Traumpfad- Höhlen- und Schluchtensteig Kell
Durch einen Nachtdienst am Freitag ist das Wochenende Mitte September durch die Notwendigkeit des Ausschlafens stark verkürzt. Wir haben uns trotzdem eine Wanderung aus dem Angebot der Traumpfade ausgesucht. Nachmittags erreichen wir über die A61 unsere Zielregion bei Mendig ausreichend früh, um bei dem Hammer- Wetter dieses Wochenendes noch einen kleinen Spaziergang an der Südseite des Laacher Sees zu unternehmen.
Im Westen hat sich die Sonne schon weit dem Horizont angenähert und lässt die Landschaft erstrahlen. Fast rötlich leuchtet eine Horde Rindviecher auf ihrer Weide. Vor uns erstrahlt der blaue See, der so friedlich daliegt. Das Ufer hat einen Umfang von 7,3 Kilometer und begrenzt das Innere der Caldera eines immer noch aktiven Vulkans. Um 10930 v.Chr. gab es an dieser Stelle eine gigantische Explosion. Riesige Mengen Vulkanasche und Bims bedeckten die Landschaft bis zu 7 Meter hoch bis hinunter ins Rheintal. An der Rheinenge bei Andernach verstopfte das vulkanische Material den Durchfluss des Rheins und staute einen See im Neuwieder Becken auf. Der nachfolgende Dammbruch führte zu weitreichender Überflutung des Niederrheins. Auch die Klimaanomalie der jüngeren Dyas- Kaltzeit wird dem schwefelreichen Ausbruch des Laacher Vulkans zugeschrieben.
Auf dem Vulkanexplosionsindex von 0-8 erreichte der hiesige Vulkan eine 6, was einer 1,5 fachen Stärke des Pinatubo- Ausbruchs 1991 und einer 6 fachen Stärke des Mt. St.Helens- Ausbruchs 1980 entspricht. Bis nach Schweden und nach Norditalien sind Ascheablagerungen des Ereignisses zu finden. Der Laacher Vulkan ist kein Maar, denn die Explosion wurde primär nicht durch Wasserkontakt hervorgerufen wie bei den Maaren. Hier hat sich der See erst nach dem Zusammensinken der Magmablase mit Wasser gefüllt, was ihn zur größten wassergefüllten Caldera Europas macht.
Aus unseren letzten Besuchen der Vulkaneifel ist mir längst klar geworden, dass wir uns hier in einem geologisch äußerst interessantem Gebiet befinden. Hochspannend finde ich die Tatsache, dass nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ein erneutes Anwachsen der Magmablase zu verzeichnen ist. In der gesamten Osteifel kam es in den letzten 450000 Jahren durchschnittlich alle 5 bis 10 Tausend Jahre zu einer Vulkaneruption. Ein erneuter Ausbruch in der Idylle vor der wir stehen gilt als wahrscheinlich. Ich lasse meine Drohne noch aufsteigen um mir einen Überblick aus der Luft zu verschaffen.
Seit 900 Jahren liegt am Südwestufer des Sees die Benediktinerabtei Maria Laach. Die sechstürmige Klosterkirche ist eine gewölbte Pfeilerbasilika mit einem prachtvollen Westportal, dem sogenannten Paradies. Sie gilt als eines der schönsten Baudenkmäler der romanischen Baukunst aus der Salierzeit in Deutschland. Von unserem Standpunkt können wir die Basilika sehen, die im Gegenlicht fast mystisch wirkt.
In einem Hotel in Nickenich verbringen wir die Nacht. Den Abend lassen wir an einem der Tische im Aussenbereich des Hotels ausklingen. Direkt gegenüber befand sich ein Rittersitz mit einer Burg, zu deren Überresten noch ein Burgtor aus dem Jahr 1677 gehört. Wir sind an diesem schönen Spätsommerabend immer wieder Opfer von unsinnigem Verkehrslärm, denn wir sitzen direkt an der Ortsdurchfahrt von Nickenich beim Vulkan- Bier, einer lokalen Brauspezialität.
Überall in Deutschland protestieren Motorradfahrer gegen geplante Fahrverbote an Wochenenden auf bestimmten Strecken. Ich kann das an diesem Abend selbst als Motorradfahrer durchaus verstehen. Diese Verbots- Androhung richtet sich allerdings nur gegen Motorradfahrer- das verstehe ich nicht.
Autofahrer mit PS- strotzenden Motoren basteln sich zur Selbstbefriedigung ähnliche Radau- Tröten an ihre Boliden, was wir an diesem Abend ebenso zur Kenntnis nehmen. Das ganze findet ja auch noch legalen Boden durch Einflussnahme der KFZ- Lobby auf eine be-Scheuer-te Verkehrs- Politik. Nicht Fahrverbote sind die Lösung, sondern Sound- Enthusiasten diese Krach- Spielzeuge einfach per Gesetz weg zu nehmen könnte helfen. Ein gutes Bespiel ist das Rauchverbot im öffentlichen Bereich. Es hat Jahrzehnte gedauert bis der letzte gerafft hat, das nicht die Nichtraucher ihren Zeitgenossen erheblich auf den Geist gehen.
Nach einer ruhigen Nacht im hinteren Teil des Hotels und einem gutem Frühstück wenden wir uns am Sonntag unserer Wanderung zu. Vom Parkplatz Bergwege bei Wassenach beginnen wir unsere Rundwanderung mit dem Titel Höhlen- und Schluchtenweg Kell in östliche Richtung. Die 14,3 Kilometer lange Runde liegt nordöstlich des Laacher Sees und bereits auf den ersten Kilometern über Streuobstwiesen und Felder werden wir wiederholt aufgehalten.
Die Äpfel sind reif, an einem Walnussbaum platzen die Früchte bereits aus ihren grünen Hüllen und ganz besonders die prallreifen Schlehen laden uns noch einmal zum Pflücken ein. Am bewaldeten Krayerbach entlang gelangen wir in nördlicher Richtung zur Krayermühle. Nach Querung der Bundesstraße führt uns der Weg nun moderat durch den Talgrund entlang des Pönterbachs. Über eine kleine Brücke überqueren wir den Bach und steigen nun gute 100 Höhenmeter in den bewaldeten Hang auf. Entlang der Hangkante kommen wir an einer Schiessanlage vorbei.
Nachdem sich der Weg weiter entlang der Hangkante zum nördlichsten Punkt unserer Wanderung orientiert erreichen wir den Schweppenburgblick. Die oberhalb des Brohltals gelegene Schweppenburg ist eine Burg aus dem 14. Jahrhundert, die ihre heutige Gestalt im 17. Jahrhundert erhielt. Es folgen Heimatblick und Schöne Aussicht, von wo man das gesamte Brohltal bis zum Rhein überblicken kann. Unter uns liegt die Strecke des Vulkanexpress, die von Brohl am Rhein in das Brohltal hinaufführt. Auch unter Dampf wird die Strecke durch die Tunnels und über die Viadukte heute noch befahren.
Von der schönen Aussicht geht es nun steil durch Eichenwald 150 Höhenmeter ins Brohltal hinab. An einem Ensemble aus Eisenbahnviadukt und einem hübschen Jägerheim vorbei erreichen wir die Trasswände mit den Trasshöhlen. Auch die Eisenbahn hat hier ein Portal an einer solchen Trasswand.
Trass bezeichnet ein Material, das schon die Römer kannten und zum Hausbau verwendeten. Es ist ein Gemisch aus Asche und Lavapartikeln, mit denen die Täler der Region beim Ausbruch des Laacher Vulkans vor 13000 Jahren bis zu 60 Meter hoch aufgefüllt wurden. Trass bedeutet auch soviel wie Leim oder Kleber. Unter Zugabe von Wasser und Kalk härtet das Material sogar unter Wasser aus, ist also ideal zum Bau von Hafen- und Deichanlagen. Der Abbau des Materials im Brohltal wurde aufgegeben, die Hinterlassenschaft sind die Trasshöhlen, durch die uns der Traumpfad hindurchführt.
Die Wegrichtung hat nun Südkurs eingeschlagen und ein Stück entlang der Straße erreichen wir Tönisstein. Rund um das Brohltal sind Kohlensäurequellen so zahlreich wie kaum in einer anderen Gegend Mitteleuropas. Bereits die Römer wussten die Tönissteiner Heilquellen zu schätzen. Die ehemalige Kurklinik ist heute ein Senioren- Domizil. Erhalten ist noch das Eingangsportal mit dem Wappen der Kölner Kurfürsten und der barocke Brunnentempel mit der Angelikaquelle. Auf dem Gelände machen wir unsere Mittagspause mit mitgebrachtem Mineralwasser aus der PET- Flasche.
Ein geologischer Aufschluss hinter dem Gebäude zeigt noch einmal sehr schön die erdgeschichtlich junge Trass- Schicht auf den 360 Millionen Jahre alten Schiefer- Sedimenten. An der Basis sind Bimsstein- Stücke eingebettet, die- ich hab’s zu Hause ausprobiert- tatsächlich schwimmen.
Immer wieder ragen auf unserem Weg entlang des Wassernacher Bachs steile Trasswände über uns auf. Im Wald befinden sich die völlig überwucherte Klosterruine Tönisstein, ein Karmeliterkonvent aus dem 15.Jahrhundert.
Wir erreichen die immer enger werdende Wolfsschlucht, in die sich der Bach tief eingegraben hat. Schaut man genau in den rostig-braunen Grund des Bachs sieht man auch hier Gasbläschen aufsteigen. Der Wald wird mehr und mehr zum Urwald und inmitten der wilden Szenerie der Schlucht stürzt sich der Wassernacher Bach im Talschluss als Wasserfall in die Tiefe.
Ein Treppensteig führt den Wanderer aus der dunklen, engen Schlucht hinauf zur Querung mit der Bundesstraße. Wir passieren im Wald die ehemalige Kupfererz- Grube Barthold aus dem 19.Jahrhundert. Das Stollenloch ist nur mit einem Gitter verschlossen, so das Fledermäuse hier ein Habitat gefunden haben. Weiter stetig ansteigend entlang des Wassernacher Bachs erreichen wir durch sonnendurchfluteten Wald eine der sogenannten Römerquellen mit einer Bank für ein weiteres Päuschen. Auch hier perlt Kohlensäure aus der Tiefe in einem Bassin mit einer nicht trinkbaren braunen Brühe aus.
An einer weiteren solchen Quelle ändert der Weg seine Richtung und schlägt aufsteigend einen nordöstlichen Bogen auf eine weite offene Ebene, hinter der sich am Parkplatz Bergwege unser Auto befindet. Vorher genießen wir aber am Siebengebirgsblick auf einer Bank unter 2 Birken noch den Blick auf das Siebengebirge hinter dem Rheingraben. Sogar Burg Drachenfels ist von hier zweifelsfrei zu erkennen. Nach einem Drohnenflug machen wir uns auf den Heimweg und machen kurz vor der Auffahrt auf die Autobahn noch einen Stop am Eppelsberg.
Der Eppelsberg ist ein erloschener Vulkan, der seine aktive Phase vor 230000 Jahren hatte. Hier wird im Tagebau Gestein abgebaut, dem Besucher bietet sich so ein einzigartiger Blick in einen erloschenen Vulkan, der in seiner letzten Ausbruchsphase einen Schlackenkegel gebildet hat. Auch hier stammt die oberste Bims- Schicht vom Ausbruch des Laacher Vulkans.
Mit tollen Eindrücken im Kopf reihen wir uns in den Rückreiseverkehr ein.
Arnd Korbmacher
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