Ausflug nach Haltern und Detmold mit Anne und Jan 2024
Etwas gemeinsame Quality-Time mit unserer Tochter und ihrem Freund Jan haben wir an einem Wochenende Ende September eingeplant. Anlässlich Annes 27. Geburtstag Mitte Juli haben wir uns mit den Beiden am Samstagnachmittag ein Event in Haltern überlegt, mit anschließendem Abendessen und Übernachtung in Detmold. Klar wir sehen uns über das Jahr auf Familienfeiern und an manchen Feiertagen, aber so richtig was zusammen unternommen haben wir schon länger nicht mehr.
Wir freuen uns auf die gemeinsame Zeit und sind in Dortmund bei Anne und Jan zum Frühstück eingeladen. Mit selbstgebackenem Schokogebäck und Rührei können wir uns gut gestärkt auf den Weg machen. Wir sind früh unterwegs nach Norden und peilen eine erste Zwischenstation an einer historischen Stätte der Industrialisierung des Ruhrgebiets an. Nordwestlich von Dortmund ist es das alte Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop das am 11.August 1899 vom preußischen König und deutschen Kaiser Wilhelm II. eröffnet wurde. Kostengünstiger als mit einer Schleusentreppe war es mit dem Monstrum aus Stahl möglich Schiffe mit bis zu 67 Metern Länge, 8,20 Metern Breite, 2 Metern Tiefgang und einer Ladefähigkeit von bis zu 750 Tonnen über einen Höhenunterschied von 14 Metern zu heben.
Als Schwimmer-Hebewerk funktioniert die Anlage physikalisch nach dem Archimedischen Prinzip, wobei 5 Schwimmer in 5 wassergefüllten Brunnen die Auftriebskraft zum Heben der Schiffe erzeugen. In Abhängigkeit von der Wassermenge im Hebetrog tauchen die Schwimmer ab, oder bewegen die Last über den Auftrieb nach oben. Über einen zentralen Elektromotor angetrieben sorgen vier Führungsspindeln für die waagerechte Lage des Schiffstrogs und einen kontrollierten Hebe- und Senkvorgang. Mit unseren Freunden Kuky und Jürgen haben wir mit den Kindern Arman und Lara im November 2000 das Hebewerk bei einem gemeinsamen Ausflug besucht, da war Anne 3 Jahre alt.
1962 wurde ein neues Hebewerk in Betrieb genommen, den geplanten Abriss der alten Anlage hatte eine Bürgerinitiative verhindert. Seit 1992 ist das alte Schiffshebewerk Museum und umfasst heute als LWL-Landesmuseum auch einen Museumshafen mit historischen Schiffen und Hafenanlagen. Das Wetter heute passt und wir durchstreifen das Museum und die Außenanlagen.
Wir wollen heute aber noch in eine ganz andere Welt, in die römische Welt vor 2000 Jahren an der Lippe eintauchen, wofür wir das LWL- Römermuseum in Haltern am See aufsuchen. Um 17:30h werden wir gemeinsam unter dem Titel „Carpe Noctem- Flucht aus Aliso“ einen Escape-Room bestreiten. Aliso war an der Lippe einer der wichtigsten Stützpunkte der Römer in Germanien, in dem bis zu 20000 Legionäre stationiert werden konnten.
Während der Augusteischen Germanenkriege war es der Feldherr Varus, der den Machtanspruch Roms rechts des Rheins ausweitete. Die in Aliso stationierte XIX. Legion ging neben zwei weiteren Legionen in der Varusschlacht um 9 nach Chr. unter. Bis zu 20000 römische Soldaten fielen im Kampf gegen die Germanenstämme unter dem Cheruskerfürsten Arminius. Aliso wurde nach dieser verheerenden Niederlage Roms aufgegeben.
Das Museum verfügt über zahlreiche Exponate und Fundstücke des damaligen Lagers und informiert über die Zeit der Römischen Besatzung an der Lippe. Wir haben in Zusammenhang mit dem Hermannsweg im Teutoburgerwald das Römerlager in Haltern im Dezember letzten Jahres besucht und sind dabei auf den hiesigen Escape-Room aufmerksam geworden. Anne liebt solche Spiele, bei denen man durch das Lösen von Rätseln zum Ziel gelangt. Nachdem wir die Außenanlagen mit den römischen Befestigungen besichtigt haben begeben wir uns zum Wachhaus, in dem der Spielleiter uns bereits erwartet und in das Spiel einweist.
Das Szenario spielt nach der verlorenen Varusschlacht und auch Aliso droht unter den Angriffen der Germanen zu fallen. Im Auftrag des sterbenden Centurio gilt es seinen gut versteckten Fluchtplan zu finden und aus dem belagerten Lager zu fliehen. Dafür gibt es in den detailliert eingerichteten Räumen des Wachhauses zahlreiche Rätsel zu lösen und das funktioniert ideal mit guten Ideen, Phantasie und Teamwork. Uns gelingt das zusammen in spannenden 58 Minuten und 23 Sekunden. Für uns war es mit Anne und Jan der zweite gemeinsame Escape-Room und was soll ich sagen- Ein perfektes Team! ;-)- Es hat großen Spaß gemacht. Wir verlassen Aliso jetzt in nordöstlicher Richtung an den Teutoburger Wald nach Detmold.
Wir checken am Abend im Hotel Detmolder Hof ein, wo wir einen Tisch in „Jan’s Restaurant“ bestellt haben. Nicht Annes Freund ist gemeint, sondern der Sternekoch Jan Diekjobst. Hier war ich mit Dorothee vor 2 Jahren zu Gast in dem schönen Ambiente des Restaurants, in dem wir einen kulinarisch erfüllten Abend verbracht haben. Wir werden auch heute mit tollen Kompositionen auf dem Teller überrascht und der Maître persönlich kredenzt uns zum Abschluss den Nachtisch. Mit seinem jungen Küchenteam punktet er nicht nur mit seiner Kochkunst, sondern auch mit seiner sympathisch authentischen Art.
Dorothee und ich haben das gleiche Zimmer wie vor 2 Jahren in dem Detmolder Traditionshaus. Wir schlafen gut und genießen am Sonntag das gesellige Frühstück mit Anne und Jan. Die heute angekündigten Sonnenstunden locken zu einer Outdoor-Unternehmung. Das Ziel ist das nahe gelegene Naturdenkmal der Externsteine. Mit der Hebung des Meeresbodens vor 70 Mio. Jahren in der Unterkreidezeit richteten sich die Sandsteintürme zu einem markanten Felsmonument auf. Menschliche Hinterlassenschaften lassen Rückschlüsse auf eine Besiedlung bereits vor 10000 Jahren zu.
Leider war beim letzten Besuch auf dem Hermannsweg Mitte 2021 die Besteigung nur unter Voranmeldung möglich. Ich habe nur rudimentäre Erinnerungen an die Begehung der Externsteine bei einem Schulausflug mit der Grundschule und das ist bei mir bereits gute 50 Jahre her. Neben allen Mythen und geschichtlich gesicherten Fakten um die bizarren Felsen ist es einfach ein toller Ort mit Magnetwirkung, an dem man selten allein ist. Wir machen uns an den steilen Treppenaufstieg hinauf auf die Türme, von denen zwei durch eine Eisenbrücke verbunden sind, über die ich vor 50 Jahren wohl schon gegangen bin.
Für die Nutzung als germanische Kultstätte konnten auch von den Nationalsozialisten trotz intensiver Suche keine Beweise gefunden werden. Das markante Monument wurde von Äbten des Klosters Werden, dem heutigen Stadtteil von Essen vom 10.-12. Jh. als christliche Stätte genutzt. Die Werdener Äbte hatten an den Externsteinen einen Gutshof, der als Zwischenstation an einer mittelalterlichen Fernroute lag. Das Werdener Kloster und das angeschlossene Kloster Helmstedt bei Braunschweig standen über diese Reiseroute in Verbindung. Mit dem Kreuzabnahmerelief aus dem 12.Jahrhundert entstand hier auch eine Pilgerstätte mit Felsengrotte und einer Kapelle auf dem mittleren der 3 begehbaren Türme.
Einen tollen Blick hat man vom Aussichtsplateau des höchsten der 3 Türme, unter dem der obere See aus Bächen des Teutoburger Waldes gespeist wird. Wir umrunden mit einer kurzen Wanderung den See und die Felsen, die sich auf der Wasseroberfläche spiegeln.
Nach dieser Rundreise durch Industriekultur, ins Imperium Romanum und an den Teutoburger Wald endet unser schönes Wochenende mit der Rückfahrt nach Dortmund, wo wir uns von Anne und Jan verabschieden. Uns hat es sehr viel Spaß gemacht und wir freuen uns auf zukünftige gemeinsame Stunden.
Arnd Korbmacher
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