Bergischer Streifzug N°20- Heinrich Böll-Weg

Bergischer Streifzug- Heinrich Böll- Weg N°20

Der erste Sonntag im März bietet sich für eine Wanderung an, denn es wird uns ein sonniger und wolkenloser Tag prophezeit. Im Kontext mit unseren letzten Unternehmungen im Hürtgenwald in der Eifel haben wir im Bergischen Land einen weiteren Weg gefunden, der mit den Ereignissen der letzten Kriegstage 1944/45 in Verbindung steht. Neben dem Heinrich Böll- Weg in der Eifel ist auch ein Weg im Bergischen Land rund um Marienfeld dem Literatur- Nobelpreisträger Heinrich Böll gewidmet.

Am Milchhof in Berzbach
Am Milchhof in Berzbach

Nach der Zerstörung seiner Kölner Wohnung fand Böll mit seiner Frau Annemarie im November 1944, nach einem Aufenthalt in einer Notunterkunft an der Ahr Zuflucht im Pfarrsaal der Gemeinde Marienfeld. In Neßhoven bei Much bewohnten die Bölls im Weiteren 2 Zimmer auf einem Bauernhof. Am 20.Juli 1945 wird mit Sohn Christoph Bölls erstes Kind im St. Josef- Haus in Much geboren. Böll geriet als Soldat in den letzten Tagen des Krieges am 9. April 1945 in amerikanische Kriegs- Gefangenschaft und kehrte am 15. September 1945 zurück nach Neßhoven. Sein kleiner Sohn leidet an Brech- Durchfall und stirbt am 14. Oktober 1945 mit nur 3 Monaten an den Folgen der Krankheit. Beigesetzt wurde das Kind auf dem Friedhof von Marienfeld.

Landschaft rund um Marienfeld
Landschaft rund um Marienfeld

Die Wanderung erinnert auf 13,6 Kilometern an die im „Bergischen“ evakuierte Familie Böll und an die schwierige Zeit vor und nach Ende des 2. Weltkriegs. Südlich von Much beginnt die langestreckte Runde an einem Hotel in Richtung Südosten, führt in einer östlichen Schleife über Marienfeld und Bröl nach Neßhoven. Von hier geht es westlich von Marienfeld zurück nach Much. Bis Neßhoven verliert der Weg gut 100 Meter an Höhe um dann wieder moderat anzusteigen bis zur Anhöhe mit dem Hotel auf etwa 270 Höhenmetern.

Der Frühling rückt näher
Der Frühling rückt näher

Der Tag hält wettertechnisch was er versprochen hat und die frostigen Morgentemperaturen gehen in der wärmenden Sonne schon bald in einen moderaten Bereich, so dass eine Jacke beim Gehen bald überflüssig wird. Noch stehen die Bäume ohne Blätterkleid in der Landschaft, wobei gerade die mächtigen freistehenden Laubbäume tolle Schatten auf die Wiesen und Äcker werfen. Sieht man genau hin erkennt man schon die Verdickungen an den Ästen, aus denen schon bald die grünen Blätter platzen werden.

Bergischer Baum
Bergischer Baum

Von 1944-1945 begab sich der Soldat Böll einige Male zu seiner Familie und entzog sich mit gefälschten Dokumenten immer wieder dem Einsatz an der Front. Ein geklauter Wehrmachtsstempel war ihm dabei hilfreich. Er begab sich damit aber auf ganz dünnes Eis, denn für Deserteure gab es klare Vorgaben. 30000 Wehrmachtsangehörige wurden Ende des Krieges noch standrechtlich erschossen. Böll hasste den Krieg abgrundtief und schrieb 1942 an seine Eltern: „Betet für mich, dass ich keine Unteroffiziersseele bekomme“ – zu den Befehlenden wollte er nicht gehören. Nach einigen Kilometern erreichen wir am Weiler Berzbach den Hof, wo die Bölls bei Bauer Peters täglich Milch erhielten- dazu schrieb Böll später:
„Oh Ihr Milchsuppen des Winters 1944/45, vielleicht verdanken wir Euch, verdanken wir dem Bauern Johann Peters unser Leben!“

Alpakas bei Marienfeld
Alpakas bei Marienfeld

In Marienfeld kommen wir an dem Pfarrsaal vorbei, in dem die Bölls ihre erste Unterkunft hatten. In der benachbarten Pfarrkirche ist gerade Gottesdienst. An prächtigen Hühnern und an Wiesen mit Alpakas vorbei geht es über weite Landschaft Richtung Bröl. Eine Bank mit Ausblick kommt uns für eine Rast sehr gelegen. Wir beobachten Milane am Himmel und auch einen Falken, der über einem Feld nach Beute Ausschau hält.

Sonne satt im Bergischen
Sonne satt im Bergischen

Das Bergische Land haben wir uns zwischen 2016 und 2021 ausgiebig erwandert. Mit dem Wupperweg, dem Bergischen Weg und dem Bergischen Panoramasteig ging es mit etlichen Kilometern kreuz und quer durch die großartige Landschaft direkt vor unserer Haustür. Heinrich Böll war 7 Jahre lang Soldat und setzte sich in seinen Briefen und Werken mit dieser Zeit auseinander. Auch die Zeit, die er mit seiner Frau hier im Bergischen Land verbrachte hat er in seinen Schriften verarbeitet.

Neßhoven- Bölls Unterkunft auf dem Hof der Familie Franken
Neßhoven- Bölls Unterkunft auf dem Hof der Familie Franken

In Neßhoven erreichen wir das Fachwerkhaus, in dem die Bölls bei Familie Franken 2 bescheidene Zimmer bewohnt haben. Eine Inschrift mit der Jahreszahl 1782 ziert den Balken über der Eingangstür an dem denkmalgeschützten Gebäude. Der Weg zum Milch holen von Neßhoven nach Berzbach war im Winter 44/45 lebensgefährlich und nur abends möglich, denn Tiefflieger machten Jagd auf alles was sich unter ihnen bewegte. Der Rückweg führt uns am Friedhof von Marienfeld vorbei, wo sich bis heute das Kindergrab von Christoph Böll befindet. Direkt daneben hat das 6-monatige Kind einer russischen Zwangsarbeiterin seine letzte Ruhestätte gefunden. Krokusse recken ihre Kelche in die Sonne und bieten den bereits ausschwärmenden Bienen ihren Nektar an. 

Die Hosen voll mit Honig- Krokusse auf dem Friedhof Marienfeld
Die Hosen voll mit Honig- Krokusse auf dem Friedhof Marienfeld

Aus Marienfeld heraus geht es nun nach Much, wo wir Höhe gewinnend auf eine Kapelle zulaufen, die mir bekannt vor kommt. Hier habe ich im Sommer 2020 mal eine Pause bei der Rückfahrt aus der Eifel mit dem Motorrad eingelegt und dabei zufällig die Germana-Kapelle in Much entdeckt. Der heiligen Germaine de Pibrac zu Ehren hat man Anfang des 18.Jh. hier eine Kapelle erbaut. Die Geschichte der Hirtin, die im 16. Jahrhundert bei Toulouse lebte kann man in der Kapelle nachlesen. 

Germaine de Pibrac- Figurengruppe in der Germana- Kapelle bei Much
Germaine de Pibrac- Figurengruppe in der Germana- Kapelle bei Much

Mit einem Postkarten- Blick auf Much kehren wir zum geparkten Auto auf dem Parkplatz am Hotel zurück. Die Tage werden endlich wieder länger und es ist bei unserer Heimkehr immer noch hell draußen. 

A. Korbmacher

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