Segeltörn Ijsselmeer 2016

Nach 20 Jahren haben wir Anfang Mai wieder auf der Amore Vici in Enkhuizen angeheuert. Mit Freunden und dem Skipper Erik Hulsmann und seiner Frau Jelly haben wir 4 Tage lang das Ijsselmeer und das Wattenmeer durchkreuzt. Hier  mein Bericht dazu :

4 Tage an Bord der Amore Vici
oder
Seemann – laß das Träumen !

Seemann- laß das Träumen
Seemann- laß das Träumen

Deine Heimat ist das Meer- Deine Freunde sind die Sterne….

Dieser Song aus dem Jahre 1960 von einer Künstlerin namens Lolita wird an Bord unseres Seglers nicht nur einmal angestimmt. Uwe und Mischa tanzen dann voller Übermut über das Deck und drücken aus was alle empfinden- Es sind tolle 4 Tage bei unfaßbaren Wetterverhältnissen Anfang Mai bei einer Kreuzfahrt übers Ijssel- und Wattenmeer bis vor die friesischen Inseln.

….Über Rio und Shanghai, über Bali und Hawai….

sind wir zwar nicht gekommen – unsere Stationen sind Enkhuizen, Makkum, ein Ankerplatz unter den Sternen mitten im Wattenmeer und Medemblik.

Erik und Jelly
Erik und Jelly

…..Deine Liebe ist Dein Schiff …..

geht das Lied weiter, wobei wir schon beim Skipper wären. Erik Hulsmann hat sein Schiff , die Amore Vici Anfang der 90er Jahre gekauft. Mit viel Schweiß und Herzblut hat Erik den alten Traditionssegler von 1897 in ein Kajütschiff mit komfortablen Übernachtungsplätzen für 18 Personen umgebaut. Der Schiffsname Amore Vici- also ein Sieg durch Liebe , könnte Ausdruck dieser Mühen sein. Ehefrau Jelly segelt seit einigen Jahren als Eriks rechte Hand und Maat fest auf dem Schiff mit. Das 24 Meter lange Schiff hat eine Breite von 6 Meter. Der Einmaster hat mit Klüver-, Fock- und Großsegel eine Gesamtsegelfläche von 300 Quadratmetern. Das Plattbodenschiff hat keinen Kiel und nur einen sehr geringen Tiefgang von nur 1,10 Meter. Ein zu starkes Abdriften vom Kurs verhindert der Einsatz der beiden Seitenschwerter.

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Bereits zwei Mal, 1995 und 1996 haben Doro und ich auf der Amore Vici angeheuert. Franks Idee war es, nach 20 Jahren die ganze Crew von damals wieder zusammenzubekommen. So sind es Frank, Uwe, Sabine und Schoko , Scholzi ( sorry Michael, aber bei 3 Michaels an Bord muß ich Dich Scholzi nennen ) und Tina (heute mit Sohn Luca ) – immerhin also 8 Crewmitglieder von damals . Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Rekrutierung der Crew konnte Frank dann doch noch weitere 9 stramme Seebären und -bärinnen aus seinem Freundeskreis für den Törn gewinnen . Mit Andreas, Christof, Michael, Mischa, Barbara, Susanne, Reinhild, Hedwig und dem 13 jährigen Luca blieb dann an Bord nur noch eine Koje frei.

Im Laufe des Mittwoch Nachmittags vor Christi Himmelfahrt treffen wir am Liegeplatz der Amore Vici in Enkhuizen ein. Beim Bunkern der Ladung, bestehend aus Lebensmitteln, Getränken und natürlich dem persönlichen Seesack gilt es zunächst alles so gut wie möglich an Bord zu verstauen. Jeder Stauraum wird ausgenutzt- was die Getränke angeht scheint das Schiff beim Laden allerdings an seine Grenzen zu stoßen- Gott sei Dank gibt es aber die große Kühltruhe. Zum gemeinsamen Abendessen in der gemütlichen Kajüte hat jeder etwas mitgebracht und es gibt reichlich von allem, Michael bereitet eine erstaunliche Portion köstlichen Nudelsalats zu .

Liegeplatz Enkhuizen
Liegeplatz Enkhuizen

Am Donnerstag stärkt sich die Crew noch beim Frühstück. Dank der Industriespülmaschine geht der Abwasch im Turbotempo und alle Küchenutensilien sind beim Ablegemanöver bereits sicher verstaut. Es geht an die Arbeit, bei der jeder eine Aufgabe zugeteilt bekommt. Unter den fachkundigen Kommandos von Jelly werden die Fender eingeholt, der Klüverbaum wird abgelassen und mit Muskelkraft die 3 Segel gesetzt . Alle Seile werden ordentlich zusammengelegt und befestigt. Schlampiges Arbeiten läßt Jelly nicht durchgehen- ich lege meinen Tampen daher nochmals ordentlich zusammen und ernte dafür Lob und Anerkennung .

Pull !
Pull !

Bereits unter vollen Segeln verlassen wir den Hafen von Enkhuizen. Kurs Nord liegt an und bei sonnigem Wetter und gutem Wind ist unser Tagesziel Makkum auf friesländischer Seite kurz vor dem Abschlußdeich mit der Schleusenanlage, die hinaus auf das Wattenmeer führt. Gut 6 Knoten läuft das Schiff und unter Eriks Aufsicht finden sich achtern wechselnde Steuermänner und -frauen ein, die das Schiff manövrieren. Es ist ein erhebendes Gefühl an dem alten hölzernen Steuerrad zu stehen und unter prallen Segeln dem Horizont entgegenzustreben.

Hart am Wind
Hart am Wind

Das Schiff reagiert relativ träge auf Ruderbewegungen und so sind ständige Kurskorrekturen notwendig um das Schiff am Wind und auf Kurs zu halten. Natürlich ist man nicht alleine unterwegs und es gibt nicht wenige Regeln, die man kennen muß um eine Kollision mit anderen Schiffen sicher zu vermeiden. Da ist man klar im Vorteil , wenn man wie Uwe bereits einen Segelkurs auf einem Binnensee mit Prüfung und entsprechendem Patent bestanden hat.

Kartennavigation
Kartennavigation

Auf der Seekarte wird hin und her navigiert aber Gott sei Dank haben wir auch ein modernes GPS Gerät an Bord. Auch Scholzi hat schon mal einen Kurs gemacht und als versierter Surfer kann er sich noch an die folgende Regel erinnern :

Und ist der See zu Ende, fahren wir ’ne Wende !

 

Man kann an Bord aber auch mal sein Hirn komplett auf Stand by- Modus schalten. Idealerweise klettert man dafür ins Klüvernetz. Das Gefühl dort zu liegen und in die Segel und die Takelage hinaufzublicken, während unter mir das Wasser durchrauscht um sich am Bug zu teilen ist nicht von dieser Welt.

Im Klüvernetz
Im Klüvernetz

Das Schiff bietet viele Rückzugsmöglichkeiten, aber auch gesellige Plätze wie den windgeschützten Bereich hinter dem Kajüteneingang. Da wir heute keinerlei Manöver fahren, gibt es eigentlich erst kurz vor Makkum wieder Action. Der Reihe nach werden die Segel wieder eingeholt und mit Motorkraft gleiten wir in einem Konvoi mit vielen anderen Seglern bei tiefstehender Nachmittagssonne durch die Hafeneinfahrt von Makkum. Nach einem Rundgang durch den hübschen Ort wird später an Bord gegessen. In der Kombüse wird Leberkäs mit Spiegelei gezaubert- ach ja und es ist immer noch kein Mangel an Nudelsalat in Sicht.

Es ist angerichtet !
Es ist angerichtet !

Freitag gehts raus auf’s Wattenmeer über die Lorentzsluizen am Abschlußdeich des Ijsselmeers. Große und kleine Segelschiffe rangeln sich um einen Platz in der Schleusenkammer. Dann geht’s unter vollen Segeln raus ins Wattenmeer.

Schiffsverkehr an der Schleuse
Schiffsverkehr an der Schleuse

Die Wassetiefe im Wattenmeer unterliegt bekanntlich den Gezeiten . Bei Ebbe zieht sich das Wasser über Priele aus dem Wattenmeer weit zurück und gibt das Watt frei. Zur Mittagszeit gehen wir am Rande eines solchen Priels vor Anker und lassen uns bei Ebbe mit der Amore Vici trockenfallen.

Auf der Sandbank
Auf der Sandbank

An unserer Sandbank sitzen wir nun die nächsten Stunden fest. Zeit für einen Spaziergang im Wattenmeer. Bei den sommerlichen Temperaturen gibt es auch Gelegenheit für ein kühles Bad. Auch die Angelruten werden ausgebracht, was sich bei den Fischen allerdings nicht herumspricht. Erik hat einen Kescher mit aufs Watt genommen und durchsiebt im Wasser die obere Sandschicht. Kleine Garnelen, Krebse Muscheln und Qualleneier finden sich im Netz. Erik reicht mir eins von den glasklaren Qualleneiern.

“ Probier mal – schmeckt elegant “ ! – ok, tut es tatsächlich !

Wattwanderung
Wattwanderung

Wenn das Wasser bei Flut zurückkehrt sollte man sich bereits auf dem sicheren Schiff befinden. Erstaunlich schnell entstehen rund um das Schiff Strudel und es dauert nicht all zu lang bis wir wieder frei kommen. Es geht bereits auf 17 Uhr zu und da wir für das Abendessen noch alles an Bord haben ( Nudelsalat war allerdings bereits alle ) , wählt Erik für die Nacht einen Ankerplatz unweit unseres Trockenfallplatzes aus.

Sterneküche im Watt
Sterneküche im Watt

Die Sonne steht bereits tief als alle sich an Deck zum Abendessen versammelt haben. Für die Vorspeise hat Erik aus den gesammelten Stab- und Herzmuscheln mit Öl, Knoblauch und Kräutern einen delikaten Snack vorweg gezaubert. Beim Essen taucht die untergehende Sonne das glatte Meer in ein rotes Licht und es dauert nicht lange bis über uns die ersten Sterne funkeln. Ein paar Lichter und Leuchttürme können wir ringsum von Texel, Vlieland, Terschelling und Harlingen ausmachen.

Abendessen an Deck
Abendessen an Deck

Ein fantastischer Sternenhimmel bildet sich mit zunehmender Dunkelheit heraus- direkt über der Mastspitze blinkt der große Wagen. Frank hält noch Ausschau nach Nordlichtern, die sich leider nicht zeigen. In der Nacht liegt das Schiff fast bewegungslos an seinem Anker und Christof auf seiner Eckbank in der Kajüte um der geräuschvollen Atemarbeit in den Nachbarkojen zu entfliehen.

Sunset
Sunset

Der Samstag beginnt mit einem herrlichen Frühstück an Deck in der wärmenden Morgensonne. Nach dem schönen Ausflug aufs Wattenmeer fahren wir mit Motorkraft die Schleuse an, um zurück ins Ijsselmeer zu gelangen . Das Wetter bleibt traumhaft und an Deck laufen alle im T- Shirt rum- unglaublich, wenn man bedenkt, daß es noch vor einer Woche ein Schneechaos zu Hause gab.

Beim Manövrieren durch die Schleuse heißt es dann wieder Fender raus – Fender rein und dann endlich wieder alle „Lappen“ hoch. Der anliegende Südwest-Kurs bringt uns heute nach Medemblik . Ein besonderes Highlight ist es sich mit dem Bootsmannstuhl in den 25m hohen Mast hinaufziehen zu lassen um aus dieser Perspektive auf das Schiff hinunterzublicken. Einige habe das gestern schon beim Trockenfallen gemacht- Frank geht heute für spektakuläre Aufnahmen mit seinem Fisheye unter Segeln rauf.

Perspektive aus dem Bootsmannstuhl
Perspektive aus dem Bootsmannstuhl

Medemblik ist ein hübscher Ort und liegt wie Enkhuizen an der Westküste des Ijsselmeers. Wir machen in zweiter Reihe gegenüber der mittelalterlichen Burg fest. Auch in Medemblik ist genügend Zeit für einen Stadtbummel durch den hübschen Ort. Nach dem geselligen Abendessen an Deck kriechen wir zu fortgeschrittener Stunde ein letztes mal in unsere gemütlichen Kojen .

300 Quadratmeter Segel
300 Quadratmeter Segel

Am Sonntag frischt der Wind merklich auf. Da der Wind aber eher aus östlicher Richtung weht müssen wir einige Male gegen den Wind kreuzen, um dann auf Südkurs zum Heimathafen Enkhuizen zu gelangen. Das Schiff liegt heute deutlich schräger und macht gute Fahrt. Bei annähernd 7 Knoten erzeugt die aufwirbelnde Gischt der Wellen am Bug zusätzliches Segelfeeling. Schade, daß unser jüngster Seemann Luca dann doch noch seekrank wird. Gegen 14 Uhr machen wir am Liegeplatz der Amore Vici in Enkhuizen fest.

Große Fahrt
Große Fahrt

Es heißt Abschied nehmen von Erik und Jelly, von der Amore Vici und allen Mitseglern und Mitseglerinnen. 4 Tage voller Eindrücke bei fantastischen Wetterverhältnissen mit einer angenehmen Crew liegen hinter uns.

Die Crew
Die Crew

Wir gehen aber auseinander mit dem gemeinsamen Wunsch, daß nicht wieder zwanzig Jahre vergehen bis wir wieder an Bord der Amore Vici gehen.

Denn ….

….Seemann- Wind und Wellen rufen dich hinaus !

 

Arnd Korbmacher

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