2024 Urwaldsteig Edersee

2024 Urwaldsteig Edersee

Nach dem Abschluss des Natursteig- Sieg Anfang Februar heißt das neue gemeinsame Projekt mit unseren Freunden Moni und Bernhard Mitte März: Urwaldsteig Edersee. Der Edersee ist mit 11,8 Quadratkilometern Wasseroberfläche der zweit- und mit 199,3 Millionen Kubikmetern Stauraum der drittgrößte Stausee in Deutschland. Er liegt im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg und wurde in den Jahren 1908-1914 erbaut. In dem einst fruchtbaren Tal mussten dafür 900 Menschen Haus und Hof verlassen.

Edersee mit Schloss Waldeck
Edersee mit Schloss Waldeck

Der Hauptzweck des Sees ergibt sich aus der Wasserbereitstellung für große Schifffahrtswege wie Weser, Mittellandkanal, Lippe-Seitenkanal, Rhein-Herne- und Dortmund-Ems-Kanal. Diese regulative Funktion kam durch die anhaltenden Trockenphasen der letzten Sommer zum Erliegen, und damit zeitweise auch die Schifffahrt.

Einstieg in den Nationalpark über den Urwaldsteig Edersee
Einstieg in den Nationalpark über den Urwaldsteig Edersee

Mit 66 Kilometern umrundet der Urwaldsteig auf teilweise schmalen Pfaden den in die Höhen des Waldecker Landes eingebetteten Stausee. Einige dieser bewaldeten Höhen des hessischen Mittelgebirges Kellerwald toppen die 600 Meter-Marke. Seit 2001 ist ein Gebiet von 406 Quadratkilometern als Naturpark Kellerwald-Edersee deklariert, wovon ein Teil als Nationalpark einem noch höheren Schutz unterliegt. Der Kellerwald stellt eines der größten unzerteilten Buchenwaldgebiete Deutschlands dar, der einstige Urwald Deutschlands und Europas.

Hoch über dem Edersee
Hoch über dem Edersee

Wir treffen unsere Freunde am Vormittag an unserem vorbestellten Quartier südlich des Edersees, wo wir ein Auto stehen lassen. Auf dem Weg zum Hotel kommen wir an dem „tollen Haus“ vorbei, das als touristische Attraktion auf dem Kopfsteht. Auch vor der Tür parkt ein Auto auf dem Dach 🙂 Die erste Etappe beginnt in Waldeck nordöstlich des Seeufers. Im Uhrzeigersinn beginnen wir den Rundweg mit den 11 Kilometern der 1. Etappe bis zu unserem Hotel mit dem schönen Namen „Dornröschenshöh“, von wo wir am Sonntag den Urwaldsteig mit etwa 9 Kilometern bis zu einem Wanderparkplatz oberhalb der Ortschaft Bringhausen voranbringen.

Schloss Waldeck
Schloss Waldeck

Das Wetter hat sich nach den letzten Regentagen zumindest entschieden uns weitere Regengüsse zu ersparen. Wir parken in der Nähe des Waldecker Schlosses, das wir bei Gelegenheit noch einmal genauer inspizieren müssen. Immerhin ist das Schloss, in dem sich heute ein Hotel befindet auf den Grundmauern einer Höhenburg des frühen 12. Jahrhunderts entstanden. Mit annähernd 10 Grad ist es nicht sonderlich kalt für Mitte Februar als wir uns zum Einstieg unseres Rundweges begeben. Ein Schild warnt mit dem Hinweis „Schwieriger Steig“, was sich beim ersten Steilabstieg dann auch tatsächlich bestätigt.

Bernhard mit knorriger Bergeiche
Bernhard mit knorriger Bergeiche

Die Regenfälle der letzten Tage haben den Weg erheblich angeglitscht, was perfekte Bedingungen für einen Stunt nebst Schlammbad bietet. Bald geht der Steig in eine Hangquerung über, die uns entlang knorriger Bergeichen an schöne Aussichtsplätze bringt. Am Hexenkopf erreichen wir eine Stelle, an der der Sage nach Hexenverbrennungen praktiziert wurden. Dies ist entgegen der Tatsache, dass Hexen im 17.Jahrhundert auch im Waldecker Land verfolgt wurden, nicht beurkundet. Der Aussichtpunkt „Kanzel 399m“ bietet den perfekten Blick über den See auf das Schloss Waldeck.

Am Aussichtspunkt "Kanzel"
Am Aussichtspunkt „Kanzel“

Von der kleinen Kanzel am Uhrenkopf schauen wir hinunter auf die Staumauer mit der Ortschaft Hemfurth. In der Nacht vom 16. Auf den 17. Mai 1943 wurde die Staumauer Ziel eines Bomberangriffs der Royal Navy. Spezielle Fassbomben, die wie flach geworfene Steine die Fangnetze bis unmittelbar vor der Staumauer überspringen, wurden auf dem See abgesetzt. Die Detonation beim Absinken der Bombe brachte das Bollwerk aus der Kaiserzeit zum Bersten. Die gewaltige Flutwelle führte zu großen Schäden im unteren Edertal. Eine Tafel weist auf das Flakgeschütz an der kleinen Kanzel hin, das wenige Tage vor dem Angriff auf die Staumauer abgezogen wurde.

Die Staumauer unter der "Kleinen Kanzel"
Die Staumauer unter der „Kleinen Kanzel“

Wir folgen den Wegweisern des Urwaldsteigs mit den weißen Buchstaben „UE“ auf blauem Grund absteigend auf 210 Höhenmeter hinunter nach Hemfurth-Edersee, wo wir an eine Siedlung im Stil des amerikanischen Wilden Westens gelangen. Holzhäuser mit typischen Verandas, Kutschen und Aufschriften wie „Sheriff“ oder „Undertaker“ vermitteln den Eindruck einer Filmkulisse für einen Kinoklassiker dieses Genres. Die Lösung ist, dass es sich um ein originelles Motel handelt, dem auch ein „Tex-Mex“- Restaurant angeschlossen ist.

Kuriositäten auf dem Urwaldsteig
Kuriositäten auf dem Urwaldsteig

Wir überqueren die abfließende Eder über eine Brücke hinter der sich der Fluss auf seinem weiteren Weg zur Fuldamündung noch einmal im Affoldener See aufstaut. Nach einem Stück entlang des Ufers erreichen wir das Pumpspeicherkraftwerk Waldeck, wo sich unser Weg dann gut 140 Höhenmeter zum großen Hegekopf aufschwingt. Das Kraftwerk erzeugt mit einem ersten Oberbecken (Waldeck I) seit 1933 bis zu 145 Megawatt, mit einem größeren Becken (Waldeck II) seit 1973 zusätzliche 480 Megawatt Strom zu Spitzenlastzeiten- Erweiterungen sind in der Planung. Zu Schwachlastzeiten wird Energie aufgewendet um die Speicherbecken wieder auf zu füllen. Wir verlassen den Weg an einem Wanderparkplatz, an dem wir morgen anknüpfen und erreichen von hier zeitig unser Dornröschenquartier an der K35.

Wegzeichen im Kellerwald
Wegzeichen im Kellerwald

Wir haben ausreichend Zeit den Tag mit einem Besuch der Sauna ausklingen zu lassen. Im Restaurant gibt es etwas Zünftiges auf den Tisch. Zufrieden mit dem heutigen Tag finden wir uns zeitig auf dem Kopfkissen unseres gemütlichen Zimmers wieder. Wir blicken aus unserem Fenster hinunter auf ein Wildgehege, in dem nur wenige Tiere zu sehen sind. Der Sonntag beginnt fast sonnig, obwohl der Wetterbericht ab Mittag Regen prophezeit. Ein Auto deponieren wir auf einem Wanderparkplatz bei Bringhausen, wonach wir am Großen Hegekopf an den gestrigen Weg anknüpfen.

Aufstieg zum Großen Hegekopf
Aufstieg zum Großen Hegekopf

Es ist zwar mit 20 Kilometern an diesem Wochenende keine besonders lange Wegstrecke, mit 624 auf- und 710 abgestiegenen Höhenmetern allerdings ein sportliches Höhenprofil. So schwingt sich der Weg zunächst weitere 100 Höhenmeter hinauf an den Großen Hegekopf, um von hier nach einem kurzen Abstieg noch einmal auf 525 Meter um den Ochsenwurzelskopf 542m herum anzusteigen. Wir befinden uns in dieser Höhe unmittelbar unter dem Hochspeicherbecken des Pumpkraftwerks auf dem Peterskopf. Im Sommer führt vom Kraftwerk eine Standseilbahn hier hinauf.

Baumpilz
Baumpilz

Durch herrlichen Mischwald erreichen wir den Sauermilchplatz mit einer Schutzhütte und dem Grab des legendären Försters Kruhöffer (1821-1893), der wegen seiner lauten Stimme in der Gegend als „Waldbölker“ in die Annalen eingegangen ist. Um den 465 Meter hohen Daudenberg mit seiner eiszeitlichen Blockschutthalde herum erreichen wir bald unser heutiges Etappenziel am Parkplatz Kirchweg. Mit dem Erreichen des Autos beginnt es zu regnen, wir sind an diesem Wochenende trocken geblieben. Das Museum zur Staumauer des Edersees können wir wegen der Winterpause nicht besuchen. Wir verabschieden uns von unseren Freunden, mit denen wir terminlich leider erst im Juni weiter auf dem Urwaldsteig unterwegs sein können.

Unterwegs im Urwald
Unterwegs im Urwald

Arnd Korbmacher

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