
Schwül- gewittrig ist die Wetterprognose für unseren Natursteig, den wir an diesem Wochenende Anfang Mai mit weiteren 22,5 Kilometern ausbauen wollen. Wir gehen dabei insgesamt den Rest der 7.Etappe bis Schladern, die 8.Etappe bis Au und den Anfang der 9. Etappe bis Halscheid. Dorothee hat die Strecke bei der Planung geteilt und als Treffpunkt am Samstag den Parkplatz an der Buschmühle im Rosbachtal ausgewählt. Da die östliche Hälfte 2,5 Kilometer länger ist schlägt Dorothee vor diese am Samstag zu gehen, um am Sonntag die Lücke von Windeck-Dreisel bis zur Buschmühle mit dem etwas kürzeren Wegstück zu schließen. Das Höhenprofil ist durchaus sportlich und schlägt insgesamt mit aufsummierten 870 Höhenmetern zu Buche.

Steil geht es von der Buschmühle auch sofort 130 Höhenmeter hinauf auf schmalem Pfad entlang der Hangkante, von der sich neben Talblicken auf die dahin mäandernde Sieg wunderbare Weitblicke über die Höhen nach Süden öffnen. Es geht mehrfach 100 Höhenmeter rauf und runter mit einem abschließenden Aufstieg von 150 Metern von Au hinauf nach Halscheid.

Es ist ein schöner Frühlingstag und die angesagten Gewitter bleiben aus. Einige Schmetterlinge sind unterwegs und wie auch am letzten Wochenende auf dem Hermannsweg blühen viele Sträucher und Bäume und kontrastieren sehr schön mit der grünen Landschaft. Tolle Farbelemente ergeben auch die knallgelben Ginster-Büsche. Mir fliegt ein hübscher orange-gelber Aurora-Falter vor die Linse.

Am Nachmittag erreichen wir das abgestellte Auto in Halscheid und fahren über die Sieg hinüber nach Hamm, wo wir uns auf unser Quartier die „Alte Vogtei“ freuen, in der wir Ende Januar erstmals zu Gast waren. Damals habe ich über das historische Haus, in dem der Sozialreformer Friedrich Wilhelm Raiffeisen geboren wurde bereits ein paar Zeilen geschrieben. Wir haben die gleichen Zimmer wie beim letzten Mal. Auf der gemeinsamen Terrasse trinken wir ein Radler bis erste Regentropfen vom Himmel fallen.

Beim Abendessen sitzen wir wieder an dem gemütlichen runden Tisch in dem stilvoll dekorierten Gastraum, an dem wir mit den guten Sachen aus der Küche verwöhnt werden. Mit handwerklich gut gemachter Küche und dem Einsatz regionaler Produkte ist die „Alte Vogtei“ eine der kulinarischen Oasen der Region. Auch das Frühstück lässt keine Wünsche offen und deswegen sind wir uns alle einig, dass wir auch beim nächsten Mal wieder herkommen wollen. Wir verabschieden uns von den Wortelkamps und loggen direkt für unser nächstes Wochenende am Natursteig Sieg Ende Juli ein.

Am Sonntag wollen wir die Lücke zwischen Windeck-Dreisel bis zur Buschmühle im Rosbach-Tal schließen. Auf dem Parkplatz in Dreisel direkt an der Sieg steht ein Maibaum. Das Hochwasser hat sich deutlich zurückgezogen. Das Sägezahnmuster des Höhenprofils hat auch heute Bestand. Wir überqueren die Sieg und ein steiler Felsenweg bringt uns 100 Höhenmeter hinauf an den Ortsrand von Windeck.

Zwischen blühenden Obstbäumen führt uns der Weg zwischen Pferdekoppeln und Schafweiden über eine Eisenbahntrasse zum nächsten Aufstieg zur Burgruine Windeck. Über die Erbauung der Burganlage ist wenig bekannt. Im 12. Jahrhundert war die Burg im Besitz von Kunigunde von Bielstein. Tochter Hedwig heiratete den hessisch-thüringischen Landgraf Ludwig. Deren Sohn Graf Heinrich Raspo der Jüngere (von Thüringen) belehnte Burg Windeck an Engelbert von Berg, was von Kaiser Friedrich I. zu Aachen am 24.2.1174 urkundlich bestätigt wurde. Der Name der Burg in dieser Urkunde lautete „Castrum Novum in Windeke“.

1188 ging die Burg in den Besitz des Kölner Erzbischofs über, der die Anlage an einen Vasallen weitergab. Im 13.Jahrhundert stritten die Adelsgeschlechter von Sayn, von Thüringen und Brabant und der Kölner Erzbischof um Burg Windeck. 1247 war Windeck wieder der südöstliche Stützpunkt der Grafschaft und des späteren Herzogtums Berg an der Grenze von Westerwald und Bergischem Land. Nach Zerstörungen im 30-jährigen Krieg verkam Windeck als Steinbruch. Mitte des 19. Jahrhunderts kaufte der Landrat Danzier den Burgberg und baute ein romantisches Schloss auf den Burgruinen. 1945 wurde das Schloss zerstört und danach abgetragen.

Der Blick nach Süden fällt auch hier auf eine ehemalige Siegschleife bei Schladern, deren Verlauf man im Oberflächenrelief durchaus erkennen kann. Die grabende Erosion einer Flussschleife bewirkt irgendwann den Durchbruch des Wassers an der engsten Stelle, wobei das alte Flussbett verlandet. Mit diesem Prinzip werden Landschaften und Flussverläufe über Jahrhunderte ständig verändert.

Auf über 260 Höhenmeter steigt der Weg in nordöstlicher Richtung an, um dann über 200 Höhenmeter auf Sieg-Niveau an die B256 zwischen Schladern und Rosbach abzufallen. Weiter geht es rauf und runter mit einem letzten langen Aufstieg über ein zurückgelassenes Schlachtfeld nach Rodungsarbeiten zur Ortschaft Langenberg. Von hier folgt der letzte Abstieg entlang eines plätschernden Bachs hinunter ins Rosbach-Tal zurück zur Buschmühle. Das hiesige Lokal ist leider nicht auf Kaffee und Kuchen eingerichtet und so lassen wir das Wochenende an der Sieg mit einem kalten Getränk ausklingen.

Arnd Korbmacher
©Copyright 2023