Mitte Februar gehen wir die erste Etappe vom offiziellen Startpunkt am Wanderparkplatz Baldeney. Wir befinden uns im Süden meiner Heimatstadt Essen. Da ich nun schon seit 15 Jahren in Wuppertal lebe, war ich lange nicht mehr hier. Es ist ein sonniger Wintertag und es bietet sich bereits ein schöner Blick von der Terrasse des Ausflugslokals „Heimliche Liebe“ auf der Nordhöhe über dem Baldeneysee.
Es werden einige Erinnerungen an Kindheit und Jugend wach. Auf der benachbarten Rodelwiese fuhren wir als Kinder Schlitten – hier hinauf führte vom See auch meine Lieblings- Laufrunde, auf der ich Atem- und Pulsfrequenz nicht selten in den oberen Drehzahlbereich gebracht habe. Auch in den Ruinen der Neu-Isenburg hat man sich an lauen Sommerabenden mit Freunden getroffen. 1240 durch den Grafen von Isenberg erbaut, wurde die Burg in den Kriegereien des Mittelalters 1288 von den Grafen von der Mark eingenommen und zerstört.
Im benachbarten Kruppwald können wir Villa Hügel, den Wohnsitz der Industriellendynastie Krupp ausmachen. Alfred Krupp schuf seiner Familie mit der Fertigstellung der Villa Hügel 1873 ein mehr als repräsentatives Eigenheim auf dem „Hügel“ hoch über dem See. In 269 Räumen, mit einer Wohn- und Nutzfläche von 8100 Quadratmetern, wurde zur damaligen Zeit nur modernste Technik verbaut. Ein Besuch des Hügelparks und der Villa ist immer lohnend.
Vorbei am Ausflugslokal „Schwarze Lehne“ führt der Bergische Weg bald steil hinunter ans Seeufer. Schilder warnen vor dem Verlassen des Wegs, da die 1973 stillgelegte Zeche Carl Funke erhebliche Bergschäden unter dem Wald hinterlassen hat. Den Zechenturm hat man als Denkmal erhalten. Oft habe ich damals mit Freunden verbotenerweise das Zechengelände erkundet und die verlassenen Gebäude inspiziert.
Wir fanden hier in den verlassenen Hallen eine ideale Fotolocation. Ich erinnere mich aber auch noch an ein tiefes Loch, aus dem eiskalte Luft aus der Erde strömte. Vom Wachmann erwischt erhielten wir eine verständliche Warnung: „Wenn jemand da hinein stürzt, den findet keiner mehr!“-uns war spätestens danach klar, dass das Gelände hier durchaus Gefahren birgt.
Immer entlang des Uferwegs erreichen wir am Heisinger Bogen das Vogelschutzgebiet, in dem eine große Artenvielfalt von Wasservögeln am Ufer und in den Bäumen auszumachen ist. Über die alte Eisenbahnbrücke, die am Ostende des Sees über die Ruhr nach Kupferdreh führt, erreichen wir das Hardenbergufer.
Vorbei am Museumsbahnhof der historischen Hespertalbahn, und weiter entlang des Hardenbergufers führt der Weg entlang der Bahnstrecke bis zur Einmündung des Moosbachtals. Hier verlassen wir den See und erreichen stetig ansteigend das Hespertal. Bald nähern wir uns dann auch schon in der Nachmittagssonne dem Etappenziel im Langenhorster Wald bei Velbert.
Auf dem Bergischen Weg gehen wir die zweite Etappe erst Mitte Juni weiter. Nach der Anfahrt mit Bahn und Bus und dem Zuweg zur Weggabel im Langenhorster Forst, an dem wir zuletzt den Hauptweg verlassen haben ist es bereits Mittag. Die Temperatur kratzt an der 30 Grad- Marke und es ist sehr schwül.
Eigentlich ist das Etappenziel der zweiten Etappe Wülfrath, wir gehen heute aber nur bis Neviges. Zunächst geht es parallel zum Hespertal durch herrlichen Wald, der sich im weiteren Verlauf mit Agrarland und weitläufigen Getreidefeldern abwechselt.
Hinter den Hügeln erblicken wir die beiden Langenberger Sender. Etwas ärgerlich stellen sich die Kilometer entlang der Rottberger Straße dar, die einem Premiumwanderweg nicht gerecht werden. Nein- Wandern entlang einer belebten Landstraße, da ist den Wegeplanern entweder nichts besseres eingefallen, oder es gab tatsächlich keine andere Möglichkeit.
Irgendwann lassen wir den Motorenlärm links liegen und tauchen wieder in den Wechsel von Wäldern und Feldern ein. Immerhin sind es heute 16,5 Kilometer bis wir das Zentrum von Neviges erreichen.
1968 hat Neviges seinen Wallfahrtsdom erhalten. Die Betonkonstruktion bietet Raum für 6000 Menschen und ist nach dem Kölner Dom die zweitgrößte Kirche des Erzbistums. Auf dem Weg nach Hause ziehen die ersten Gewitter auf.
Anfang Juli komplettieren wir die zweite Etappe bis Wülfrath. Vom Bahnhof aus passieren wir den Ortskern von Neviges mit der evangelischen Pfarrkirche. Hübsche Fachwerkhäuser bilden einen Ring um den idyllischen Kirchplatz.
Am Vormittag ist es bereits erdrückend schwül, mit Temperaturen um 25 Grad und einer relativen Luftfeuchte von über 50%. Das treibt bereits am ersten bewaldeten Aufschwung in Neviges Schweißperlen auf die Stirn. Waldhimbeeren laden zum Naschen ein, an einem Hof steht ein Mirabellenbaum mit reifen Früchten.
Ein Stück entlang einer Landstraße passieren wir einen weiteren Hof, auf dessen Gelände sich nach unserer Karte die Düsselquelle befinden muss. Auf den Höhen von Oberdüssel fällt der Blick bereits auf die Hochhäuser am Eckbusch in Wuppertals Westen. Andere markante Punkte rund um Wuppertal, wie das „Attadöschen“ oder der Sendeturm am „Rigi-Kulm“ lassen sich ausmachen.
Neben zahlreichen Insekten tummeln sich viele Schmetterlinge in den blühenden Pflanzen entlang der Felder.
Nach Unterquerung der A535 nach Essen durchqueren wir weitere weitläufige Getreidefelder und erreichen am Nachmittag den Ortskern von Düssel, mit seiner historischen Wasserburg. Nach einem Stück Kuchen auf der Terrasse des Burgrestaurants ist es nicht mehr weit zum Bahnhof in Wülfrath- Aprath.
Die 3. Etappe gehen wir Mitte Juli an einem trockenen, schwül-warmen Sonntag an. Nach einem kurzen Zu-Weg vom Bahnhof treffen wir in Düssel auf unseren Bergischen Weg. Historische Fachwerkhäuser liegen am Weg und sind hier in Düssel, später in Schöller und im Dorf-Gruiten herausgeputzte Zeitzeugen des 18. Jahrhunderts. Über weite Felder haben wir hinter Düssel Blick auf die Halden, Gruben und Gebäude des Kalktagebaus bei Wülfrath.
Wir erreichen das malerische Dorf Schöller, dessen Ursprünge auf das 8.-9. Jahrhundert als kaiserliches Krongut zurückgehen. Das Kirchlein hier im Ort stammt aus dem 12. Jahrhundert. Zusammen mit dem Wohnturm und der hohen Mauer des ehemaligen Rittergutes macht Schöller einen wehrhaften Eindruck auf den Besucher.
Eine Figur, die als „Bergischer Schinderhannes“ bekannt wurde war der Räuber Kob Hannes vom Auer Baum, der die Reichen beklaute und (ab und an) den Armen gab. Nach seiner Ergreifung wurde er nackt und mit Honig beschmiert am Fenstergitter des Turms angekettet. Er erduldete sein Bienen-Martyrium, verpfiff niemanden seiner Kumpane und wurde 1806 gehenkt.
Von Schöller geht es wildromantisch ein Stück an der Düssel entlang und weiter über Felder Richtung Wuppertal- Vohwinkel. Eine Gedenktafel weist auf den Absturz eines Lancaster- Bombers der Royal Canadian Air Force am frühen Morgen des 23.Mai 1944 hin. 2 Besatzungsmitglieder überlebten und kehrten nach der Kriegsgefangenschaft nach Kanada heim.
Immer wieder begegnen wir Resten des Kalk- und Dolomitabbaus in Form von renaturierten Steinbrüchen. Ein solcher verlassener Steinbruch ist die „Grube 7“ , als eingezäuntes Rückzugsgebiet für viele Pflanzen und Tierarten. Aussichtspunkte erlauben einen Blick in den künstlichen Canyon.
Perlen bergischer Architektur finden wir dann im Dorf Gruiten mit seiner 1721 fertiggestellten evangelisch- reformierten Kirche. Auf dem benachbarten ehemaligen Predigt-, später Schulhaus befindet sich ein Spruch aus dem Jahre 1682. Der Kircherhof wurde bereits 1448 erwähnt und wurde noch vor dem Schulhaus als Versammlungsort der reformierten Gemeinde genutzt. Wir beenden die 3. Etappe bereits nach 21 Kilometern am Bahnhof von Gruiten.
Erst Anfang November finden wir uns wieder in Gruiten ein, um den Rest der 3. Etappe bis Gräfrath weiterzugehen. Der Tag beginnt eher verhangen und durch mehr oder weniger urbanisiertes Gelände, teilweise an Straßen entlang unterqueren wir die A46 bei Haan- Ost. Wir erreichen einen alten Prellbock, der den Verlauf der ehemaligen Korkenziehertrasse markiert. Es handelt es sich um eine 15 Kilometer lange Eisenbahntrasse von Solingen nach Wuppertal- Vohwinkel, die heute als Radweg genutzt werden kann.
Der Blick öffnet sich über die Felder bis nach Solingen. So langsam bricht die Sonne immer mehr durch die Wolken und zaubert uns am 1. November doch noch etwas goldenen Oktober in die Landschaft. Der Weg führt jetzt ein Stück durch den herbstlichen Wald, an einem Naturfreundehaus vorbei.
Am Mühlenbusch bei Gräfrath treffen wir auf ein wunderschönes Fleckchen Erde. Ein glitzernder Bach (die Itter) fließt durch sattgrüne Wiesen. Zwei Esel und eine Gruppe Schafe stehen auf einer, von alten ausladenden Bäumen gesäumten Koppel. Sattblauer Himmel kontrastiert mit den letzten bunten Blättern der Bäume.
Wir erreichen den historischen Ortskern von Gräfrath, das bereits 1135 urkundlich erwähnt wurde. Rund um den Marktplatz finden sich typische, bergische Fachwerkhäuser mit schwarzer Schieferverkleidung und grünen Fensterläden und die evangelische Kirche.
Über eine steile Kirchtreppe erreichen wir die ehemalige, katholische Damenstiftskirche vom Ende des 12. Jh. In dem ehemaligen Kloster befindet sich heute das Deutsche Klingenmuseum, an dem die 3. Etappe endet. Hier erfahren wir alles über die Klingen- und Schwerterindustrie, die Solingen seit dem 30- Jährigen Krieg zu Weltruhm geführt hat.
Die 4. Etappe beginnen wir schon wenige Tage später, gehen in Gräfrath durch einen Park mit einem Kriegerdenkmal und erreichen bald das Tiergehege Wildpark Fauna. Hier waren wir vor vielen Jahren mit unserer damals kleinen Tochter. Ich erinnere mich auch an den Wasserturm, der mit einer Glaskuppel versehen, ein extravagantes Zuhause für jemanden bietet. Es geht über Felder, bei herrlichem Herbstwetter passieren wir noch einen Pferdehof bis sich uns ein weitläufiges Panorama öffnet.
Der Blick reicht bis nach Küllenhahn mit Rigi Kulm und der Müllverbrennung. Auch unser heutiges Tagesziel Cronenberg, jenseits des tief eingeschnittenen Tals der Wupper können wir bald sehen.
Entlang des Flockertholzer- Bachs steigen wir hinab zur Wupper. Die Bäume haben sich bereits eines großen Teils ihrer Blätter entledigt. Das bunte Laub, das noch an den Bäumen hängt leuchtet hell in der tiefstehenden Herbstsonne. Neben der Wegmarkierung des Bergischen Wegs finden wir auch Markierungen des Wupperwegs, der bis nach Solingen Burg Berührungspunkte zum Bergischen Weg hat.
Es folgt ein Aufstieg entlang des Burgholz- Bachs durch das Waldgebiet Burgholz. Das Burgholz ist ein 540 Hektar großer, zusammenhängender Staatsforst, in dem man auf einer Fläche von 200 Hektar seit 1958 ein Arboteum aus 100 verschiedenen Baumarten aus 3 verschiedenen Kontinenten angepflanzt hat.
Der alte Baumbestand des Burgholz-Forsts hat uns bereits auf dem Wupperweg beeindruckt. Entlang des Stadtgebiets von Wuppertal- Cronenberg gelangen wir an einen Aussichtspunkt, von dem wir zum heutigen Startpunkt in Gräfrath zurückblicken können. Der „Adelenblick“ liegt auf dem Wahlertskopf zwischen Kaltenbachtal und Wupper und ist benannt nach Adele Böttinger (geb. Bayer). Der einstige Jugendstilpavillion fiel der Kriegsmaterialbeschaffung beider Weltkriege zum Opfer.
Entlang des Kaltenbachs gelangen wir an einige Staubecken des ehemaligen Friedrichshammers. Nur noch die Reste der historischen Sensenschmiede sind erkennbar. Seit 1600 ist das Privileg der Sensenschmiede in der „Sensenambacht“ geregelt.
Hinter der Schmiede kreuzen wir die Gleise der Museumsstraßenbahn, die ursprünglich auch für den Güterverkehr zwischen Kohlfurth und Kaltenbachtal angelegt war. Heute wird die Strecke nur noch für Museumsfahrten des Vereins Bergische Museumsbahnen genutzt. Am Naturfreundehaus vorbei lassen wir in Cronenberg unsere heutige Wanderung auf dem Bergischen Weg enden.
Erst Mitte Januar 2018 geht es wieder auf den Bergischen Weg. Es ist das erste Mal in diesem Jahr, das wir unseren Beinen mal wieder eine 14 Kilometer- Etappe gönnen. Im übrigen ist auch die Sonne ab Mittag an diesem milden Wintertag immer wieder präsent. Von Cronenberg geht es sehr bald in den Wald entlang des Rheinbachs.
An Resten der Frühindustrialisierung, an Stauteichen und einem Kotten entlang erreichen wir das Morsbachtal. Die Hofschaft Morsbach entstand aus einem alten Lehnshof und wurde im 14. Jahrhundert erstmals erwähnt. Von den ehemals 3 Hämmern aus dem 17. Jahrhundert war eine Anlage noch bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts in Betrieb.
Aus dem Morsbachtal führt der Weg steil aufwärts und auf der Höhe kommen wir an einer markanten, ausladenden Buche vorbei- es handelt sich um die Kollsbuche, ein Naturdenkmal, das der flächendeckenden Abrodung des Waldes 150 Jahre lang entgangen ist. Buchenholz war in früheren Zeiten ein äußerst begehrter Rohstoff. Auf einer Tafel erfahren wir, das bereits am Ende des 17. Jahrhunderts der massive Kahlschlag der Wälder die Region in große Schwierigkeiten brachte. Erosion und Überschwemmungen waren die Folge. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts begann man wieder mit der Aufforstung der Wälder.
Wir erreichen bekanntes Terrain am Müngstener Brückenpark. Parallel verläuft hier ein Stück der Wupperweg durch den Talgrund, auf dem wir ja 2016 unterwegs waren. Der Bergische Weg schickt uns jedoch wieder auf Höhe. Diesmal unterqueren wir die Müngstener Brücke weit oben, unter ihrem Brückenkopf. Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke überspannt den Talgrund in einer Höhe von mehr als 100 Metern auf einer Strecke von 465m.
Am 22. März 1897, dem 100. Geburtstag Kaiser Wilhelm I. wurde die letzte der 950000 Nieten eingeschlagen. Die Brücke verbindet seitdem Solingen mit Remscheid. Aufwändige Sanierungsarbeiten sollen dieses wichtige historische Technik- Wunder des 19. Jahrhunderts erhalten. Ein Eintrag bei der UNESCO ist beantragt.
Die späte Nachmittagssonne bringt die Stahlkonstruktion zum Leuchten. Der ideale Aussichtsplatz hoch über der Wupper ist ein alter Pavillon, der den Blick in direkter Linie auf den Brückenpark öffnet. Gute 4 Kilometer laufen wir nun noch bis zum Etappenziel Solingen Burg. Bei schwindendem Tageslicht erkennen wir schon bald Schloss Burg, den mittelalterlichen Sitz der Grafen und Herzöge von Berg.
Anfang Februar ist es die 5. Etappe auf dem Bergischen Weg, die wir mit dem Besuch eines der traditionellen Cafés einläuten. Aufgewärmt und gestärkt von Kaffee und Kuchen starten wir erst gegen 13 Uhr von Solingen- Burg. Der Weg unterquert den alten Sessellift zur Burg und beginnt dann mit dem ersten steilen Anstieg hinauf in den Wald des Naturparks Bergisches Land.
Wir haben heute bis Burscheid über 18 Kilometer ein knackiges Höhenprofil abzuarbeiten, bei dem es mehrfach um etwa 100 Höhenmeter auf und ab geht. Rasch lassen wir Solingen- Burg hinter uns. Hinter den Höhen erkennen wir auch die Skyline von Remscheid mit dem markanten Rathausturm. Der erste Abstieg führt uns an die Staumauer der Sengbach- Talsperre, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts Solingen mit Trinkwasser versorgt.
Derzeit ist der Wegverlauf über die Wupperbrücke in Strohn gesperrt, so das wir auf der linken Wupperseite bleiben müssen. Wieder steigt der Weg kühn und ausgesetzt in die steilen Hänge und Abbrüche hoch über der Wupper. Es ist knapp über Null Grad und der Weg ist matschig und rutschig- ein Fehltritt an der falschen Stelle wäre nicht wirklich ratsam. Tief im Tal an der Wupper sehen wir den idyllisch gelegenen Balkhauser Kotten. In dem historischen Fachwerkgebäude mit Wasserrad befindet sich ein sehenswertes Schleifermuseum, das wir im vorletzten Jahr bereits auf dem Wupperweg besucht haben.
Bald blicken wir auf den ebenfalls malerisch im Tal gelegenen Weiler Balkhausen hinunter. Aus den Seitentälern plätschern immer wieder Bäche durch den Wald hinunter zur Wupper. Wupperhof ist ein weiterer hübscher Ort, den wir unter uns liegend passieren.
Am „Rüdenstein“ treffen wir auf ein Denkmal für einen Jagdhund. Im Jahre 1424 ereignete sich hier bei der Hirschhatz ein Jagdunfall. Der Jagdhund soll der Sage nach dem schwer verletzten Herzog Robert I. von Berg das Leben gerettet haben. Durch das beharrliche Verhalten des Hundes wurde dem Verletzten Hilfe zuteil. Das Denkmal wurde in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgestellt.
Das Tageslicht beginnt langsam zu schwinden und wir bemühen uns nun möglichst rasch Richtung Diepental vorzudringen. In der blauen Stunde treffen wir auf Rehe und auch ein kapitaler Hase ergreift die Flucht. Auf der Höhe bietet sich ein großartiger Blick auf Leverkusen und Köln. Auch der Dom sticht aus dem Lichtermeer des Ballungsraums hervor.
Die Diepentalsperre erreichen wir in der Dunkelheit, so das eine Umrundung keinen Sinn mehr macht. Das damit leicht gekürzte Stück bis zum abgestellten Auto in Burscheid- Linde gehen wir bis zum Erreichen urbanen Gebiets noch mit Stirnlampe.
Es ist immer noch recht winterlich, als wir uns Mitte März aufmachen, die 5. Etappe von Burscheid bis Altenberg zu Ende zu bringen. Es braucht etwas Zeit und ein paar Euronen um vom abgestellten Auto am Etappenende mit dem Taxi zum Start nach Burscheid zu kommen. Die Busverbindung wäre recht aufwendig gewesen. So geht es dann an schönen alten Fachwerkhäusern vorbei, auf die heute nur 10 Kilometer lange Etappe nach Altenberg.
Von der Höhe fällt der Blick nach Westen auf Köln und Leverkusen. Mittendrin grüßt wieder der alles überragende Doppelturm des Kölner Doms. Wir steigen ab zum Weiler Dürscheid und erreichen entlang des Wiembachs die Lambertsmühle. Die 1766 nach einem Brand wiederaufgebaute Mühle hat ihre Ursprünge im 12.Jahrhundert. Die ehemalige Mühlenbäckerei versorgte mit dem Pferdefuhrwerk 28 Ortschaften rund um Burscheid mit Brot. Ein kleines Museum gibt es auch an diesem idyllischen Ort.
Weniger idyllisch, aber eindrucksvoll ist die Unterquerung der Autobahn A1. Ein älteres Viadukt aus Bruchstein trägt zusammen mit einer Beton- Pfeilerbrücke die heute sechsspurig ausgebaute Verkehrsader hoch über dem Talgrund. Am Gut Landscheid vorbei, in dessen historischem Gebäude ein schickes Restaurant untergebracht ist, geht es weiter Richtung Altenberg. Am Nachmittag behauptet sich die Sonne mehr und mehr und wir verweilen etwas an einem Feldrand. Ein schönes Gefühl an einem solch kalten Tag die Sonne auf der Haut zu spüren.
Der nächste Abstieg führt uns in das Tal der Dhünn, an deren Ufern sich die Wiege des Bergischen Landes befindet. 1133 gründeten Zisterziensermönche hier das erste Kloster. 1259-1397 schufen die Mönche eine der schönsten und bedeutendsten Kirchen Deutschlands- den Altenberger Dom. Aus dem Jahr 1225 stammt die kleine Marcuskapelle als heute ältestes Gebäude Altenbergs. Die Dhünn fließt in ihrem weiteren Lauf bei Leverkusen in die Wupper, kurz bevor diese den Rhein erreicht.
Auf der Heimfahrt kehren wir bei Wermelskirchen zum Abendessen noch in eine historische Getreidemühle mit Restaurant ein. In dem alten Fachwerk, mit seinen knarrenden Dielen und einer musealen Einrichtung wird uns am Kaminfeuer ein köstliches Mahl serviert.
Mitte April überrascht uns das Wetter mit ungewöhnlich sommerlichen Temperaturen, die schon seit 2 Wochen an der 30 Grad- Marke kratzen. Die Etappe 6 teilen wir auf und suchen uns als heutiges Tagesziel eine Bushaltestelle in der Ortschaft Altehufe im Kreis Bergisch Gladbach aus.
Die etwa 10 Kilometer beginnen am Altenberger Dom, an dem sich bereits einige Wanderer, Ausflügler und Gottesdienstbesucher eingefunden haben. Wir verlassen den Dom in östlicher Richtung und tauchen bald in den Wald des Pfengstbachtales ein. Wir passieren einige Fischteiche, die hier von den Mönchen im 13. Jahrhundert nach dem Ordensprinzip der Selbstversorgung angelegt wurden. Wie immer trifft man wenig entfernt von den einschlägigen Wanderparkplätzen auf dem Weg nur noch wenige Menschen.
In den letzten 2 Wochen ist die Vegetation förmlich explodiert. Im Streiflicht des Waldes erkennt man die unfassbare Dichte der winzigen Pollen in der Luft, die Allergikern derzeit so sehr zu schaffen machen. Es ist ansonsten ein idealer Wandertag mit etwas kühlem Wind im Wald. Beim Verlassen des Waldes brennt die Sonne allerdings ganz ordentlich und es rinnt der eine oder andere Tropfen von der Stirn. Obstbäume und japanische Zierkirschen sind bereit zum Hanami (jap. Betrachten der Blüten).
Hinter Scheuren halten wir an einem Wegkreuz unter einem Baum eine Weile inne. Bei unserer Brotzeit sind wir von der Schönheit des Bergischen Landes zu dieser Jahreszeit überwältigt. Die Wolkenentwicklung Richtung Rhein deckt sich mit der Wetterprognose am Nachmittag. Wir gehen deshalb bald weiter um das abgestellte Auto in Altehufe zu erreichen.
Mit dem Auto besuchen wir ganz in der Nähe die Quelle der Strunde, einem weiteren bergischen Fluß, der im Zeitalter der Frühindustrialisierung bis zu 50 Mühlen auf seinem Weg Richtung Rhein antrieb. Auf der Heimfahrt hat sich der Himmel über Köln bereits in düstere Gewitterstimmung gehüllt. Kurz und knackig erwischt es am Nachmittag mit Hagelschauern auch Wuppertal.
Mitte Mai ist es Christi Himmelfahrt, besser bekannt als Vatertag, als wir von Altehufe aus die 6. Etappe nach Bensberg komplettieren. Das Wetter zeigt sich heute inmitten einer sonnigen Arbeitswoche sehr bewölkt, mit möglichen Niederschlägen. Den traditionellen Vatertags- Ausflug zelebriert man auch hier in Altehufe mit Bollerwagen und hoch erhobenen Bierflaschen. Auf dem heutigen Weg treffen wir immer wieder auf entsprechend gut gelaunte Grüppchen auf dem Fahrrad oder halt zu Fuß.
In südlicher Richtung erreichen wir bald die Ortschaft Herrenstrunden. Hier haben wir ja zuletzt die Strunde- Quelle besucht. Aus dem 13. Jahrhundert stammt der Rittersitz Burg Zweifel und die Malteserkomturei. 1350 wurde mit dem Bau des ersten Kirchengebäudes begonnen. 1728 gab es einen Neubau der Maltesermühle, die sich hier seit 1329 an der Strunde befindet. Für den Abend haben wir einen Tisch in einem vielversprechenden Restaurant in Herrenstrunden reserviert. Für uns geht es aber erst mal weiter Richtung Bensberg.
Wir passieren Gut Schiff, ein historisches Landgut, an dessen Stelle seit dem 16.Jh. eine Ölmühle und später seit 1761 Pulvermühlen betrieben wurden. Erst 1910 wurde hier die Pulverfabrikation eingestellt. In sanftem Auf und Ab über die Höhen können wir im Wolkendunst immer mal wieder Blicke auf Leverkusen und Köln erhaschen.
Vor Bensberg erstreckt sich das Waldgebiet der Hardt, in dem das letzte Sturmtief massive Schäden hinterlassen hat. Wir treffen auf eine Hinweistafel, die uns über den Blei- und Zinkerz- Bergbau auf der Hardt (1847-1893) informiert. 13 Grubenfelder auf der Hardt wurden zur Consolidierten Grube Blücher zusammengefasst. Aus der Grube tritt durch oxydiertes Eisen braun gefärbtes Wasser zu Tage. Neben Blei und Zink befinden sich in den Abraumhalden und im Boden einige toxische Stoffe wie Arsen, Cadmium und Quecksilber.
Nach der französischen Revolution ist Europa von 1792-1815 immer wieder Schauplatz erbitterter Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und den anti-revolutionären Koalitionen Preußen und Österreich. 3000 österreichische und preußische Soldaten wurden auf der Hardt in Massengräbern beigesetzt. Viele Verwundete starben im Militär- Hospital im Bensberger Schloss. Wegen einer Typhusepidemie wurden die Toten in die Wälder der Hardt verbracht. Das hier im Wald stehende Ehrenmal wurde 1854 durch Kaiser Franz Josef von Österreich eingeweiht.
Wenig später passieren wir die Gedenkstätte für die französische Soldaten der Grande Armee. 1795 fällt Bensberg und somit auch das Militärhospital an Frankreich. 1813 kehrt die Armee Napoleons geschlagen aus Russland zurück. Die Versorgung der Verwundeten und kranken Soldaten führt erneut zum Ausbruch einer Typhusepidemie. Ein Eisenkreuz erinnert an das Schicksal von 4000 Franzosen, die hier im Sandboden der Hardt liegen.
Wir erreichen Bensberg mit seinem prachtvollen kurfürstlichen Schloss auf der Bärenkuppe nördlich der alten Burg. Die alte Burg ist heute in den Rathausneubau integriert, den der Architekt des Nevigeser Mariendoms Gottfried Böhm für Bensberg geschaffen hat. Der aufragende Turm des Neubaus wurde von den Anwohnern schon bald als „Affenfelsen“ bezeichnet. Einige hübsche Fachwerkhäuser blieben am Burggraben erhalten. Das älteste Haus von 1500 beherbergt ein kleines Technikmuseum.
Wir haben noch etwas Zeit bis zum Abendessen und besuchen die Papiermühle Alte Dombach in Bergisch Gladbach. In der im Grünen liegenden historischen Anlage mit der alten Papiermühle erfährt man alles über die Papierherstellung. Jeder Besucher kann sich in der Technik des Papierschöpfens versuchen. Die PM4 (Papiermaschine 4) ist ein hier ausgestelltes Technikmonstrum, das seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Neuzeit zur Massenproduktion von Papier in der Bergisch Gladbacher- Papierindustrie eingesetzt wurde.
Unser Abend in dem kleinen Restaurant in Herrenstrunden rundet den Vatertag im Bergischen wunderbar ab. Die „Dröppelminna“ ist in einem kleinen Fachwerkhaus untergebracht. Die gelungene Symbiose von einfacher Bergischer Tradition und ambitionierter Küche gefällt uns sehr. Der Patron ist gebürtiger Elsässer mit interessanter gastronomischer Vita. Das ausgewogene Menü, mit vielen saisonalen Produkten auf hohem Niveau zubereitet, überzeugt uns an diesem Abend. Vater durfte auch den Elsässer Riesling verkosten und sich von Mutter zufrieden nach Hause kutschieren lassen 🙂
Arnd Korbmacher
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