Seit 20 Jahren unternehme ich Motorradtouren. Ein mal im Jahr ist es dann ein Wochenende, oder auch mal eine ganze Woche in der ich es in den Sattel schaffe. Neben Ausritten in die Mittelgebirge gingen die längeren Touren bis nach Korsika und mehrfach durch die Alpen. Das Befahren von Alpenpässen gehört sicherlich zu den eindrucksvollsten Unternehmungen mit dem Motorrad in Europa. Hier ein Bericht über meine bisherigen Touren:
Motorradtouren 1994-2014
Das Fahren auf zwei Rädern hatte bei mir schon immer etwas mit Freiheit zu tun, denn gab es als Schüler etwas cooleres als die Fahrradpedalen gegen ein Mofa zu tauschen und mit einem lockeren Dreh aus dem Handgelenk davonzubrausen ? Ok- viel schneller als ein Fahrrad war meine Motobecane Monty nicht- dafür aber erheblich lauter.
Etwas mehr Motorradfeeling brachte etwas später meine Yamaha RD 50 mit einem luftgekühlten 50 Kubikcentimeter- Zweitaktmotor. Die zulässigen 40 Stundenkilometer nervten allerdings auch recht bald, vor allem weil die „Karren“ der anderen einfach schneller waren. Eine dünnere Zylinderkopfdichtung und ein größeres Ritzel vorn, in Kombination mit einem Eingriff am Auspuff und am Ansaugstutzen brachten Abhilfe und lockere 70 auf der Landstraße- was interessiert einen 17 jährigen schon so etwas wie eine Betriebserlaubnis?
Mein damaliger Freund Achim besaß die gleiche Maschine. So unternahmen wir 1981 mit unseren Yamahas eine erste längere Tour über Koblenz, entlang der Mosel nach Luxemburg und zurück durch die Eifel. Übernachtet wurde auf Zeltplätzen und in Jugendherbergen.
Der Wechsel auf 4 Räder nach der Erlangung des Führerscheins Klasse 3 war der nächste logische Schritt, der allerdings an Konditionen seitens meiner Eltern gebunden war. Die notwendige finanzielle Unterstützung wurde mir demnach nur zuteil, wenn ich auf den Motorradführerschein freiwillig verzichte. Über diese Entscheidung will ich mich aber nicht beschweren- das war schon gut so. Als Student lagen die Vorteile eines Autos auf der Hand und ich war glücklich mit meinem 77er Golf I.
Mit meinem gleichnamigen Freund Arnd S. ist 1994 dann das Jahr, in dem wir uns in den Kopf setzen uns ein Motorrad anzuschaffen um gemeinsame Motorradtouren zu unternehmen. Mein Motorrad kaufe ich mir direkt im Anschluß an meine Prüfungsfahrt im September 1994. Die Wahl fällt auf eine Reiseenduro, eine Honda XL600V Transalp mit 50 PS BJ 1994. Freund Arnd zieht gleich, entscheidet sich allerdings für eine gebrauchte XL 600V Transalp der ersten Generation BJ 1988.
Freund Arnd habe ich 1980 bei meinem Eintritt in die Jugendgruppe der Alpenvereinssektion Essen kennengelernt. Wir haben einiges zusammen in den Bergen unternommen. Arnd S. hat das Kraftfahrzeughandwerk erlernt und seine Meisterprüfung abgelegt. Oft haben wir zusammen an unseren Autos und Motorrädern geschraubt- ich habe dabei alles, was ich heute über Motoren und Antriebstechnik weiß gelernt.
Ich unternehme mit Arnd S. bis 2002 zahlreiche Motorradtouren, dafür planen wir fast jedes Jahr ein verlängertes Wochenende ein. So geht es 1995 ins Elsaß, 1996 nach Hessen, 1998 in die belgischen Ardennen, 1999 ins Burgund, den Harz und 2000 nach Mecklenburg und in die Pfalz .
Höhepunkt unserer gemeinsamen Touren ist im Mai 2001 eine einwöchige Tour nach Korsika. Nach einer regenreichen Fahrt durch Frankreich setzen wir mit der Nachtfähre von Toulon nach Bastia über.
Auf Korsika sind wir sehr wechselhaftem Wetter ausgesetzt. Von Bastia umrunden wir das Cap Corse im Norden . An der Westküste entlang über Calvi und Porto geht es durch das Gebirge über den Col de Vergio 1476m nach Aleria an der Ostküste.
Bei der Rückfahrt durch die Schweizer Alpen treffen wir noch sehr winterliche aber passierbare Verhältnisse am Lukmanier- und Oberalppaß an. (Siehe auch meinen Bericht „25 Jahre Korsika“ unter der Rubrik Außeralpine Touren)
Die letzte gemeinsame Motorradtour mit Arnd S. führt uns 2002 noch einmal in die Rhön. Es stellen sich erhebliche gesundheitliche Probleme bei Arnd S. ein, so daß ihm weitere gemeinsame Motorradtouren leider versagt bleiben. Wie ich von ihm gerade erfahren habe, hat er sie noch- seine 88er Transalp.
2003 fahre ich ein paar Tage allein durch Thüringen, sehe mir unter anderem die Wartburg an . Ich stelle fest, daß Motorradfahren ohne Gleichgesinnte doch eine leicht autistische Betätigung sein kann. Für 2 gemeinsame Ausritte 2004 ins Siegerland und 2005 in die belgischen Ardennen gesellen sich Gerd und Bernhard zu mir.
2007 ist es dann noch mal ein Wochenende, an dem ich mit Gerd im Westerwald unterwegs bin. Bei der geplanten Sauerlandtour 2008 fahre ich allein, da Gerd leider verhindert ist und Bernhard sein Motorrad nach einem Sturz abgegeben hat.
Alpentour 1 von Salzburg
Im Juli 2009 plane ich eine 6-tägige Alpentour, bei der ich mir vorgenommen habe möglichst viele Alpenpässe zu befahren. Für die Anfahrt nutze ich eine Nachtfahrt mit dem Autoreisezug nach Salzburg. Die Anreise mit dem Zug erspart mir die lähmende Anfahrt und das Eckigfahren der Reifen auf der Autobahn. Der erste Tag beginnt mit einer regenreichen Fahrt über die Großglockner- Hochalpenstraße mit dem Hochtor 2504m nach Heiligenblut. Weiter geht es über den Iselbergpass 1208m nach Lienz, über die Pustertaler Höhenstraße nach Toblach, über den Passo de Tre Croci 1805m nach Cortina d‘ Ampezzo, den Falzaregopass 2105m nach Corvara, über das Grödnerjoch 2121m und Sellajoch 2240 nach Canazei und zuletzt über den Karerpaß 1745m zum ersten Tagesziel nach Welschnofen am Rosengarten.
Am zweiten Tag fahre ich über Birchabruck hinunter nach Bozen und über die Autobahn nach Meran. Durch das Vinschgau hinauf nach Spondigna. Hier beginnt die Auffahrt auf den zweithöchsten Alpenpaß, das Stilfser Joch 2758m. Die Kehren der italienischen Nordseite des Stilfser Jochs erfordern ein präzises Anfahren der Kurven um nicht ins trudeln zu geraten. Dabei ist die Transalp ja noch verhältnismäßig wendig.
Der Regen vermischt sich an der Paßhöhe mit Schnee und so sehe ich zu über den nahen Umrailpass 2501m in das schweizerische Munstertal hinunterzufahren. Der Ofenpass 2149m bringt mich ins Engadin nach Davos, der Fluelapass 2383m weiter über Tiefencastel, Thusis und Bonaduz entlang der Vorderrheinschlucht nach Disentis.
Mit Regenzeug beginnt der dritte Tag mit einer Fahrt über den Oberalppass 2044m nach Andermatt. Der Furkapaß 2431m bringt mich hinüber ins Rhonetal. Der Blick auf den Rhonegletscher öffnet sich leider nicht. Über Brig, Sierre und Sion fahre ich durch die Weinberge des Rhonetals und erstmals öffnet sich das Wetter und die Sonne scheint. Es ist bereits Nachmittag, als mich die Schilder im unteren Rhonetal hinauf leiten auf den Großen St. Bernhard-Pass 2469m . Hinter der Passhöhe mit dem Hospiz wechselt man wieder auf die italienische Seite . Oberhalb des Aostatals, etwa 20km vor Aosta finde ich ein nettes Hotel.
Bei der Fahrt durch das Aostatal am vierten Tag zweigt die Straße vor Courmayeur zum Col du Petit St. Bernard 2188m ab. Über die Passhöhe gelange ich nach Bourg St-Maurice in Savoyen. Die Route des Grandes Alps führt mich hinauf auf den höchsten befahrbaren Alpenpass, den Col de L’Iseran 2762m.
In südlicher Richtung ist der nächste Pass der Col du Mt. Cenis 2083m. Ich wechsele wieder auf die italienische Seite um dann über den Col de Montgenèvre 1850m wieder nach Frankreich nach Briancon zu gelangen. Mit Briancon habe ich den südlichsten Punkt meiner Alpenrunde erreicht, halte mich nun wieder in nordwestlicher Richtung und übernachte in einem Hotel in Monêtier-les Bains. Himmel- tut mit abends beim Absteigen der Hintern weh!
Tag fünf führt mich nordwärts über den Col du Lautaret 2058m, den Col du Galibier 2642m, den Col du Télégraphe 1570m nach St-Jean de Maurienne . Die Route des Grandes Alpes geht dann weiter über den Col de la Madelaine 1993m über Moûtiers nach Bourg St-Maurice.
Über den Cormet de Roselend 1968m und den Col des Saisies 1633m suche ich mir hinter Megève ein Quartier. Oberhalb von St-Gervais-les-Bains finde ich ein Hotel mit gutem Savoyer Essen und einem herrlichen Blick auf die noch großen Gletscher des Mont-Blanc- Gebiets.
Am sechsten und letzten Tag fahre ich über den Col des Monets 1461m in die Schweiz und über den Col de la Forclaz 1562m nach Martigny ins Rhonetal. Nach einem Stück Landstraße nach Aigle bringen mich der Col de la Croix 1778m und der Col des Mosses 1445m nach Château-d’Oex. In nördlicher Richtung fahre ich über Murten östlich am Lac de Neuchâtel vorbei auf den Col de Chasseral im Jura mit immerhin 1502m.
Die zwei letzten Pässe sind dann noch der Col de Pontins 1110m und der Col du Crosin 1227m. Über Delèmont erreiche ich Basel und fahre nun das letzte Stück Autobahn bis Colmar. In Hessenheim im Elsaß treffe ich auf Doro und Anne, mit denen ich hier noch einen gemeinsamen 14 tägigen Urlaub verbringe. Die reine beschriebene Alpenroute mit 31 Passstraßen in den 6 Tagen summiert sich bis hierher auf 2000 Kilometer.
2010 erkunde ich von Klingenthal in Thüringen aus den Westen Tschechiens mit den Kurorten Franzensbad und Marienbad. Der Fichtelberg 1214m und der höchste Berg im Erzgebige, der Klínovec 1243m waren dabei Zwischenstationen.
Alpentour 2 von Innsbruck
2012 unternehme ich im Juni eine zweite 4 tägige Alpenrundfahrt. Dafür nehme ich diesmal den Autoreisezug nach Innsbruck. Von Innsbruck aus fahre ich über den Kühtaisattel 2017m und den Reschenpaß 1504m durchs Vinschgau nach Meran. Mit wenig Wetterglück und Nullsicht am Nachmittag an der Paßhöhe des Timmelsjochs 2509m gelange ich ins Ötztal und beziehe mein Nachtquartier in Zwieselstein.
Am zweiten Tag dieser Tour versuche ich es noch mal mit der Sicht am Timmelsjoch. Wieder befinde ich mich im dichtesten Nebel am Passo Rombo, wie das Timmelsjoch auf italienisch heißt. Über St. Leonhard im Passeiertal geht es weiter über den Jaufenpaß 2099m nach Sterzing. Ein Stück nutze ich die Brennerautobahn bis Franzensfeste und halte mich von hier aus östlich über das Pustertal nach Bruneck und weiter nach Lienz. Über den Iselbergpass 1208m fahre ich diesmal von Süden über Heiligenblut und die Glockner- Hochalpenstrasse. Die Auffahrt von Süden ist wettertechnisch absolut grauselig und erst nach dem Passieren des Hochtors auf 2575m öffnet sich das Wetter, bei allerdings beträchtlichen Sturmböen.
Bei Sonnenschein folgt die Abfahrt auf der Nordseite ins Fuschertal nach Zell am See. Über Saalfelden fahre ich nach Lofer und beziehe dort mein Nachtquartier.
Über Bad Reichenhall, Traunstein und Wasserburg am Inn lasse ich die Alpen hinter mir und fahre über Landstraßen, mit einer Zwischenübernachtung in der Jugendherberge von Rothenfels am Main quer durch Deutschland zurück nach Hause.
Alpentour 3 von Bozen
Für die dritte Alpentour Mitte Mai 2013 habe ich 5 Tage geplant. Der Autoreisezug bringt mich diesmal nach Bozen. Ich beginne meine Rundfahrt mit einer kurzen Autobahnfahrt nach Meran und fahre von dort aus das Vinschgau hinauf. Die hohen Alpenpässe haben noch Wintersperre und so bleibt mir das Stilfserjoch versagt- die Webcam hatte noch ergiebige Schneefälle an der Passhöhe gezeigt.
Daher fahre ich diesmal über Mals und Taufers in die Schweiz nach Müstair und von dort aus über den Ofenpass 2149m. Die Jahreszeit ist immer wieder spannend, denn auf der Auffahrt zum Ofenpass fängt es dann auch mal an zu schneien. Wenn die die Sonne sich dann aber zeigt ist der Kontrast zwischen den schneebedeckten Bergen und den bereits grünen Tälern einzigartig. Hinter dem Ofenpaß hat man Gelegenheit durch einen Grenztunnel nach Italien zu wechseln und am Lago di Livignio entlang nach Livignio zu fahren.
Über den Passo d’Eira 2209m und den Passo di Foscagno 2291m erreiche ich Bormio an der Südseite des Stilfserjochs. Leider hat der Gaviapass noch Wintersperre und so fahre ich nach Tirano und von dort aus über den Apricapass 1176m nach Edolo. Die letzte Passüberfahrung über den Passo Tonale 1883m bringt mich zu meinem Zielort Ossana hinter Vermiglio. Hier übernachte ich in einem Hotel, das ich bereits von meiner Bergtour an der Presanella im Vorjahr kenne.
Die Tour geht am zweiten Tag über Dimaro hinauf zum Passo Campo Carlo Magno 1681m. Die Sonne scheint und vor mir erstrahlt schneebedeckt die Brenta.
Bei der Weiterfahrt durch die grünen Wiesen im Val Rendena nach Madonna di Campiglio fällt der Blick auf die Presanella, auf der ich im letzten Jahr gestanden habe. Mit der Region verbinde ich viele schöne Bergerlebnisse und in diesem Jahr ist der Adamello bereits in der Planung.
Über Ponte Arche fahre ich noch den kleinen Ort Santa Mascenza an den Due Laghi an, um dort Grappa zu kaufen. Über Trento nach Levico Therme fahre ich weiter mit dem Vorhaben über den Passo Manghen 2047m nach Cavalese zu gelangen. Wegen Wintersperre muß ich hier leider umkehren und diesen Pass westlich über Bedollo nach Cavalese umfahren, was mich viel Zeit kostet. Über Predazzo und Moena halte ich mich jetzt Richtung Canazei. Beeindruckende Dolomitenwände, wie die von Langkofel und Sella liegen vor mir. Von Canazei umfahre ich die die Sella östlich über den Passo Pordoi 2239m und den Passo Campolongo 1875m nach Corvara und weiter nach San Martino in Badia. In San Vigilio di Marebbe beziehe ich mein Nachtquartier.
Am dritten Tourentag habe ich die weitere Rückreise nach Hause eigentlich über den Staller Sattel und die Felbertauernstrasse geplant. Eine große Mure hat die Straße dort allerdings zerstört und somit zu einer Komplettsperrung auf unbestimmte Zeit geführt. Über den Furkelsattel 1735m am Skigebiet Kronplatz fahre ich nach Bruneck im Pustertal. Mir bleibt dann nichts anderes übrig, als von Brixen über Brennerstrasse und Brennerpass 1375m immer entlang der Brennerautobahn über Schwaz und Wörgl nach Kufstein zu fahren. Am Chiemsee entlang fahre ich an diesem Tag noch bis Landshut. In zwei weiteren Etappen arbeite ich mich ausschließlich über Landstraßen quer durch Deutschland ins Sauerland, wo ich das Wochenende mit unserer Alpenvereinsgruppe nebst Anne und Doro auf dem Hochsauerlandhaus in Heinrichsdorf verbringe.
Im Juni 2014 war ich nach einem gemeinsamen Wochenende in der Eifel noch ein paar Tage in den Ardennen unterwegs. Dabei war mein südlichster Punkt auf der Tour Bastogne, mit seinem WWII- Memorial und einem ausgezeichneten Museum über die damaligen Ereignisse in den Ardennen.
Motorradfahren ist eine schöne Art der Fortbewegung. Für mich waren vor allem die Alpenfahrten sehr eindrucksvolle Erlebnisse. Über mehr als 30 Alpenpässe und unzählige Kehren quer durch die Alpen zu turnen macht viel Spaß. Das Feuerwerk der vielen Landschaftseindrücke klingt zwar nach, hat aber eben doch nicht die Intensität einer Bergtour zu Fuß. Deswegen ist Motorradfahren für mich nur eine Spielart der Fortbewegung, der ich mich gerne gelegentlich widme. Meine über 20 Jahre alte Transalp hat noch keine 40000 Kilometer auf dem Tacho und ist immer noch gut in Schuß. Weder ABS, noch ESP ist vorhanden- das Fahren im physikalischen Grenzbereich überlasse ich daher gerne anderen.
So werde ich sicher noch einige Touren auf meiner 94er Transalp fahren.
Arnd Korbmacher
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