Eifel – Hemingway- Trail N° 44
Direkt nach dem ersten Februar-Wochenende treibt es uns auch am Dienstag früh aus den Federn. Das Wetter in der Eifel ist wolkenlos gemeldet, beim frühen Blick nach draußen im Bergischen und bei der Anfahrt nach Westen sieht es erst einmal nicht so aus.

Mit Blick Richtung Aachen wird es auf unserem Kurs in die Eifel zunehmend heller bis sich dann tatsächlich die Wolken öffnen. Wir parken auf einem Wanderparkplatz in Großhau 370m. Die nächtlichen Minus- Temperaturen steigen auch tagsüber nur wenig über Null, wobei die Sonne uns bald eine Kleiderschicht ablegen lässt.

Der heutige historisch- literarische Weg N° 44 ist einem Schriftsteller gewidmet, der die amerikanischen Truppen 1944 als Kriegsberichterstatter begleitete. Es ist Ernest Hemingway, auf dessen Spuren wir heute auf 18 Kilometern im Hürtgenwald unterwegs sind. 360 Höhenmeter gibt das Höhenprofil der Runde im Auf- und Abstieg vor.

Hemingway hat seinen geplanten großen Roman über den 2. Weltkrieg nie fertiggestellt. Die vorhandenen Texte zeigen den Schriftsteller, der in der Öffentlichkeit gerne an seinem Bild als Draufgänger arbeitete von den damaligen Ereignissen bei den Kämpfen im Hürtgenwald tief erschüttert. Hemingway agierte als Kriegsreporter eher nicht an der vordersten Frontlinie, allerdings befand man sich in der „Todesfabrik“ auch in der zweiten Linie nie auf sicherem Terrain.

Von Großhau laufen wir am Weberbach, einem der Zuflüsse der Wehebachtalsperre entlang. Es ist der damals als „X-Trail“ bezeichnete Vormarsch- und Nachschubweg der Amerikaner. Immer wieder fallen uns entlang des Weges Vertiefungen im Bodenrelief auf. Diese tieferen Grabungen sind hier wohl als Relikte von Bergbauaktivitäten anzusehen. In einer Kurve, die von den GI’s als „Horse-Shoe Turn“ bezeichnet wurde gab es das Erzbergwerk Golzenhoffnung, dessen Betrieb im Rahmen von Görings Vierjahresplan zur Kriegsvorbereitung in den späten 30er-Jahren ohne großen Ertrag wieder aufgenommen wurde.

Im Wald befinden sich Beton-Reste alter deutscher Stellungen, die von den Amerikanern eingenommen und genutzt wurden. Hier sehen wir auch noch die typischen Foxholes, kleine Deckungslöcher, die von den Soldaten in den Waldboden gegraben wurden. Im Weiteren passieren wir die erhöht auf einer Klippe gelegene ehemalige Stellung eines deutschen Artilleriebeobachters, der mehrere Tage das Feuer auf eine strategisch wichtige Brücke über die Wehe leitete, über die auch Hemingway geschrieben hat. Die Gefechte waren so heftig, dass die hier eingesetzte George-Company am 20. November 1944 alle Offiziere und 70 Prozent der Mannschaften verlor. 10 Prozent waren im 2.Weltkrieg schon als hohe Verluste zu werten.

Wir überqueren den Wehebach auf 259m an einer kleinen Steinbrücke und hängen an den ausgewiesenen Trail noch eine westliche Schleife an, die uns über die Höhen zwischen den beiden Armen der Wehebachtalsperre bringt. Den nahen Stausee im Talgrund können wir auch im lichten Winterwald allerhöchstens erahnen. Ein Mathiaskreuz im Wald gedenkt dem Köhler Mathias Kremer, der hier im 18. Jahrhundert verunglückte. Den ehemaligen Gefechtsstand Colonel Lanhams, an dessen Seite sich Hemingway meist aufhielt können wir nach 80 Jahren nicht mehr wirklich erkennen. Bei einem Hinterhalt deutscher Soldaten, die sich in einem nahen Steinbruch verschanzt hatten soll auch Hemingway zur Waffe gegriffen haben.

An der Wegkreuzung, die nach dem berüchtigten New Yorker Stadtteil „FivePoints“ benannt ist treffen wir auf einen Pausen-Pavillon. Hier genießen wir die unglaubliche Ruhe und die mitgebrachte Brotzeit. Mit der tiefstehenden Sonne im Gesicht wärmt uns heißer Tee aus der Thermoskanne angenehm von innen. Auf dem Rückweg zu der kleinen Steinbrücke an der weißen Wehe kommen wir an dem Steinbruch vorbei, wo sich die deutschen Soldaten versteckt gehalten haben. Vom Weg aus sehen wir allerdings weder den Steinbruch, noch bestätigt sich der im Flyer ausgewiesene tolle Blick über die Wehetalsperre.

An der Einmündung des Hürtgenbachs machen wir uns an den Aufstieg durch das Asselbachtal hinauf zur Siedlung Kleinhau 382m. Hier treffen wir auf eine kleine Gedenkstelle, wo einer amerikanischen MG-Einheit gedacht wird, deren Überreste erst 55 Jahre nach den Kämpfen gefunden wurden. Neben den Namen der am 26. November hier Gefallenen ist auch der Name eines verwundeten Soldaten gelistet, der erst 1985 verstarb. Vor Großhau befindet sich eine weite freie Fläche, die Hemingway als „Arschnackten Hügel“ bezeichnete. Als Kriegsberichterstatter beschrieb er einige grausige Kriegserlebnisse. Hier am arschnackten Hügel traf er auf die Leiche eines von Fahrzeugen plattgefahrenen GI’s und auf die Leiche eines von Phosphor verbrannten deutschen Soldaten, an der ein Hund nagte. Solche Eindrücke gehörten für die kämpfenden Soldaten zum grausigen Alltag des Schlachtengetümmels.

Am ehemaligen Schulgebäude kommen wir auf der Heimfahrt am alten zerschossenen Ortsschild von Großhau vorbei. Im Rückspiegel ist die Sonne bereits hinter der Eifel abgetaucht. Hemingway hat sich damit gebrüstet viele deutsche Soldaten erschossen zu haben, wofür es keinerlei Belege gibt. Die, die das tatsächlich mussten und ihre Erlebnisse mit nach Hause brachten waren da häufig schweigsamer. Ein Onkel verlor mit 18 Jahren ein Bein in Russland und ich weiß noch dass er den Raum verließ wenn über das Thema Krieg gesprochen wurde. Das Ende des zweiten Weltkriegs jährt sich in diesem Jahr 2025 zum 80. Mal und es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die uns aus dieser Zeit berichten können- wir sollten sehr genau hinhören.

A. Korbmacher
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