Bergischer Panoramasteig 2019
Etappe 01-06
Nach unserer Herbstwoche in Süditalien habe ich in zwei arbeitsintensiven Wochen wenig mitbekommen vom Herbst in unserer Heimat. Sonnenauf- und Untergang waren für mich eher mit dem Ein- und Ausschalten der OP- Lampen synchronisiert.
Mitte November habe ich ein freies Wochenende mit sonnigem Wetter. Es spricht daher alles für den Start eines neuen Wanderprojekts vor unserer Haustür. Es soll der Bergische Panoramasteig sein, der anders als der Bergische Weg oder der Wupperweg keine Streckenwanderung ist. Der Bergische Panoramasteig beschreibt einen 244 Kilometer langen Rundweg durch den Naturpark Bergisches Land in 12 Etappen. Unser Freund Uwe hat die Strecke kürzlich in wenigen Tagen mit dem Mountainbike bestritten und war ganz begeistert von der Tour.
Ich entscheide mich mit Dorothee unsere erste Etappe, wie auch in der Website des Weges beschrieben, in Engelskirchen- Ründeroth zu beginnen und die ersten 16,1 Kilometer nach Lindlar- Heiligenhoven zu gehen. Ein Einstieg in den Weg wäre allerdings von jedem Punkt der Strecke problemlos möglich.
Nachdem wir unser Auto am Endpunkt der Tour am Freilichtmuseum in Lindlar- Heiligenhoven abgestellt haben, lassen wir uns zum Einstieg der 1. Etappe nach Engelskirchen fahren. Es ist recht frisch, denn die Nachttemperaturen erreichen bereits den Gefrierpunkt. Die versprochene Sonne kämpft noch mit vorhandenen Schleierwolken. Wir stehen in Ründeroth direkt an der Agger. Noch haben die Bäume nicht alle Blätter verloren und sobald ein paar Sonnenstrahlen auf das Blattwerk fallen grüßt noch der Rest des Indian Summers mit prachtvollen Farben.
Durch Mischwald geht es auf die Höhen mit Streuobstwiesen, Schaf- und Kuhweiden und hübschen Fachwerkhäusern, am Weiler Feckelsberg vorbei. Auch die Trasse der A4 nach Köln liegt in Sicht- und Hörweite. Es ist enorm wie weit das Rollgeräusch der Autos und LKW in die Landschaft dringt. Ein generelles Tempolimit würde nicht nur den CO2- und Schadstoffausstoß, sondern auch diese Form der Umweltbelastung reduzieren – auf diesem Ohr ist die von Lobbyisten gesteuerte Politik im Land aber leider taub. Das wäre auch zu simpel, denn das neue Geschäftsmodell der Industrie heißt Lithium.
Der folgende Abstieg führt in das Tal der Leppe nach Blumenau. Die Leppe mündet in Engelskirchen in die Agger. Der steile Gegenanstieg lässt nicht lange auf sich warten. Wir kämpfen uns hinauf auf den 235m hohen Rommersberg. Unter einem alten Kirschbaum steht eine Bank, auf der wir uns eine Mittagspause mit heißem Tee gönnen. Wir haben einen weiten Rundblick über die umliegenden Hügel und einen Teil des zurückgelegten Weges.
Das Höhenprofil unserer Etappe geht nun wieder in den nächsten Abstieg in das Horpebachtal über. Wir passieren eine kleine Kapelle, deren Geschichte auf ein Versprechen der Ordensschwestern des nahen Krankenhauses in Horpe zurückgeht. Als Dank für das Überleben der Bombenangriffe am 19. und 28. März 1945 auf Engelskirchen errichteten die Schwestern des Ordens der armen Dienstmägde Jesu Christi diese Kapelle. Die Bruchsteine, insgesamt mehr als 5 Tonnen, trugen sie eigenhändig über den steilen Bergpfad hier hinauf. Im Talboden führt der matschige Weg eine ganze Weile entlang des Horpebachs, bis wir bei Eichholz die Bundesstraße überqueren.
Wegen Sturmschäden im Wald führt uns eine Umleitung über Asphalt zur Ortschaft Burg. Wir kommen hier wieder auf etwa 300 Höhenmeter und passieren mit Blick auf Lindlar weite abgeerntete Stoppelfelder und einen großen Bauernhof. An einer Bank, der Hollerbank genießen wir noch eine Weile die tiefstehende Herbstsonne und den Rest unseres heißen Tees. Nach Nordosten können wir einen großen Steinbruch erkennen. In der Region um Lindlar wird ein begehrter Rohstoff, die sogenannte Grauwacke abgebaut.
Auf den letzten Kilometern nach Lindlar erreicht das heutige Fotografenlicht seinen Höhenpunkt. Endlos lange Schatten und ein letztes Erstrahlen der Landschaft lassen meinen Finger nicht vom Auslöser der Kamera. Bereits um halb fünf ist das Spektakel dann schlagartig vorbei . Noch bei letztem Tageslicht erreichen wir unser Auto und suchen uns ganz in der Nähe einen warmen gemütlichen Gasthof mit Kölsch und Schnitzel.
Einen Monat später, nun Mitte Dezember wollen wir den Bergischen Panoramasteig mit der zweiten Etappe voranbringen. Grauseliges Wetter gibt den Scheibenwischern bei der Anfahrt reichlich zu tun. Wir werden an diesem Wochenende die 19 Kilometer nach Biesfeld teilen und stellen unser Auto am Samstag etwa auf der Hälfte in Hommerich in einem Industriegebiet ab. Per Taxi befinden wir uns dann rasch am Einstieg in die zweite Etappe am LVR- Freilichtmuseum in Lindlar- Oberheiligenhoven.
Regenschirm und Windböen sind keine gute Kombination und wir sind sehr froh, das die Regenwolken bald auflockern und vereinzelte Sonnenstrahlen durchlassen. Es ist recht kalt bei Temperaturen wenig über dem Gefrierpunkt. Wir gehen ein Stück über die zum Radweg umfunktionierte Bahntrasse der Sülztalbahn. Die Bahntrasse führt uns über das Eisenbahnviadukt über die Lindlarer- Sülz zum Bahnhof Linde. Dort traue ich meinen Augen nicht- auf dem Privatbesitz des ehemaligen Bahnhofs rostet eine Dampflokomotive der 50er BR vor sich hin. Den ehemaligen hübschen Fachwerk- Bahnhof hat sich jemand zum Wohnhaus umgebaut.
Der Bahnhof lag einst an der Eisenbahnstrecke, die von Köln über Bergisch Gladbach und Rösrath nach Lindlar führte. Nach gerade mal 50 Betriebsjahren wurde die Strecke in den sechziger Jahren stillgelegt. Auf das Teilstück von Bensberg nach Hoffnungsthal sind wir auf dem Bergischen Weg im letzten Jahr gestoßen.
Die Wege sind völlig aufgeweicht und rutschig, die Hosenbeine bis oben hin mit Matsch besprenkelt. Bäche und Flüsse sind gut gefüllt und tun ihr Bestes die Talsperren zu füllen, deren Pegelstand in den letzten niederschlagsarmen Jahren Medienberichten zufolge immer wieder zu niedrig war. Auch der Borkenkäfer hat dem Wald in den zu warmen und trockenen Sommern arg zugesetzt.
In Ebbinghausen kommen wir an einem großen Kuhstall vorbei, wo auch ein gerade 3 Wochen altes Kälbchen in seiner Box liegt. Der letzte Abstieg des Tages geht hinunter in das Industriegebiet von Hommerich, wo wir an einer großen Milchpulver- Fabrik entlang zu unserem Auto laufen.
Unser Nachtquartier haben wir im nahen Herrenstrunden festgemacht. Wir kennen den historischen Ort bereits vom Bergischen Weg. Hier befindet sich die Quelle der Strunde, ein Fluss von Bedeutung im Rahmen der Frühindustrialisierung im Bergischen. Am „Fleißigsten Bach Deutschlands“ befanden sich 40 Mühlen auf einer Strecke von 20 Kilometern.
Schon viel früher haben sich die Herren der Strunde hier niedergelassen und somit den Ortsnamen hervorgebracht. Seit dem 13. Jahrhundert gibt es mit Burg Zweifel einen Rittersitz in Herrenstrunden und auch der Johanniterorden hatte hier bereits Fuß gefasst. Mit der Niederlassung der Johanniter auf Malta im Jahr 1530 änderte sich der Name des Ordens in Malteser. Ihr Amtssitz war seit 1270 die hiesige Komturei, in deren historischen Mauern sich heute ein Hotel befindet.
In der Malteser Komturei in Herrenstrunden verbringen wir einen sowohl kulinarisch gelungenen Abend als auch eine geruhsame Nacht in den geschichtsträchtigen Mauern dieser besonderen Location. Beim Chef David Leone, gebürtigem Sizilianer aus Trapani sind wir sehr gut aufgehoben.
Am Sonntagmorgen geht uns jegliche Ambition wandern zu gehen ab. Sturmböen lassen einen Fensterladen schlagen, der Blick nach draußen macht Lust ins Bett zurückzukehren. Der Wetterbericht macht allerdings Hoffnung auf einen sonnigen Tag und bereits beim Frühstück scheint die Sonne durchs Fenster.
Wir bringen unser Auto ans Ende der zweiten Etappe nach Biesfeld und nach dem Taxi- Transfer nach Hommerich laufen wir uns am ersten Anstieg schnell warm. In Hommerich vereinigt sich die Lindlarer Sülz mit dem von Nordwesten kommenden Quellfluss der Kürtener Sülz zur Sülz, die im weiteren Verlauf in die Agger mündet. Bei tiefstehender Wintersonne arbeiten wir uns über die Höhen oberhalb der Kürtener Sülz mit herrlichem Weitblick über die Felder und Wälder des Bergischen.
Nachdem der Weg sich in einer großen Schleife nach Norden vom Tal abgewendet hat kehrt er absteigend zurück in das Tal der Kürtener Sülz. Der Gegenanstieg folgt sogleich und entlang sonniger Wiesen, auf denen Schafe weiden gelangen wir an eine Bank mit Wegkreuz, auf der wir uns eine Pause gönnen, den Blick streifen lassen und heißen Tee trinken.
Eine mittlerweile auch bei uns immer häufiger erscheinende Tierart präsentiert sich in einem umzäunten Gehege. Es sind peruanische Alpakas, die nicht nur hübsch anzusehen sind, auch ihre Wolle ist sehr begehrt. Am Ende der zweiten Etappe haben wir oberhalb von Biesfeld einen weiten Ausblick nach Westen Richtung Rheintal und können vor dem Höhenzug der Eifel die Turmspitzen des Kölner Doms ausmachen.
„Des Wanderns Lust ist, dass man die Zwecklosigkeit genießt“ –
So soll es der chinesische Philosoph Lieh Tse um 400 v. Chr. verkündet haben, lässt uns eine Tafel am Etappenende wissen.
Mitte Januar 2020- Wir haben an diesem Wochenende die 3. Etappe geplant und unser Nachtquartier noch einmal in der Malteser Komturei festgemacht. Überschattet ist dieses Wochenende allerdings durch den plötzlichen und völlig unerwarteten Tod von Dorothees älterem Bruder Jörg, meinem Schwager. Zusammen mit ihren Geschwistern hat Dorothee neben der Trauer um ihren Bruder natürlich sehr viel zu regeln, so reisen wir erst am Samstagabend an, um am Sonntag einen Teil der 3. Etappe zu gehen.
Jörg war es, der uns mit seiner Begeisterung beim Wandern in den heimischen Mittelgebirgen zu unserem ersten Projekt, dem Rheinsteig inspiriert hat. Sooft es seine Arbeit zugelassen hat, war er selbst unterwegs an Rhein und Mosel. Regelmäßig haben wir unsere Erlebnisse nach unseren Wanderungen mit ihm ausgetauscht.
Nachdem wir unser Zimmer in der Komturei bezogen haben besuchen wir in der direkten Nachbarschaft das Restaurant „Dröppelminna“. Diesmal haben wir einen der begehrten Tische ergattert, denn ohne zeitige Reservierung geht hier nichts. Ich habe diese Adresse bereits in meinem Bericht vom Bergischen Weg erwähnt. Joël Schramm, gebürtiger Elsässer mit einer interessanten beruflichen Vita versorgt seine Gäste auf hohem kulinarischen Niveau. Das Ambiente der Dröppelminna lebt aus einer Mischung von Bergischer Stube und Französischem Landhaus mit Sammlungen von allerlei klassischen Geräten.
Die namensgebende Dröppelminna, der bergische Samowar darf natürlich auf keiner Bergischen Kaffeetafel fehlen. Wir lassen uns von herrlichen Elsässer Weinen zu unserem Menü begleiten und reden an diesem Abend lange über Jörg, der ein gutes Essen und guten Wein auch sehr zu schätzen wusste. Mit ihm hatten wir hier vor einiger Zeit einen schönen Abend verbracht.
Das Wetter am Sonntag hängt den Erwartungen mal wieder nach. Nach dem Frühstück ist es von oben zumindest trocken, das trübe schattenlose Licht schluckt jegliche Kontraste in der Landschaft. Wie Gerippe stehen die kahlen Bäume auf den Feldern. Wir lassen uns dort absetzen, wo die 2. Etappe geendet hat. Der Dom- Blick nach Westen ersäuft diesmal komplett im Nebel.
Wir halten uns nach Nordwesten Richtung Bechen, dem Eselsdorf. Bechen, erstmals 1175 urkundlich erwähnt liegt am Heerweg, einer alten Handelsstraße von Köln über Wipperfürth nach Westfalen. Der bronzene Esel am Ortseingang erinnert an die Überlieferung, dass die Bechener mit ihren Eseln als Transportmittel oft zu spät auf dem Markt in Köln ankamen- daher der Name Eselsdorf.
Das wasserreiche Gebiet rund um Bechen war namensgebend, denn 20 Quellen und Bäche (Beken oder Bechen) nähren die große Dhünn- Talsperre, die allerdings erst 1975 als wichtiger Trinkwasserspeicher gebaut wurde. Matschige Wege bringen uns über Richerzhagen und Kotzberg an die Talsperre und zum abgestellten Auto in Hutsherweg. Nur kurz blitzt die Sonne durch die Wolken, immer wieder regnet es und obwohl es gut ist mal wieder ein paar Kilometer zu machen bleibt die Unbeschwertheit beim Wandern diesmal aus. Die Gewissheit, dass Jörg nicht mehr unter uns ist lastet schwer- er wird uns sehr fehlen- oft werden wir auf unseren Wanderungen an ihn denken.
Es gibt einige Gründe, warum es mit unserer Wander- Leidenschaft erst Mitte April auf dem Bergischen Panoramasteig weiter geht. Der Anfang dieses Jahres ist nicht nur durch den Verlust von Dorothees Bruder überschattet. Ein neues Corona- Virus mit Ursprung in China hat sich über den Planeten ausgebreitet und weist die Menschheit seit Jahresbeginn in seine Schranken. Deutschland befindet sich wie viele andere Länder seit Wochen im Lock- Down um eine völlig unkontrollierte Ausbreitung und somit eine weitere Belastung des personell unterbesetzten Gesundheitssystems zu stoppen. Bislang hat das in Deutschland gut funktioniert- morgen werden erste Geschäfte wieder öffnen- das Thema bleibt allerdings präsent.
Das öffentliche Leben ist auf Standby geschaltet- Reisen, Konzerte, Partys und alles was Spaß macht ist derzeit verboten. „Stay at Home“ ist die Parole in dieser Zeit. Bei allem Respekt vor Einkommenseinbußen vieler Berufsgruppen bringt mich die Besorgnis der Bundesliga- Fußballvereine die Millionengehälter ihrer Stars nicht mehr stemmen zu können an die Grenzen meines Mitgefühls. Am Himmel sind kaum Flugzeuge, auf dem Meer keine schwimmenden Kleinstädte unterwegs und der Diesel kostet unter einem Euro. Wir bekommen von der sogenannten Corona- Krise nicht viel mit, wir arbeiten beide in systemrelevanten Berufen und sind eher von Mehrarbeit bedroht. Wir haben Essen, Trinken und sogar 4- lagiges superflauschiges Toilettenpapier 🙂
An einem Sonntag Mitte April wollen wir also die 3. Etappe des Bergischen Panoramasteigs komplettieren. Wir haben den Sonntag ausgewählt, da das Wetter heute recht vielversprechend ist. Am Morgen ist es aber noch sehr verhangen als wir am Startpunkt in Hutsherweg ankommen. Wir werden vom Zielort Dhünn diesmal zu Fuß im Sinne einer Rundwanderung zurückkehren, Busse fahren nicht und ein Taxi- Transfer ist im Corona- Reglement eher auch obsolet.
Es tut gut mal wieder Gelände unter die Schuhsohlen zu bekommen und rasch steigen wir hinunter zum Deich, der die große Dhünn- Talsperre von ihrer Vorsperre trennt. Der heutige Deich ist die ehemalige Staumauer des Aufstaus von 1962. 1975-1985 entstand die große Dhünn- Talsperre, die als reines Trinkwasser- Reservoir 1 Million Menschen in der Region Trinkwasser liefert. Mit 82 Talsperren befindet sich in Nordrhein- Westfalen die größte Anzahl von Talsperren in Deutschland. Die Dhünn- Talsperre ist die zweitgrößte Deutschlands.
Geschichtlich erfahren wir auf den Tafeln am Wegesrand einiges über das Tal der Dhünn, bevor 81 Millionen Kubikmeter Wasser 1987 eine 1000- jährige Siedlungsgeschichte beendeten. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich in dem wenig besiedelten Gebiet eine Pulvermühlenindustrie angesiedelt. Das Donnerkraut, wie die explosive Mischung aus Salpeter, Holzkohle und Schwefel hieß wurde als Musketen- und Kanonenpulver der Exportschlager des Bergischen Landes. Um 1800 befand sich die Hälfte aller westdeutschen Pulvermühlen im Bergischen Land. Bis zum Ende des 19.Jahrhunderts belieferten die ansässigen Pulvermacherdynastien die Armeen Europas und den Ruhrbergbau. So einträglich, so gefährlich war das Geschäft mit dem explosiven Pulver mit regelmäßigen schweren Unfällen. Die Erfindung von konkurrierenden Sicherheitssprengstoffen wie Dynamit und letztlich die Versailler Verträge von 1920 besiegelten das Ende der Pulverproduktion im Bergischen. Eine der heute versunkenen Ortschaften war Kesselsdhünn, wo 1973 ein großes Abschiedsfest vom Dhünntal gefeiert wurde.
Bei unserem Weg entlang des Ufers wirkt der See, als wäre er schon immer da gewesen. Nach der Passage der alten Staumauer geht es entlang des Nordufers der Vorsperre Große Dhünn. Hier werden wir auf lautstarkes Treiben in den Uferbäumen aufmerksam. In einer Kormoran- Kolonie sind zahlreiche Vögel mit dem Nestbau beschäftigt. Der Weg wendet sich im weiteren Verlauf vom Ufer der Vorsperre ab, bringt uns auf die Höhe und führt oberhalb des Nordausläufers der Dhünn- Talsperre entlang von Feldern und Pferdekoppeln zu einem Aussichtspunkt mit Relax- Liege und einem Tiefblick auf die Talsperre. Es ist wunderschön, die Bäume hüllen sich in Grün und die Obstbäume blühen. Die versprochene Sonne lässt noch auf sich warten, die Frühjahrs- Pracht kommt nur blass zur Geltung. In nördlicher Richtung erreichen wir Dhünn und das Etappenende.
Vor einem geschlossenen Einrichtungs- Laden steht ein Tisch mit Stühlen, der uns zur Mittagspause einlädt. Eine Weile sehen wir den zahllosen motorisierten Ausflüglern zu, während plötzlich das Licht eingeschaltet wird. Die Sonne brennt uns wohlig ins Gesicht. Auf dem Etappenschild unseres Wegs nehmen wir die Lebensweisheit des algerischen Philosophen Augustinus von Hippo (354-430) zur Kenntnis:
„Die Welt ist wie ein Buch, und wer nicht reist liest davon keine einzige Seite“
Unter Corona derzeit schwer umzusetzen spricht uns das Zitat aus der Seele. Den Rückweg treten wir in direkter südlicher Richtung über den Weiler Heidchen an.
Die bewaldeten Hügel des Bergischen erstrahlen nun in ihrer ganzen Farbpalette und laden zu fotografischen Ergüssen ein. In einem Garten steht eine alte Seilbahn- Gondel aus Bettmeralp im Wallis. Wie kommt das Teil hierher? Entlang des Nordufers der Vorsperre geht es zurück zur alten Staumauer. Ich habe meine Drohne dabei und plane die Dhünn- Talsperre mit einem Panoramaflug aus der Luft einzufangen. Leider haben durchziehende Wolken den Himmel wieder verdunkelt. Gut eine Stunde warten wir mit Blick auf den See auf das Abziehen der Wolken bis ich die Drohne aufsteigen lasse. Die Luftaufnahmen bringen die Schönheit dieser wasserreichen Gegend noch einmal mehr zur Geltung.
In der späten Abendsonne sind wir zurück am Parkplatz. Die Obstbäume auf der Streuobstwiese, die ich im Januar noch melancholisch als „karge Gerippe“ beschrieben habe strotzen nun mit ihrer Blütenpracht. Dazwischen vermittelt eine Gruppe Schafe mit ihren Lämmern jetzt ein lebendiges Bild an diesem schönen Frühlingstag und macht Hoffnung auf eine bessere Zeit, in der wir unsere Lieben und Freunde wieder in die Arme schließen können.
Bereits am folgenden Wochenende geht es mit der 4. Etappe weiter auf dem Bergischen Panoramasteig im Corona- Style. Wir vermeiden auch diesmal jeglichen Transferservice zwischen Start und Ziel. Dorothee hat erneut einen Rundweg ausgearbeitet, der uns von unserem Tagesziel am Parkplatz Scheideweg südwestlich von Hückeswagen zunächst zum Startpunkt in Dhünn bringt. So werden wir kaum die Hälfte der 4. Etappe auf dem Panoramasteig weiterkommen aber trotzdem mehr als 20 Kilometer gehen.
Die Corona- Krise hat unser Leben stark verändert, der Verzicht auf Kontakte mit Familie und Freunden ist schon etwas befremdlich und sicher für allein stehende Menschen noch belastender. Die uns abverlangten Einschränkungen haben uns die schrecklichen Szenarien, die sich derzeit in Nachbarländern und weltweit abspielen erspart. Unsere Freunde in Norditalien haben Hausarrest. Bei allen Beschneidungen der Bürgerrechte gilt bei uns zumindest kein vollständiges Ausgangsverbot. Wir können raus und wandern gehen.
Obwohl Anfang Mai bereits weitere Lockerungen anstehen, gehen erste Ignoranten auf die Straßen und fordern ihre Bürgerrechte ein- haben leider nichts kapiert. Idiotie hat Hochkonjunktur und die aktuelle Meldung aus dem weißen Haus toppt mal wieder alles. Der Präsident hat die Tatsache, das Desinfektionsmittel gegen Viren helfen zum Anlass genommen zu verkünden, dass man diese doch nur einnehmen müsste um Corona los zu werden. Tolle Idee- Experten bemühen sich um Schadensbegrenzung und einen Tag später melden Giftnotrufzentralen einen deutlichen Anstieg von Anfragen. Schockierende Nachrichten auch aus Bayern- das diesjährige Münchener Oktoberfest, als größtes Volksfest der Welt wurde gerade abgesagt- ich wünsche Bayern viel Kraft und werde in Gedanken bei Euch sein- Prost ! 🙂
Der Abstieg vom Parkplatz am Scheideweg führt uns bald an den Purder- Bach, der wenig entfernt aus seiner Quelle entspringt und uns heute lange auf unserem Zubringerweg nach Dhünn begleiten wird. Bei Großkatern kreuzen wir den Bergischen Panoramasteig und erwandern herrliche Landschaft immer entlang des Purder- Bachs bis zum Weiler Purd, wo sich auch die Purder- Mühle befindet. Heute als Wohnhaus genutzt, wurde die Mühle 1855 als Frucht- und Knochenmühle gebaut.
Zwischenzeitlich hat die Sonne die Wolkendecke aufgebrochen und sich mehr und mehr durchgesetzt. Der Purder- Bach durchfließt im weiteren Verlauf paradiesisch schöne Landschaft mit Auenwiesen und ergrünender und blühender Vegetation. Wir genießen das schöne Wetter an einem solchen Wandertag, bemerken aber auch die Trockenheit im Wald und auf den staubigen Wegen im ausklingenden April. Es ist bereits seit einigen Wochen zu trocken, so dass deutsche Bauern bereits von Ernteausfällen sprechen. Mangelnde Erholung des Grundwassers ist ein Thema mit zunehmender Brisanz in den letzten Jahren. Auch Waldbrände wurden in Wäldern der Region bereits bekämpft.
Wir verlassen den Purder- Bach, der weiter südlich in die Große Dhünn mündet. Wir steigen auf die Höhen und laufen über die Siedlungsflecken Oberhagen und Bergstadt zu unserem eigentlichen Startpunkt nach Dhünn. Hingucker sind die blühenden Obstbäume, Ginsterbüsche, Fernblicke ins Bergische und die hübschen peruanische Alpakas an einem Hof in Bergstadt.
Direkt hinter Dhünn queren wir einen Hindernis- Parcours im Wald, wie Mikado- Stäbchen wurden die flachwurzelnden Fichten übereinander geworfen. Nun befinden wir uns wieder auf dem Panoramasteig und erreichen bald einen weiteren Zufluss der Dhünn- Talsperre, die Kleine Dhünn. In diesem ebenfalls sehr idyllischen Tal treffen wir auf die heute noch bewohnte Staelsmühle. Die Fruchtmühle geht auf das Jahr 1574 zurück, in dem der Junker Stahl (Staell) zu Bierensterz (Bergstadt) die Genehmigung zum Bau erhielt. Wenig weiter passieren wir die jüngere Knochenmühle (1800), die etwas heruntergekommen erscheint. Nur der Schacht und die Welle des Mühlrades sind noch erhalten.
Kurz hinter der Knochenmühle geht es aus dem Talgrund wieder hinauf auf den aussichtsreichen Wegverlauf rund um die Dörperfelder Höhe mit den Flecken Strucksfeld und Kurzfeld. Hier sieht man mal ein paar Leute, die in ihren Gärten arbeiten oder einfach den herrlichen Tag genießen. Auf dem Weg selbst haben wir nur sehr wenige Gesprächs- Kontakte, selbstverständlich mit einem Mindestabstand von 2 Metern. Entlegene Bauernhöfe mit weitläufigen Kuhweiden, Pferdekoppeln, historische Fachwerkhäuser- wir entdecken die vielseitige Landschaft des Bergischen Landes immer wieder neu.
Es wird spät heute bis wir den Bergischen Panoramasteig am Weiler Westhofen verlassen und über den Zuweg zu unserem Parkplatz am Scheideweg zurückkehren. Mit dem Auto fahren wir noch zu einem ausgewählten Platz vom Vormittag bei Oberhagen zurück. Einmal mehr mache ich mit meiner Drohne beeindruckende Luftaufnahmen von der wunderschönen Landschaft des Bergischen Landes.
Direkt am ersten Sonntag im Mai arbeiten wir an der 4. Etappe weiter. Das Auto stellen wir diesmal nicht unmittelbar am Endpunkt des heutigen Tagesziels ab, sondern etwas östlich der Wuppertalsperre an der Siedlung Kormannshausen. Von hier hat Dorothee eine Runde ausgetüftelt, die uns zunächst über die Wuppervorsperre und Hückeswagen bis zum Einstiegspunkt auf den Panoramasteig am Parkplatz am Scheideweg führt. Etwas weiter westlich führt uns der Weg dann dem Panoramasteig folgend nördlich über Hückeswagen zurück an die Wuppervorsperre und weiter an der Wuppertalsperre entlang. Am Ende sind es dann noch 2 Kilometer zurück zum geparkten Auto. 21 Kilometer im Corona- Style werden uns am Abend etwa 10 Kilometer auf dem Panoramasteig vorangebracht haben.
Mit dem Aprilwetter der letzten Woche hat es erfreulicherweise Regenfälle gegeben, die von den Bauern dringend erwartet wurden. Es ist noch frisch am Morgen und zügig machen wir uns auf den Weg, der uns bald an das östliche Ufer der Wuppervorsperre bringt. Am nördlichen Ortsrand von Hückeswagen überqueren wir das Gewässer über eine Hängebrücke, von der man die Wasservögel gut bobachten kann. Im Bereich der Vorsperre bleibt der Wasserstand relativ konstant, was für das Ökosystem in diesem Bereich eine wichtige Voraussetzung ist. Was die Vogelwelt angeht ist hier einiges los.
Da wären ein brütendes Schwanenpaar, kanadische Gänse, Enten mit ihren Küken, Blässhühner und Haubentaucher, die wunderschöne Fotomotive abgeben. Beim Beobachten und Fotografieren verlieren wir die Uhr etwas aus dem Blick und raffen uns nach gut einer Stunde dann doch auf weiterzugehen.
Wir steigen hinauf zum Schloss Hückeswagen. Teile der Anlage wie der Nord- Westflügel mit dem Bergfried stammen noch aus der Erbauungszeit im 12.Jahrhundert. Auf dem Bergsporn an der Wupper wurde die Burg 1189 erstmals als „Castrum“ bezeugt und war Stammburg des Hückeswagener Grafengeschlechts. Arnold von Hückeswagen stand 1228 in Diensten des Böhmischen Königs Ottokar I. 1260 wurde die Kampfburg an die Grafen von Berg verkauft und zur Wohnburg umgebaut.
Der Weg durch Hückeswagen über die Marktstraße führt uns an zahlreichen denkmalgeschützten Häusern vorbei. Viele stammen aus dem frühen 18. Jahrhundert und sind Zeitzeugen aus längst vergangener Zeit. Es war die Zeit in der das Bergische Land seinen Reichtum aus der Kraft des Wassers schöpfte. Wegen seiner 1000 Mühlen, in denen Schwerter, Tuche und Schwarzpulver produziert wurden hat das Bergische auch seinen Ruf als „Ruhrgebiet des Mittelalters“.
Wir verlassen Hückeswagen nach Süden auf die grünen Höhen des Bergischen Landes entlang von Weiden und Äckern und können auf den historischen Stadtkern zurückblicken.
Wir folgen ein Stück der Landstraße, an der der Parkplatz am Scheideweg liegt. Hier sind wir wieder auf dem Panoramasteig, der nun Kurs Nord zurück nach Hückeswagen aufnimmt. Wir durchqueren hier einen Park, in dem eine Boulder- Wand ausprobiert werden will. Leider gibt es auch Hausruinen im Stadtbild, deren Substanz dringend nach handwerklichem Geschick verlangt.
Nach Nordwesten geht es aus Hückeswagen heraus wieder ins bergische Farm- und Waldland. Dabei beschreibt der Weg auf der Karte einen Bogen, der uns an das Westufer der Wupper- Vorsperre bringt. Am Wehr der Vorsperre wechseln wir an das östliche Ufer. Der Panoramasteig führt uns nun ein ganzes Stück gemeinsam mit dem Wupperweg entlang der Wuppertalsperre.
1974-1976 hat man mit der heutigen Vorsperre bei Hückeswagen begonnen die Wupper hier aufzustauen. Die verwinkelte Talsperre, die mit mehreren Kammern ein Fassungsvermögen von 25,6 Millionen Kubikmeter Wasser hat wurde erst 1982-1987 mit dem Hauptabsperrdamm fertiggestellt. Die Hochwassergefahr für Wuppertal war damit gebannt.
Am östlichsten Punkt auf einem Deich zu einem Nebenbecken lassen wir am späten Nachmittag noch einmal den Blick über das Wasser schweifen. Angler und Paddler betätigen sich auf dem glitzernden See. Wir verlassen hier den Hauptweg und schließen den Kreis für heute mit einem letzten Aufstieg zu unserem Auto in Kormannshausen.
Mitte Mai bleibt Corona Thema. Mehr als fünf Millionen Menschen weltweit waren bisher Covid-19- infiziert, was 330000 Menschen nicht überlebt haben. Restaurantbesuche sind zwar in Deutschland wieder möglich, man hat sich über Lockerungen beraten, dennoch bleibt freies Reisen ins In- und Ausland eingeschränkt. Wir haben zwei Wochen Urlaub und haben alle Auslandspläne derzeit ad acta gelegt. Unser kurzfristig geplanter Aufenthalt im Harz im Bundesland Sachsen- Anhalt wird uns leider zuletzt auch noch verweigert. Wir haben jetzt in der nächsten Woche vor das gute Wetter mit Wanderungen in der Pfalz in Rheinland- Pfalz zu nutzen- hier geht das bereits. Föderalismus ist kompliziert- jedes Bundesland stellt eigene Reglementierungen auf. In dieser Woche bleiben wir erstmals im Urlaub zu Hause und arbeiten an unseren regionalen Projekten wie dem Panoramasteig im Bergischen und am Eifelsteig weiter.
Der Mundschutz hat Einzug in den Alltag gefunden- Discounter bieten Modelle von vermeintlichen Edel- Designern an- die Mode hat meinen täglichen Begleiter im OP als „It- Accessoir“ entdeckt. Kontaktbeschränkungen bestehen weiterhin. Rein medizinisch betrachtet haben wir die Corona- Pandemie in Deutschland vergleichsweise gut bewältigt, nur deswegen sind Lockerungen ja überhaupt möglich.
Eine bunte Community politischer Randgruppen kocht derzeit in den sozialen Medien eine Suppe , deren Mixtur aus verquasten Ideen und Verschwörungstheorien besteht- es wäre ja zum Lachen , wenn es nicht so todtraurig wäre, denn der Unsinn erreicht über das Internet die gesellschaftliche Mitte. Evidenten wissenschaftlichen Erkenntnissen werden Theorien gegenüber gestellt, denen es jeglicher beweisbarer Grundlage entbehrt. Teuflische Pläne wie eine Impfpflicht werden beschworen, mit der die Regierung uns kontrollieren will. Immer wieder liest man dazu auf Plakaten „Wir sind das Volk!“- Nein- Da bin ich Gott sei Dank nicht das Volk.
Wir werden an diesem Sonntag einen weiteren Rundweg beschreiten, der uns vom Endpunkt der Tagesetappe in Rädereichen an der Bevertalsperre entlang nach Oberhombrechen bei Kormannshausen bringt. Von hier beenden wir die 4. Etappe des Panoramasteigs am nördlichsten Punkt in Radevormwald und gehen einen ersten Teil der 5. Etappe.
Wir stellen unser Auto am Röthlingsberg ab und erhalten bereits auf dem ersten Stück unseres Zu- Wegs ein Lehrstück in Sachen Borkenkäfer- Plage. Hier sterben so ziemlich alle Fichten, unter deren Rinde sich die massiven Spuren des Schädlings zeigen. Trockenheit und die flachen Wurzeln der Fichten scheinen dem Schädling ideale Bedingungen zu liefern.
Wir gelangen auf direktem Südkurs auf die Anhöhe des Scheuerbergs, von dem wir bereits die Bever- Talsperre ausmachen können.
Bei einem tiefblauen Himmel mit Schäfchenwolken erkläre ich den Platz kurzerhand zum idealen Drohnen- Startplatz. Bewaldete Inseln auf grünem Grund mit versprengten Ansiedlungen bilden die Landschaft rund um die Bever- Talsperre. Ein kariöses braunes Loch klafft dort wo wir gerade den Borkenkäfer- Wald passiert haben. Kein Einzelfall- wir kommen heute immer wieder durch abgestorbene Fichtenbestände.
Bussarde, Habichte und Milane sind auf Beutefang. Der Abstieg hinunter zur Bever- Talsperre führt an einem großen Hof vorbei. Ein schönes Bild geben die schwarz- weißen Kühe vor der Talsperre ab. Am Nordufer wendet sich unser Zuweg dann auf die Höhen westlich der Bever. In Eckenhausen kaufen wir 10 frisch gelegte Eier für 3 Euro direkt beim Bauern. Bei Linde überqueren wir die B483.
Auf einer Anhöhe finden wir eine Bank für die Mittagspause. Von den Hochhäusern in Hückeswagen wendet sich der Blick nach Südwesten, wo am Horizont die Erhebungen des Siebengebirges auftauchen. Durch sonnendurchflutete Wälder arbeiten wir uns nach Westen bis hinter Oberhombrechen vor, wo wir auf den Panoramasteig treffen. Die 4.Etappe beenden wir mit einem Aufstieg durch das Wiebachtal an den südlichen Rand vom Radevormwald. Hier bietet die Tafel am Etappenende eine Wander- Weisheit des französischen Schriftstellers Georges Duhamel (1884- 1966):
„Die Landschaft erobert man mit den Schuhsohlen, nicht mit den Autoreifen“
Wir haben mit Radevormwald den nördlichsten Punkt des Bergischen Panoramasteigs erreicht und werden nun mit dem Anfang der 5. Etappe den östlichen Bogen des Weges beginnen. Echte Perlen und Augenweiden inmitten der bergischen Landschaft sind bis heute erhaltene historische Fachwerkhäuser. Mit dem letzten Aufstieg für heute lassen wir Radevormwald hinter uns und erreichen nach einer weiteren Querung der B483 unser Auto am Röthlingsberg bei Rädereichen.
Zum Abschluss unseres Urlaubs in der Pfalz wenden wir uns am Pfingstsonntag noch einmal dem Panoramasteig unserer Heimat zu. Die Pfalz hat uns bereits mit reichlich Sonnenschein verwöhnt. Ein solches allerdings im Schnitt zu trockenes Wetter begleitet uns auch auf dem nächsten Stück der 5. Etappe, das wir wieder als Rundweg ausgetüftelt haben. Das Auto parken wir am Ende der heutigen Etappe, an der Kirche in Egen. Von hier führt unser Zuweg in nordwestlicher Richtung am Nordzipfel der Bever- Talsperre vorbei.
Auf der Suche nach einem geeigneten Weg queren wir eine Wiese und schlagen uns durch das Unterholz zu dem Weg durch, der uns durch die Wälder südlich des Röthlingbergs zu unserem heutigen Startpunkt bei Rädereichen bringt.
Obwohl die Sonne brennt weht heute ein sehr kühler Wind, eine schöne Bank auf einer Anhöhe liegt leider im Schatten und eignet sich nicht für eine Mittagspause. Wir finden eine andere, windgeschützt in einer Senke unter einer mächtigen Eiche. Die Zapfen der engstehenden Fichten, die auf uns keinen gesunden Eindruck machen bedecken den Waldboden. Auf einer Lichtung ergreift ein einzelnes Reh die Flucht. Am Himmel kreist ein Storch, den wir im Nachtrag als Schwarzstorch identifizieren. Gibt’s die hier?
Südlich grüßt von Weitem der Kirchturm von Egen, dem wir uns entlang von Kuhweiden, Feldern und Pferdekoppeln langsam nähern. Dort schließt sich unsere heutige Runde nach 18,5 Kilometer über die Höhen des Bergischen Landes nordöstlich der Bever. Wir haben die gelaufenen Tracks der letzten Woche mit der heutigen Etappe auf dem Bergischen Panoramasteig aufaddiert- es sind 120 Kilometer erlebter Frühsommer in verschiedenen Regionen Deutschlands.
Am ersten Sonntag im Juni rücken wir wieder zu einer Rundwanderung aus, die uns letztlich ein Stück auf der 5. Etappe des Panoramasteigs von Egen weiter zur Staumauer der Neye- Talsperre bringen soll. Um aus der Aktion eine Rundwanderung zu konzipieren beginnen wir an der Gaststätte an der Staumauer der Neye- Talsperre. Von hier laufen wir als Zuweg zunächst das gesamte Südufer der Neye ab.
Die Neye- Talsperre gehört zu den ältesten Talsperren des Bergischen Landes. Sie wurde 1909 fertiggestellt und hat ein Fassungsvermögen von 6 Millionen Kubikmeter Trinkwasser.
Am östlichen Zipfel des Stausees halten wir uns dann auf dem als X3 gekennzeichneten Talsperrenweg in nördlicher Richtung. Über Bergische Höhen führt der Weg entlang der Siedlungen Obernien, Gardeweg und Beinghausen vorbei nach Egen. Es ist ein kühler Tag- die Sonne zeigt sich bis zum Nachmittag nur kurz.
In Egen folgen wir dann wieder der Wegmarkierung des Panoramasteigs in südlicher Richtung. Nach Erreichen des Nordufers des Neye- Stausee wendet sich der Weg erneut etwas vom Ufer ab und führt in westlicher Richtung um die beiden nördlichen Ausläufer des Sees herum. Die Sonne zeigt sich nun zunehmend häufiger. Mit dem Erreichen der Staumauer nimmt der Weg wieder Südkurs auf.
Unsere Tageswanderung endet nach 17 Kilometern an der hiesigen Gaststätte, wo wir einen sonnigen Tisch auf der Terrasse zugewiesen bekommen und das Wochenende mit einem Abendessen ausklingen lassen.
Der letzte Samstag im Juli lockt zu einer Wanderung, die wir wieder als Rundwanderung planen. Von Ibach bei Böswipper entfallen für den Zuweg zur Gaststätte an der Neye-Talsperre etwa 9 Kilometer. Weitere 9 Kilometer führen uns dann auf dem Panoramasteig mit dem letzten Stück der 5. Etappe nach Harhausen nordöstlich von Wipperfürth. Hier beginnt dann die 6. Etappe, die wir an diesem Tag bis zu unserem in Ibach abgestellten Auto gehen.
Der sonnig vorhergesagte Tag wird nur selten wirklich sonnig, denn die verdichtet über den Himmel ziehende Bewölkung lässt das nur selten zu. Es ist schwül warm und gelegentlich können sich die Wolken ein paar Regentropfen nicht verkneifen. Zunächst geht es über landwirtschaftliches Gelände in nördlicher Richtung, nach Überquerung der Bundesstraße L284 zur Schevelinger Talsperre, die hier auch als Silbertalsperre bezeichnet wird. Auf der kleinen Trinkwasser-Talsperre treiben 2 schwarze Schwäne.
Wir tangieren nur das Ostufer der Silbertalsperre und erreichen bei Niederscheveling die Südhöhen über der Neyetalsperre, über die wir uns nun in südwestlicher Richtung zum Einstieg in den Panoramasteig in Großlumberg bewegen. Am Wegrand laden Schmetterlinge, Bienen und Hummeln zum Foto-Shooting ein. Mit ausgebreiteten Flügeln rastende Pfauenaugen, Füchse und andere Falter posieren auf bunten Blüten.
An einem alten Wegkreuz unter einer Baumgruppe machen wir Mittagspause bei unseren mitgebrachten Broten. An der schönen Gaststätte oberhalb der Neye-Staumauer befinden wir uns dann wieder auf der 5. Etappe.
Am Etappenstein bei Wipperfürth beginnt die 6. Etappe. Eine Weisheit des russischen Dichters und Schriftstellers Boris Leonidowitsch Pasternak (1890-1960) befindet:
„Die einzige Welt, in der Einer ganz er selbst sein kann, ist die Natur“
Auf dem nahen Flugfeld in Wipperführt starten und landen Segelflieger und ziehen vor den dunklen Wolken ihre Kreise. Schwarzweiße Kühe grasen unter den bedrohlich wirkenden Wolken und erinnern an ein Landschaftsgemälde der Romantik. Der Panoramasteig führt uns in östlicher Richtung über Dievesherweg, kreuzt den Zuweg vom Vormittag um uns dann in einem südöstlichen Bogen zurück nach Ibach zu unserem Auto zu bringen.
Eigentlich war die Fortführung der 6.Etappe nach Rönsahl am Sonntag Mitte August gar nicht geplant. Wir wollten bereits Freitag unseren Sommerurlaub antreten. Nach einem Nachtdienst am Donnerstag erhalte ich allerdings Freitagmittag eine Nachricht, dass ich Kontakt mit einem Corona- positiv getesteten Patienten gehabt habe. Mit einer solchen Nachricht kann man nicht einfach losfahren ohne zumindest ein negatives Testergebnis abzuwarten. Mit Stornierung unserer ersten Reise- Station im Harz haben wir unsere Abreise auf Montag verlegt. Es bleibt also der Sonntag, an dem noch immer die hohen Temperaturen der letzten Woche anhalten.
Wir stellen unser Auto in Rönsahl ab und machen uns in einem nördlichen Bogen an der Kerspetalsperre vorbei über Ibach nach Böswipper auf. Hier treffen wir auf den Panoramasteig, den wir in südlichem Bogen um die Ortschaft Ohl nach Rönsahl voranbringen. Rönsahl haben wir bereits 2016 auf dem Wupperweg tangiert. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts brachte die Schwarzpulver- Industrie der Region Wohlstand, wovon heute noch einige schmucke Villen zeugen. Auch von seiner Lage an der Eisenstraße, auf der Kohle und Eisen zwischen Ruhrgebiet und Siegerland transportiert wurde profitierte Rönsahl. Es gibt auch eine alte Brennerei, in der heute ein Craft- Beer gebraut wird. Wir kaufen uns an der benachbarten Tankstelle eine Probierauswahl dieses Rönsahler-Landbiers für den geplanten Grillabend.
Wir sind noch gar nicht lange unterwegs, als uns die bereits dicken Schlehen an den Sträuchern zum Sammeln einladen. Der wunderbare aufgesetzte Schlehenlikör vom Vorjahr ist bereits leer, was nach Nachschub mit einer neuen Ernte verlangt. Mit einer gut gefüllten Dose der blauen Früchte setzen wir unseren Weg zur Staumauer der Kerspetalperre fort.
Der Weg über die Staumauer der Trinkwassertalsperre ist geschlossen, so dass wir einen Ab- und Aufstieg vor der Staumauer in Kauf nehmen müssen. Herrlich liegt das Gewässer in der bewaldeten Landschaft. Auf der anderen Seite der Staumauer passieren wir ein hübsches Haus mit einem Seerosenteich. Viel Weitblick haben wir dann in Grossfastenrath.
Bei der hohen Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur von über 30 Grad kann man zusehen, wie sich die anfänglichen Schäfchen- Wolken langsam zu imposanten Türmen aufbauen. In diesem Jahr habe ich an der einen oder anderen Stelle bereits auf die morbiden Fichtenbestände hingewiesen, deren Monokulturen der Trockenheit und dem Borkenkäfer großflächig zum Opfer fallen.
Das Vieh sucht sich auf den Weiden Schatten und auch wir sind froh, wenn es man wieder ein Stück durch schattenspendenden Wald geht. Auf dem Weg nach Rönsahl gehen wir ein Stück an der Wipper entlang, die ja erst hinter Wipperführt zur Wupper wird. Insgesamt hat sich die heutige Runde auf 16 Kilometer aufaddiert.
Erst an einem Samstag Mitte November finden wir wieder Gelegenheit die Stiefel für das Projekt Bergischer Panoramasteig zu schnüren. Nach den Herbstferien haben wir in der Pfalz noch das Ende des deutschen „Indian Summer“ erlebt, um uns danach im Corona- Lockdown wieder zu finden. Jegliche Freizeit- Aktivitäten beschränken sich derzeit auf Tageswanderungen ohne Einkehr und ohne Übernachtungsmöglichkeiten. So planen wir auch in der Heimat im Bergischen Rundwanderungen von einem Start/Ziel- Punkt und bauen den Hauptweg im Uhrzeigersinn in diese Runden ein.
Es ist ein trockener Tag, an dem lockere Schleierwolken der Sonne immer wieder Lücken bieten. Unser Auto haben wir erneut in Rönsahl abgestellt und nach einem kurzen Aufstieg durch Fichtenwald schließen wir an die 6. Etappe des Panoramasteigs an. In östlicher Richtung verläuft der Weg parallel mit dem Wupperweg entlang der Wipper im Wechsel durch Wald und Auen.
2013 haben wir dieses Wegstück von der Quelle der Wupper auf der 1. Etappe des Wupperwegs in Gegenrichtung passiert. Vom Quellgebiet im nahen Börlinghausen bei Marienheide entspringt das Flüsschen Wipper das sich ab Wipperführt dann Wupper nennen darf. Über die 125 Kilometer des Wupperwegs bis zur Mündung in den Rhein bei Leverkusen habe ich einen separaten Bericht eingestellt.
Der Panoramasteig umrundet den Wernscheid (400m) südlich von Rönsahl, um kurz vor dem Abstieg zur Lingese-Talsperre noch einmal an der Ostseite des Wernscheid an Höhe zu gewinnen. Wir durchlaufen den riesigen Kahlschlag eines ehemaligen Fichtenwalds. Überall sind die Stämme zum Abtransport aufgestapelt. Am Boden liegt die abgeschälte Rinde, die die Ursache der Katastrophe offenbart. Das ganze Gelände ähnelt einem Testgelände für den Leopard II.
Es sind die Spuren des Borkenkäfers, der den Fichtenbeständen des Landes so langsam den Garaus macht. Günstige Voraussetzungen bieten Klimaerwärmung und Trockenheit. Mit nur flachem Wurzelwerk kippt die Fichte auch bei Wind gerne schnell um. Das Gejammer über wegbrechende Renditen der schnell wachsenden Bestände ist jetzt groß. Schon vor 40 Jahren habe ich im Schulunterricht gelernt, dass Monokulturen eher kein gesundes Ökosystem hervorbringen.
Wir erreichen die Staumauer der Lingese-Talsperre. Wie wir der Tagespresse entnehmen konnten, sind die 14 Talsperren des Wupperverbandes, zu dem auch die Lingese-Talsperre gehört nur moderat gefüllt. Zunehmende Temperaturen und Trockenheit im Sommer und eher geringe Niederschläge im Herbst wirken sich auch auf die Wasserwirtschaft im Bergischen aus.
Der Weg führt uns über die Staumauer an das Südufer der Talsperre. Um den 400m hohen Moosberg zu umrunden beschreibt der Weg einen südlichen Bogen um die Erhebung, um dann wieder am östlichen Ausläufer des Sees an das Ufer zu gelangen. Hier endet an einer Wegkreuzung die 6. Etappe, wo wir den Panoramasteig zur Umrundung der Talsperre verlassen. Die tief im Südwesten stehende Sonne strahlt die Eichen die das Nordufer säumen mit ihrem warmen Licht an. Obwohl sich die meisten Blätter bereits am Boden befinden, erleben wir auch heute noch einmal den Farbenrausch des Spätherbstes.
So schlendern wir am trocken gefallenen Ufer des Sees entlang und treffen auf einen hier campierenden Angel- Profi, der sich auf die nächtliche Fisch- Jagd vorbereitet. „Die Karpfen beißen Nachts besser“- erfahren wir von dem jungen Mann.
Am Ufer finden wir an einigen Stellen große Muschelschalen verstreut, die offensichtlich von der heimischen Teichmuschel stammen. Wer die Reste seiner Mahlzeit wohl hier hinterlassen hat? Bis zur Staumauer gehen wir weiter am Ufer entlang um dort die Runde um den See zu schließen. Der Rückweg nach Rönsahl führt uns über einen nicht markierten, etwas zugewucherten Steig. Am großen Fichten- Kahlschlag vom Vormittag tangieren wir den Panoramasteig kurz, um dann die Erhebung des Wernscheid nördlich zurück nach Rönsahl zu umgehen. 14 Kilometer hat das GPS- Gerät aufgezeichnet als wir das Auto erreichen.
Der gelb getünchte Kirchturm der Kirche St. Servatius von Rönsahl leuchtet fast golden aus dem Wald. Mir entgeht nicht, dass der Turm der Kirche romanische Merkmale aufweist. Wir checken das und tatsächlich stammt der wuchtig wirkende Westturm von einer ehemaligen Kleinbasilika aus dem 13. Jahrhundert.
Leider pflegen wir, dem Corona Virus geschuldet derzeit kaum persönliche Kontakte mit unseren Freunden. Eine mögliche Impfung wird derzeit forciert an den Start gebracht, der Zulassungsprozess kappt dabei zeitlich alle Rekorde. Die Aussage der ersten klinischen Studie zeigt in 90% der Fälle einen günstigeren Verlauf gegenüber der Placebo- Gruppe. Das ist sicher vielversprechend und lässt hoffen, bei den vielen Fragen die noch zu klären sind. Am Abend müssen wir erneut Bilder von Superspreader- Events der „Querdenker“- Sekte ertragen, die von der Weisheit erleuchtet das Virus in die Welt trägt.
A.Korbmacher
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