Westerwald Taunus 2020

Westerwald Taunus 2020

Westerwald Taunus 2020
Westerwald Taunus 2020

Mitte Juni sind es 3 Tage, an denen ich Gelegenheit habe meine Transalp mal wieder zum Leben zu erwecken. Die bange Frage, ob die 6 Jahre alte Batterie noch über ausreichende Kapazität verfügt, beantwortet der Anlasser der Honda ad-hoc, indem er das 600V Triebwerk zu einem zufriedenen Brummen ermuntert. Mit makellosem Wetter beginnt der Freitag und meine 7 Sachen habe ich schnell zusammengeworfen. Recht früh befinde ich mich inmitten des Bergischen Landes mit Südkurs über die Höhen, die ich bei schlechtem Wetter auch schon oft als Gicht- und Rheumaberge bezeichnet habe.

Das Pferd ist gesattelt
Das Pferd ist gesattelt

Wegen Corona habe ich mein Lieblingsthema Alpenpässe in diesem Jahr schon früh bei Seite gelegt. Autoreisezug und Anfahrt mit Liegewagen mit Mehrfachbelegung wären ja, wenn überhaupt möglich durchaus problematisch.

Bergisches Fachwerk
Bergisches Fachwerk

Das Wetter zieht heute alle Register, allerdings wird es auch am Vormittag sehr heiß mit Temperaturen bis an die 30 Grad- Marke. Gut das sowohl Jacke als auch Hose über Belüftungsschlitze verfügen, die ich bald öffnen muss. Nach Überqueren der Wupper- Talsperre geht es über Hückeswagen Richtung Süden. Ich gebe meinem Navi vor, mir die kürzeste Strecke mit dem Zwischenziel Overath zu suchen. Dabei erhalten Kurven und Berge Priorität unter Vermeidung von Autobahnen.

Oldtimer BJ 1994
Oldtimer BJ 1994

Die Schönheit des Bergischen Landes habe ich in den Berichten meiner Wanderungen in dieser Region bereits ausreichend herausgestellt. Über schmale Asphaltbänder fahre ich durch wenig besiedelte Landschaft unter tiefblauem Himmel mit Puschel- Wolken. Mit einem ständigen Auf- und Ab und reichlich Kurven- Spaß passiere ich immer wieder Orte, an denen wir bei unseren Wanderungen bereits gewesen sind.

Puschel Wolken
Puschel Wolken

Nachdem ich das Bergische verlassen habe finde ich auf einer Anhöhe bei Ockertseifen eine Bank, auf der ich mir beim Pausenbrot eine Auszeit gönne. Mein Tagesziel liegt im Taunus bei Frankfurt. Über Altenkirchen im Westerwald geht es über kleine Straßen. Bei Hachenburg zwingt mich ein leerer Tank dann doch den Adventure- Kurs vorübergehend zu verlassen um eine Tankstelle aufzusuchen.

Lahn bei Dehrn mit Burg
Lahn bei Dehrn mit Burg

Mit vollem Tank fahre ich auf Limburg zu und überquere die Lahn bei Dehrn mit seiner Burg aus dem 12. Jahrhundert. Ein Stück fahre ich dann die Lahn entlang nach Dietkirchen. Vom Gegenufer habe ich einen schönen Blick auf die ehemalige Stiftskirche St. Lubentius, die hoch auf einem Felsen liegt. Die Kirche ist eine romanische Basilika, die im 11. und 12. Jahrhundert ihr heutiges Aussehen erhielt. Bereits auf dem Lahnsteig haben wir die Kirche gesehen, ein Besuch steht immer noch aus.

Basilika St. Lubentius Dietkirchen
Basilika St. Lubentius Dietkirchen

Über Bad Camberg und Glashütten reite ich auf den höchsten Punkt im Taunus, den Großen Feldberg. Die Plakette am Gipfelkreuz weist den Berg mit einer Höhe von 879,5 Metern aus. Am Gipfel ist immer viel los, als beliebtes Ausflugsziel treffen sich hier oben Wanderer, Radfahrer und zu viele Motorradfahrer. Der Blick auf die Frankfurter Skyline von hier oben ist fantastisch. Zuletzt habe ich mit Arnd S. 1996 diesen Ausblick auf einer gemeinsamen Motorradtour genossen.

Großer Feldberg- Summit 879,5m
Großer Feldberg- Summit 879,5m

In einem Bogen fahre ich an Bad Homburg und Oberursel (Taunus) vorbei nach Königsstein mit seiner Burganlage. Den Besuch der Burgruine nehme ich mir für den Folgetag vor. Bereits um 500 soll König Chlodwig I. Burg Königstein und eine Kapelle errichtet haben.

Frankfurt Downtown
Frankfurt Downtown

Der Sage nach erschien Chlodwig eine Jungfrau an dem heutigen Burgberg. Sie legte ihm nahe Christ zu werden, was er tat. Danach baute er seine Burg an diesem Ort, für die es heute allerdings keinen Nachweis mehr gibt. Die ältesten Bebauungsreste einer älteren Siedlung, die nachgewiesen werden konnten stammen aus dem 10. oder 11. Jahrhundert. Die Kernburg wird auf die 1. Hälfte des 12.Jahrhunderts datiert, womit die Grafen von Nürings in der Stauferzeit als Erbauer in Betracht kommen.

Burg Königstein
Burg Königstein

Die detaillierte Geschichte der Burg steht in engem Zusammenhang mit meinem heutigem Nachtquartier, dem Schloßhotel Rettershof wenige Kilometer westlich von Königsstein. Das Schloßhotel selbst wurde von einem englischen Adelsmann zwar erst Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, das benachbarte Hofgut allerdings geht auf den Grafen Gerhard von Nürings zurück. Im Jahr 1146 stiftete der Graf das Prämonstratenserkloster Retters, das von 1190 bis 1360 seine Blütezeit erlangte. Es kam zum Niedergang des Klosterlebens und letztlich Mitte des 16. Jahrhunderts zur Umwandlung in ein Hofgut mit nachfolgend wechselnden Besitzern.

Das Herrenhaus vom Rettershof
Das Herrenhaus vom Rettershof

Am späten Nachmittag checke ich im Hotel ein und wasche mir erst einmal den Straßenstaub ab. In der Abendsonne genehmige ich mir ein perliges Bier im Garten vor der schönen Fassade des repräsentativen Herrenhauses. Ich habe einen Tisch im Restaurant reserviert und entscheide mich auch beim Abendessen für die nach Südwesten ausgerichtete Terrasse. Lange bleibt mir die Sonne noch beim schmackhaften Essen erhalten, bis sie im benachbarten Getreidefeld versinkt.

Abendstimmung im Taunus
Abendstimmung im Taunus

Nach einer erholsamen Nacht und einem guten Frühstück auf der schönen Hotelterrasse sattele ich mein Gefährt und mache noch einmal halt an dem historischen Hofgut. Einige Damen reisen mit ihren Sportwagen an und weisen sich durch das mitgebrachte Sattelzeug als Reiterinnen aus. Die Chronik des Hofgutes berichtet auch über eine Damenreitschule, die 1928 hier gegründet wurde.

Der Rettershof
Der Rettershof

In einem Gehege vor dem Hof schlägt ein prachtvoller Pfau sein Rad. Leider ist das Tor zum Hof des historischen Gutes verschlossen. So mache ich mich auf den Weg über Königsstein, wo ich entnervt die Suche nach einer zielführenden Auffahrt zur Burg aufgebe. Ein Besuch der Höhenburg wird nachgeholt.

Der Geilste weit und breit
Der Geilste weit und breit

Auf dem Weg nach Bad Camberg durchfahre ich das Idsteiner Land und passiere in Walsdorf die mittelalterliche Fachwerkfront des Ortes mit einem Steinturm, der auf eine ehemalige Befestigung hinweist. Schaut man hier einfach mal in die Geschichtsdaten erfährt man , das eine urkundliche Erwähnung auf das Jahr 774 zurückgeht. Man fällt in eine wechselvolle Geschichte und stößt wie überall in Europa immer wieder auf die furchtbaren Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges Anfang des 17. Jahrhunderts, der wie ein Flächenbrand jedes Dorf in Schutt und Asche legte- was war zu dieser Zeit ein Leben wert ?

Walsdorf- Idsteiner Land
Walsdorf- Idsteiner Land

Mein Navi versucht mich wieder auf die gleiche Route zu führen, auf der ich gekommen bin. Ich halte mich ab Selters im Taunus zunächst in grober Fahrtrichtung Osten und fahre über Weilmünster, überquere diesmal in Ahausen bei Löhnberg die Lahn. Hier komme ich wie schon so oft im Westerwald an einer alten Eisenerz Brech- und Klassieranlage von 1936 vorbei. Bergbau gab es nicht nur im Ruhrgebiet, gerade hier im Westerwald gab es unzählige Gruben, in denen alle möglichen Arten von Erzen gefördert wurden.

Förderturm in Höhn
Förderturm in Höhn

Mengerskirchen, Elsoff und Neunkirchen liegen auf der Strecke nach Rennerod im Westerwald. Hinter Rennerod steht in Höhn ein historischer Förderturm an der Straße. Das Relikt der Grube Alexandria steht für den Bergbau der Höhner Braunkohlegruben, in denen seit Ende des 18. bis Mitte des 20. Jahrhunderts der begehrte Rohstoff abgebaut wurde.

Bergbau im Westerwald- Grube Bindweide
Bergbau im Westerwald- Grube Bindweide

Über Bad Marienwald und Rosenheim (Altenkirchen) geht es weiter nach Steinebach, wo ich an dem Besucherbergwerk der Grube Bindweide vorbei komme. Jahrhundertelanger Erzbergbau endete hier 1932. Ganz in der Nähe befindet sich ein 22 Meter hoher Förderturm, der Barbaraturm.

Fachwerk- Idyll neben Schloss Crottorf
Fachwerk- Idyll neben Schloss Crottorf

Über Gebhardshain Richtung Norden überquere ich die Sieg und nähere mich meinem Tagesziel im Wildenburger Land bei Friesenhagen. Es ist das Wasserschloss Crottorf im Tal der Wisser, neben dem sich auch der vorgebuchte Gasthof befindet. Eigentlich haben sich im Wetterbericht Gewitter angekündigt, so das ich froh bin mein Quartier zeitig erreicht zu haben. Gewaltige Wolkentürme habe ich auf der Fahrt eher im Nordosten gesehen. Bis zum Abend ist aber kein Gewitter in Sicht und so habe ich noch Gelegenheit die Gegend zu erkunden.

Wimmer
Wimmer

Leider ist das Schloss komplett eingezäunt und von außen kaum einsehbar. Auch heute wird die Anlage noch als gräflicher Wohnsitz genutzt. Die Wassergräben werden durch die Wisser gespeist, die idyllisch durch das Tal fließt. Mit Ritter Ludwig dem Schwarzen von Crottorf, ein Lehnsherr der Edelherren von Wildenburg ist der Ort Crottorf seit 1261 urkundlich belegt. Eine gleichnamige Burganlage jedoch wird erst 1326 erwähnt. Die Umgestaltung zur Wasserburg erfolgte Mitte des 16. Jahrhunderts. Auch hier werde ich mich zu den Öffnungszeiten noch einmal einfinden.

Zugbrücke zum Wasserschloss Crottorf
Zugbrücke zum Wasserschloss Crottorf

Ich sehe anhand der Wanderzeichen, das auch der Siegsteig hier vorbei führt. Es ist ein sonniger Nachmittag und ich verbringe viel Zeit damit blaue Prachtlibellen zu fotografieren, die über glitzerndem Wasser ihre Runden drehen um sich vorzugsweise immer wieder an der gleichen Stelle kurz zu erholen.

Blaue Prachtlibelle
Blaue Prachtlibelle

Auch in diesem netten Gasthof bietet mir die Küche ein gutes Abendessen und die Sonne wird von keiner Wolke verdeckt. Erst in der Nacht krachen gewaltige Gewitter in der Nähe und bringen einige Regengüsse bis zum Morgen. In östlichen Landesteilen Richtung Thüringen hat es gewaltige Überflutungen gegeben, wie ich später in den Nachrichten erfahre.

Die letzten Hügel vor Wuppertal
Die letzten Hügel vor Wuppertal

Am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt und nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg nach Wuppertal. Von oben bleibt es trocken. Hinter Bergneustadt passiere ich die Aggertalsperre und fahre über Meinerzhagen nach Hause.

586 Kilometer - Hat wieder Spaß gemacht !
586 Kilometer – Hat wieder Spaß gemacht !

A. Korbmacher

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