Bis August 2015 haben wir etwa die Hälfte der insgesamt 365 km von der französischen Grenze bis Koblenz hinter uns gelassen.
Hier also der Bericht der ersten 12 Etappen bis Ürzig :
Moselsteig 2014/2015 Teil 1
Nach dem herbstlichen Abschluß des Rheinsteigs fällt Mitte November 2014 der Startschuß für den Moselsteig, der dem Mosellauf auf einer Strecke von 365 Kilometern von der französischen Grenze bis zur Mündung in den Rhein in Koblenz folgt. Perl heißt die Ansiedlung im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Luxemburg, von wo aus wir bei naßkaltem Novemberwetter losgehen. Bedrohlich wirken die nach Westen abdriftenden Wasserdampfsäulen der 4 Kühltürme des Kernkraftwerks Cattenom bei Thionville. Französische Kernkraftwerke sind bestimmt viel sicherer als japanische und Erdbeben in der nahen Eifel machen auch nicht so viel kaputt wie die in Fukushima- wollen wir hoffen.
Wir duchlaufen weitläufige Waldgebiete oberhalb der Weinberge. Obwohl es von oben trocken bleibt ist der Waldboden aufgeweicht und so wird der eine oder andere Steilhang zur Schlitterpartie. Nur noch wenige bunte Blätter hängen an den Bäumen. Nach einer Übernachtung in Palzem führt uns die zweite Etappe nach Nittel. Seltsame Pilze wachsen bei diesem naßkalten Wetter im Wald.
Zwischendurch zeigt sich auch mal die Sonne und zaubert satte Farben in die Landschaft. Auf der heutigen Etappe haben wir immer wieder Sicht auf die Mosel. Durch die abgeernteten Weinberge steigen wir ab nach Nittel und kaufen beim Winzer noch ein paar Flaschen Elbling für zu Hause.
Mitte Januar 2015 haben wir uns wieder mit unseren Freunden Monika und Bernhard verabredet, die nun seit der ersten Etappe mit am Start sind und uns auch auf dem Rheinsteig sporadisch begleitet haben. Das ungemütliche Wetter der vorrausgegangenen Woche hat auch diesmal den Boden stark aufgeweicht und so ist das Gehen in der Matsche teilweise äußerst beschwerlich. Für das Wochenende ist es heiter bis wolkig gemeldet und so laufen wir von Nittel aus über den leicht exponierten Felsenweg hinauf und haben bald einen schönen Blick auf das Moseltal. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wärmt die tiefstehende Sonne nur wenig und taucht die Weinberge in ein diffuses, ganz spezielles Licht.
Über weite Felder führt der Weg an freistehenden Bäumen vorbei in denen die kugelig wachsenden Misteln ihre weißen Früchte tragen. Weinbauern bringen ihre Weinberge in Ordnung und binden die stehen gelassenen Triebe für den kommenden Jahrgang. Vor dem Abstieg nach Konz können wir von einer alten Kapelle bereits den Mosellauf bis Trier einsehen.
Nach einer Zwischenübernachtung in Konz ist Trier das Etappenziel der vierten Etappe. In Konz befindet sich die Saarmündung. Auch auf dieser Etappe, die auf die linke Moselseite quert zeigt sich auf unserem Weg durch Wälder und über Felder immer wieder die Sonne . Ein weitläufiger Blick auf die Stadt Trier bietet sich von der Mariensäule hoch über der Stadt. Angekommen in Trier summieren sich an diesem Wochende 43,5 km mit etwa 1270 auf- und abgestiegenen Höhenmetern.
Ende Februar ist es die fünfte Etappe, die von Trier nach Schweich führt. Glücklich sind wir nicht wirklich, das wir bereits am Anfang der anstehenden 17 km die Regenjacken aus den Rucksäcken ziehen müssen. An den ersten Aussichtspunkten oberhalb von Trier läßt der Regen allerdings bald merklich nach. Umso mehr steigt die Stimmung als sich dann auf den Höhen auch immer mal wieder die Sonne zeigt.
Den sonnigen Sonntag haben wir für das mehr als 2000 Jahre alte Augusta Treverorum vorgesehen . So nannte sich die im 3.Jh. gegründete Stadt Trier zur Zeit der Römer. An diesem Wochenende ist mein elfjähriges Patenkind Richard mit dabei und ein Besuch der zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Römerstadt geplant.
Kaiserthermen, Amphitheater, Porta Nigra und die Konstantinbasilika sind nur einige stille Zeugen, die an die Zeit der Römer an der Mosel erinnern. Die historische Innenstadt und der prachtvolle Dom sind absolut einen Besuch wert.
Ende April beginnen wir Etappe 6 und 7 am Bahnhof Schweich. Nach einer prachtvollen, warmen Frühlingswoche gehen wir auch an diesem Wochenende bei regnerischem Wetter los . In einer warmen Bäckerei lockt noch ein zweites Frühstück bis wir dann endgültig den Ort verlassen. Durch eine dunkle Unterführung gelangen wir unter der A1 hindurch an die Weinberge, durch die es dann stetig bergauf geht.
Auf den feuchten Wegen tummeln sich unzählige Weinbergschnecken, die unseren Weg kreuzen. Auf über 400m am Mehringer Berg geraten wir mitten in eine große Schafherde mit ihren Osterlämmern.
Über die Höhen mit blühenden Obstbäumen führt uns der Moselsteig oberhalb am Ort Mehring entlang, um uns dann in einer Kehrtwende steil hinab in die Mehringer Weinberge zu führen. Mit einer Kulisse von dunklen Wolken scheint die Sonne auf uns herab. Die Weinstöcke mit ihren ersten zarten Trieben stehen auf einem riesigen Teppich aus Löwenzahn nebst Pusteblumen. Nach einem guten Essen in einem empfehlenswerten Metzgerei- Gasthof sinken alle zufrieden aufs Nachtlager.
Nach einem guten Frühstück wenden wir uns der 7. Etappe nach Leiwen zu. Das Wetter ist trocken und der Moselsteig wechselt die Flußseite um uns dann scheinbar zurück in die falsche Richtung zu schicken. Wieder queren wir mit Blick auf Mehring in einem großen Bogen zum Aufstieg auf das Kumer Knüppchen. Hier geht es 200 Höhenmeter zum Teil drahtseilversichert durch Felsen hinauf zu einem Aussichtspunkt von dem wir die gestrige Etappe überblicken können.
Durch die Mehringer Schweiz führt der Weg dann durch Nadel- und Buchenwälder zu einem auf über 400m gelegenen Aussichtspunkt. Von einem Aussichtsturm kann man den 5 Seenblick genießen. Die 5 Seen entsprechen dabei dem zwischen den Weinbergen sichtbaren Moselverlauf.
Bei herrlichem Sonnenschein erreichen wir den Weinort Leiwen. Unser Auto haben wir am Vortag hier geparkt, obwohl auf allen Parkplätzen eine maximale Parkzeit von 3 Stunden deklariert war. Ein junger Mann hat uns allerdings mit den Worten beruhigt : “ Das interessiert hier keine Sau“- hat es tatsächlich nicht. So trinken wir noch einen Kaffee in der Nachmittagssonne in der Straußwirtschaft am Kurtrierer Hof, einem Hofgut von 1610.
Anfang Juni haben wir uns ein Wochenende mit Temperaturen über 30 Grad ausgesucht und gehen von Leiwen weiter über die Etappe 8 nach Neumagen- Drohn. Ab Mittag gibt die Sonne alles und wohl dem, der genügend Wasser mitführt. Mittlerweile sind die Weinberge grün, die Fruchtstände der Rebstöcke treiben aus und auch an den Obstbäumen sind die Früchte bereits ausgebildet.
Unser Hotel erreichen wir in dem alten Weinort Neumagen- Drohn. Der seltsame Ortsname geht auf die römische Ansiedlung Novimagus Treverorum zurück, die von den Germanen 275n.Chr. zerstört wurde. Die Mauerreste des im 4. Jh. errichteten Römercastells sind noch zu sehen. Der Tag endet auf der Terrasse des Hotels beim Abendessen mit Blick auf die Mosel.
Aber selbst ein so perfekter Abend kann durch lautstarkes Gedudel aus der Spielkonsole des Sprösslings am Nebentisch getrübt werden . Der Vater höchstselbst verwehrt uns als „ebenfalls zahlender Gast“ die Bitte um Rücksichtnahme – verweist noch ergänzend auf die lange genug anhaltende Besatzung seines Landes (wohl Belgien) durch die Deutschen. Hallo?! – der Typ ist doch noch jünger als ich !- aber geschenkt, wir drehen noch eine Runde durch den Ort und besuchen die alte Kirche vor dem Schlafengehen .
Nach einem guten Frühstück erwartet uns ein 300m Aufstieg auf die Höhe. Einen fantastischen Ausblick gibt es dann vom Startplatz der Drachenflieger, denen wir eine Weile zuschauen. Über eine kurze Startrampe schwingen sich die Piloten hoch über der Mosel in die Luft und lassen sich von der heute sicherlich guten Thermik davontragen.
Die Mosel mäandert nun in ihrem Verlauf mehr und mehr, so gibt es immer wieder herrliche Tief- und Fernblicke auf den Fluß. Eine bei diesen Temperaturen herrliche Erfrischung gibt uns am Ende der Etappe 9 eine idyllische Kneipp- Anlage. Das eisenhaltige kohlensäurehaltige Wasser des benachbarten römischen Sauerbrunnens ist trinkbar. Die Etappe endet oberhalb des Ortes Kesten in der Ansiedlung Osann- Monzel.
Ende August prophezeit uns der Wetterbericht wieder Temperaturen an die dreißig Grad. Mit genügend Wasserflaschen im Rucksack laufen wir los durch die dunkelgrünen Weinberge in denen sich die Reben bereits prächtig entwickeln.
Die Weinberge speichern die Wärme in ihrem Schieferboden und so rinnt uns heute so mancher Schweißtropfen über das Gesicht. Entlohnt werden wir bei einer ausgedehnten Mittagsrast hoch über der Mosel mit einem weitläufigem Blick über den Fluß bis tief in die Eifel.
Der Abstieg in das historische Städtchen Bernkastel- Kues beginnt an der Burgruine Landshut. Erst nach dem Abendessen durchstreifen wir die romantischen Gassen der Altstadt, die sich vom Tagestourismus weitgehend geleert haben. Mit einem Glas Riesling in einer der Weinstuben lassen wir den Tag ausklingen.
Bereits früh machen wir uns am folgenden Tag auf den Weg mit dem Etappenziel Ürzig. Gestern wie auch heute wechseln wir die Flußseite , was dann entsprechende Anstiege auf die Eifeler- oder Hunsrücker- Seite erfordert. So sind allein heute auf den 17,5 Kilometern etwa 600 Höhenmeter an An- und Abstiegen zu absolvieren. Auf den letzten Kilometern nach Ürzig wächst seit 2010 das nicht ganz unumstrittene Bauwerk der Hochmoselbrücke aus der Landschaft, deren Pfeiler bereits mit bis zu 150 m aus dem Talboden aufragen.
Mit hochmoderner Technik wird im Taktschiebeverfahren die vierspurige Trasse der B90 in einer Länge von 1700 Metern vom Hunsrück aus über die Gleitlager der Brückenpfeiler Richtung Eifel vorgeschoben- letztlich werden so in naher Zukunft 25000 Tonnen Stahl über das Moseltal gespannt- krass ! Noch vor den abendlichen Wolkenbrüchen erreichen wir in Ürzig unser dort abgestelltes Auto. Damit haben wir von den anliegenden 360 Kilometer Gehstrecke ungefähr die Hälfte der Gehstrecke hinter uns gelassen.
A. Korbmacher
©Copyright 2015