Hunsrück- Wochenende mit Geierlay- Schleife und Burgstadtpfad
Es ist Anfang März und der viel zu milde Winter wird bereits von frühjährlichen Temperaturen abgelöst, die an diesem Wochenende mit bis zu 17 Grad und Sonnenschein nach draußen locken. Unsere Freunde, mit denen wir gerade im Waldecker-Land ein neues Wanderprojekt gestartet haben sind nun im Skiurlaub. Kurzerhand logge ich uns in Klosterkumbd bei Simmern im Hunsrück in einem Landhotel ein. Dorothee hat hier eine Wanderung ausgesucht, die mit der Begehung einer talüberspannenden Hängeseilbrücke eine Attraktion bietet.
So machen wir uns am Samstagmorgen auf den Weg und erreichen am Vormittag den Parkplatz am Visitor-Center der Geierlay in Mörsdorf. Die Hängeseilbrücke, die hier bereits 2015 etabliert wurde lockt viele Besucher an. Im April 2023 wurde die 2 Millionste Begehung gezählt. Wir gehen heute eine Runde von etwa 9 Kilometern, die in südlicher Richtung am Osthang des Mörsdorfer-Bach-Tals zur felsigen Geierlay führt. Hier beginnt die 360 Meter lange, luftige Überquerung mit bis zu 100 Metern Höhe über Talgrund hinüber auf die Gegenseite.
Wir kommen an einem Hof vorbei, an dem die Hühner gleich mit mehreren stattlichen Hähnen umherlaufen. In den ersten Blüten an den Sträuchern tummeln sich dicke Hummeln, Bienen und Schmetterlinge. Aus dem Ort heraus gelangen wir in einen Mischwald aus Buchen und Eichen. Bei der Ankunft am östlichen Brückenkopf der Hängebrücke an der Geierlay treffen wir auf den Verkaufsstand eines geschäftstüchtigen Zeitgenossen. Auf seinem Lastenfahrrad bietet er neben Soft-Drinks und Snacks auch Glühwein und allerlei Spirituosen an. Noch ist der Absatz nicht groß, er wird aber wahrscheinlich seinen Schnitt machen.
Die Aufregung am Brückenkopf ist groß. Selfie hier-Selfie da und na klar-, nachdem wir von einem Pärchen ein Bild gemacht haben erbitten wir das auch im Gegenzug. Wir betreten die Brücke hinter den Beiden und erleben mit Erstaunen wie der junge Mann offensichtlich von Panik ergriffen plötzlich an uns vorbei zurückstürzt, um festen Boden zu erreichen.
Eigentlich ist die Konstruktion recht stabil und der 85 Zentimeter breite Fußweg über die dicken Holzbohlen bietet sogar ausreichend Platz nebeneinander zu gehen oder Entgegenkommenden auszuweichen. Kinderwagen sind da aber eher nicht wirklich gut geeignet. Der Tiefblick in das Tal und zu beiden Seiten ist schon spektakulär. Wenn man nicht gerade unter Höhenangst leidet hat die Begehung der Brücke durchaus Spaß- Faktor. Wir machen noch ein paar Bilder bevor wir die Gegenseite erreichen.
Der weitere Weg verläuft absteigend in einer südlichen Schleife in den Talgrund hinab, von wo er dann gegenläufig entlang des Mörsdorfer- Bachs, unter der Brücke und der Geierlay in Form einer Acht zurückführt. Ein Panorama- Flug mit der Kameradrohne bringt mir noch ein paar großartige Perspektiven der Brücke. Das Höhenprofil mit annähernd 300 Höhenmetern und die abwechslungsreiche Landschaft haben Erlebniswert. Im Hang gilt es teilweise ausgesetzte drahtseilversicherte Passagen zu meistern. Am Fünfwege-Platz holen wir unsere Mittagspause nach. Ein Schlussaufstieg von fast 125 Höhenmetern bringt uns zurück auf die Höhe nach Mörsdorf.
Am Parkplatz schauen wir noch in das kleine Visitor-Center der Geierlay. Mit dem Erwerb eines Armbands mit der Aufschrift „Ich bin drüber“ unterstützt Doro das Projekt. Ich frage nach und erfahre, dass auch diese eher aus touristischen Gründen erbaute Brücke an der Geierlay von einer Schweizer Firma konstruiert wurde. Solche Brücken haben wir zahlreich in Nepal gesehen, wo sie als Verkehrswege Flusstäler überspannen, deren Wassermassen zur Monsunzeit sehr hohe Anforderungen an Brücken stellen. Die Befahrung mit Mopeds ist dort selbstverständlich. 1,2 Millionen Euro hat das Projekt an der Geierlay gekostet, in 6 Monaten entstand die Konstruktion mit einer Tragkraft von 50 Tonnen (600 Menschen à 80 Kg) bei einem Eigengewicht von 57 Tonnen.
Unser Nachtquartier befindet sich in einem Landgasthof in Klosterkumbd. Der seltsame Ortsname geht auf das ehemalige Zisterzienser- Kloster Kumbd zurück, das 1183 von Eberhard von Kumbd gegründet wurde. Vom Kloster selbst ist heute leider nichts mehr erhalten. Unser „Landidyll“ ist ein familiengeführter Betrieb mit aufrichtiger Gastfreundschaft. Nach einem entspannenden Besuch der finnischen Sauna lassen wir uns ein gutes Essen schmecken. Regionale Produkte und Fleisch aus eigener Rinderzucht werden gekonnt auf den Teller gebracht.
Der Blick aus unserem Fenster fällt über die angrenzenden Weiden. Nach einer herrlich ruhigen Nacht lassen wir uns etwas Zeit beim Frühstück. Der Sonntag verspricht auch ein sonniger Tag zu werden. Dorothee hat mit dem Burgstadt-Pfad südöstlich von Kastellaun eine weitere kleine Wanderung ausgesucht, nicht ganz so spektakulär wie an der Geierlay, aber durch wunderschöne Waldgebiete.
Die Runde von 8,3 Kilometern beginnt an einem Hotel, vor dem eine ausgeschlachtete Cessna 172 Werbung für den hiesigen Flugsimulator macht. Der Burgstadt-Pfad ist eine der zahlreichen Saar-Hunsrück- Traumschleifen, die es in der Region gibt. Er führt an einigen Stationen vorbei, wie dem ehemaligen jüdischen Friedhof von Kastellaun. Von 1879-1939 wurde die Begräbnisstätte von der jüdischen Gemeinde Kastellauns genutzt. Er ist einer von 400 jüdischen Friedhöfen in Rheinland-Pfalz.
Im Wald treffen wir auf das Quellgebiet des Trimmbachs und wenig später auf einen breiteren Weg. Genau hier hat man Reste der alten Römerstraße von Boppard nach Belgien gefunden. Am Soonwald-Blick öffnet sich von einer Relax-Bank der Blick in die Landschaft nach Süden. Wir lassen uns eine ganze Weile die Sonne ins Gesicht scheinen und genießen den Augenblick. Zahlreiche Windräder, deren Rauschen zu uns herüberdringt stehen auf den Höhen des Hunsrücks. Kostenlos treibt der Wind die gigantischen Windräder an und speist so als erneuerbare Energiequelle Strom CO2-neutral in unser Stromnetz.
Wir haben viel Elend in unseren heimischen Wäldern gesehen und damit meine ich in erster Linie das Fichtensterben im Zusammenhang mit Trockenheit und Borkenkäferbefall. Im Wald belehrt uns eine Tafel über einen eingewanderten Schädling, der unsere heimischen Eschen bedroht. Aus Ostasien stammend befällt das „falsche weiße Stängelbecherchen“ als heimtückischer Pilz das Astwerk der Eschen und lässt diese absterben. Es gibt allerdings resistente Eschen, auf die sich das Augenmerk der Forschung richtet.
Wir passieren einen idyllischen Seerosenteich, von wo sich unsere Runde gegenläufig in nordwestlicher Richtung zurück zum Einstieg in Kastellaun wendet. Immer wieder hören wir das eifrige Hämmern von Spechten, die sich nicht gerne in die Karten schauen lassen. Wird man auf sie aufmerksam beenden sie ihre Arbeit, wohlmöglich um die künftige Behausung des Nachwuchses nicht preiszugeben? Ein Graben mitten im Wald ist laut Hinweistafel ein sogenannter Landreit- oder Landwehr- Graben. Als Umfriedung oder zur Grenzsicherung wurden solche Gräben im Mittelalter teils kilometerlang angelegt.
Es ist ein Tag zum Bäume- Umarmen und leider ist die Zeit schon zu sehr fortgeschritten, um dem mittelalterlichen Kastellaun noch einen Besuch abzustatten. 1226 gab es eine erste urkundliche Erwähnung von „Kestilun“. Die heutige Ruine zeugt bis heute von der stolzen Burg Kastellaun, die von den Grafen von Sponheim errichtet wurde. Einen schönen Blick auf den historischen Ort haben wir vor der Heimfahrt noch von der Erhebung „Hohe Buch 486m“. Gut 2 Stunden brauchen wir für die Rückfahrt nach Hause nach diesem lohnenden Wochenende.
Arnd Korbmacher
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