tolles Geburtstagsgeschenk!

Glück ab, gut Land!

 

Arnd Korbmacher

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